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Nahrungsergänzungsmittel – Was Macht Wirklich Sinn?

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Visite - am 13. September 2016 im NDR Fernsehen Themen: Nahrungsergänzungsmittel – was macht wirklich Sinn? TIA – Minischlaganfall nicht unterschätzen! Tollwutgefahr – Fledermäuse übertragen Erreger Kniegelenk-Transplantation Dr. Wimmer: Wundversorgung Ohrstöpsel – den Lärm richtig ausschalten Abenteuer Diagnose: POEMS-Syndrom Nahrungsergänzungsmittel – was macht wirklich Sinn? Jeder vierte Erwachsene in Deutschland greift regelmäßig zu Nahrungsergänzungsmitteln - in der Hoffnung, dem Körper etwas Gutes zu tun. Deshalb boomt der Markt für Vitamine, Eisenpräparate und Co. Sie gehören zu den "essentiellen Stoffen", also jenen Substanzen, die der Körper dringend benötigt, aber nicht selbst herstellen kann. Nahrungsergänzungsmittel sind für Gesunde dennoch meistens überflüssig. Wer sich ausgewogen ernährt, bekommt alle Nährstoffe, Vitamine und Mineralien, die er braucht. Nahrungsergänzungsmittel können eine schlechte Ernährung aber auch nicht ausgleichen, mahnen Experten. Nur in einzelnen Fällen, in der Schwangerschaft, im Alter und bei chronischen Krankheiten, zum Beispiel Morbus Crohn oder schweren Entzündungen, kann es zu einem Nährstoffmangel kommen, der mit Ergänzungsmitteln (Supplements) ausgeglichen werden muss. Zu einem höheren Bedarf bestimmter Nährstoffe führen oft auch bestimmte Diäten, hoher Alkoholkonsum und Rauchen. Wer sich vegan ernährt, muss darauf achten, dass alle essentiellen Nährstoffe ausreichend in seinen Lebensmitteln enthalten sind. Insbesondere der Bedarf an Eisen und Vitamin B12 ist mit rein pflanzlicher Nahrung schwieriger zu decken. Wer sich trotz gesunder Ernährung erschöpft und antriebslos fühlt, sollte einen Arzt aufsuchen. Stellt dieser zum Beispiel Eisenmangel fest, muss die Ursache gefunden und beispielsweise eine innere Blutung ausgeschlossen werden. Bei älteren Patienten können Appetitmangel oder der Verzicht auf Fleisch aufgrund von Kaubeschwerden zu einem Eisenmangel beitragen. Dazu kommen bei Älteren natürliche Veränderungen im Magen-Darm-Trakt, die die Eisenaufnahme im Körper reduzieren. Dass die Blutbildung im Knochenmark mit den Jahren abnimmt, verschärft die Auswirkungen des Eisenmangels zusätzlich. Als Folge kann das Blut weniger Sauerstoff im Körper transportieren, was zu einer chronischen Erschöpfung führt. Bei älteren und kranken Menschen kann es sinnvoll sein, Omega-3-Fettsäuren, Eiweiß, Zink und Selen zu ergänzen. Menschen mit Herz-Kreislauf-Krankheiten oder dem Risiko einer Gefäßverkalkung können Omega-3-Fettsäuren auch vorsorglich einnehmen, ebenso Eiweiß gegen den Abbau von Muskeln und des Zahnhalteapparates. Selen erhält die Haargesundheit und fördert die Wundheilung. Bei älteren Menschen, die nicht mehr richtig essen, muss es ergänzt werden. Schwangere sollten Folsäure einnehmen, um Fehlbildungen beim Kind zu vermeiden. Für alle anderen Menschen ist eher Vorsicht geboten, denn falls sich im Darm Krebsvorstufen gebildet haben sollten, kann eine hohe Zufuhr von Folsäure das Wachstum bösartiger Tumore fördern. Ein Mangel an Vitamin B12 kann zu neurologischen Beschwerden wie Schwindelattacken und heftigen Kopfschmerzanfällen führen. Vitamin B12 ist an der Blutbildung beteiligt, aber auch wichtig für das Zellwachstum und die Funktion der Nerven. Bei Patienten mit Morbus Crohn behindert die chronische Entzündung im Darm die Aufnahme von Vitamin B12. Ähnliches kann auch Menschen passieren, die täglich