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Philosophie und Religion in der Romantik Diplomarbeit Dezember 2013
Schauspiel Zentrum Köln
INHALTSVERZEICHNIS
i
1
ABBILDUNGSVERZEICHNIS .............................................................................. 1
2
BEGRIFFSKLÄRUNG "ROMANTIK" ................................................................... 2
3
2.1
Einführende Betrachtungen ....................................................................... 2
2.2
Wort- und Begriffsgeschichte .................................................................... 3
DIE EPOCHE DER ROMANTIK .......................................................................... 4 3.1
4
Frühromantik ............................................................................................... 5
3.1.1
„Jenaer Gruppe“ ........................................................................................ 5
3.1.2
Das Athenäum und das „Romantisieren“ ................................................... 6
3.1.3
Dichtergattungen ....................................................................................... 8
3.1.4
Die literarische Welle ................................................................................. 9
3.2
Hochromantik ............................................................................................ 11
3.3
Spätromantik ............................................................................................. 14
PHILOSOPHIE UND RELIGION IN DER ROMANTIK ............................................. 16 4.1
Philosophie in der Romantik .................................................................... 16
4.1.1
4.1.1.1
Biographie ....................................................................................... 16
4.1.1.2
Fichtesche Philosophie .................................................................... 17
4.1.2
4.2
Johann Gottlieb Fichte............................................................................. 16
Friedrich Wilhelm Joseph Schelling ......................................................... 18
4.1.2.1
Biographie ....................................................................................... 18
4.1.2.2
Identitätsphilosophie ........................................................................ 18
Religion in der Romantik .......................................................................... 20
5
SCHLUSSWORT ........................................................................................... 23
6
QUELLENVERZEICHNIS ................................................................................. 24
7
6.1
Buchquellen............................................................................................... 24
6.2
Internetquellen........................................................................................... 26
ERKLÄRUNG ÜBER DIE S ELBSTÄNDIGE ABFASSUNG DER ARBEIT .................... 27
1 ABBILDUNGSVERZEICHNIS
1
1 ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1: August Wilhelm http://www.findabout.net/august-wilhelm-schlegel.html (30.11.2013, 16:40 Uhr) Abbildung 2: Friedrich Schlegel http://www.luise-berlin.de/bms/bmstxt97/9703deua.htm (30.11.2013, 16:50 Uhr) Abbildung 3: Ludwig Tieck http://de.wikisource.org/wiki/Ludwig_Tieck (30.11.2013, 17:30 Uhr) Abbildung 4: Friedrich von Hardenberg http://www.neuer.at/arche_2010_31_7.html (01.12.2013, 12:20 Uhr) Abbildung 5: Joseph von Eichendorff http://www.onlinekunst.de/maerz/10_03_Eichendorf.htm (01.12.2013, 9:10 Uhr) Abbildung 6: Achim von Arnim http://www.rowohlt-theaterverlag.de/autor/Achim_von_Arnim.71853.html (01.12.2013, 10:00 Uhr) Abbildung 7: Clemens Brentano http://www.brentano-gesellschaft.de/Clemens%20Brentano.php (02.12.2013, 15:20 Uhr) Abbildung 8: Jacob und Wilhelm Grimm http://www.planet-wissen.de/kultur_medien/literatur/maerchen/portraet_brueder _grimm.jsp (07.12.2013, 12:00 Uhr) Abbildung 9: Ernst Theodor Amadeus Hoffmann http://www.causa-nostra.com/Einblick/ETA%20Hoffmanns%20Mirakel_e1311 a04.htm (08.12.2013, 18:20 Uhr) Abbildung 10: Johann Gottlieb Fichte http://encyklopediaksiazek.cba.pl/Wiki/images/e/e0/Fichte.jpg (10.12.2013, 17:10 Uhr) Abbildung 11: Friedrich Wilhelm Joseph Schelling http://www.zeno.org/Philosophie/M/Schelling,+Friedrich+Wilhelm+Joseph (11.12.2013, 13:50 Uhr) Abbildung 12: Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher http://www.huberlin.de/pr/medien/publikationen/humboldt/2008/200904/geschic hte/schleiermacher (11.12.2013, 15:30 Uhr)
2 BEGRIFFSKLÄRUNG „ROMANTIK“
2
2 BEGRIFFSKLÄRUNG „ROMANTIK“ 2.1 Einführende Betrachtungen „Romantik“ ist ein Begriff den heutzutage vermeintlich jeder versteht, beziehungsweise jeder seine eigene Definition dieses Wortes hat und somit jeder etwas mit diesem Begriff anfangen kann. Die meisten Menschen verbinden das Wort mit positiven Momenten und Gefühlen wie einem Spaziergang am Strand, einem Abendessen bei Kerzenlicht, einer symbolischen Geste oder einem Heiratsantrag. Es ist ein Begriff der sich im alltäglichen und populären Wortgebrauch etabliert hat. Nahezu inflationär benutzt der Fremdenverkehr diesen Begriff und lockt mit Orten in „romantischer“ Lage oder auch verführerischen „Romantikhotels“.1 Dieser häufige und variable Gebrauch des Wortes Romantik macht eine genaue Definition unmöglich. Aufgrund dessen ist und wird das Wort wohl immer ein Widersacher des „Begriffes“ bleiben.2 Aufgrund dieser so offenen oder auch fehlenden Definition dieses Begriffs, spricht Schriftsteller Eckhard Henscheid sogar von einer „Begriffskatastrophe“. Sogar die in der Romantik lebenden größten Romantiker vermochten keine klare Definition des Begriffes abzugeben. 3 So auch der Romantiker Friedrich Schlegel der in einem Brief an seinen Bruder August Wilhelm folgendes schrieb: „Meine Erklärung des Worts Romantisch kann ich Dir nicht gut schicken, weil sie − 125 Bogen lang ist.“4 Romantiker
benutzten
diesen
Begriff
aus
diesen
Gründen
ableitend
programmatisch und grenzten sich damit von der Klassik ab. Goethe beispielsweise bezeichnete die Klassik als das Gesunde und Romantik als das Kranke.5
1
vgl. N EUBAUER, Martin: Romantik. Stuttgart: Reclam, 2007, S. 5. vgl. SCHULZ, Gerhard: Romantik. Geschichte und Begriff. 3. Aufl., München: Beck, 2008, S. 8. 3 vgl. N EUBAUER (2007), S. 6. 4 PIKULIK, Lothar: Frühromantik. Epoche – Werke – Wirkung. 2. Aufl., München: Beck, 2000, S. 78. 5 vgl. http://www.deutschelyrik.de/index.php/rom antik.html (24.11.2013, 14 :45 Uhr). 2
2 BEGRIFFSKLÄRUNG „ROMANTIK“
3
2.2 Wort- und Begriffsgeschichte Das Wort „Romantik“ stammt vom altfranzösischen Wurzelwort „romanz“ ab. Damit bezeichnete man damals im Gegensatz zum gepflegten Latein, der Sprache der Gebildeten, die romanische Volkssprache. Werke und Dichtungen, in denen es hauptsächlich um abenteuerliche, fantastische und unwirkliche Geschichten ging, wurden in der Volkssprache als „romance“ bezeichnet. Daraus entwickelte sich der heutige Begriff „Roman“. Der Gebrauch des Wortes „romantisch“ führt in das Frankreich des 17. Jahrhunderts zurück, das damals zur Beschreibung von Empfindungen diente, die speziell Landschaftsgemälde bei einem Betrachter auslösten.6 Nach Deutschland gelangte das Wort über England im 18. Jahrhundert und wurde erst zum Ende des 18. Jahrhunderts kennzeichnend für eine neue Bewegung verwendet.7
6
vgl. SCHMITZ-EMANS, Monika: Einführung in die Literatur der Romantik. 2. Aufl., Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2007, S. 8. 7 vgl. SCHREYER, Reinhard: Romantik. Texte, Materialien und Bilder zu einer Epoche. 1. Aufl., Berlin: Cornelsen, 1997, S. 5.
