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NIERENPHYSIOLOGIE, HOMÖOSTASE DER EXTRAZELLULÄREN FLÜSSIGKEITSRÄUME (2)
Dr. Attila Nagy 2016
Das Tubulussystem (Lernziele: 56, 57, 58) Das Tubulussystem besteht aus mehreren, morphologisch und funktionell unterschiedlichen Abschnitten. 1. Proximaler Tubulus 2. Henle Schleife 3. Distaler Tubulus 4. Verbindungsstück 5. Sammelrohr
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Transepithelialer Transport Eigenschaften der epithelialen Zellen
Epitheliale Zellen sind polarisiert
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Schlussleiste (tight junctions) 1. Halten Zellen zusammen 2. Barrier Funktion
Wasserpermeables Epithel: im proximalen Tubulus Isoosmotische Resorption
Wasserinpermeables Epithel: Im distalen Nephron Hyperosmotische Resorption
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Transepithelialer Transport: 2 Membrane – 3 Kompartment Model
Transepithelial Transport kann man in der Niere, im Magen-Darm-Trakt, in den exokrinen Drüsen und im Plexus Choroideus finden
„Solvent drag” Mechanism
Schmidt/Thews: Physiologie des Menschen 27. Auflage 1997
Transepithelialer Transport von der funktionellen Aussenseit ins Interstitium wird als Resorption und in umgekehrten Richtung als
Sekretion bezeichnet.
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Der transzelluläre Weg führt durch die apikale und basolaterale Membran der Epithelzelle. Der parazelluläre Weg führt durch die Schlussleiste und die gesamte Länge der Interzellulärspalts.
Man kann aktive und passive Transportmechanismen unterscheiden. Alle Formen des aktiven Transports können gegen äußere Gradienten “bergauf“ erfolgen. Passiver Transport geschieht stets in Richtung des äußeren Gradienten, also “bergab“.
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Passiver Transport - Diffusion
Erleichterte Diffusion
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Primär-aktiver Transport (Ionenpumpen)
Primär-aktiver Transport erfolgt definitionsgemäss unter unmittelbarem Verbrauch von ATP. Sekundär-aktiver Transport ist ein Carrier-vermittelter Symport oder Antiport, dessen triebende Kraft ein Ionengradient ist. Dieser Gradient wird durch primär aktiven Transport aufrechterhalten. Tertiär-aktiver Transport wird durch sekundär aktiven Transport angetrieben.
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Tubuläre Transportprozesse Normaleweise werden annährend 99% des filtrierten Wassers und über 90% der im Filtrat gelösten Substanzen durch die Nierentubuli wieder resorbiert. Darüberhinaus werden einige Substanzen sezerniert.
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Meßgrößen der Nierenfunktion Clearance Das Plasmavolumen das von einem gewissen Substanz (Inulin, Kreatinin usw. ) “geklärt“ wird. C= U x V / P wo U die Konzetration der Substanz im Urin, V die Urinstromstarke und P die Konzentration der Substanz im Plasma. Der Clearancewert von verschiedenen Stoffen sind zwischen 0 und 600 ml/min. Bei Substanzen die frei filtrierbar sind und werden weder secerniert noch resorbiert ist der Clearancewert entspricht somit der GFR.
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Die renale Clerance des Inulins und Kreatinins entspricht der GFR. Bei Substanzen, die frei filtriert und teilweise resorbiert sind ist die renale Clearance kleiner als die GFR. Bei Substanzen, die frei filtriert und teilweise secerniert sind ist die renale Clearance größer als die GFR. C=0 Die Substanz ist nicht im Harn (Proteine, Glukose). Entweder die Substaz ist nicht filtriert oder die ganze filtrierte Menge wird resorbiert.
Fraktionelle Ausscheidung (Clearance/GFR) Das Verhältniss der Clearance einer Substanz zur GFR wird fraktionelle Ausscheidung genannt. Ein Beispiel: Bei einem Patienten ist die Harnstoffkonzetration des Plasma 5mmol/l und die Harnstoffkonzentration des Urins ist 80 mmol/l. Die Urinstromstärke ist 3 ml/min. Der Clearance ist deswegen 48 ml/min. Die GFR ist 100 ml/min. Die fraktionelle Ausscheidung des Harnstoffes ist 0,48. Das heißt, daß der Patient scheidet etwa die Hälfte des filtrierten Harnstoff aus.