Magensäurehemmer oder blutverdünnende Medikamente einnehmen. Sie verändern den pH-Wert im Magen und hemmen so die Aufnahme von Mikronährstoffen. Diabetiker, die Metformin einnehmen, sollten ihren Vitamin B12-Spiegel ebenfalls regelmäßig kontrollieren lassen. Doch nicht jeder, der mal müde ist, Schwindel hat oder wenig Fleisch isst, hat auch einen Eisenoder Vitamin B12-Mangel: Ob man einen Ersatz braucht, kann nur eine Blutuntersuchung beim Arzt klären. Denn die voreilige Einnahme von Eisen, Vitaminpräparaten oder anderen Nahrungsergänzungsmitteln kann auch gesundheitsschädliche Nebenwirkungen haben: So fördert zu viel Vitamin E in Kapselform die Entstehung von Lungenkrebs. Antioxidantien wie Vitamin C und E können Sport weniger effektiv machen. Und ganz allgemein können Nahrungsergänzungsmittel die Wirkung von Chemotherapie und Bestrahlung bei Krebspatienten beeinträchtigen. Nahrungsergänzungsmittel sollten daher immer nur unter ärztlicher Kontrolle eingesetzt werden. Vitamin A Aufgabe wichtig für die Funktion der Augen und des Zellwachstums, stärkt Haut und Schleimhäute Vitamin B1 (Thiamin) Energiestoffwechsel, Nervengewebe, Herzmuskulatur Vitamin B2 (Riboflavin) Energie- und Eiweißstoffwechsel Vitamin B6 (Pyridoxin) Blutbildung, Funktionen des Nerven- und Immunsystems, Aminosäuren-Stoffwechsel Vitamin B12 (Cobalamin) Blutbildung, Abbau einzelner Fettsäuren Folsäure Zellteilung und Zellneubildung, Blutbildung, Proteinstoffwechsel Biotin Protein-, Fett-, Mangelsymptome Nachtblindheit, Austrocknung der Tränendrüsen, Störungen der Spermienbildung, Wasserkopf bei Neugeborenen Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Gedächtnisstörungen, Verwirrtheit, Ödeme, Muskelschwund, Herzmuskelschwäche eingerissene Mundwinkel, Entzündungen der Mundschleimhaut und der Hornhaut des Auges Entzündungen im AugenNase-Mund-Bereich, schuppende Hautausschläge im Gesicht und am Kopf, Blutarmut, Taubheitsgefühle in Händen und Füßen Blutarmut, Müdigkeit, Zungenbrennen, Taubheitsgefühle (Mangelrisiko besonders bei Veganern und Älteren) Blutarmut, Demenz Arteriosklerose, Schwangerschaft: Missbildungen des Embryos Hautausschlag, enthalten in gelben und orangefarbenen Gemüsesorten und Früchten, Spinat, Grünkohl, Leber, Lebertran (Vorstufen von Vitamin A) Nüssen, Samen, Weizenkeimen, Erbsen, Bohnen, Linsen, Kartoffeln, Hefe, magerem Schweinefleisch Milch, Eiern, Käse, Innereien, Fleisch, Fisch, Gemüse (z.B. Spinat oder Spargel) Leber, Nieren, Nüssen, Samen, Fleisch, Fisch, Kohl, grünen Bohnen, Avocados, Bananen Leber, Nieren, Fisch, Milch, Eiern, Käse, fermentierten Pflanzen wie z.B. Sauerkraut Hefe, Leber, Weizenkeimen, Sojabohnen, Spinat, Trauben, Käse, Eiern Hefe, Leber, Eigelb, Kohlenhydratstoffwechsel Vitamin D Regelung des Kalzium- und Knochenstoffwechsels, Knochenbildung und stärkung Vitamin C Bildung von Bindegewebe, Wundheilung, antioxidante Wirkung (Zellschutz) Vitamin K Niacin Panthothen-säure Erschöpfung, Übelkeit, Depression, Muskelschmerzen, Schwindel, Appetitlosigkeit Knochenerweichung, Rachitis, Osteomalzie und Osteoporose Erhöhte Infektanfälligkeit, Skorbut (schlechte Wundheilung, Muskelschwund und Zahnfleischbluten) Blutgerinnung, Bildung von Störungen der Knochen-Eiweiß Blutgerinnung, Spontanblutungen, bei Neugeborenen oft Hirnblutungen unterstützt biochemische allgemeine Schwäche, Prozesse zur starker Mangel führt zur Energiegewinnung in den Krankheit Pellagra (mit Zellen Entzündungen der Haut, Durchfall und neurologischen Störungen) beteiligt an Magenschmerzen, biochemischen Müdigkeit, Reaktionen wie Fett- und