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
4
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK Die Romantik war eine kulturrevolutionäre Bewegung die zwischen ca. 1790 bis 1850 in ganz Europa zur Entfaltung kam. Aus Gründen der inneren Differenzierung unterteilen Literaturwissenschaftler die Epoche der Romantik in drei Phasen: 8 Frühromantik Hochromantik Spätromantik Die Voraussetzung für die Entstehung der Bewegung der Romantik, war das Unbehagen
der
Menschen
gegenüber
der
überlieferten
Ordnung
der
vorausgehenden Epoche, der Klassik. Die Romantiker lehnten die Wirklichkeit und die Ordnung der Klassik radikal ab. Somit entstand die Romantik als Gegenbewegung zur Klassik. Die Romantiker wollten eine neue literarische Kunst und ein neues Denken etablieren. Auch für das Volk, das vom eintönigen bürgerlichen Berufsleben beherrscht wurde, sollte diese neue Bewegung eine neue Lebens-, sogar eine Alltagsrevolution werden. Die Romantiker wollten das Selbstbewusstsein der Menschen stärken. Um dies zu ermöglichen wurde unter anderem die Literatur neu definiert. Die wichtigsten Grundthemen waren Gefühl, Sehnsucht und Leidenschaft.9 Die Romantiker fanden ihre Inspiration nicht in der Wirklichkeit, sondern bevorzugten alles Wunderbare. „Das Andersartige, Fremde und Unbekannte wurde vor allem im Unbewussten, Geheimnisvollen, Fantastischen, Skurrilen, in den „nächtlichen“ Seiten des Lebens gesucht.“10 Durch die Nachtseiten der menschlichen Seele wollte man in Neuland vordringen und die Literatur bereichern.11
8
vgl. N EUBAUER (2007), S. 7. http://www.deutschelyrik.de/index.php/rom antik.html (29.11.2013 15:00 Uhr). 10 HESS, Jürgen; PFERSDORFF, Heike: Duden – Allgemeinbildung kompakt. Was jeder wissen muss. 4. Aufl., Mannheim: Dudenverlag, 2012, S. 96. 11 vgl. ebd., S. 96. 9
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
5
3.1 Frühromantik Die Frühromantik war die kürzeste Phase der Romantik. Trotz ihrer Kurzlebigkeit, war die Frühromantik wohl die prägendste und einflussreichste Phase der Romantik.12 3.1.1 „Jenaer Gruppe“ Die Anfänge der Romantik spielten sich zum Ende des 18. Jahrhunderts in Jena ab. Aus diesem Grund ist die Frühromantik auch als „Jenaer Romantik“ bekannt. Im Zentrum der „Jenaer Romantik“ standen unter anderem die Brüder August Wilhelm und Friedrich Schlegel, die mit Caroline Schlegel, (später: Schelling) und Dorothea Veit verheiratet waren.13 August Wilhelm (1767–1845) studierte wie es sein Vater von ihm forderte Theologie. Dieses Studium brach er jedoch wenig später ab und wurde Philologe. Außerdem
war
Wilhelm
Literaturwissenschaftler.
Schriftsteller,
Sprach-
und
nach
einer
14
[Abbildung 1] August Wilhelm
Friedrich
Schlegel
(1772–1829)
studierte
Kaufmannslehre, Rechtswissenschaften in Göttingen und Leipzig. Im Studium der Philologie fand auch er, wie sein älterer Bruder August Wilhelm seine Berufung. Außerdem war
Schlegel
Schriftsteller,
Philosoph,
Sprach-
und
Literaturwissenschaftler.15 [Abbildung 2] Friedrich Schlegel
Die Brüder August Wilhelm und Friedrich Schlegel standen in engem Kontakt zu den Dichtern Ludwig Tieck und Friedrich von Hardenberg, die auch im Zentrum der Jenaer Romantik standen. 12
vgl. SCHMITZ-EMANS (2007), S. 77. vgl. ebd., S. 77. 14 vgl. UERLINGS, Herbert (Hrsg.): Theorie der Romantik. Stuttgart: Reclam, 2000, S. 413. 15 vgl. BUNZEL, Wolfgang (Hrsg.): Romantik. Epoche – Autoren – Werke. 1.Aufl., Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2010, S. 11. 13
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
6
Ludwig Tieck (1773-1853) sollte auf den Wunsch seines Vaters Theologie studieren. Tieck ging allerdings nicht dem Wunsch seines Vaters nach und wurde gegen dessen Willen Schriftsteller, Dichter und Übersetzer.16
[Abbildung 3] Ludwig Tieck
Friedrich von Hardenberg (1772-1801), Novalis genannt, war Schriftsteller,
Philosoph
und
Bergbauingenieur.