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Paraaminohippursäureclearance (PAH) PAH ist frei filtriert und secerniert mit hoher Affinität. Die gesamte, die Niere passierende Substanz wird ausgeschieden. Es geht solange das Transportsystem nicht gesättigt ist. Für die vollständig sezernierten Substanzen ist die renale Clearance somit identisch mit dem renaler Plasmafluß (RPF). Übersteigt die im renalen Plasma antrasportierte Substanz die Maximale Sekretionsrate, dann ist die renale Clearance geringer als RPF. PAH Clearance ist etwa 600 ml/min und so der RPF ist ungefähr 600 ml/min.
Aus dem RPF und dem Hämatokrit kann der renale Blutfluß (RBF) errechnet werden. RBF= RPF/ (1-Hämatokrit) RBF der Niere ist etwa 1200ml/min. Die Nieren sind die bestdurchbluteten Organe des Körpers.
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Osmotische Clearance Die Clearance der Gesamtheit an osmotisch aktiven Substanzen ist osmotische Clearance. Cosm=Vu x Uosm/ Posm
Freie Wasser-Clearance Zieht man vom Urinvolumen die osmotische Clearance ab, dann erhält man die freie Wasser-Clearance. CH2O= Vu (1-Uosm/Posm) Bei einem hypoosmolen Urin erzielt die freie WasserClearance einen positiven Wert. Bei einem hyperosmolaren Urin ist eine negative freie Wasser-Clearance
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Transportprozesse in dem proximalen Tubulus (Grosse Transportkapazität - keine hohen Gradienten)
Im proximalen Tubulus werden 70 % des filtrierten Wasser und Kochsalzes, 95% des filtrietren Bikarbonates und annähernd 100% der filtrierten Glukose und Aminosäuren resorbiert. Darüberhinaus sezerniert der proximale Tubulus einige Säuren und Basen.
Histologie Im proximalen Tubulus die luminale Membran enthält kurze Ausstülpungen (Mikrovilli der Bürstensaumembran) die basolaterale Membran tiefe Entfaltungen. Grosse Anzahl von Mitochondrien
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Treibende Kraft: Elektrochemische Gradient aus dem Extrazellulärraum in die Zelle . Es wird durch die Na+/K+ - ATPase der basolateralen Zellmembran aufrecht erhalten, die Na+ im Austausch gegen K+ aus der Zelle pumpt.
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Bikarbonatresorption H+ - ionen werden im Austausch gegen Na+ aus der Zelle transportiert (Na+/H+-Antiporter). H+ - ionen werden im Tubuluslumen mit filtrierten HCO3 zu CO2 und H2O verwandelt. Diese Reaktion wird durch Karboanhydrase (Typ IV) beschleunigt. Das gebildete CO2 diffundiert in der Zelle und wird in H+ und HCO3- umgewandelt. HCO3- verlässt die Zelle durch Na+/ HCO3- Symport.
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Cl--Resorption Im Tubuluslumen Formiat reagiert mit H+ Die gebildete Ameisensäure diffundiert in die Zelle und dissoziiert. Wegen Formiat kann Cl- resorbiert werden.
ATPase
ATPase
ATPase
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Na+-gekoppelter Transportprozesse (Symportersysteme) Glukose Galaktose Aminosäuren Organische Säuren Vitamin C Phosphat Sulphat HCO3
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Die Na+ gekoppelten Transportprozesse entziehen aus dem Lumen das positiv geladane Na+ und erzeugen somit zu Beginn des Proximalen Tubulus ein Lumen-negatives Potential. In den zweiten Hälfte des proximalen Tubulus sind die meisten Substrate resorbiert und das Potential wird Lumen-positiv.
Cl- getriebene Na+-Resorption Die luminale Konzentration von Substanzen (zB. Cl- ) die nicht resorbiert werden steigt an. Dieser Anstieg fördert die Diffusion von Cl- aus dem Tubuluslumen. Diese Diffusion hinterlässt ein lumen-positives Potential. Dieses Potential treibt Na+, K+ und Ca2+ durch die Tight junctions aus dem Lumen. Mehr als die Hälfte der proximal tubulären Resorption von Na+ ist passiv, getrieben durch Solvent drag-Mechamism und elektrisches Potential.
