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Impfstoffentwicklung
Mit neuem Impfstoff effizient gegen Grippeepidemien Grippeepidemien sind gefährlich und fordern immer wieder Menschenleben. Besonders Kinder und ältere Personen sind gefährdet, denn sie haben häufig ein relativ schwächeres Immunsystem. Deshalb wird seit einigen Jahren vermehrt zur Grippeimpfung geraten. Doch die Herstellung des Impfstoffs ist bisher kostenintensiv und zeitaufwendig. Forscher der Universität Konstanz entwickeln jetzt ein neues Impfverfahren, das flächendeckend einzusetzen ist und einfach anzuwenden sein soll.
Valerie Herrmann bei der Auswertung ihrer Ergebnisse © privat
Vor allem in den Wintermonaten kommt es regelmäßig zum vermehrten Auftreten von Grippeerkrankungen, die mitunter epidemische Ausmaße annehmen können. Wichtig ist es deshalb, gefährdete Bevölkerungsgruppen wie kleine Kinder und ältere Menschen rechtzeitig durch eine Grippeimpfung zu schützen. Die momentan gebräuchlichen Impfstoffe gegen Influenza bestehen aus einer Mischung aus drei abgetöteten oder abgeschwächten InfluenzaVirusstämmen. Diese Impfungen induzieren eine Antikörperantwort gegen sehr variable Antigene auf der Virusoberfläche. Da diese Art der Immunisierung von den verwendeten Virusstämmen abhängig ist, muss ein halbes Jahr vor der Grippesaison vorhergesagt werden, welche drei Stämme besonders virulent sein werden, um diese für den Grippeimpfstoff der kommenden Saison zum Einsatz zu bringen. Waren die Voraussagen jedoch falsch und andere Grippe-Stämme breiten sich aus, zeigt die Impfung eine nur sehr geringe Wirkung. Gleichzeitig
ist die Herstellung des Impfstoffes, der aus Hühnereiern gewonnen wird, sehr zeitintensiv und teuer. Die Biologin Valerie Herrmann hat aus diesem Grund im Rahmen ihrer Promotion maßgeblich an der Entwicklung eines neuen Impfstoffs gegen Influenza-A-Grippeviren mitgearbeitet. Dieser Impfstoff ist einfach herzustellen und im Gegensatz zum bisherigen Impfstoff nicht von den Influenza-Virusstämmen abhängig. Das bedeutet, dass er in der Herstellung ohne die teilweise unsicheren Grippe-Stammprognosen auskommt und deshalb bessere Wirksamkeit verspricht.
Neuer Impfstoff auf Vorrat haltbar
Mit Hilfe des Sprühtrockners werden die PLGA-Mikrosphären hergestellt. © Valerie Herrmann
Der bisherige Impfstoff enthält eine Virus-Stammmischung, wodurch B-Zellen induziert werden, die Antikörper gegen variable Antigene auf der Virusoberfläche ausschütten. Daher ist der Impfstoff nur für spezifische Stämme und Subtypen anwendbar. Da die Stämme für die Impfungen aber von Jahr zu Jahr variieren, kann kein Impfstoff-Vorrat angelegt werden. „Unsere neue Impfung verwendet erstmals hochkonservierte Antigene, die im Virusinneren vorkommen, um zytotoxische T-Zellen zu induzieren", erklärt Valerie Herrmann, die ihr Dissertationsprojekt im August dieses Jahres erfolgreich abgeschlossen hat. Zytotoxische T-Zellen haben die Fähigkeit, eine Immunität gegen die meisten Influenza-A- Viren aufzubauen. Innerhalb der Forschungsarbeit wurden zwei hochkonservierte Peptidantigene des Influenza-A-Virus zusammen mit immunstimulatorischen Substanzen in biologisch abbaubaren Polylactid-co-Glycolid(PLGA)- Mikrosphären verkapselt. Diese werden aus Milchund Glycolsäure hergestellt und können vom Körper problemlos biologisch abgebaut werden, weshalb sie für die Anwendung beim Menschen zugelassen sind. PLGA-Mikrosphären werden im Körper von speziellen Antigen-präsentierenden Zellen aufgenommen. Die verkapselten,
immunstimulierenden Substanzen werden dann von der Zelle als Gefahrensignal erkannt, versetzen die Zelle in einem Zustand höchster Alarmbereitschaft und verstärken so ihre Fähigkeit, zytotoxische T-Zellen zu induzieren, die das Virus dann gezielt bekämpfen. „Die Antigene, die in unserer Studie verwendet werden, sind Peptide mit genau definierter Länge und Aminosäuren-Sequenz. Die Peptide werden chemisch synthetisiert, sind nicht infektiös und können schnell hergestellt und lange gelagert werden", erläutert die junge Wissenschaftlerin die Vorteile der neuen Impfung.