Unter
anderem studierte er Jura an der Universität Jena und legte nach einer Zwischenstation in Leipzig sein juristisches Examen in Wittenberg ab.17 [Abbildung 4] Friedrich von Hardenberg
Ein Grund für die Sehnsucht der Romantiker nach einem Leben mit mehr Gefühl und Leidenschaft, waren die autoritären Familienverhältnisse aus denen sie stammten. Die Eltern waren von der Klassik und deren Realitätsprinzip, in der es das Ziel war jeden Menschen nach einem Ideal, mit all seinen Tugenden zu formen, geprägt. Während die Väter als autoritär und streng galten, so galten die Mütter als verständnisvoll und emotional. Als studierte Erwachsene hatten sie alle ein Ziel: die Flucht zu ergreifen, aus einer Welt, in der Ordnung und Gesetz ihr Leben bestimmten. Sie wollten eine gefühlvolle, wunderbare Welt schaffen und das Leben und alle Gattungen der Kunst vereinen. Später wurden sie auch als die „Jenaer Gruppe“ bezeichnet. 18 3.1.2 Das Athenäum und das „Romantisieren“ Den Anfang für einen literarischen Umbruch lieferten die Brüder August Wilhelm und Friedrich Schlegel. Sie entwickelten die Grundlagen einer neuen „Denkungsart“ durch die Veröffentlichung der Zeitschrift „Athenäum“. In dieser Zeitschrift konnten sie ihre Kunstauffassung darlegen und verbreiten. 16
vgl. N EUBAUER (2007), S. 36. vgl. U ERLINGS (2000), S. 408. 18 vgl. BUNZEL (2010), S. 11. 17
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
7
Friedrich Schlegel und Novalis, die eng miteinander verbunden waren, wollten die Grenzen zwischen den literarischen Formen auflösen. Alle Gattungen der Kunst sollten benutzt werden können. Friedrich Schlegel prägte dafür den Begriff der „progressiven Universalpoesie“ und veröffentlichte es in seiner Zeitschrift „Athenäum“, als einen kurz und prägnant formulierten Prosatext: „Athenäum“ -Fragment Nr. 116. „Die
romantische
Poesie
ist
eine
progressive
Universalpoesie. Ihre Bestimmung ist nicht bloß, alle getrennten Gattungen der Poesie wieder zu vereinigen, und die Poesie mit der Philosophie und Rhetorik in Berührung zu setzen. Sie will, und soll auch Poesie und Prosa, Genialität und Kritik, Kunstpoesie und Naturpoesie bald mischen, bald verschmelzen, die Poesie lebendig und gesellig, und das Leben und die Gesellschaft poetisch machen, den Witz poetisieren und die Formen der Kunst mit gediegnem Bildungsstoff jeder Art anfüllen und sättigen und durch die Schwingungen des Humors beseelen.“19 Dieses Zitat von Friedrich bildete das Grundmanifest der Frühromantik. Es veranschaulicht sehr deutlich und prägnant die womöglich wichtigste These dieser Phase der Romantik. Die Worte „progressive Universalpoesie“ sind hierbei eigentlich schon die Definition selbst. „Progressive“, folglich eine immer fortschreitende,
nie
vollendete
„Universalpoesie“,
also
eine
weltoffene,
allgemeingültige, als auch grenzüberschreitende Dichtung. Die Hauptthese dieses Fragments ist demnach, dass mit Hilfe der romantischen Poesie Grenzen aufgelöst werden sollen. Den Künstler sollten keinerlei Grenzen in seinem künstlerischen Vorhaben beschränken. Die Kunst sollte sich keinen Regeln fügen.20
19
THIELE, Martin: Lyrik der Romantik – Eine Übersicht der Wesensmerkmale romantischer Lyrik anhand beispielhafter Gedichte Joseph von Eichendorffs und Clemens Brentanos. München: GRIN Verlag. 2007, S. 24-25. 20 vgl. N EUBAUER (2007), S. 14-15.
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
8
Die Grenzen der Poesie, der Religion, der Wissenschaft und der Philosophie, als auch die Grenzen zwischen den einzelnen Kunstgattungen wie der Musik, der Malerei oder der Dichtung und die Grenzen zwischen den einzelnen Dichtungsgattungen wie dem Fragment, dem Roman und dem Drama sollten ineinander verschwimmen. Sogar die Grenzen zwischen Realität, Fantasie, Traum und Wirklichkeit sollten sich auflösen, um sich mit allen Sinnen auf die Kunst einzulassen.21 Einen großen Einfluss auf den Literaturumbruch hatte außerdem die Definition des „Romantisierens“ von Novalis. "Die Welt muß romantisiert werden. So findet man den ursprünglichen
Sinn
wieder.
(…)
Indem
ich
dem
Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehn, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es.“22 Die Poesie war für Novalis Ausdruck seines Inneren und somit Äußerung seiner tiefsten und innigsten Gedanken, die nach dem Geheimnisvollen und Wunderbaren strebten. Die Definition des „Romantisierens“ entstand aus der Idee die Welt auf eine romantische Art zu poetisieren. Dem pauschalem „Allgemeinem“ sollte wieder ein höherer Sinn und eine tiefere Bedeutung verliehen werden.23 3.1.3 Dichtergattungen Fast jeder Dichter befasste sich mit dem Anfang der Frühromantik für Goethes Bildungsroman „Wilhelm Meisters Lehrjahre“, in dem es um die Anpassung an das tätige, bürgerliche Leben und um die Prinzipien der Ökonomie ging. Den Romantikern war sein Roman nicht volkstümlich genug, allerdings bot er sich als ein ideales Muster für die Gestaltung ihrer eigenen Kunstvisionen an. So wandelte sich der Bildungsroman mit der Zeit in einen Künstlerroman. Es wurde 21
vgl. N EUBAUER (2007), S. 16. UERLINGS (2000), S. 14. 23 vgl. BUNZEL (2010), S. 21. 22
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
9
zwischen Prosa und Vers gewechselt, dramatische Teile, Gedichte und Lieder ließ man in Erzählungen einfließen. Friedrich Schlegel schrieb um 1800 in seinem Brief über den Roman: “Ja, ich kann mir einen Roman kaum anders denken, als gemischt aus Erzählung, Gesang und anderen Formen“. Beliebte Schauplätze und Motive in der Romantik waren Friedhöfe, Ruinen oder alte Burgen, dunkle Wälder, Höhlen und Naturlandschaften.24 Als Antwort auf Goethes „Wilhelm Meisters Lehrjahre“, verfasste Novalis den Roman „Heinrich von Ofterdingen“. Darin stand die Entgrenzung und Poetisierung des Lebens im Mittelpunkt. In dem Roman, der als Fragment veröffentlicht wurde, geht es um den Weg eines Minnesängers zum Dichter. Novalis schrieb in diesem Roman zum ersten Mal über die „Blaue Blume“. Diese wurde daraufhin zum Symbol der Romantik und stand für Sehnsucht und Liebe.25 Den
ersten deutschen
Künstlerroman,
„Franz Sternbalds
Wanderung“,
verfasste Ludwig Tieck. Dieser erschien im Jahr 1797 und beschrieb die Kunst als die wichtigste Grundlage der menschlichen Existenz.26 Im selben Jahr veröffentlichte Tieck die romantische Komödie „Der gestiefelte Kater“ und das Märchen „Der blonde Eckbert“.27 Auch andere Genres, wie Dramen, Fragmenten, Märchen, Novellen und Gedichte erfreuten sich großer Beliebtheit. 3.1.4 Die literarische Welle Zwischen 1790 und 1800 erschienen rund zweieinhalbtausend Romantitel auf dem Markt, genauso viele wie insgesamt in den neunzig Jahren zuvor. Die Lyrik war nun von einer totalen Regellosigkeit beherrscht. Die Sprache wurde bewusst volkstümlich gehalten. Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Lesen in den bürgerlichen und kleinbürgerlichen Kreisen fast epidemisch, es lasen doppelt so viele Menschen wie noch im Jahr 1750. Diese Lust am Geheimnisvollen und Wunderbaren, wie sie in der literarischen Kultur am Ende des Jahrhunderts aufkommt, ist das Symptom eines Mentalitätswandels, der den rationalistischen Geist der Klassik zurückdrängt.
