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Kunsthalle Wien Museumsquartier
Beton 25/6 – 16/10 2016 Pressekonferenz: Freitag 24. Juni 2016, 10 Uhr Eröffnung: Freitag 24. Juni 2016, 19 Uhr
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Häuserblöcke, schwebende Straßen und das Design des Raumfahrtzeitalters: Bei der Stadtplanung der Nachkriegszeit ging es um mehr als nur ums Bauen. Es ging um die Umsetzung einer „Beton-Utopie“ basierend auf dem fortschrittlichsten Material jener Zeit. Bis heute gilt Beton als progressiv. Die gleichnamige Ausstellung betont diese Modernität des Materials bis in die Gegenwart hinein und richtet dabei ihren Blick auch auf die sozialen und ideologischen Implikationen vergangener Betonarchitektur. Im Sinne eines Blicks zurück nach vorn sucht sie die Potenziale des Betons für unsere Gegenwart zu reaktivieren. Sofie Thorsens Spielplastiken beispielsweise beschäftigen sich mit einem umfangreichen Kunst-am-Bau-Programm der Wiener Nachkriegszeit, bei dem Künstler/innen Betonskulpturen entwarfen, die auch als Spielgerät für Kinder dienten. Die vor allem in den Wiener Gemeindebauten entstandenen Spielplastiken verbinden abstrakte Skulptur und modernen Sozialbau. Fast vollständig aus dem Stadtbild verschwunden, finden sie in Thorsens skulpturaler Aneignung neue Sichtbarkeit. Auch Isa Genzkens Skulpturen verweisen auf die Bedeutung des Bauens in Beton zu einer Zeit, als dieser das bevorzugte Material für Kulturzentren, Schulen, Universitäten oder öffentliche Bibliotheken war und stellen seine Vielschichtigkeit und Faszination zur Schau. In den 1960er Jahren entwickelte sich ein Baustil, der in direkter Beziehung zum Material stand – der sogenannte Brutalismus, nach dem französischen Wort für rohen Beton: béton brut. Brutalistische Architektur zeichnet sich nicht nur durch die ausdrucksstarke Verwendung des Materials Beton aus, sondern auch durch eine bedeutende soziale Komponente. Das soziale Element steht für sozialen Wohnungsbau, für Erziehungseinrichtungen, für Kulturzentren. Diese Architektur zielte ausdrücklich auf einen gesellschaftlichen Wandel ab; in vielerlei Hinsicht ist sie eine gebaute Utopie. Tom Burrs Brutalist Bulletin Boards von 2001 machen sich die Ästhetik der Architektur von Paul Rudolph, einem der Protagonisten brutalistischen Bauens in den USA zueigen. Der Künstler stellt Bilder von Jim Morrison den in New Haven entstandenen Bauten von Rudolph gegenüber. In Rudolphs rauer Architektur sieht Burr ein indirektes Aufbegehren gegen Konventionen und einen subversiven Widerspruch, denn bis dahin waren hauptsächlich Regierungsgebäude und städtische Einrichtungen in diesem Stil entstanden. Morrison wiederum wurde während eines Konzert, das er in einem Konzertsaal in New Haven gab, wegen „sittengefährdenden Verhaltens“ verhaftet – auch dies ein Akt der Rebellion. Für eine speziell für die Ausstellung entstehende Arbeit greift Liam Gillick auf Fotomaterial zurück, das er in den 1990er Jahren in Thamesmead in der Nähe von London aufgenommen hat. In Thamesmead entstanden wichtige Szenen für Stanley Kubricks Film Clockwork Orange, der in einem dystopischen London
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der Zukunft spielen sollte, das von Kriminalität und Nihilismus geprägt ist. Gillick richtete seinen Fokus auf die auf dem Reißbrett entstandene Architektur des Ortes und entdeckte eine Stadtplanung, die ihrerseits eine auf die Zukunft gerichtete, allerdings überaus positive Vision des sozialen Miteinanders entwarf. Die ägyptische Künstlerin Heba Amin wiederum kombiniert in ihrer Videoinstallation Speak2Tweet Aufnahmen unfertiger Gebäude aus Kairo mit Nachrichten, die Ägypter/innen während der Proteste gegen das Mubarak-Regime 2011 über Twitter verbreiteten. Die Kulisse der unfertigen Moderne verbindet sich mit den online zum Ausdruck gebrachten Wünschen und Hoffnungen zu einer Konstruktion des urbanen Raumes, der bislang imaginäres Szenerio bleiben musste. Seit einiger Zeit richtet die zeitgenössische Kunst ihren Blick verstärkt auf die Stadtplanungen der Nachkriegszeit und lässt deren Euphorie wieder aufleben. Nicht aus nostalgischen Gründen, sondern um daran zu erinnern, dass Architektur mehr sein kann als lediglich umbauter Raum. Und auch wenn man auf die ästhetischen Implikationen des Betons zurückschaut, wird das Material zum Gegenstand einer Suche nach Möglichkeiten, die vielleicht erst in der Zukunft liegen. Künstler/innen: Kasper Akhøj, Tom Burr, Thomas Demand, Werner Feiersinger, Isa Genzken, Liam Gillick, Annette Kelm, Jakob Kolding, Miki Kratsman, Olaf Metzel, Maximilian Pramatarov, Heidi Specker, TERCERUNQUINTO, Sofie Thorsen, Tobias Zielony, u. a. Kuratoren: Vanessa Joan Müller, Nicolaus Schafhausen
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