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Qualitäts in der Aktionsforschung anzubieten, um diese professionellen Fähigkeiten weiterzuentwickeln, zu differenzieren und zu systematisieren; "Unterrichtsstrategien verkörpern praktizielt darauf ab, eine pädagogische sche Theorien darüber, wie erzieherische Diskussion zwischen Personen, die Werte in konkreten Situationen realisiert im Erziehungswesen arbeiten oder werden können; und wenn sie in reflektiervon ihm betroffen sind, anzuregen ter Weise verwirklicht werden, stellt das und zu entwickeln, eine Form von Aktionsforschung erfolgt in der Absicht, die erzieheridar"(ELLIOTT 1984, 74). sche Praxis und das Wissen, das ihr unterliegt, kritisch zu untersuchen Aktionsforschung, so wie wir sie und weiterzuentwickeln. verstehen, stellt keine neue Erfindung dar. Vielmehr geschieht ähnliches jeden Tag in guter erzieheri- 2. Professionelle Praxis besteht scher Praxis. Aktionsforschung ist nicht nur in der Anwendung allnur ein anderes Wort für reflektiergemeinen Wissens te Praxis, und viele professio-nelle PraktikerInnen betreiben täg-lich Aktionsforschung, ohne das so zu Wie professionelle Praxis funktioniert, nennen: wird üblicherweise so erklärt: WissenIhre Arbeit orientiert sich an einem schafterInnen entwickeln allgemeines persönlichen Verständnis von dem, Wissen durch Grundlagenforschung. was pädagogisch wertvoll ist; sie PraktikerInnen lernen dieses Wissen reflektieren ihre Praxis vor diesem während ihrer Ausbildung (je länger, Hintergrund und versuchen sie desto besser). Wenn ein Problem in weiterzuentwickeln. In ähnlicher ihrer professionellen Praxis auftritt, Weise bauen die Methoden der wenden sie dieses allgemeine Wissen Datensammlung und -analyse, die geschickt an, um das Problem zu lösen. in der Aktionsforschung verwendet werden, auf Fähigkeiten auf, die Donald SCHÖN (1983, 21) hat diese auch PraktikerInnen im Alltag ver- Vorstellung als "Modell technischer wenden, um die Qualität ihrer Rationalität" bezeichnet. Dieses Modell Handlung zu überprüfen, z.B. Be- zieht eine Trennung und eine Hierarchiobachtung, Gespräche mit Schüle- sierung zwischen Grundlagenforschung, rInnen und KollegInnen usw. angewandter Forschung, Diagnosetechniken und Praxis (die als die Anwendung von Produkten der Forschung Aktionsforschung angesehen wird) nach sich. - baut auf den alltäglichen Fähig- Es spiegelt sich auch in der hierarchikeiten auf, mit Hilfe derer Prak- schen Arbeitsorganisation und im hietikerInnen ihre Tätigkeit beob- rarchischen Aufbau der Curricula in den achten, interpretieren und wei- Ausbildungsinstitutionen wieder. terentwickeln; Wie SCHÖN (1983, 39ff) argumentiert - versucht förderliche Rahmenbe- hat, setzt das Modell technischer Ratiodingungen und Unterstützung nalität jedoch unzweifelhafte Ziele und
1. Aktionsforschung ist reflektierte professionelle Tätigkeit
Kompetente Praxis als Anwendung allgemeinen Wissens...
stabile instiutionelle Arbeitsbedingungen voraus. Diese Anforderungen mögen bei einfachen und repetitiven Aufgaben gegeben sein; die Mehrzahl der Situationen professioneller Praxis, und gerade die wichtigen, sind jedoch im Gegenteil komplex, ungewiß, mehrdeutig und einzigartig. In solchen Situationen kann professionelle Handlung nicht als instrumentelles Problemlösen verstanden werden, weil das "Pro-blem" üblicherweise nicht eindeutig gegeben ist. Vielmehr muß es erst durch einen nicht-technischen Prozeß der Problemdefinition konstruiert werden, der erst die Voraussetzungen für das Wirksam-werden technischer Expertise schafft.
