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Paper: Der anthropogene Klimawandel – Stand der Wissenschaft von Jan Hohlbein (5. Fachsemester Geographie, Diplom) Veranstaltung: Global Change - Umweltveränderungen und Umweltrisiken im WS 2004/05 bei Angelika Heil und Gerhard Lammel (Universität Hamburg)
1.
Einleitung
Das Klima unserer Erde ist ein wichtiges und zentrales Thema in der aktuellen Wissenschaftsdebatte. Seit dem möglichen Einsatz neuer Technologien, wie satellitengestützter Radar- und Fernerkundung, haben sich in relativ kurzer Zeit neue Forschungsergebnisse erzielen lassen. Dabei ist deutlich geworden, dass der Einfluss, den der Mensch auf das Klima ausübt in einem immer stärker werdenden Maße angestiegen ist.
2.
Begriffe
Bevor man in die Debatte einsteigt, muss man sich allerdings zuerst mit einigen Begrifflichkeiten vertraut machen. Zuerst die Frage, was ein Wissenschaftler überhaupt unter Klima versteht: Unter Klima wird die Gesamtheit aller Wetter- und Witterungszustände in einem langen Zeitraum von mindestens 30 Jahren (laut Vereinbarung der WMO) verstanden. Als ein weiterer Begriff, der einer Klärung bedarf, ist der Treibhauseffekt zu nennen. Die Atmosphäre lässt einen Teil von kurzwelligen Strahlen (v.a. im atmosphärischen Fenster des sichtbaren Lichts) relativ ungehindert passieren, hält aber die langwellige terrestrische Ausstrahlung durch Absorption und Streuung an Wolken, Gasmolekülen und Aerosolen zurück (LESER 2001; HÄCKEL 1999). Man unterscheidet einen natürlichen
und
anthropogenen
Treibhauseffekt.
Ohne
den
natürlichen
Treibhauseffekt wäre die durchschnittliche globale Temperatur um 32,4°C geringer. Den größten Anteil haben der Wasserdampf, das CO2 und das stratosphärische O3.
3.
Der Anthropogene Treibhauseffekt
Der anthropogene Treibhauseffekt bezeichnet den Anteil an der Erwärmung, der aufgrund von Gasen und Aerosolen entsteht, die durch den Menschen in die Atmosphäre eingebracht wurden/werden. Hier sind das CO2, das CH4, die FCKWs, das N2O und das bodennahe O3 die wichtigsten Gase. 1
Wie sehr die Emission dieser Treibhausgase seit der Industriellen Revolution zugenommen hat, zeigt die folgende Graphik des IPCC. Der Einfluss, der teils
Abbildung 0: Indikatoren für den anthropogenen Klimawandel Quelle: IPCC TAR 2001
irreversibel ist, ist nach Meinung einiger Wissenschaftler sogar so groß, dass eine neue Erdzeit-Epoche, das sog. Anthropozän (CRUTZEN 2002), damit begonnen hat. CRUTZEN (2001) schreibt dazu: „mankind will remain a major environmental force for many millennia” (S. 23). Besonders stark ist die Veränderung im 20. Jahrhundert: Der Energieverbrauch ist um das 16-fache gestiegen (CRUTZEN 2001) und die Menschheit hat im Durchschnitt in nur einem Jahr soviel fossile Brennstoffe verbraucht, wie die Natur in 2 Mio. Jahren generiert hat (HÄCKEL 1999). Das Ergebnis ist ein Anstieg der Gehalte von klimawirksamen Gasen in der Atmosphäre und damit eine Zunahme des anthropogenen Treibhauseffekts. Nach SCHÖNWIESE (2004) gab es allein in den letzen hundert Jahren eine Netto-Erwärmung um 0,6-0,7°C, wobei ein abkühlender Effekt von Aerosolen von bis zu 0,4°C berücksichtigt wurde. Dabei folgt die Temperaturzunahme einem exponentiellen Verlauf.
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4.
Die hauptsächlich beteiligten Gase
Das
klimawirksamste
Gas
ist
das
CO2.