Missempfindungen wie Kohlenhydrat-Stoffwechsel, Taubheit oder Kribbeln Cholesterin-Synthese und Brennen in den Füßen Interviewpartnerin im Studio: Dr. Maike Plaumann, Internistin, Diabetologin, Ernährungsmedizinerin Diabetes Kröpcke Rathenaustraße 16, 30159 Hannover Tel. (0511) 36 39 76 Internet: www.diabetes-kroepcke.de Interviewpartner im Beitrag: Dr. Claudia Drobik Marckmannstraße 88a, 20539 Hamburg Tel. (040) 78 68 00, Fax (040) 78 07 28-01 Internet: www.praxis-drobik.de Prof. Dr. Christian Sina Leiter Institut für Ernährungsmedizin Oberarzt Medizinische Klinik I Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck Tel. (0451) 3101-8401 Internet: www.innere1.uni-luebeck.de Tomaten, Nüssen, Sardinen, Sojabohnen fettem Fisch wie Hering oder Aal, Kalbfleisch, Pilzen Hagebutten, Sanddorn, Zitrusfrüchten, Paprika, Erdbeeren, Kiwi, Preiselbeeren, Brokkoli, Tomaten, Kohl Eigelb, fetten Milchprodukten wie Käse, Kohl, Spinat, Sonnenblumenöl, Leber, Geflügel Nüssen, Eiern, Milch, Fisch, Fleisch, Innereien Hefe, Getreide, Pilzen, Hülsenfrüchten, Eigelb, Hering, Leber Weitere Informationen: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. Godesberger Allee 18, 53175 Bonn Internet: www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/ Empfehlungen zur vollwertigen Ernährung Vegetarierbund Deutschland e.V. Genthiner Straße 48, 10785 Berlin Internet: www.vebu.de/fitness-gesundheit/naehrstoffe/ Nährstoffempfehlungen für Vegetarier, Veganer und andere Ratgeber: Andreas Jopp: Risikofaktor Vitaminmangel. 184 S.; Trias (2010; 4. Aufl.); € 17,99 Uli P. Burgerstein: Handbuch Nährstoffe – Vorbeugen und heilen durch ausgewogene Ernährung. 656 S.; Trias (2012; 12.überarb. Aufl.); € 39,99 TIA – Minischlaganfall nicht unterschätzen! Eine leichte Lähmung in der Hand, ein Taubheitsgefühl im Bein, plötzlich Probleme beim ganz normalen Sprechen oder ein kurzfristiger Blackout: Solche sogenannten Transitorischen Ischämischen Attacken (TIA) sind nicht selten Vorboten eines schweren Schlaganfalls und ein Notfall, der unbedingt ernst genommen werden muss, auch wenn die Symptome nach wenigen Sekunden oder Minuten von selbst wieder verschwunden sind. Denn das Risiko für einen schweren Schlaganfall ist in den Tagen nach einer TIA stark erhöht. Deshalb sollten alle Betroffenen, die auch nur vorübergehende Symptome haben, mindestens drei Tage lang möglichst auf einer Schlaganfallspezialstation, der sogenannten Stroke Unit, überwacht werden. Dort werden eventuelle Blutgerinnsel mit blutverdünnenden Medikamenten aufgelöst. In manchen TIA-Fällen kommt es auch zu einem kurzfristigen Sehverlust. Betroffene sollten sofort einen Arzt aufsuchen. Ein kurzer Verlust der Sehfähigkeit ist eine Sonderform der TIA, die Amaurosis fugax (Durchblutungsstörung im Sehzentrum). 20 Prozent der Betroffenen erleiden anschließend einen Schlaganfall. Ursache der Amaurosis fugax kann zum Beispiel eine verengte Halsschlagader sein, in der sich kleine Blutgerinnsel bilden, die ins Gehirn gelangen können. Mit einem Stent, der die Halsschlagader offenhält, und Blutverdünnern lässt sich dieses Risiko meist gut ausschalten. Wichtig ist es, eine TIA immer ernst zu nehmen und sofort einen Arzt aufzusuchen. Sollte es in den Tagen nach der TIA zu einem massiven Schlaganfall kommen, muss sofort der Notarzt gerufen werden, damit der Betroffene ohne Zeitverlust in die nächste dafür ausgerüstete Klinik gebracht wird. Denn wird der Schlaganfall rechtzeitig diagnostiziert, können die Ärzte auf einer Stroke Unit das für den Schlaganfall verantwortliche Blutgerinnsel wieder auflösen. So lassen sich bleibende Schäden verringern und oft sogar ganz verhindern. Doch diese Behandlung ist nur in den ersten viereinhalb Stunden nach dem Auftreten der ersten Symptome möglich. Schnellcheck Schlaganfall  Bitten Sie den Betroffenen, zu lächeln! Ist das Gesicht dabei einseitig verzogen, deutet das auf eine Halbseitenlähmung hin. Das ist ein Hinweis auf eine Durchblutungsstörung im motorischen Zentrum des Gehirns.  