...oder als Forschung im Kontext der Praxis
Ein Beispiel reflektierender Praxis
3. Professionelle Praxis ist "Forschung im Kontext der Praxis" und ähnelt einem "reflektiven Gespräch mit der Situation" Donald SCHÖN hat Fallstudien über professionelle Tätigkeit in verschiedenen Berufen analysiert, um eine "Epistemologie der Praxis" zu formulieren. Dies sind seine Ergebnisse: Um in komplexen Situationen professioneller Praxis konstruktiv zu handeln, können PraktikerInnen nicht bloß allgemeines Wissen anwenden; vielmehr müssen sie auch die Fähigkeit haben, 'lokales Wissen' zu entwickeln, die Fähigkeit zur 'Reflexion-in-der-Handlung. Statt die Ergebnisse, die andere ForscherInnen herausgefunden haben, bloß anzuwenden, werden sie dabei selbst "ForscherInnen im Kontext ihrer eigenen Praxis". "Wenn jemand in der Handlung reflektiert, wird er zu einem Forscher im Kontext der Praxis. Er ist nicht von den
Kategorien etablierter Theorie und Technik abhängig, sondern konstruiert eine neue Theorie des spezifischen Falles. Sein Forschen beschränkt sich nicht darauf, Mittel zu überlegen, die von einer vorhergehenden Überein-kunft über Ziele abhängen. Er trennt Mittel und Ziele nicht, sondern bestimmt sie interaktiv, wenn er eine problematische Situation definiert. Er trennt Denken nicht vom Tun, bahnt sich nicht schlußfolgernd seinen Weg zu einer Entscheidung, die er dann in eine Handlung umformen muß. Da sein Experimentieren eine Form praktischer Handlung ist, ist die Verwirklichung seiner Reflexionsergebnisse in seine Forschung eingebaut" (SCHÖN 1983, 68f). Den konkreten Verlauf einer Reflexionin-der-Handlung hat SCHÖN durch das Bild einer "reflektierenden Konversation mit der Situation" zu fassen versucht. Die typischen Phasen eines solchen Gesprächs von PraktikerInnen mit der Situation sollen an einem einfachen Beispiel dargestellt werden: Während Lehrer A unterrichtet (z.B. etwas erklärt), beobachtet er die Situation in der Klasse. Besonders sorgfältig nimmt er das Verhalten einiger schwächerer Schüler wahr, u.a. jenes von Hans, von dem er aufgrund früherer Erfahrungen wenig Interesse erwartet. Es fällt ihm z.B. auf, daß Hans ihn aufmerksam ansieht und eine vernünftige Frage stellt (1). Der Eindruck, den der Lehrer gewinnt, verdichtet sich und wird von Interpretationen und Gefühlen begleitet: z.B. "Hans arbeitet mit"; "er dürfte heute seinen guten Tag haben"; "vielleicht habe ich ihn früher doch unterschätzt" (2). Der Lehrer ist sich aber nicht ganz sicher: "Ist er wirklich bei der Sache? Oder tut er nur so? Immerhin schreibt er nichts auf". Er möchte es genauer wissen und stellt Hans eine Bankfrage, die er beantworten können müßte, wenn er wirklich zugehört hat (4). Hans kann die Frage beantworten und der Lehrer wirft ihm einen anerkennenden Blick zu (6). (1) Reflexion-in-der-Handlung beginnt mit dem Erleben einer Diskrepanz zwischen den Erwartungen, die man hinsichtlich des Ablaufs einer Situation (ausgesprochen oder unausgesprochen)
hegt, und dem realen Ablauf dieser Situation. Erst aufgrund einer Überraschung, einer Unzufriedenheit oder eines Scheiterns wird eine Situation überhaupt als definitionswürdig, weil nicht routiniert lösbar, angesehen. In unserem Beispiel fällt dem Lehrer etwas Unerwartetes auf: der anscheinend anders eingeschätzte Hans stellt eine "vernünftige Frage".
rimentelle Prüfung (ein "Rahmenexperiment") dar. Bei dieser wird untersucht, ob auf der Basis der ersten Problemdefinition befriedigend gehandelt werden kann oder neue Diskrepanzen zwischen Erwartung und Realität auftreten. Die Bankfrage, die der Lehrer unseres Beispiels Hans stellt, kann als Experiment zur Überprüfung seiner Problemdefinition gedeutet werden.