Sein
Anteil
am
anthropogenen
Treibhauseffekt wird mit 63,8% angegeben (IPCC TAR 2001). Der große Zuwachs von 318 ppm im Jahre 1960 auf heute etwa 370 ppm ist hauptsächlich auf die verstärkte Verbrennung von fossilen Brennstoffen zurück zu führen. Das IPCC (2001) prognostiziert in Abhängigkeit vom zukünftigen Verbrauch einen weiteren Anstieg auf 540-970 ppm bis zum Jahre 2100, da das CO2 eine mittlere Verweilzeit in der Atmosphäre von 120 Jahren hat. Diese schwankt jedoch stark, wenn man sich die verschiedenen
Kohlenstoffkreisläufe
einzeln
ansieht:
wenige
Jahre
im
Biosphärenkreislauf, einige tausend Jahre im Ozeankreislauf. „Die mittlere Verweilzeit eines Spurenstoffes in der Atmosphäre ist die Zeit, in der sich eine in die Atmosphäre eingebrachte Menge des betreffenden Spurenstoffes um zwei Drittel vermindert hat“ (ENQUETE KOMMISSION DEUTSCHER BUNDESTAG 1990; S. 146 f.). Man kann hier also von einem trägen System sprechen. Das CO2 wird als Vergleichsmolekül
bei
der
Wirksamkeit
der
verschiedenen
Treibhausgase
herangezogen. Man spricht hier vom sog. GWP (global warming potential) und meint die Wirksamkeit eines Moleküls vom Treibhausgas X bezogen auf ein Molekül CO2. So hat Methan, das als zweitwichtigstes Treibhausgas ein GWP von 23. Der Anteil am anthropogenen Treibhauseffekt wird vom IPCC (TAR 2001) mit 19,0% angegeben. Der Anstieg des Methans korreliert sehr stark mit dem Anstieg der Weltbevölkerung. Das liegt daran, dass es bei der Viehzucht (im Pansen der Rinder) und beim Nassreisanbau freigesetzt wird. Außerdem entsteht es überall dort, wo Verwitterung unter Luftabschluss stattfindet. Da die Weltbevölkerung im 21. Jahrhundert im Mittel über 6,5 Mrd. Menschen liegen wird, ist Methan ein sehr ernstzunehmender Klimafaktor. Allerdings hat es nur eine Verweilzeit von 12 Jahren, weshalb man hier auch eine Möglichkeit sieht, auf die Konzentration in der Atmosphäre steuernd Einfluss zu nehmen. Die Prognosen des IPCC variieren deshalb von einer Abnahme bis zu einer extrem starken Zunahme der Konzentration in der Atmosphäre (-11% bis +113%). Der drittstärkste Anteil wird den FCKW-Molekülen zugeschrieben. Das besondere an diesen ist, dass sie keine natürlichen Quellen besitzen, und dass deshalb der gesamte Gehalt in der Atmosphäre auf den Menschen zurückgeführt werden muss. 1990 wurde auf einer Klimakonferenz in London beschlossen, die Herstellung von FCKWs bis zum Jahre 2000 zu stoppen. Problematisch an den FCKW-Molekülen 3
sind die extrem lange Verweilzeit von bis zu 1700 Jahren und die extreme Wirksamkeit (GWP), die bis zu 22000-fach höher als die des CO2 liegen kann (IPCC 2001). Die weiteren Treibhausgase sollen hier nicht weiter beschrieben werden. Es soll lediglich noch einmal darauf eingegangen werden, dass das Wissen über die Klimagase und deren Wirkungsprinzipien als relativ gesichert angesehen werden kann. Noch großer Forschungsbedarf besteht allerdings im Aufzeigen des Wirkungsgefüges und der Intensität der Wirkung bei den Aerosolen, bei Wolken und Niederschlag und bei der Auswirkung von verschiedenen Landnutzungen (IPCC TAR 2001).
5.
Folgen der Erwärmung
Im IPCC-Bericht wird verschiedenen Ereignissen eine Eintrittswahrscheinlichkeit zugeordnet. Ausgangspunkt ist ein erwarteter Temperaturanstieg von 1,4-5,8°C, der in vielen Szenarien (mit jeweils verschiedenen Zukunftsannahmen) als sehr wahrscheinlich angenommen werden kann. Daraus ergeben sich folgende wahrscheinliche
oder
sehr
wahrscheinliche
Folgen
mit
>66%
bzw.