Zweigliedriges Immunisierungsschema bringt den Erfolg „Einer der Kernpunkte unserer Immunisierung ist neben den verwendeten Antigenen auch das Immunisierungsschema. Weder eine Immunisierung, die nur durch die Haut erfolgt, noch eine Immunisierung lediglich über die Atemwege kann die Entwicklung einer ausreichenden Anzahl an zytotoxischen T-Zellen in der Lunge gewährleisten", so Valerie Herrmann weiter. Aber genau dort, am Ort der Infektion, werden die zytotoxischen T-Zellen benötigt, um rechtzeitig eine Immunantwort zum Schutz gegen die Influenza-Viren auszulösen. Die Lösung brachte eine Kombination aus einer ersten Immunisierung unter die Haut, die vor allem T-Zellen in Immunorganen induziert, und einer zweiten Immunisierung über die Atemwege, die eine lokale Immunantwort gegen eine Influenza-Virus-Infektion sicherstellt. „Die Immunisierung über die Atemwege ist die schonendste Art der Immunisierung, die auch gut ohne medizinisch ausgebildetes Personal vorgenommen werden kann. Die Mikrosphären werden hierfür in eine Suspension mit Kochsalzlösung gebracht und einfach eingeatmet", beschreibt die Biologin das neue Impfverfahren.
Zukünftige Epidemien verhindern An einer Immunisierung mittels PLGA-Mikrosphären forschen Wissenschaftler der Universität Konstanz bereits seit einiger Zeit. So wird diese Immuntherapie bereits erfolgreich bei verschiedenen Krebserkrankungen innerhalb präklinischer Modelle eingesetzt. Dass dieses Verfahren auch für die Entwicklung eines effizienteren Grippeimpfstoffs sinnvoll sein könnte, wurde innerhalb der Kooperation von Prof. Dr. Oliver Planz von der Universität Tübingen mit den Forschern aus Konstanz klar. So hat Valerie Herrmann in Zusammenarbeit mit ihrem Doktorvater, dem Biologen Prof. Dr. Marcus Groettrup, die Projektidee und die Versuchsplanung erarbeitet und die Herstellung der PLGA-Mikrosphären, die Immunisierungen und die Analyse der Immunantworten übernommen. Planz und sein Team waren für die Arbeit mit dem Influenza-A-Virus verantwortlich. An dem Projekt wird seit zwei Jahren gearbeitet. Durch die Entwicklung des zweigliedrigen Impfschemas können starke und systemische T-ZellAntworten sowohl in den Lymphorganen als auch in der Lunge ausgelöst werden. Wie erste Versuche mit Mäusen bereits zeigten, führt diese starke T-Zell-Antwort zu einer Einschränkung der Virusreplikation, was den infektionsbedingten Gewichtsverlust sowie die Mortalität einschränkt. Bevor der neue Impfstoff aber in größerem Maßstab eingesetzt werden kann, muss seine Wirksamkeit noch in klinischen Studien nachgewiesen werden. Danach soll der Grippeimpfstoff vor allem im Fall einer drohenden Influenza- Epidemie eingesetzt werden. „Ich freue mich, dass durch meine Arbeit ein neuer Impfstoff entwickelt werden konnte, der das Potenzial hat, die Ausbreitung der Influenza A in Zukunft einzuschränken", sagt Valerie Herrmann abschließend.
Fachbeitrag 02.11.2015 Eva Botzenhart-Eggstein BioLAGO © BIOPRO Baden-Württemberg GmbH
Weitere Informationen Dr. Valerie Herrmann Universität Konstanz Fachbereich Biologie Lehrstuhl Immunologie Universitätsstraße 10 78457 Konstanz E-Mail: valerie.herrmann(at)uni-konstanz.de Lehrstuhl für Immunologie, Universität Konstanz
Der Fachbeitrag ist Teil folgender Dossiers
Impfstoffentwicklung
Virus
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Influenza
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