(2) Die "erste Problemdefinition" erfolgt durch Analogieschlüsse und "Benennen". Die eigene Erfahrung bietet dem Praktiker ein Reper-toire an Beispielen, Bildern, Interpretationen und Handlungen. Beim Versuch der Problemdefinition sieht er die neue Situation in Analogie zu einer anderen, bereits bekannten; er "benennt" sie dementsprechend und versucht, die Konsequenzen, die sich aus dieser Benennung des Problems ergeben, zu ziehen. In unserem Beispiel definiert der Lehrer die aktuelle Situation als "Hans arbeitet mit" und zieht augenscheinlich auch eine längerfristige Definition des Schülers als "schwächer und wenig interessiert" in Zweifel (vgl. "vielleicht habe ich ihn früher doch unterschätzt").
(5) Bei einem solchen Rahmenexperiment wird die hypothetische Definition in konsequenter Weise der gegebenen Situation übergestülpt. Gleichzeitig muß der Handelnde aber auch für die unerwarteten Konsequenzen offen sein, die sich aus seinem Experiment ergeben können. Er muß darauf hören, wie die Situation auf seine Versuche, sie nach dem Bild seiner Definition zu formen, antwortet. In einem "doppelten Blick" verbindet er für eine Zeitlang ein konsequentes Eintreten für seine Situationsdefinition einerseits mit ihrer kritischen Erforschung auf der anderen Seite. "Stehe zu Deiner Definition und stelle sie kritisch in Frage" lautet die Empfehlung, die ARGYRIS et al. (1985, 258) dem forschend Handelnden auf seinen Weg mitgeben. "Der Forscher versucht, die Situation nach seiner Definition zu formen, gleichzeitig muß er sich aber für das Zurücksprechen der Situation offen halten" (SCHÖN 1983, 164). "Durch die unerwarteten Effekte der Handlung spricht die Situation zurück" (a.a.O., 135). Da dieser "doppelte Blick" eine Haltung ist, die "hinter" Handlungen steht, kann ihr keine konkrete Lehrertätigkeit unseres Beispieles zugeordnet werden.
(3) Die nächsten Handlungsschritte des reflektierenden Praktikers stellen nun eine Verwirklichung der ersten Problemdefinition dar. Diese Stufe ist in unserem obigen Fallbeispiel nicht explizit ausgedrückt. Man kann sich jedoch vorstellen: Der Lehrer behandelt Hans im folgenden als "Schüler, der mitarbeitet" und nicht als "schwächeren, wenig interessierten Schü-ler". Das kann z.B. heißen, sein "Mit-arbeitsRundblick", den er hin und wieder durch die Klasse streifen läßt, um die Beteiligung der Schüler festzustellen, bleibt seltener auf Hans hängen. (4) Gleichzeitig stellt die handelnde Verwirklichung der ersten Problemdefinition aber auch eine expe-
(6) Von den Ergebnissen derartiger Rahmenexperimente hängt die Bewertung der Brauchbarkeit der Problemdefinition und der aus ihr entwickelten praktischen Handlungen ab. Läßt sich befriedigend handeln, so gilt die problematische Situation als gelöst. In manchen Fällen wer-
den die Erfahrungen, die bei diesem Prozeß von Reflexion-in-derHandlung gemacht werden, als "Wissen des Praktikers" gespeichert. Tauchen neue Diskrepanzen zwischen Erwartung und Realität auf, so erfolgt der Einstieg in einen neuen Prozeß von Reflexion-in-derHandlung. Unser Fallbeispiel nimmt ein einfaches für die Zwecke dieser Erläuterung leider fast zu einfaches - Ende: Die Antwort, die Hans auf die Bankfrage gibt, wertet der Lehrer als Bestätigung seiner Problemdefinition. Hätte der Schüler keine Antwort gewußt oder wäre seine Entgegnung unerwartet scharfsinnig ausgefallen, hätte der Lehrer möglicherweise ein weiteres "Diskrepanzerlebnis" gehabt und wäre in einen neuen Prozeß von Reflexion-in-der-Handlung eingestiegen.