>90%
Konfidenzintervall: Erwartet werden eine Zunahme von Hitzetagen und höhere Temperaturmaxima über den Landmassen. Hinzukommen eine Abnahme von extremen Kältetage und weniger geringe Temperaturminima. Dadurch wird es zu einer intensiveren Verdunstung kommen und durch mehr Wolken wird eine starke Auskühlung in der Nacht verhindert, dass heißt die Tag-Nacht-Temperatur-Amplitude wird geringer. Durch die höhere Verdunstung wird es in tropischen und mittleren Breiten zu einer Zunahme von Niederschlagsereignissen kommen. In subtropischen Gebieten wird es aufgrund von intensiveren Konvektionsströmen im tropischen Bereich und damit einer Intensivierung (in der Höhe und der Nord-Süd-Ausbreitung) der tropischen Hadley-Zellen zu einer größeren Dürregefahr kommen. Des Weiteren kommt es durch die gestiegene Temperatur zu einer Ausdehnung des Meerwassers und zu einem Abschmelzen der grönländischen und arktischen Eismassen und der Gebirgsgletscher. Die Antarktis wird wahrscheinlich an Eismasse hinzugewinnen, da hier höhere Niederschläge zu mehr Eisgewinn führen. Insgesamt rechnet das IPCC mit einem Anstieg von 0,09 m bis 0,88 m des globalen Meeresspiegels. Die arktischen Eismassen üben übrigens nur einen geringen Effekt aus, da sie
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schwimmen und die Zunahme an Schmelzwasser durch die abnehmende Wasserverdrängung des Eises in etwa ausgeglichen wird (Eis hat ca 10% mehr Volumen, dafür guckt aber auch ein Teil oben raus). Diese wenigen cm Meeresspiegelanstieg wären allerdings für viele Regionen dieser Erde fatal. Viele Ballungsräume
auf
unserer
Erde
liegen
an
der
Küste
und
gerade
in
Entwicklungsländern könnten große Katastrophen auftreten. Das Beispiel von 40 Mio. Menschen im Ganges-Brahmaputra-Delta in Bangladesch, die nur wenig oberhalb, oder gar unterhalb des Meeresspiegelniveaus leben sei hier erwähnt (BRÜCKNER, RADTKE UND STERR 2002). Im folgenden Absatz soll noch kurz eine Folge genannt werden, über die in den Medien immer wieder falsch berichtet wird, den Golfstrom. Fest steht, dass der Golfstrom für unser mildes gemäßigtes Klima in Europa mitverantwortlich ist. Die Wissenschaftler des IPCCs gehen davon aus, das sich in Folge von Eis/Gletscherschmelzen
und
durch
veränderte
Niederschlagverteilungen
der
Süßwassereintrag in den Atlantik steigern wird. Dadurch verändert sich die Dichte des Meerwassers (der Salzgehalt nimmt ab). Zusätzlich dazu wird es eine generelle Erwärmung des Meerwassers geben. Das wird dazu führen, dass sich die thermohaline
Zirkulation
leicht
abschwächen
wird.
Der
dadurch
geringere
Wärmetransport nach Europa wird allerdings von der Erwärmung auf Grund von gestiegenen Treibhausgaskonzentrationen kompensiert (IPCC 2001; WG1). Nach keinem Modell des IPCCs kommt es zum völligen Abreißen des Golfstromes in diesem Jahrhundert. Über das Jahr 2100 hinaus wird es aber nicht ausgeschlossen.
6.
Fazit
Wichtig ist es sich im Klaren darüber zu sein, dass man es beim Klimawandel mit einem trägen System zu tun hat. Alle Eingriffe, die der Mensch heute tätigt werden noch Jahrzehnte später eine spürbare Auswirkung erzielen. Selbst wenn man den Ausstoß aller klimawirksamen Treibhausgase auf 5% unter das Niveau von 1990 zurückschrauben würde, wie es im Kyoto-Protokoll gefordert wird, würde sich die Konzentration in der Atmosphäre nach wie vor erhöhen. Es ist also schnellstens Handlungsbedarf geboten, zumal noch gar nicht alle Wechselwirkungen der Atmosphäre mit den anderen Geosphärilien bekannt sind.
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Literaturverzeichnis: BRÜCKNER, H., RADTKE, U.
UND
STERR, H. (2002): Trifft es nur die Armen? Der
Meeresspiegelanstieg und seine Folgen für die Küstentiefländer der Erde. In: EHLERS, E.
UND
LESER, H. (Hrsg.): Geographie heute – für die Welt von
morgen. S. 90-98. Gotha. CRUTZEN, P. J. (2002): Geology of mankind. In: Nature, Vol. 415, S. 23. Cambridge. DEUTSCHER BUNDESTAG, REFERAT ÖFFENTLICHKEITSARBEIT (Hrsg.) (1990): Zur Sache – Themen parlamentarischer Beratung, 19/90 Bd. 1. Schutz der Erde - Eine Bestandsaufnahme mit Vorschlägen zu einer neuen Energiepolitik. Bonn. HÄCKEL, H. (1999): Meteorologie. 4. Auflage. Stuttgart. IPCC (2001): Third Assessment Report. Climate Change 2001. Summary for policymakers – Synthesis Report, Report WG I, Report WG II and Report WG III. Bern. LESER, H. (Hrsg.) (2001): Wörterbuch Allgemeine Geographie. 12. Auflage. München. SCHÖNWIESE,
C.-D.
(2004):
Globaler
Klimawandel
im
Industriezeitalter.
In:
Geographische Rundschau 56. S. 4-9. Braunschweig.
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