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Philosophische Fakultät Institut für Medienforschung Professur Medienpsychologie
Medienpsychologie
Sommersemester 2015 Dozent: Prof. Peter Ohler V, Di. 13.45-15.15 Uhr, 2/C104
Vorlesung Medienpsychologie II ∙ Prof. Dr. Peter Ohler
12. Mai 2015
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Evolutionspsychologische Grundlagen • Darwins Idee und die Evolutionäre Psychologie • Unser Gehirn: die Grundlage interner Repräsentationen • Warum haben wir so große Gehirne?
• Was ist Kultur aus evolutionspsychologischer Perspektive?
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Darwins Idee (1) • „On the Origin of Species by Means of Natural Selection“ (1859) a. Individuen lassen sich in verschiedene Spezies gruppieren. b. Innerhalb einer Spezies sind nicht alle Individuen gleich. Einige dieser Unterschiede wurden von der vorherigen Generation vererbt und können an die nachfolgende weitergegeben werden. Die Variation wird durch durch spontane, aber zufällige Neuerungen begünstigt (ein Merkmal ist neu oder tritt in ungewohntem Ausmaß auf).
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Darwins Idee (2) • „On the Origin of Species by Means of Natural Selection“ (1859) c. Beschränkte Ressourcen führen zu einer individuell unterschiedlichen Anzahl von Nachkommen. Einige Merkmale begünstigen den Zugang zu diesen Ressourcen. Die betroffenen Individuen können deshalb mehr Nachwuchs produzieren (Darwin‘sche Fitness). Diese erfolgreichen Merkmale werden allmählich zur Norm und können zur Entstehung neuer Spezies führen.
d. Organismen werden so immer besser an die Erfordernisse ihrer Umwelt angepasst (Nahrungsbeschaffung, Jägern ausweichen, Partnerwerbung, ...).
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Darwins Idee (3)
Reproduktion
unterschiedliches Überleben
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Variation
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Darwins Probleme • Wie funktioniert Vererbungsmechanismus? • Wie kann durch Vererbung etwas Neues entstehen? • Warum existieren Merkmale, die eindeutig einen Nachteil für die natürliche Selektion besitzen?
• Wie kann es zu altruistischem Verhalten kommen?
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Darwins Idee (4) • „The Descent of Man, and Selection in Relation to Sex“ (1871) • Individuen einer Spezies besitzen Merkmale, die sie auf das andere Geschlecht attraktiv wirken lassen (intersexual selection) oder ihnen helfen, um das andere Geschlecht zu konkurrieren (intrasexual selection). • in den meisten Fällen: „male competition, female choice“ • Daran anschließend R.A. Fisher (1915): Sexuelle Merkmalsselektion kann in den meisten Fällen wesentlich schneller zu Änderungen in der gesamten Spezies führen als natürliche Selektion „Fisherian Runaway“-Selection
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Altruistisches Verhalten • „The Selfish Gene“ (Dawkins, 1976) • Selektiert wird in der Evolution keine Gruppe und auch kein Individuum, sondern das Gen.
• Damit wird altruistisches Verhalten erklärbar, doch bereits vorher erkannte Hamilton (1964) ... • „help if rb – c > 0“ bzw. „help if rb > c“ (relatedness, benefit, costs) • bereits Haldane gestand 1930: „I would lay down my life for two brothers or eight cousins.“
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Über 100 Jahre später: Die Evolutionäre Psychologie
• maßgeblich geprägt durch das „Manifest“ von Leda Cosmides und John Tooby (1992): Bestandteil der Biologie, der sich mit der Struktur des menschlichen Gehirns und der Informationsverarbeitung beschäftigt, die in Verhalten resultiert 1. 2.
3.
Der menschliche Verstand ist das Ergebnis von Prozessen im Gehirn, die analog zur Informationsverarbeitung in Computern arbeiten. Diese neuronalen Schaltkreise sind das Ergebnis natürlicher Selektion bei spezifischen Anpassungsproblemen der environment of evolutionary adaptedness (EAA). Diese Vielzahl von Anpassungsproblemen wurde nicht durch einen „general problem solver“ gelöst, sondern durch Domänen-spezifische mentale Module.
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Über 100 Jahre später: Die Evolutionäre Psychologie
• maßgeblich geprägt durch das „Manifest“ von Leda Cosmides und John Tooby (1992) 4. 5. 6.
Diese kognitiven Mechanismen müssen heute nichtmehr unbedingt adaptiv sein: Wir sind „mammoth-hunters in the subway“ Die Variabilität des menschlichen Gehirns ist nur gering. Die in der Evolution entstandenen mentalen Module sind universell. Der „Feind“ der Evolutionären Psychologie ist das „Standardmodell der Sozialwissenschaften“ und der damit verbundene radikale Kulturrelativismus menschlichen Verhaltens.