Klassenzimmer sind Orte der Forschung, nicht bloß der Anwendung von Forschung
Qualitätsmerkmale ergeben sich aus den Charakteristika professioneller Handlung ...
Um noch einmal zusammenzufassen: Professionelle Handlung ist "Forschung im Kontext der Praxis" (SCHÖN 1983, 68). Professionalität ist "die Fähigkeit zur autonomen professionellen Weiterentwicklung durch systematisches Studium der eigenen Arbeit, durch Studium der Arbeit anderer LehrerInnen und durch die Überprüfung pädagogischer Ideen mittels praxisorientierter Unterrichtsforschung" (STENHOUSE 1975, 144). Klassenzimmer sind nicht Orte, an denen Resultate aus Forschungslaboratorien anzuwenden sind; sie sind vielmehr selbst Forschungsstätten. Wenn professionelle Handlung "Forschung im Kontext der Praxis" ist, gibt es auch keine strukturelle Differenz zwischen reflektierter professioneller Tätigkeit und Forschungstätigkeit. Daher können wir auch sagen: Aktionsforschung ist ein Typ reflektierter professioneller Handlung. Aktionsforschung setzt an bei und basiert ausdrücklich auf alltäglicher
Reflexion und versucht Anregung und praktische Hilfe für ihre Weiterentwicklung zu geben.
4. Die Sicherung der Qualität von Aktionsforschungsvorhaben be steht darin, auf den Merkmalen professioneller Handlung aufzubauen und sie weiterzuentwickeln Wie kann die Qualität meines Aktionsforschungsvorhabens sichergestellt werden? An anderen Stellen (vgl. ALTRICHTER/POSCH 1989; ALTRICHTER 1990) haben wir argumentiert, daß Qualität in der Aktionsforschung weder durch Verwendung spezieller Methoden und Forschungsinstrumente gesichert werden kann, noch durch strikte Befolgung methodologischer Kriterien, die aus anderen Forschungsansätzen, etwa dem traditionell empirischen oder den neueren qualitativen Methodologien, entlehnt wurden. Forschende PraktikerInnen erhöhen die Qualität ihrer Forschung vielmehr dadurch, daß sie auf den Merkmalen reflektierter professioneller Handlung (die im Kontext der Praxis der Handlung Qualität verleihen) auch in ihrer Forschung aufbauen und sie weiterentwickeln. Wir meinen also: was gut für die Praxis ist, ist auch gut für Forschung. Meine Argumentation hat sich bisher auf Qualität des Erkennens und Handelns bezogen. Daneben gibt es jedoch zwei weitere, in gleicher Weise wichtige Quellen für Qualität in der Aktionsforschung: Ethik und Praktikabilität der Forschung. Bei der Aktionsforschung heiligt der Zweck nicht die Mittel. Forschung ist ein Eingriff in soziale Situationen; viele Untersuchungsinstrumente sind "reaktiv" (d.h. sie veranlassen die untersuchten Personen zu Handlungen, die sie sonst nicht getan hätten); die Forschungssituation ist selbst eine Lernsituation.