Bitten Sie den Betroffenen, die Augen zu schließen, die Arme nach vorn zu strecken und die Handflächen nach oben zu drehen. Wenn die Arme nicht gleichzeitig gehoben und die Handinnenflächen nach oben gedreht werden können, also sinken und sich drehen, deutet auch das auf eine Störung der Motorik hin.  Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen? Versteht die Person die Aufforderung nicht? Das Sprachzentrum im Gehirn kann dann betroffen sein. Interviewpartner im Studio: Prof. Dr. Christian Gerloff, Direktor Klinik und Poliklinik für Neurologie Kopf-Neurozentrum Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistraße 52, 20246 Hamburg Tel. (040) 74 10-527 70 Internet: www.uke.de/kliniken-institute/kliniken/neurologie Interviewpartner im Beitrag: Dr. Gerhard Hermes Chefarzt Klinik für Neurologie und Geriatrie Bethesda Krankenhaus Bergedorf gGmbH Glindersweg 80, 21029 Hamburg Tel. (040) 725 54-12 41 Internet: www.klinik-bergedorf.de Weitere Informationen: Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe Schulstraße 22, 33311 Gütersloh Service- und Beratungszentrum Tel. (05241) 97 79-0 (Mo.-Do. 9-17 Uhr, Fr. 9-14 Uhr) Internet: www.schlaganfall-hilfe.de Kompetenznetz Schlaganfall Charité Campus Mitte Charitéplatz 1, 10117 Berlin Internet: www.kompetenznetz-schlaganfall.de Ratgeber: Michael Hessinger u.a.: Schlaganfall: Erkennen – Rehabilitation – Vorbeugung. 94 S.; Verlagshaus der Ärzte (2012); € 14,90 Annette Kerckhoff, Johannes Wilkens: Was tun bei Schlaganfall: Vorbeugung und Nachbehandlung. 92 S.; Natur und Medizin (2015; 2. Aufl.); € 5,90 Tollwutgefahr – Fledermäuse übertragen Erreger Ihre Zähne sind spitz wie Stecknadeln und durchdringen sogar Handschuhe. Doch gefährlicher kann der Speichel von Fledermäusen sein: Er kann alle Arten von Bakterien und Viren enthalten – bei afrikanischen Arten sogar das Ebola-Virus. Auch hier im Norden kann der Biss einer Fledermaus lebensgefährlich sein: In einigen Fledermäusen im Landkreis Leer wurden gehäuft Tollwutviren nachgewiesen, die bei einem Biss übertragen werden. Bekommt der Betroffene nicht innerhalb weniger Tage ein Gegenmittel gespritzt, kann das tödlich enden. Das Problem: Immer häufiger werden Fledermäuse auf der Straße oder im Garten auf dem Boden gefunden. Oft heben Menschen die Tiere auf, um ihnen zu helfen. Und dabei kommt es vor, dass die Tiere mit ihrem spitzen Gebiss zuschnappen. Bekommt man anschießend Fieber, ist das ein mögliches Anzeichen für eine Tollwut. Beim Biss gelangen die Viren mit dem Speichel des Tieres in die Bisswunde, wo sie einige Tage verbleiben und sich vermehren, bevor sie sich ihren Weg über die Nerven bis ins Rückenmark bahnen – und von dort ins Gehirn. Das kann eine Woche, aber auch mehrere Monate dauern. Die Folgen sind fatal: lebensbedrohliche Entzündungen von Rückenmark und Gehirn. Besteht der Verdacht auf Tollwut, muss auf jeden Fall nachträglich geimpft werden – mit einem sogenannten Passivimpfstoff, der direkt in die Wunde gespritzt wird. Das ist die einzige Möglichkeit, mögliche lebensgefährliche Komplikationen zu verhindern. Den Impfstoff gibt es jedoch nur in besonderen