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Die Evolution des menschlichen Gehirns • Grundüberlegung: Erst wenn interne Repräsentationen einen ausreichenden Entwicklungsstand erreicht haben, können externe Repräsentationen genutzt werden. Tatsache: der Mensch verfügt heute über ein unglaublich großes Gehirn (ca. 1.300g) Abbildung: Cartwright (2008, S. 116) Somatisierung und Encephalisierung
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Die Evolution des menschlichen Gehirns erste Funde paläolithischer Kunst
Abbildungen: Cartwright (2008, S. 117) Vorlesung Medienpsychologie II ∙ Prof. Dr. Peter Ohler
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Warum haben wir so große Gehirne? Ballistik Werkzeuggebrauch
Genomic imprinting
komplexe soziale Gruppen
kalorienreiche Nahrung
Sprache
übermäßiges Hirnwachstum in den letzten 3 Mio. Jahren
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sexuelle Selektion
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Warum haben wir so große Gehirne? • die Healthy Brain Theory: • Ein Präferenzmuster von Frauen für Männer mit gesunden Gehirnen (nur diese können ausreichend kreative Gedanken hervorbringen) führte zu einer Fisherian Runaway Selection.
• der Ansatz der Umweltkomplexität: • Der Wechsel zu kalorienreicher Nahrung führte aufgrund der höheren Anforderungen bei der Nahrungsbeschaffung zur Selektion von Individuen mit größerem Neo-Cortex.
• die Social Brain Theory: „Machiavellistische Intelligenz“ • Mit steigender Gruppengröße wachsen die Anforderungen zur Repräsentation von Beziehungen in der Gruppe.
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Warum haben wir so große Gehirne? •Studie von Dunbar (1993): für Primaten gilt ... •keine Korrelation zwischen Umweltkomplexität und relativer NeocortexGröße •hohe Korrelation zwischen Gruppengröße und relativer Neocortex-Größe Abbildung: Cartwright (2008, S. 129) Vorlesung Medienpsychologie II ∙ Prof. Dr. Peter Ohler
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Warum haben wir so große Gehirne? •Die Social Brain Theory kann unterschiede zwischen Primaten mit ähnlichen Ausgangsbedingungen nicht erklären. •Wahrscheinlich benötigen wir ein mehrfaktorielles Modell, wie es beispielswiese von Cartwright (2008, S. 130, Abb. 6.12) vorgeschlagen wird. Vorlesung Medienpsychologie II ∙ Prof. Dr. Peter Ohler
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Kultur aus evolutionspsychologischer Perspektive Wie können wir das Entstehen von Kultur im Kontext unserer evolutionären Vergangenheit erklären?
Abbildung: Cartwright (2008, S. 328) Vorlesung Medienpsychologie II ∙ Prof. Dr. Peter Ohler
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Kultur als die Evolution von Memen • Dawkins (1989): Die Selektionseinheit, an der Evolution ansetzt ist definiert durch ... • Entitäten, die sich selbst replizieren • diese Replikate sind nicht perfekt • die Anzahl der Replikate hängt von der Interaktion der Entität mit der Umwelt ab • aufgrund von beschränkten Ressourcen ist der reproduktive Erfolg dieser Entitäten beschränkt
typischerweise Gene
• Warum sollte dies nicht auch für kulturelle Entitäten gelten? die Selektionseinheit „kultureller Evolution“ sind die Meme
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Kultur als Evolution von Memen
m
g
m
Kind
Erwachsener
Replikationsmechanismus: Imitation (Blackmore, 1999)
das „erweiterte“ zentrale Dogma
„I suggest that the human brain is an example of memes forcing genes to build ever better and better meme-spreading devices.“ (Blackmore, 1999, S. 119) Vorlesung Medienpsychologie II ∙ Prof. Dr. Peter Ohler
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Kultur als Evolution von Memen • Meme können sich sowohl auf interne als auch auf externe Repräsentationen beziehen: • mögliche Beispiele für erfolgreiche intern repräsentierte Meme • Hygienebewusstsein • Kapitalismus & Kommunismus (s.g. Memeplexes) • ...
• mögliche Beispiele für erfolgreiche extern repräsentierte Meme • • • •
Schrift Led Zeppelin – Stairway to Heaven Titanic ...
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Literatur für diese Sitzung Cartwright, J. (2008). Evolution and Human Behavior. Darwinian Perspectives on Human Nature (2. Auflage). Cambridge, MA: The MIT Press. Insbesondere die Kapitel 2, 6, 7 und 16 (jeweils Auszüge)
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