24
vgl. Neubauer (2007), S. 63. vgl. ebd., S. 35. 26 vgl. ebd., S. 64. 27 vgl. ebd., S. 75. 25
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
10 10
Das Lesen ermöglichte den Menschen für einige Stunden in ein anderes Leben zu tauchen, das andere Geheimnisse und Überraschungen bereit hielten als ihr eigenes. Das viele Lesen, ließ Lesen und Leben zusammenrücken. Man fahndete im Gelesenen nach dem Leben des Autors und auch nach dem Leben hinter der Literatur. Die Menschen waren von der Vorstellung fasziniert wie Literatur das Leben formen könnte. Man versuchte zum Beispiel das zu Leben was man gelesen hatte. „Man zog Werthers Sperlingsfrack an oder rollte mit den Augen wie Karl Moor“. In den Romanen und Dramen hofften die Menschen auf überraschende Wendungen und Begegnungen. Die Romane lebten von Sätzen wie: „Nichtsahnend ging ich aus dem Haus, als plötzlich…“ diese wurden nun die Formel der Spannungserzeugung. Am Ende des 18. Jahrhunderts konnte das Wunderliche wieder selbstbewusst als das Wunderbare auftreten. So kam es dann, dass die Wunderheiler, die man zuvor in Arbeitshäuser gesperrt hatte, wieder auftauchten und die Menschen in den Städten wieder zusammenkamen um Propheten anzuhören, die den Weltuntergang oder die Wiederkehr des Messias predigten. Die Definition von Novalis des „Romantisierens“ war in voller Blütezeit. Die allgemeine Stimmung hatte sich verändert. Die Menschen fanden Gefallen am Rätselhaften, am Wunderbaren, an Dramen und an den offenen Textformen die nun in den Romanen herrschten. Das Rationale denken der Klassik wurde schwächer und ihre Anhänger immer weniger. Lesen versprach den Menschen das Abenteuer um die Ecke, die kleine Alltagsrevolution. Man las nicht mehr ein Buch viel Male, sondern viele Bücher einmal. Das Volk war von dieser literarischen Welle begeistert. Der große, sie antreibende Ehrgeiz der Romantiker war es, mit ihren Schriften noch zu existieren, wenn alle anderen schon längst verschwunden sind.28
28
vgl. SAFRANSKI, Rüdiger: Romantik. Eine deutsche Affäre. 3. Aufl., München: Hanser. 2010, S. 48-54.
11 11
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
3.2 Hochromantik Die zweite und mittlere Phase der Romantik bildete die Hochromantik. Zu dieser Zeit war Deutschland nicht geeint, eine deutsche Hauptstadt gab es auch nicht. Deswegen verteilte sich diese Phase der Romantik auf mehrere Zentren.29 Demgemäß löste sich auch der Jenaer Kreis um das Jahr 1800 auf. Novalis starb im Jahr 1801, die Schlegel Brüder zogen in die preußische Hauptstadt, der Philosoph Fichte nach Berlin, Friedrich Schelling nach Würzburg und Tieck erstmals auf das Landgut Ziebingen. In den Jahren 1801 – 1804 wurde Berlin zum Zentrum der romantischen Dichter. Zwischen 1805 und 1808 wurde Heidelberg das Zentrum der Hochromantik. In diesen Jahren lebten dort Clemens Brentano, Achim von Arnim und Eichendorff. Aus diesem Grund wurde die Hochromantik auch als die „Heidelberger Romantik“ bezeichnet. Die Dichter Joseph von Eichendorff, Achim von Arnim, Clemens Brentano und die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm bildeten den Kreis der Romantik in Heidelberg.30 Joseph von Eichendorff (1788 – 1857) wurde katholisch erzogen. Er war früh zu einer bescheidenen Lebensführung gezwungen
und
musste
früh
einen
Beruf
erlernen.
Eichendorff studierte in Halle und Heidelberg, wo in Kontakt mit der romantischen Bewegung kam. Daraufhin schlug er die Beamtenlaufbahn ein und wurde Verwaltungsbeamter. 31 [Abbildung 5] Joseph von Eichendorff Achim von Arnim (1781 – 1831) war Schriftsteller und Publizist.
Unter
Naturwissenschaften
anderem und
Rechte
studierte in
Halle
er und
Mathematik in Göttingen. Im Jahr 1811 heiratete er Sophie, die Schwester von Clemens Brentano.32 [Abbildung 6] Achim von Arnim 29
vgl. N EUBAUER (2007), S. 8. vgl. SCHMITZ-EMANS (2007), S. 77. 31 vgl. N EUBAUER (2007), S. 56-57. 32 vgl. U ERLINGS (2000), S. 405. 30
12 12
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
Clemens Brentano (1778 – 1842) stammte aus einer Kaufmannsfamilie. Durch seine Großmutter, Sophie von
La
Roche,
die
als
einer
der
wichtigsten
Schriftstellerin der Aufklärung galt, war ihm das Talent für das kreative Schreiben bereits in die Wiege gelegt worden. Der Kontakt zu dem Jenaer Romantikkreis und seine lebenslange Freundschaft mit Achim von Arnim stärkte seine Lust zum Schreiben.33 [Abbildung 7] Clemens Brentano
Jacob (1785 – 1863) und Wilhelm (1786 – 1859) Grimm studierten nachdem sie ihr Abitur gemacht haben,
Jura
in
Marburg.
