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EIN ABEND FÜR BRUNO SCHNYDER Das sogar theater erinnert an den Schriftsteller Bruno Schnyder, der vor einem Jahr in Zürich gestorben ist. 1954 in Jonen/AG geboren, verbringt er eine schwierige Jugend als Pflegekind bei Wirtsleuten in Boswil/AG. «Unehelich, hatte die Lehrerin in der Schule gesagt. Unehrlich, schrien meine Schulkameraden steinewerfend hinter mir her», hält Bruno Schnyder im Romanerstling «Albino» (1980) fest. Bruno Schnyder wird ab Ende der 1970-er Jahre von der Kritik als «Komet am Literaturhimmel» gehandelt und erhält Auszeichnungen, so unter anderem den Preis der Stadt Zürich (1980) und den Preis von Stadt und Kanton Bern (1981). Die Gedichtbände («Durchbruch zum Abschied» / «Aufstand der Träume») und die Romane «Albino» (1980) und «Drüben» (1981) sorgen für Aufsehen und Zustimmung. Das Luzerner «Vaterland» schreibt in einer Kritik zu «Albino»: «Nie verfällt er dem Reiz, ins Epische auszuufern. Sein Roman bleibt durchwegs kraftvoll poetisch. In einer Zeit, wo sich viele Schreiber laut und geschwätzig geben, packt einen eine solche vielversprechende sensitive Stimme.» Die Kindheit in der erstickenden, ländlichen Atmosphäre macht in früh zu einem Aussenseiter, der mit der ihn umgebenden Welt nicht klar kommt, und diese umgekehrt nicht mit ihm, dem Sensiblen, Kreativen und Begabten. Zürich, die grosse Stadt, «deren Licht hinter den Moränen wie ein Wetterleuchten erkennbar ist, wird zum Sehnsuchtsort», aber auch zur Stätte für Enttäuschung und unerfüllter Liebe. Die erhoffte Befreiung endet in neuen Zwängen, Desastern und Enttäuschungen. In seinen Romanen und Gedichten macht Bruno Schnyder dieses Leben und Suchen mit lakonischen Formulierungen und offener Sprache zum Thema. Er hat damit über seine Person hinausweisende, literarische Zeitdokumente geschaffen, die in der radikalen Schonungslosigkeit und quälenden Offenheit damals neu waren und auch der heutigen Lektüre Stand halten. Bruno Schnyder verkehrt in dieser Zeit u.a. mit Erika Burkart, Meret Oppenheim, Isa Hesse und Roland Moser. Im zweiten Roman «Drüben» hält sich der Protagonist mit Schlafmitteln und Alkohol über Wasser, hofft auf den Besuch Leos, mit dem er eine Liebesbeziehung eingegangen ist, in die er sich schier ausweglos verstrickt: «Ich führe Schattengespräche, klage Leo an, dass er nicht hier ist, flehe und verdamme den, den ich mir zum Freund wünsche.»
Der Abend bringt Lesungen aus den erwähnten Romanen, Ausschnitte aus Bruno Schnyders unveröffentlichtem Prosawerk «Aspenholz» und teilweise nicht publizierte Gedichte. Ein zehnminütiges Filmportrait von Beat Kuert über Bruno Schnyder wird gezeigt. Der Flötist Conrad Steinmann spielt «Alrune», ein musikalisches Portrait des Schriftstellers vom Komponisten Roland Moser. Dieser hat ebenfalls vier späte Gedichte von Bruno Schnyder vertont. Unter dem Titel «…es wäre zu still …» hören wir am Abend die Uraufführung. Vor einem Jahr ist der Komet am Literaturhimmel verglüht. Unbemerkt. Gestorben eines natürlichen Todes und dennoch auch dem vorangestellten Motto von E.M. Cioran im Roman «Drüben» nachlebend: «Ein Buch ist ein aufgeschobener Selbstmord.» Der Abend soll an einen beinahe Verschwundenen erinnern, und das Werk von Bruno Schnyder in die Schweizer Literatur zurückholen.
Es lesen: Sebastian Krähenbühl, Christoph Leimbacher, Mona Petri, Maja Stolle Komposition «Alrune»: Roland Moser; Blockflöte: Conrad Steinmann Komposition «…es wäre zu still …» (UA): Roland Moser; Sopran: Jeannine Hirzel, Klavier: Edward Rushton Konzept: Peter Brunner, Christoph Leimbacher, Roland Moser Produktion: sogar theater Vorstellung: Mittwoch, 16 März 16, 20.30 Uhr
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