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Renale Behandlung organischer Substanzen Glukose. Monosaccharide wie Glukose und Galaktose werden durch Na+ gekoppelten Symport resorbiert. Die Monosaccharide verlassen die Zelle über einen Uniporter (Glut2). Der luminale Glukostransport ist durch Glut 2 (geringere Affinität) und Glut 1 (hochaffiner Transporter) bewerkstelligt. Nierenschwelle für Glukose Die maximale Transportrate der Niere wird bei der Plasmakoncentration 10 mmol/l erreicht (Nierenschwelle). Die Nierenschwelle ist von der Filtrationsrate unabhängig. Diabetes mellitus - Überlaufglukosurie. Auch eine Abnahme der maximalen tubulären Transportrate kann zur Glukosurie führen (renale Glukosurie).
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Weitere Zucker Galaktose wird durch den Glut1 sekundär aktiv resorbiert. Fruktose durch einen passiven Uniporter (Glut5). Aminosäure Die meisten filtrierten Aminosäuren werden durch parallel arbeitende Aminosäuretransporter vollständig resorbiert. Die Aminosäuretransportsysteme sind sättigbar (Nierenschwelle). Aminoazidurie
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Na+-gekoppelter Transportprozesse (Glukose-Typ Resorption ); Symportersysteme Glukose Galaktose Aminosäuren Organische Säuren Vitamin C Phosphat Sulphat HCO 3
Phosphate Resorption
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Peptide und Proteine 1. Di- und Tripeptide können im proximalen Tubulus durch PeptidH+-Symporter (Pept1 und Pept2) resorbiert werden 2. Peptidase können Peptide und Proteine spalten können. Die dabei gebildete Aminosäuren werden resorbiert. 3. Grössere Peptide und Proteine werden durch Endozytose in die proximalen Tubuluszellen aufgenommen. Lysosomale Enzyme abbauen die Proteine. Diese Mechanismen verhindern eine nennenswerte Ausscheidung von Proteinen (<30 mg Albumin/Tag). Ursache von Proteinurie kann entweder der Defekt des glomeruläres Filters oder ein tubulärer Defekt sein, der die Resorption der filtrierten Proteine beeinträchtigt.
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Sekretion im proximalen Tubulus Die in der Zelle akkumulierten Säuren verlassen die Zelle über Anionaustauscher oder Uniporter in der luminalen Zellmembran. Auf diese Weise wird Para-amino-hippursäure sezerniert. Harnsäure kann über Anionentransporter sowohl sezerniert als auch resorbiert werden. Über einen Anionaustauscher werden Formiat und Oxalat im Austausch gegen Cl- Sezerniert. Auf diese Weise können erhebliche Mengen von Cl- resorbiert werden.
PAH Sekretion
excreted
secreted
saturation
filtrated
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Organische Basen Eine Reihe von Transportprozessen im proximalen Tubulus sezernieren und resorbieren organische Kationen, wie Cholin, Azetylcholin, Adrenalin, Dopamin, Histamin, Serotonin. Im allgemein überwiegt die Sekretion, so werden die Kationen ausgeschieden.
Die Ausscheidung von Pharmaka, Giften, und weiteren Fremdstoffen Diese Substanzen werden in der Leber an Glukuronat, Glutathion, Sulphat oder Azetat gekoppelt und können somit durch die Transportprozesse für organische Säuren transportiert werden.
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Harnstoff Das proximale Tubulusepithel ist für Harnstoff gut passierbar. Mehr als Hälfte der filtrierten Harnstoffs ist proximal-tubulär resorbiert. Im Nierenmark diffundiert Harnstoff aus dem Sammelrohr in das Nierenmark und von dort in die Henle-Schleife (Rezirkulation von Harnstoff)
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Harnsäure Harnsäure ist ein Endprodukt des Purinstoffwechsels die durch die Niere ausgeschieden werden muss. Beim Menschen wird in proximalen Tubulus normalerweise die ganze filtrierte Menge von Harnsäure resorbiert. Gegen Ende des proximalen Tubulus wird Harnsäure auch sezerniert. Letzlich werden etwa 10% ausgeschieden. Die Harnsäurekristalle erzeugen eine schmerzhafte Entzündung, die letzlich zur Zerstörung der Gelenke führen (Gicht).
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