Im
Gegensatz zu Jacob, schloss Wilhelm das Jurastudium erfolgreich ab. Durch Kontakte gelangten
die
Gebrüder
Grimm
in
den
Dichterkreis der Heidelberger Romantik.34 [Abbildung 8] Jacob und Wilhelm Grimm
In den Jahren 1809 bis 1822 war Berlin der Aufenthaltsort für viele romantische Dichter. Weitere Zentren der Hochromantik waren Dresden und Wien. Im Mittelpunkt dieser Zeit stand insbesondere die Auseinandersetzung mit dem Geschichtlichen,
Philosophischem
und
Mythologischem
und
die
Weiterentwicklung und Vertiefung von Märchen, Sagen und Liedern.35 Clemens Brentano und Achim von Arnim gelang im Jahr 1806 der Durchbruch mit ihrer Liedersammlung „Des Knaben Wunderhorn“. Es folgten weitere Erfolge durch getrennt voneinander verfasste Dramen, Novellen, Romane und Gedichte der Dichter Brentano und Arnim.36
33
vgl. N EUBAUER (2007), S. 46. vgl. http://www.planet-wissen.de/kultur_medien/literatur/maerchen/portraet_brueder_ grimm.jsp (07.12.2013, 12:00 Uhr). 35 vgl. N EUBAUER (2007), S. 8. 36 vgl. SCHMITZ-EMANS (2007), S. 78. 34
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
13 13
Durch die Veröffentlichung des Werkes „Kinder- und Hausmärchen“ (1812 – 15) der Gebrüder Grimm gelangten sie zu einem ihrer ersten literarischen Erfolge. Wilhelm Grimm überarbeitete das Werk und daraufhin erschien im Jahr 1819 die zweite Auflage der Märchensammlung mit dem typischen Märchenton wie zum Beispiel „Es war einmal…“. Die Märchensammlung enthielt an die zweihundert einzelne Texte. Das Werk „Kinder-und Hausmärchen“ der Brüder Grimm ist heute noch das erfolgreichste und meist verbreitete Werk der deutschen Literatur.37
37
vgl. N EUBAUER (2007), S. 53.
14 14
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
3.3 Spätromantik Die Spätromantik spielte sich hauptsächlich in Berlin ab, daher ist diese Phase auch als die „Berliner Romantik“ bekannt. Nebenzentren waren Wien und München. Die Spätromantik grenzt sich von der Hochromantik in erster Linie durch einen ausgeprägten Katholizismus. Mit dem Übergang zur Spätromantik verschieben sich auch die Zentren. Berlin und München bilden in dieser Phase wichtige Standorte. Die Spätromantik ist deswegen auch als „Berliner Romantik“ bekannt. Es ist eine Phase in der sich wichtige Vertreter von ihren früheren Werken entfernen und ein sich auf die gesamte Romantik beziehendes christlichkatholisches Programm entwerfen. Das Motiv der Romantik ist zwar noch vorhanden, aber eher im Modus einer ironischen Variation. Diesen Werken wurde deswegen teilweise auch ein biedermeierlicher Einschlag nachgesagt. Die Werke der Spätromantik können schon eher als Schwelle zu neuen diskursiven Themen gelesen werden. Im Mittelpunkt dieser Phase standen unter anderem Ernst Theodor Amadeus Hoffmann und Ludwig Tieck.38 Ernst Theodor Amadeus Hoffman (1776-1822) war Schriftsteller, Komponist, Musikkritiker, Maler, Zeichner und Jurist. Er schrieb Romane, Novellen, Märchen und vertonte viele Lieder von Dichtern. Seine Musikkompositionen unterstützen auch heutzutage noch viele Theaterstücke. Hoffmann thematisierte in seinen Werken das Wunderbare, das Groteske,
den
Wahnsinn
und
die
Mächte
der
Verführung.39 [Abbildung 9] Ernst Theodor Amadeus Hoffmann
In seinem ersten Werk „Fantasiestücke“ spielte das Fantastische eine bedeutende Rolle. Neben dem Fantastischen wird nun auch das „Nächtliche“ zu seinem Markenzeichen. Seine Werke erzählen von schauerlichen Gespenstern
38 39
vgl. BUNZEL (2010), S. 40. vgl. N EUBAUER (2007), S. 39-40. ; UERLINGS (2000), S. 409
3 DIE EPOCHE DER ROMANTIK
15 15
und bösen Räubern die ihr Unwesen trieben, auf Rachezug waren oder Menschen in den Tod rissen. Hoffmann wurde deshalb unteranderem auch der „Gespenster-Hoffmann“ genannt.40 Tieck war ein typischer Modeschriftsteller der seine Werke stets dem Geschmack der jeweiligen Zeit anpasste. In der Frühromantik beschäftigte er sich mit fantastischen und wunderbaren Motiven und Märchenstoffen. In der Spätromantik wendete er sich historischen Themen zu. Die Jahre vergingen, die Menschen, die Wirtschaft, die Politik und auch die technischen Erfindungen hatten sich verändert. Es gab mehr Arbeit und weniger Freizeit. Heinrich Heine (1797 – 1856) ein deutscher Schriftsteller der Romantik, Dichter und Journalist, forderte die Überwindung der Romantik. Für ihn repräsentierte
die Romantik das Rückschrittliche zu der Zeit der
Industrialisierung.41
40 41
vgl. BUNZEL (2010), S. 175. vgl. N EUBAUER (2007), S. 81.
16 16
4 PHILOSOPHIE UND R ELIGION IN DER ROMANTIK
4 PHILOSOPHIE UND RELIGION IN DER ROMANTIK Die Gemeinsamkeit der Philosophie und der Religion ist die Suche nach Antworten. So sucht man in der Religion eine Antwort auf die Frage aus welchem Grund der Mensch existiert und warum überhaupt etwas ist und nicht nichts.
