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Muskeldystrophie beim Landseer (UCMD) Beim Landseer existiert eine schwere Muskeldystrophie die monogen autosomal (geschlechtsungebunden) rezessiv mit folgendem Erbgang vererbt wird:
Betroffene Hunde zeigen eine fortschreitende Muskelschwäche, die bereits mit 8-12 Wochen sichtbar wird. Die Erkrankung entwickelt sich schnell fort und betroffene Hunde müssen in einem Alter von 6-18 Monaten eingeschläfert werden. An der Uni Bern konnte in einer Studie die Ursache für diese Erbkrankheit gefunden und ein Gentest entwickelt werden, mit dem Anlageträger eindeutig identifiziert werden können. Diese Forschungsergebnisse konnten anhand von zwei betroffenen Würfen durch die Uni Bern erstellt werden. Der erste Wurf der Studie bestand aus der Mutter, dem Vater und 6 Nachkommen (ein siebter Nachkomme wurde vorher eingeschläfert). Von den 6 beprobten Nachkommen waren drei erkrankt und drei gesund. Der zweite Wurf bestand aus zwei erkrankten und zwei gesunden Geschwistern. Für das Forschungsprojekt waren allerdings nur Proben der beiden erkrankten Tiere verfügbar. Demnach standen der Uni Bern insgesamt 5 Proben betroffener Landseer, 2 Eltern und 3 Proben nicht betroffener Wurfgeschwister zur Verfügung. Zusätzlich standen ihnen 48 Proben von Landseern zur Verfügung, deren Ahnen in einem unbekannten Verwandtschaftsverhältnis zu den beiden erkrankten Würfen standen. Davon waren 33 homozygot frei (-normal-) und 15 heterozygot (-Träger-) Hinzugezogen wurden ebenfalls 404 Proben von Neufundländern und 473 Proben aus 63 verschiedenen anderen Hunderassen. Landseer
Neufundländer
Andere
normal
33
404
473
Träger
20
-
-
betroffen
5
-
-
Die Trägerfrequenz lag demnach bei 31 % , ist aber aufgrund der geringen Anzahl getesteter Landseer, die in diese Studie eingeflossen ist, nicht unbedingt repräsentativ. Die betroffenen Landseer des ersten Wurfs, ein Rüde und zwei Hündinnen, wurden in der 14 -18 Lebenswoche untersucht. Sie unterschieden sich schon in ihren ersten Lebenswochen durch längere Schlafepisoden und Zurückhaltung in der Bewegung von ihren Wurfgeschwistern. Bei der Untersuchung war der Rüde geistig wach, konnte aber nur ein paar Schritte gehen bevor er sich hinlegen musste. Er zeigte eine kurze steife Gangart und sein Rücken war im Stehen gewölbt. Seine Muskeln waren schwach und verkümmert und die Gelenke zeigten geringe Beweglichkeit. Die Manipulation der Gelenke schien schmerzhaft zu sein, allerdings waren seine Reflexe normal. Seine Schwestern zeigten unterschiedliche Schweregrade: Während die eine ein ähnliches Krankheitsbild wie der Rüde zeigte, hatte die andere Schwester zusätzlich Schwierigkeiten beim Schlucken, Aufstoßen, im Speichelfluss und einen reduzierten Würgereflex. Die schwer betroffene Hündin zeigte einen Megaösophagus (-Störung der Durchgängigkeit der Speiseröhre-) und eine Aspirationspneumonie (-Lungenentzündung die dadurch entsteht, dass der Mageninhalt oder andere
Stoffe in die Lunge gelangen und eine Entzündung hervorgerufen wird-). Bei dieser Hündin waren die Muskeln gegenüber ihren Wurfgeschwistern noch weiter verkümmert. Die Urinwerte, die Neosporin- und Toxoplasmose- Werte waren unauffällig. Alle erkrankten Hunde zeigten erhöhte Serum-Kreatinkinase-Werte, was auf die Schädigung der Muskelzellen hindeutet und im Allgemeinen einen Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Muskeldystrophie darstellt. Alle drei Hunde wurden mit 5 Monaten eingeschläfert. Die drei unauffälligen Wurfgeschwister wurden ebenfalls untersucht und es konnten keine klinischen Symptome festgestellt werden. Die SerumKreatinkinase-Werte waren bei diesen Hunden normal. Ähnliche Befunde wurden von den Besitzern und Tierärzten bei den erkrankten Hunden des zweiten betroffenen Wurfes gemeldet. Diese Hunde wurden mit 8-15 Monaten wegen des schweren Muskelschwunds erlöst. Beide Landseerfamilien hatten eine gemeinsame Ur Ur Großmutter auf mütterlicher Seite, auf väterlicher Seite konnte kein gemeinsamer Vorfahre gefunden werden. Nachdem bei allen erkrankten Landseern der gleiche Gendefekt als Ursache für die Muskeldystrophie festgestellt wurde, ist nunmehr nachgewiesen, dass diese Tiere auf ein Gründertier ingezüchtet sein müssen, welches mindestens 5 Generationen vor den betroffenen Welpen gelebt haben muss. Die monogen rezessive autosomale Vererbung wurde bei dieser Muskeldystrophie beim Landseer nachgewiesen. Es gibt eine ähnliche Erkrankung beim Menschen, welche als Ullrich Congenitale Muskeldystrophie (UCMD) bezeichnet wird. Daher wurde die Abkürzung UCMD auch für die Erkrankung beim Landseer gewählt. Eine genetisch andere und besser bekannte Form des Muskelschwunds ist die Duchenne’sche Muskeldystrophie (DMD). DMD wird im Gegensatz zur UCMD X-chromosomal (geschlechtsgebunden) vererbt und kommt z.B. Golden Retriever vor. Die UCMD beim Landseer wird aber eindeutig autosomal rezessiv vererbt. Sie kann also mit der gleichen Wahrscheinlichkeit bei männlichen und weiblichen Tieren auftreten. Die Forscher der Uni Bern empfehlen, dass Zuchttiere vor eine Verpaarung mit dem Gentest untersucht werden sollten. Mindestens eines der beiden Zuchttiere sollte unbedingt frei von der UCMD-Anlage sein, dann können keine erkrankten Welpen entstehen. UCMD-Anlageträger können zur Zucht verwendet werden, sollten aber unbedingt nur mit freien Hunden verpaart werden. Mit freundlicher Genehmigung und Unterstützung durch: Prof. Dr. rer. nat. Tosso Leeb Institut für Genetik der Uni Bern