Notfallzentren. Leider schätzen nicht alle Ärzte die Gefahr der Fledermaustollwut richtig ein: Manche verwechseln die Tollwutviren der Fledermaus mit denen des Fuchses. Die haben aber überhaupt nichts miteinander zu tun. Die betroffenen Landkreise im Norden haben sicherheitshalber alle Ärzte über die von den Fledermäusen ausgehende Gefahr informiert – und darüber, wie im Notfall sofort geimpft werden muss. Derzeit sind auffällig viele Fledermäuse im Norden infiziert. Die Fledermaus-Tollwutviren unterscheiden sich deutlich von denen anderer Tiere, etwa der Füchse. Bei den hiesigen Fledermäusen kommen drei verschiedene Tollwutviren vor. Betroffen sind nur einige der 25 Arten, die aber im Norden sehr weit verbreitet sind. Fledermausexperten vermuten, dass die Tiere im nassen Sommer zu wenig Nahrung gefunden haben und deshalb ihr Immunsystem geschwächt ist, so dass sich die Viren in ihrem Körper vermehren. Das Tier wird krank, fällt geschwächt zu Boden und wird gefunden. In Panik beißen die Tiere dann oft zu. Ob ein Tier Tollwutviren in sich trägt, können nur Experten im Labor nachweisen. Dem Tier sieht man es nicht an, aber man muss damit rechnen, wenn es sich atypisch verhält: Liegt es auf dem Boden oder kreuzt es tagsüber auf, stimme etwas nicht, warnen Experten. Sollte es erforderlich sein, eine Fledermaus zu bergen, darf man sie nicht mit bloßen Händen anfassen. Auch Handschuhe bieten keinen ausreichenden Schutz gegen die kleinen, sehr spitzen Zähnchen. Experten empfehlen, das Tier mit einem Kehrblech oder einer Schaufel in einen festen Behälter zu legen oder das Veterinäramt anzurufen. Übrigens: Die Tollwut wird ausschließlich über Speichel auf Hautwunden übertragen. Von Kot geht keine Gefahr aus. Ohne direkten Kontakt zu den Tieren sind auch Hausbesitzer mit einem Fledermausquartier, zum Beispiel im Dachstuhl, keiner erhöhten Gefahr ausgesetzt. Solange man die Tiere nicht anfasst, werden selbst tollwütige Fledermäuse Menschen nicht angreifen. Interviewpartner im Beitrag: Dr. med. vet. Angelika Hepp, Tierärztin Amt für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung Friesenstraße 30, 26789 Leer (Ostfriesland) Internet: www.landkreis-leer.de/Leben-Lernen/Natur-Tiere-Umwelt/Veterinäramt Axel Roeschen, Diplom-Biologe Geschäftsführer NABU Umweltpyramide Huddelberg 14, 27432 Bremervörde Internet: www.nabu-umweltpyramide.de Mechthild Schäpker, stellvertretende Amtsärztin Gesundheitsamt Landkreis Leer Jahnstraße 4, 26789 Leer E-Mail: [email protected] Internet: www.landkreis-leer.de/Leben-Lernen/Gesundheit-Verbraucher/Gesundheitsamt Theodor Poppen, Fledermaus-Regionalbetreuer Landkreis Aurich Amt für Planung und Naturschutz Fischteichweg 7-13, 26603 Aurich E-Mail: [email protected] Internet: www.landkreis-aurich.de/197.html Dr. Norbert Heising, Geschäftsführer Zweckverband Veterinäramt JadeWeser Abteilungsleiter Veterinärwesen Postfach 2169, 26414 Schortens E-Mail: [email protected] Internet: www.jade-weser.de Weitere Informationen: NABU e.V. Charitéstraße 3, 10117 Berlin Fledermaushotline: 030-284984-5000 Internet: www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/fledermaeuse/arten/ Ratgeber: Klaus Richarz: Fledermäuse beobachten, erkennen und schützen 144 S.; Franckh Kosmos (2015; 3. Aufl.); € 9,99 Kniegelenk-Transplantation Mit fremden Knochen und Knorpelgewebe eines Spenders einen Knorpelschaden im Knie reparieren – daran forschen Mediziner in Hannover. Bisher lassen sich nur unfallbedingte Knorpelschäden mit einem Durchmesser von bis zu vier Zentimetern mit einer Knorpelzelltransplantation aus