Darauf
haben
verschiedene Glaubensrichtungen,
verschieden
Antworten. In der Philosophie dagegen stellt man sich bspw. die Frage wie das Universum entstanden ist und weniger die Frage wieso. Ein Unterschied zwischen Religion und Philosophie ist das einfließende Maß der Vernunft. An dem Punkt, an dem die Vernunft ihre momentane Grenze erreicht setzt der Glaube ein und schafft Platz für die Religion. Während die Philosophie versucht rational und mit guten Gründen zu argumentieren, stützt sich die Religion meist auf Heilige Schriften oder Offenbarungen. Die Philosophie „denkt“, die Religion dagegen „glaubt“. Die Tatsache, dass viele Philosophen auch Theologen waren zeigt allerdings auch, dass Philosophie und Religion nicht zwangsläufig gegensätzlich, sondern auch vereinbar sein können.42 4.1 Philosophie in der Romantik Die Epoche der Romantik wurde von den Philosophen Johann Gottlieb Fichte und Friedrich von Schelling stark beeinflusst. 4.1.1 Johann Gottlieb Fichte 4.1.1.1 Biographie Johann Gottlieb Fichte (1762 – 1814) stammte aus armen Verhältnissen und musste schon als kleiner Junge zum Lebensunterhalt beitragen. Nach dem Schulabschluss studierte er in Jena und Leipzig Theologie. Dieses musste er jedoch aufgrund seiner schlechten finanziellen Lage abbrechen und arbeitete fortan als Hauslehrer in Leipzig. Hier prägten ihn Kants Lektüren und wurden für ihn zum entscheidenden Erlebnis. Auf Kants Empfehlung veröffentlichte er seine erste große Schrift, die „Versuch einer Kritik aller Offenbarung“ und wurde dadurch schlagartig berühmt. [Abbildung 10] Johann Gottlieb Fichte 42
vgl. LAW, Stephen: Philosophie. München: Dorling Kindersley, 2008, S. 16-17.
4 PHILOSOPHIE UND R ELIGION IN DER ROMANTIK
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Im Jahr 1794 führten ihn seine Wege nach Jena um dort an der Universität Philosophie zu unterrichten. Mit seiner „Wissenschaftslehre“ schuf er eine der wichtigsten philosophischen Grundlagen der Romantik. Weil er seine eigene Philosophie darlegte und nicht aus einem Lehrbuch vortrug war er bei den Studenten sehr beliebt. Im Jahr 1799 geriet er wegen einer anonymen Schrift in den sogenannten „Atheismusstreit“. Öffentlich verteidigte er sich gegen diese atheistischen Vorwürfe, doch seine Bemühungen blieben erfolglos. Daraufhin zog Fichte nach Berlin wo er Privatvorlesungen hielt. In den Jahren 1807/08 verfasste er die „Reden an die deutsche Nation“. Im Jahr 1814 starb er an einer Typhusinfektion.43 4.1.1.2 Fichtesche Philosophie Der wichtigste Bezugspunkt für die Frühromantiker war Fichtes Philosophie. Die Grundgedanken der Fichteschen Philosophie sind in den beiden Schriften „Über den Begriff der Wissenschaftslehre oder der sogenannten Philosophie“ und „Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre“, die im Jahr 1794 erschienen festgehalten. Der Begriff „Wissenschaftslehre“ deutet auf eine Wissenschaft hin, die vor anderen Wissenschaften steht. Es ist eine Philosophie, die sich nicht wie viele Einzelwissenschaften mit Gegenständen befasst, sondern mit dem Wissen selbst. Die Philosophie soll genutzt werden, um unsere Vorstellung von Dingen, unsere Erfahrungen zu erklären. Dafür konnte es nach Fichte nur zwei philosophische Systeme geben. Im ersten System wird die Vorstellung vom Ding hergeleitet, wodurch sich ein Dogmatismus ergibt. Im zweiten wird das Ding von der Vorstellung hergeleitet und es ergibt sich dadurch ein Idealismus. Während sich passive Menschen für den Dogmatismus entscheiden, wählen die Selbstständigen und Kreativen den Idealismus. Für Fichte war der Idealismus das einzig konsequente System. 44 Wenn man vom anfänglichen Sein der Dinge ausgeht, kann man nicht ihr Bewusstsein erklären. Stellt man das Denken an den Anfang, kann man zwar nicht die Dinge selbst, aber die Vorstellungen, also Erfahrungen von ihnen herleiten. 43
vgl. H ÜGLI, Anton: Philosophielexikon. Personen und Begriffe der abendländischen Philosophie von der Antike bis zur Gegenwart. 6.Aufl., Hamburg: Rowohlt, 2005, S. 205. 44 vgl. STÖRIG, Hans Joachim: Kleine Weltgeschichte der Philosophie. 3. Aufl., Frankfurt am Main: Fischer, 2002, S. 506.
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Aufgrund dessen muss am Anfang der Philosophie das denkende Subjekt stehen.
Daraus
erschließt
sich
der
Ausgangspunkt
der
Fichteschen
Wissenschaftslehre: „Das Ich setzt sein eigenes Sein“.45 Man muss sich demnach selbst denken, also mit einer eigenständige Handlung oder Tat beginnen. Setzt man diesen Gedanken fort, so entspringt die Erfahrung aus dem Ich. Das Eigentümliche an einer Empfindung erklärt Fichte durch einen unbewusst und frei produzierenden Vorgang durch das „Nicht-Ich“, dass vom „Ich“ erzeugt wird. Das „Ich“ erzeugt das „Nicht-Ich“, um sich selbst Barrieren zu schaffen, die es durch Kampf und Arbeit überwinden muss.46 4.1.2 Friedrich Wilhelm Joseph Schelling 4.1.2.1 Biographie Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775 – 1854) studierte Philosophie und Theologie in Tübingen. Im Jahr 1793 begegnete Schelling zum ersten Mal Fichte von dessen Philosophie er anfangs sehr angetan war. Im Jahr 1798 wurde er Professor in Jena und lernte wenig später die Jenaer Gruppe kennen, die bald zu seinen Freunden zählten. Im Jahr 180 heiratete er Caroline Schlegel, die Frau von Friedrich Schlegel.47 [Abbildung 11] Friedrich Wilhelm Joseph Schelling
4.1.2.2 Identitätsphilosophie Die Naturphilosophie von Friedrich Wilhelm Schelling bestimmte die Weltsicht in der Romantik. Schellings System war als Identitätsphilosophie bekannt. Dieses System bildet das Zwischenstück zwischen Fichte und dem auf Schelling folgenden Hegel. Was bedeutet Identitätsphilosophie? Nach Fichtes System ist die Natur kein eigenständiges, unabhängiges Wesen. Es ist nur eine durch das Ich hervorgebrachtes Produkt, eine Konkurrenz, dem das Ich durch Kampf und Arbeit Widerstand leistet und sich somit verwirklichen kann.
45
STÖRIG (2002), S. 507. vgl. ebd., S. 507-508. 47 vgl. U ERLINGS (2000), S. 412. 46
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Diese Abhängigkeit voneinander dreht Schelling um. Er will damit die Einseitigkeit der Fichteschen Philosophie beheben. Demnach ist nicht die Natur ein Produkt der Vorstellung, sondern die Vorstellung ist ein Produkt der Natur. Die Vernunft ist nach Schelling bereits in der Natur wirksam. Die Aufgabe Schellings, gleicht sich mit Fichtes Aufgabe, die Abhängigkeit zwischen Subjekt und Objekt zu erklären. Dabei unterscheidet sich die Fragestellung von Fichte. Man muss fragen: Wie ist von der Natur her, in der Natur, das Ich oder der Geist möglich? Das ist möglich, da die Natur ursprünglich ein Geist von unserem Geiste ist, weil Natur und Geist, Reales und Ideales, im tiefsten identisch sind.48
48
STÖRIG (2002), S. 514.