Daher legen forschende LehrerInnen großen Wert darauf, daß ihre Forschungstätigkeit auch ethischen Güte-kriterien entspricht. Dieser Gedanke läßt sich auf zwei Ebenen erläutern: - Zunächst soll das Forschen mit den pädagogischen Zielen der untersuchten Situation verträglich sein, darf ihnen nicht entgegenarbeiten. Sie sollen womöglich nicht nur langfristig, sondern auch aktuell durch die Forschungsaktivitäten gefördert werden. Beispielsweise wäre eine Datensammlung mit Leistungstests, die auf individueller Konkurrenz basieren, mit einem Unterrricht unverträglich, der sich gerade bemüht, kooperatives Verhalten von SchülerInnen aufzubauen. In ähnlicher Weise würde verdeckte Unterrichtsbeobachtung dem Ziel, offene Kommunikation zwischen LehrerInnen und SchülerInnen zu fördern, widersprechen. - Aktionsforschung geht davon aus, daß eine tiefergehende und nachhaltige Veränderung von Praxis letztlich nur in Zusammenarbeit der von dieser Praxis Betroffenen und nicht gegen ihren Willen geschehen darf. Insoferne soll die Forschungsstrategie selbst auf demokratischen und kooperativen menschlichen Beziehungen aufbauen und zu ihrer Weiterentwicklung beitragen. AktionsforscherInnen versuchen diesen Kriterien dadurch gerecht zu werden, indem sie ihre Arbeit ethischen Codes unterwerfen, die am Beginn einer Zusammenarbeit ausgehandelt werden; auch in deren weiterem Verlauf werden die ethischen Codes fallweise modifiziert werden, wenn ihre Bedeutung aus Anlaß konkreter Fälle klarer gemacht werden muß.
Die Prinzipien des 'Aushandelns' (vgl. Abschnitt 4.1), der 'Kontrolle durch die Betroffenen' (vgl. Abschnitt 4.5) und der Vertraulichkeit ( vgl. Abschnitt 4.6 ) haben eine zentrale Stellung in diesen ethi-schen Codes. Ethische Überlegungen werden von manchen als für die heutige Wissenschaft höchst notwendig, von anderen als ungerechtfertigte Hindernisse für den Fortschritt erachtet. Von den meisten aber werden sie als unabhängig von den auf Erkenntnis gerichteten Bestrebungen der Wissenschaft angesehen. Hier wird eine deutlich abweichende Meinung vertreten. Zumindest für einen Wissenschaftstyp wie Aktionsforschung, der den Weg von einem praktischen Problem über dessen Analyse bis zur verändernden Handlung in einem einheitlichen Prozeß integrieren will, sind forschungsethische Erwägungen auch höchst praktisch und förderlich für den Fortschritt der Erkenntnis. Ich will dieses Argument durch ein Beispiel erläutern: ARGYRIS und SCHÖN (1974, 68ff. und 87ff.) unterscheiden zwei idealtypische "Verhaltenswelten": In "Modell I" wird dem Spiel von "mystery and mastery" (etwa: Täu-schung, Geheimniskrämerei und Überlegenheit) gefrönt. Die AkteurInnen versuchen jeweils einseitig, die Kontrolle und Initiative über die Situation zu behalten und enthalten ihren PartnerInnen 'sicherheitshalber' Informationen vor. "Modell II" sieht hingegen Handeln und Problemlösen als eine gemeinsame Aufgabe der Betroffenen an, bei der alle Partner Einfluß auf die Entwicklung der Situation nehmen können und Zugang zu allen benötigten Informationen bekommen. Forschung basiert auf der Zugänglichkeit von Informationen und kann sich dort nicht entwickeln, wo wichtige Daten vorenthalten oder verfälscht werden. Spielen ForscherInnen selbst das Spiel von "mystery and mastery", so fördern sie diese Haltung auch bei den Partne-
...aus ethischen Erwägungen ...