eigenem Gewebe reparieren (ACT). Dabei wird ein kleines Stück Knochen und Knorpel aus einer gesunden Stelle am Knie des Patienten herausgestanzt und daraus im Labor neues Knorpelgewebe gezüchtet. Der neue Knorpel aus eigenen Zellen wird passgenau eingefügt und wächst ein. Patienten mit einer größeren Verletzung blieben bislang als einzige Alternativen nur ein künstliches Kniegelenk oder eine Teilprothese. Gerade für junge Patienten war das nicht befriedigend, denn die künstlichen Gelenke haben eine begrenzte Lebensdauer und müssen immer wieder ausgetauscht werden. Dabei geht jedes Mal weiterer Knochen verloren. Die Gewebespende eines anderen Menschen soll ihnen nun helfen, wieder ohne Schmerzen gehen zu können. Das Spenderknie wird im OP passgenau zugeschnitten. Die Zellen im Spendermaterial müssen noch intakt sein, damit das Implantat in den Knochen des Patienten einwachsen kann. Und die neue Knochen-Knorpelschale muss so dünn wie möglich sein – nur dann gibt es keine Abstoßungsreaktionen, beobachteten die Forscher. Anders als bei Organtransplantationen müssen die Patienten anschließend nicht lebenslang Medikamente einnehmen, um die Abstoßung zu unterdrücken. Bislang wurde das Verfahren erst bei wenigen Patienten durchgeführt. Auch verletzte Schulter- und Fußgelenke wurden in Hannover inzwischen so behandelt. Langzeitbeobachtungen gibt es allerdings noch nicht. Das Verfahren befindet sich noch in der Entwicklung und ist in Deutschland bislang einzigartig. Sowohl die Knorpelzelltransplantation aus eigenem Gewebe (ACT) als auch die neue GelenkflächenTransplantation setzen voraus, dass an anderer Stelle im Gelenk der Knorpel gesund und funktionsfähig ist. Das ist bei fortgeschrittener Arthrose meist nicht der Fall. Bei Arthrose ist der Knorpelschaden ist nicht auf einen bestimmten Bereich begrenzt, so dass die KnorpelErsatzverfahren für diese Patienten in der Regel nicht in Frage kommen.. Interviewpartner im Beitrag: Prof. Dr. Christian Krettek, FRACS Direktor Klinik für Unfallchirurgie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover Tel. (0511) 532-20 99, Fax (0511) 532-58 77 Internet: www.mh-hannover.de/unfallchirurgie.html Priv.-Doz. Dr. Jan Philipp Petersen, Leitender Oberarzt Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistraße 52, 20246 Hamburg Tel. (040) 74 10-53 459, Fax (040) 74 10-545 69 Internet: www.uke.de/kliniken/unfallchirurgie Dr. Wimmer: Wundversorgung Im Alltag kommt es immer wieder zu kleinen Verletzungen. Meist genügt ein einfaches Pflaster! Doch geht der Schnitt mal tiefer, kommt es auf schnelle Hilfe an, damit sich die Wunde nicht infiziert oder Blutungen schnell gestoppt werden. Wollen Sie helfen, ziehen Sie zuerst Schutzhandschuhe an! Setzen oder legen Sie den Betroffenen hin. Durch starken Blutverlust kann es zu einem Kreislaufschock kommen. Das erkennen Sie daran, dass die Person blass wird. In diesem Fall lagern Sie die Beine des Betroffenen hoch! Wunden werden in der Regel nicht ausgewaschen oder desinfiziert! Wichtig ist hingegen eine sterile Abdeckung, zum Beispiel mit einer Wundkompresse. Wählen Sie den richtigen Verband je nach Stärke der Blutung. Geringe Blutungen können Sie mit einem Pflaster versorgen. Mäßige Blutungen lassen sich zum Beispiel mit Kompressen und Heftpflaster oder einem Verbandpäckchen stoppen. Starke Blutungen benötigen einen Druckverband. Übrigens: Abbinden bei starken Blutungen empfiehlt sich nicht! Bei einer starken Blutung am Arm können Sie entweder abdrucken oder den Arm hoch lagern. Egal, ob große Verletzung oder nur ein kleiner Schnitt: Es kann die Gefahr einer Tetanusinfektion bestehen! Schauen Sie also mal in Ihren Impfpass, wann die letzte Impfung war – denn diese liefert nur zehn Jahre einen Vollschutz! Danach kann aus einem kleinen Schnitt ein lebensgefährliches Problem werden. Interviewpartner im Beitrag: Was Sie über gängige Krankheiten wissen müssen Dr. Johannes gibt Auskunft: Internet: http://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Dr-Johannes-erklaert-Krankheiten-imVideoglossar,doktorjohannes100.html Ohrstöpsel – den Lärm richtig ausschalten Straßenlärm, laute Musik, nervtötendes Schnarchen – typische Geräusche, die uns um den Schlaf bringen und auf die Nerven gehen können. Da sind Ohrstöpsel oft die einzige Rettung. Es gibt viele verschiedene Modelle – aber welche sind die besten? Wattebällchen mit einem harten Kern aus Vaseline und Wachs sind der Klassiker. Diese Ohrstöpsel lassen sich weich formen und ins Ohr stecken. Statt Watte wird bei anderen Modellen Silikon verwendet - damit soll man auch schwimmen können. Andere besitzen Silikon-Flügelchen oder Bänder zum sicheren Herausziehen, es gibt Einwegstöpsel und waschbare Modelle. Gefährlich sind Ohrstöpsel nur, wenn man sie falsch benutzt und dabei die Gehörganghaut verletzt. Und zu häufiges Verwenden kann zu Entzündungen führen. Bei richtigem Gebrauch aber schützen die Stöpsel das Gehör vor Lärm. Ein lauter Schnarcher mit 70 Dezibel stört dann nicht mehr. Ein Lkw mit 90 Dezibel wird leiser und selbst eine Kreissäge mit 120 Dezibel fast erträglich. Schon ab 85 Dezibel drohen Hörschäden. Ohrstöpsel können diesen vorbeugen, weil sie den Lärm um 10 bis zu 35 Dezibel senken, sofern sie richtig verwendet werden. Die Stöpsel müssen sauber sein und die Ohren trocken. Sonst bildet sich hinter dem Pfropfen ein feuchtwarmes Klima, ein idealer Nährboden für Bakterien. Die Wachs- und Silikon-Bällchen werden zu einem Keil geknetet und zur Hälfte ins Ohr geschoben. Der Rest wird in der Ohrmuschel verteilt, damit das ganze Ohr dicht ist und der Pfropfen nicht gleich wieder heraus fällt. Etwas einfacher sind Modelle aus Schaumstoff zu handhaben. Auch hier braucht man erstmal einen spitzen Keil. Sitzt der im Gehörgang, dehnt er sich dort wieder aus und macht dicht. Experten empfehlen Mehrwegstöpsel aus Silikon, die gut einzusetzen und leicht zu entfernen sind. Der Druck auf die Haut des Hörganges ist bei diesen Stöpseln relativ gering. Auch Schaumstoff-Stöpsel, egal ob Kegel oder Zylinder, sind relativ leicht und rückstandsfrei zu entfernen. Man kann sich seine Ohrstöpsel übrigens auch selbst machen: Dafür einfach Kosmetiktücher zusammendrehen und in die Ohren stecken. Interviewpartner im Beitrag: Priv. Doz. Dr. Miklos Toth Oberarzt Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistraße 52, 20246 Hamburg Internet: www.uke.de/kliniken-institute/kliniken/hals-nasen-und-ohrenheilkunde Abenteuer Diagnose: POEMS-Syndrom Der Hobbygitarrist Gerardo C. hat auch zwei Monate nach einer überstandenen Grippe noch keine Kraft in seinen Beinen. Die Hausärztin ist alarmiert, als ihr Patient keinerlei Reflexe zeigt – sind das Anzeichen für ein ernstes Nervenleiden? Sie überweist ihn in die Neurologie der Göttinger Uniklinik. Der Neurologe prüft die Reflexe, misst die Geschwindigkeit, mit der die Bein-Nerven arbeiten und entnimmt eine Probe vom Nervenwasser. Die Lumbalpunktion zeigt den typischen Befund eines Guillain-Barré-Syndroms – eine aufsteigende Lähmung von den Beinen zu Armen und Händen. Beim Guillain-Barré-Syndrom greift das Immunsystem die eigenen Nervenzellen an. Die amoklaufenden