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4.2 Religion in der Romantik Das Vorbild der romantischen Kultur entstand unter anderem durch den Bezug der modernen europäischen Kultur auf das Christentum. Die Religion hängt infolgedessen mit der Epoche der Romantik eng zusammen und spielt darin eine entscheidende Rolle. Daraus lässt sich allerdings nicht der Umkehrschluss ableiten, dass „romantisch“ und „religiös“ oder gar „christlich“ die gleiche Bedeutung haben. Das „Romantische“ kann somit als das „Religiöse“ aufgefasst werden, allerdings ist das „Religiöse“ nicht direkt „romantisch“.49 Die deutsche Literatur des 17. Und 18. Jahrhunderts wurde hauptsächlich durch protestantische Schriftsteller beeinflusst. Die literarischen Strömungen der Romantik wurden dagegen erstmals von katholischen Autoren getragen. Dabei stammten nicht alle von ihnen aus einem katholischen Elternhaus, sondern konvertierten aus verschiedenen Gründen zum Christentum.50 Der Zusammenhang zwischen der Romantik und der Religion entwickelte sich erst mit der Zeit und war nicht bereits mit der Geburtsstunde der Romantik vorhanden. Dadurch erhielt die Religion zu dieser Zeit eine zusätzliche Rolle. Sie war nun nicht mehr alleiniger Lebensbestandteil von Theologen und Gläubigen, sondern wurde auch Studienobjekt weltlicher Philosophie. Diese geschichtliche Entwicklung der Religion hatte dadurch auch die Verweltlichung des christlichen Glaubens zur Folge. Durch diese Entwicklung sah man die Religion einem evolutionärem Prozess unterzogen. Dieser Erziehungsprozess der Religion wurde mit den Lebensstufen eines Menschen, also der Kindheit, Jugend und Reife verglichen. Zu dieser Zeit sah man die Religion sich einem neuen Schritt unterziehen und das Christentum als einen endlichen Zeitabschnitt der Weltgeschichte.51 Den Übergang von der Antike zum Christentum sah man als die Entwicklung eines Kindes zu einem Erwachsenen. Zum Ende dieser Entwicklung sollte ein göttlicher Heilsplan sichtbar werden.
49
vgl. SCHULZ (2008), S. 93. vgl. N EUBAUER (2007), S. 19. 51 vgl. SCHULZ (2008), S. 93. 50
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Der Einfluss des Christentums auf die europäische Kultur und die Entwicklung der Romantik hatte verschiedenste Auswirkungen und Folgen. Die Autoren der Frühromantik lebten in einer religiösen Aufbruchsstimmung, allerdings fernab kirchlicher Dogmatik. Durch ihre starke Orientierung am Mittelalter, waren ihre Vorstellungen versetzt mit mystischem Gedankengut. Die Religion bot ihnen das Wunderbare und Geheimnisvolle zu erforschen. Dieses mystische Gedankengut war allerdings weit entfernt vom Christentum und von der Kirche nicht akzeptiert.52 Beispielsweise wurde von Novalis seine früh verstorbene Braut in seinem Werk „Hymnen an die Nacht“ mir Christus gleichgestellt. Sie waren das einzige größere Werk, das Novalis vor seinem Tod vollendete und veröffentlichte und bildeten den Höhepunkt seines Schaffens. Dieses Werk entstand aus der Trauer um seine Braut und ist auch Dokument einer persönlichen Religion, da es neben Sehnsucht, Schmerz und Trauer, die Antike und Christentum zum Gegenstand hat. Es ist eine poetisierte Verbindung von Privatmythologie und christlicher Mythologie.53 Des Weiteren wurde die christliche Kunst Italiens wurde von Wackenroder und Tieck als ein Werk des göttlichen dargestellt und sogar zu einer Religion erhoben. Diese Aussagen in den Werken junger deutscher Dichter, die sich als gläubige Christen sahen, sollte allerdings mehr als literarische Kunst denn als wahre Offenbarung interpretiert werden.54 Die Autoren der Romantik fanden im Religiösen die Sehnsucht nach Ordnung, Harmonie und Frieden. So waren beispielsweise der Philosoph und Theologe Friedrich Schleiermacher und Friedrich Schlegel von der Notwendigkeit der Gründung einer neuen Religion fest überzeugt. Ihre Ideen und Vorstellungen dies umzusetzen, blieben jedoch oft unvollendete Utopien.55 All das waren Zeichen der Verwirklichung des Christentums, deren weiteren Auswirkungen auch Atheismus und Nihilismus waren.
52
vgl. SCHULZ (2008), S. 94. vgl. N EUBAUER (2007), S. 34. 54 vgl. SCHULZ (2008), S. 94. 55 vgl. N EUBAUER (2007), S. 20. 53
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Eine entscheidende Rolle für die Entwicklung der Religion in der Romantik spielte Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher. Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher (1768 – 1834) war evangelischer Theologe und Philosoph. Von 1796 bis 1802 war er Prediger an der Charité in Berlin. Auch zu dieser Zeit stand er in engem Kontakt zu den Romantikern in Jena. Seine Philosophie wurde von Kant, Fichte, Schelling und Platon (dessen Werk er übersetzt hatte) beeinflusst.56 [Abbildung 12] Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher
Im Jahr 1799 erscheint Schleiermachers Werk „Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern“. Es galt als das bedeutendste Werk frühromantischer Religiosität, das die Sehnsucht der Romantik verkörperte.57 Ein Auszug der ersten Rede aus seinem Werk lautet: „Jede menschliche Seele(…) ist nur ein Produkt zweier entgegengesetzter Triebe. Der eine ist das Bestreben alles was sie umgiebt an sich zu ziehen, in ihr eignes Leben zu verstriken, und wo möglich in ihr innerstes Wesen ganz einzusaugen. Der andere ist die Sehnsucht ihr eigenes inneres Selbst von innen heraus immer weiter auszudehnen, alles damit zu durchdringen, allen davon mitzuteilen, und selbst nie erschöpft zu werden.“58 Für Schleiermacher war die Religion unabhängig von Moral und Metaphysik, ein unmittelbares Erfühlen des Alls, eine mystische Vermählung mit Gott. So wie die Romantiker die Sehnsucht für unendlich hielten so hielt Schleiermacher die Religion für unendlich.59 Friedrich Schlegel schrieb im „Athenäum“: „Nur derjenige kann ein Künstler sein, welcher eine eigene Religion, eine originelle Ansicht des Unendlichen hat“.60 56
vgl. U ERLINGS (2000), S. 414. vgl. SCHLEIERMACHER, Friedrich: Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern. Hamburg: Meiner, 2004, S. 7. 58 SCHLEIERMACHER (2004), S. 13. 59 vgl. SCHLEIERMACHER (2004), S. 15-19. 60 vgl. BUNZEL (2010), S. 20. 57
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5 SCHLUSSWORT Die Romantik war eine Epoche in der Philosophie, Religion und Kunst eine Einheit bildeten. Es war eine Zeit in der Dichter, Philosophen, Theologen und Künstler ihre Arbeit aufeinander aufbauten, sich gegenseitig inspirierten und sich in ihren jeweiligen Kunstvisionen unterstützten. Zusammen standen sie gegen das Realitätsprinzip der vorausgehenden Epoche, der Klassik. Durch ihren Glauben an eine bessere Welt und einen einheitlichen Grundgedanken über eine neue lyrische Stilrichtung, schafften sie es die überlieferte Ordnung der Klassik zu überwinden. Der Literaturumbruch den sie mit ihren fantastischen und wunderbaren Geschichten geschaffen hatten, stärkte das Selbstbewusstsein der Menschen ungemein. Die Dichter, Theologen und auch Philosophen der nachfolgenden Epochen, blickten oftmals auf die Romantiker und deren Visionen zurück, um sich von ihnen inspirieren zu lassen. Der Geist des damaligen Literaturstils wirkt bis heute. Das Erbe der Romantik hält sich nun schon seit gut 200 Jahren, ohne an Intensität nachzulassen.
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6 QUELLENVERZEICHNIS 6.1 Buchquellen BUNZEL (2010) BUNZEL, Wolfgang (Hrsg.): Romantik. Epoche – Autoren – Werke. 1. Aufl., Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2010 HESS (2012) HESS, Jürgen; PFERSDORFF, Heike: Duden – Allgemeinbildung kompakt. Was jeder wissen muss. 4. Aufl., Mannheim: Dudenverlag, 2012 HÜGLI (2005) HÜGLI, Anton: Philosophielexikon. Personen und Begriffe der abendländischen Philosophie von der Antike bis zur Gegenwart. 6.Aufl., Hamburg: Rowohlt, 2005 LAW (2008) LAW , Stephen: Philosophie. München: Dorling Kindersley, 2008 NEUBAUER (2007) NEUBAUER, Martin: Romantik. Stuttgart: Reclam, 2007 PIKULIK (2000) PIKULIK, Lothar: Frühromantik. Epoche – Werke – Wirkung. 2. Aufl., München: Beck, 2000 SAFRANSKI (2010) SAFRANSKI, Rüdiger: Romantik. Eine deutsche Affäre. 3. Aufl., München: Hanser, 2010 SCHLEIERMACHER (2004) SCHLEIERMACHER, Friedrich: Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern. Hamburg: Meiner, 2004 SCHMITZ-EMANS (2007) SCHMITZ-EMANS, Monika: Einführung in die Literatur der Romantik. 2. Aufl., Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2007 SCHREYER (1997) SCHREYER, Reinhard: Romantik. Texte, Materialien und Bilder zu einer Epoche. 1. Aufl., Berlin: Cornelsen, 1997 SCHULZ (2008) SCHULZ, Gerhard: Romantik. Geschichte und Begriff. 3. Aufl., München: Beck, 2008 STÖRIG (1999) STÖRIG, Hans Joachim: Kleine Weltgeschichte der Philosophie. 3. Aufl., Frankfurt am Main: Fischer, 2002
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THIELE (2007) THIELE, Martin: Lyrik der Romantik – Eine Übersicht der Wesensmerkmale romantischer Lyrik anhand beispielhafter Gedichte Joseph von Eichendorffs und Clemens Brentanos. München: GRIN Verlag. 2007 UERLINGS (2000) UERLINGS, Herbert (Hrsg.): Theorie der Romantik. Stuttgart: Reclam, 2000
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6.2 Internetquellen http://de.wikisource.org/wiki/Ludwig_Tieck (30.11.2013, 17:30 Uhr) http://www.brentano-gesellschaft.de/Clemens%20Brentano.php (02.12.2013, 15:20 Uhr) http://www.causa-nostra.com/Einblick/ETA%20Hoffmanns%20Mirakel_e1311 a04.htm (08.12.2013, 18:20 Uhr) http://www.deutschelyrik.de/index.php/romantik.html (24.11.2013, 14:45 Uhr) http://encyklopediaksiazek.cba.pl/Wiki/images/e/e0/Fichte.jpg (10.12.2013, 17:10 Uhr) http://www.findabout.net/august-wilhelm-schlegel.html (30.11.2013, 16:40 Uhr) http://www.huberlin.de/pr/medien/publikationen/humboldt/2008/200904/geschic hte/schleiermacher (11.12.2013, 15:30 Uhr) http://www.luise-berlin.de/bms/bmstxt97/9703deua.htm (30.11.2013, 16:50 Uhr) http://www.neuer.at/arche_2010_31_7.html (01.12.2013, 12:20 Uhr) http://www.onlinekunst.de/maerz/10_03_Eichendorf.htm (01.12.2013, 9:10 Uhr) http://www.planet-wissen.de/kultur_medien/literatur/maerchen/portraet_brueder _grimm.jsp (07.12.2013, 12:00 Uhr) http://www.rowohlt-theaterverlag.de/autor/Achim_von_Arnim.71853.html (01.12.2013, 10:00 Uhr) http://www.zeno.org/Philosophie/M/Schelling,+Friedrich+Wilhelm+Joseph (11.12.2013, 13:50 Uhr)
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7 ERKLÄRUNG ÜBER DIE SELBSTÄNDIGE ABFASSUNG DER ARBEIT
7 ERKLÄRUNG ÜBER DIE SELBSTÄNDIGE ABFASSUNG DER ARBEIT Mit Einreichung der vorliegenden Ausarbeitung versichern die Verfasser, dass die Arbeit selbstständig verfasst wurde. Alle Stellen der Ausarbeitung, die dem Sinn nach aus anderen Arbeiten entnommen wurden, sind durch Angabe der Herkunft entsprechend den Regeln für wissenschaftliches Arbeiten kenntlich gemacht. Dies gilt auch für alle bildlichen Darstellungen und für Quellen aus dem Internet. Wörtliche Zitate sind darüber hinaus in Anführungsstriche gesetzt.
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