Antikörper zerstören zunächst die Isolierung der Nervenstränge. Dann vernichten sie die Leitungsfasern. Die fortschreitenden Lähmungen werden lebensbedrohlich, wenn sie die Atmung betreffen oder zu schweren Herzrhythmusstörungen führen. Die Lähmung bei Gerado C. ist noch nicht weit fortgeschritten. Immunglobuline sollen die aggressiven Abwehrzellen in seinem Körper durch gesunde Zellen ersetzen. Das stoppt die Lähmung und Gerado C. kann wieder Gitarre spielen. Dann ein Rückfall: Aus heiterem Himmel ist die Lähmung wieder da – und sie steigt weiter auf. Der Göttinger Neurologe filtert die amoklaufenden Antikörper nun per Blutwäsche aus dem Blut. Die heftige Therapie scheint erfolgreich zu sein, drei Wochen geht der Patient in die Reha, um die motorischen Fähigkeiten aufzutrainieren. Anschließend geht es Gerado C. monatelang nicht schlechter – die Krankheit scheint gestoppt. Doch dann erwacht die heimtückische Lähmung ein drittes Mal und kriecht in seine Hände! Gerado C. kann nicht mehr Gitarre spielen. Der Neurologe vermutet nun eine besonders schwere Ausprägung des Guillain-Barré-Syndroms: das CIDP – die chronische Form des Nervenleidens. Der Spezialist verordnet erneut Immunglobuline, aber diesmal zusätzlich Kortison. Doch die Mittel schlagen nicht an. Auch eine weitere Blutwäsche stoppt die Lähmung nicht. Dann besucht der Neurologe eine Ärztefortbildung, bei der ein Bochumer Nerven-Spezialist über das Guillain-Barré- Syndrom, das Versagen der üblichen Therapien und erfolgreiche, moderne Medikamente spricht. Schon am nächsten Tag wird Gerado C. nach Bochum transportiert. Doch der Spezialist ist skeptisch: Das rasche Fortschreiten spricht gegen das Guillain-Barré-Syndrom. Er erinnert sich an einen Patienten mit ähnlichen Lähmungen, aber die Ursache war nicht das Immunsystem, sondern ein versteckter Krebsherd. Bei einer simplen Tastuntersuchung stößt der Spezialist auf eine winzige Beule am Brustbein. Gerardo C. kommt sofort in ein spezielles PET-CT, in dem besonders aktive Gewebe wie Krebsherde sichtbar werden. Und tatsächlich leuchtet die Stelle am Brustbein hochaktiv. Der Patient wird auf die Krebsstation verlegt und nach Hautfärbung und Haarwachstum befragt. Schnell steht die Diagnose: In der kleinen Beule am Brustbein werden Krebszellen nachgewiesen – eine Art Blutkrebs: Hier ist eine blutbildende Knochenmarkzelle entartet. Sie vermehrt sich ständig und produziert Massen von Antikörpern – und zwar genau die Sorte, die das Immunsystem beim Guillain-Barré-Syndrom bildet. Die Antikörper greifen die Nerven an und führen zu den typischen Veränderungen an Haut und Haaren. Es ist das POEMS-Syndrom. Bis der seltene Blutkrebs besiegt ist, kämpft Gerado C. ein halbes Jahr: Drei Chemotherapien und eine Knochenmarktransplantation sind nötig. Interviewpartner im Beitrag: Prof. Dr. David Liebetanz Klinik für Klinische Neurophysiologie Universitätsmedizin Göttingen Robert-Koch-Straße 40, 37075 Göttingen Internet: www.neurologie.uni-goettingen.de PD Dr. Min Suk Yoon Klinik für Neurologie St. Josef- und St. Elisabeth-Hospital gGmbH Gudrunstraße 56, 44791 Bochum Internet: http://neurologie.klinikum-bochum.de Dr. Nadine Höffken Medizinische Klinik 1, Abteilung für Hämatologie und Onkologie St. Josef- und St. Elisabeth-Hospital gGmbH Gudrunstraße 56, 44791 Bochum Internet: http://josef-hospital.klinikum-bochum.de/abteilung-fuer-haematologie-undonkologie.html (Die Redaktion erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit der angegebenen Adressen und Buchhinweise.) 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