rInnen, was auf lange Sicht seiner Forschung abträglich ist. Insoferne trägt eine ethische Gestaltung der Forschung auch dazu bei, daß ihre Grundlagen nicht zerstört werden. Man kann also sagen, daß ethische Forderungen gleichzeitig dem Erkenntnisprozeß dienen. ...und aus Praktikabilitätserwägungen
Fallbeispiel
das ethische Prinzip 'Aushandelung mit den Betrof-fenen' (vgl. Abschnitt 4.1) zu umgehen. In den folgenden Abschnitten möchte ich die wichtigsten Quali-tätsmerkmale von Aktionsforschung, wie sie vom Konzept der 'reflektierten praktischen Tätigkeit' abgeleitet werden können, etwas genauer darstellen und dies mit Pragmatische Qualitätskriterien prüfen einem Fallbeispiel (ELLIOTT 1986) nun, ob die Forschungsstrategie einleiten. und die einzelnen Forschungsinstrumente praktikabel und pragma- Das Humanities Curriculum Project (HCP) tisch-zeitökonomisch mit dem Un- sollte 14-16jährigen SchülerInnen kontroverterricht und den Arbeitsbedingun- sielle Themen aus dem Bereich der Humangen von LehrerInnen verträglich und Sozialwissenschaften (wie z.B. Krieg und sind (in dem Sinn, daß sie für Leh- Frieden, Beziehungen zwischen verschiedenen rerInnen ohne aufwendige zusätzli- Rassen, Wohnen usw.) nahebringen. Die Unche Einschulungen nutzbar sind, terrichtsstrategie, die innerhalb dieses Projekts daß sie keinen hohen Aufwand an erprobt werden sollte, bestand aus zwei zentraZeit, Material oder sonstigen len Ideen: Hilfsmitteln erfordern usw.). - LehrerInnen sollten von ihrer Rolle als Auf den ersten Blick wirken derarInformationsgeber entlastet werden und als tige Praktikabilitätskriterien, als "neutrale Diskussionsleiter" die SchülerInstünden sie in keinem Zusammennen bei ihren Diskussionen unterstützen. hang mit ethischen und Erkennt- - Ausschnitte aus Fachliteratur, Belletristik, niskriterien. Beim zweiten Blick Zeitungen usw. sollten verschiedene Positiowird einem allerdings bewußt, daß nen illustrieren und die SchülerInnen zu sich pragmatische, ethische und Diskussionen anregen. Erkenntniskriterien in spezifischen Eines Tages wurde John ELLIOTT, der und manchmal spannungsvollen Mitarbeiter in diesem Projekt war, in eine Beziehungen innerhalb jeder For- Schule gerufen: Es gäbe Probleme mit den schungshandlung befinden. Materialien. Die SchülerInnen würden diese Beispielsweise ist eine Datenanaly- Materialien zwar lesen, es käme aber keine setechnik, die wegen ihrer hohen Diskussion zustande. Der Lehrer vermutete, Zeiterfordernisse für LehrerInnen daß die Texte zu schwierig seien. Die Schülepragmatisch problematisch ist, auch rInnen, so seine Diagnose, könnten diese Texte erkenntnismäßig problematisch: einfach nicht verstehen. die Möglichkeiten, durch sie Ein- Um diesem Problem abzuhelfen, war der Lehsichten zu gewinnen, diese zu über- rer nach und nach von der Unterrichtsstrategie prüfen und zu kritisieren, können des Humanities Curriculum Project ab- und wegen Zeitproblemen nur in einem dazu übergegangen, den SchülerInnen den Ingeringen Maße realisiert werden. halt der Materialien durch Kurzvorträge zu Zusätzlich besteht die Gefahr, daß erklären. Als ELLIOTT der Sachverhalt sie auch ethisch problematisch mitgeteilt worden war, schlug er dem Lehrer wird: vor, noch zusätzliche Informationen zu samwenn andere betroffene Personen meln, um diese Situation besser verstehen zu die Ergebnisse dieser Analysetech- können. Der Lehrer suchte sechs seiner Schülenik nicht ohne großen Energie- und rInnen aus, mit denen ELLIOTT folgendes Zeitaufwand verstehen können, Interview führte: wird dadurch ein Anreiz geschaffen,
Interviewer (I): Was haltet ihr eigentlich von dieser neuen Art Unterricht? SchülerInnen (S): Mögen wir nicht! I: Und was gefällt euch daran nicht? S: Diese Arbeitsblätter, diese Materialien mögen wir nicht. Die gefallen uns überhaupt nicht! I: Sind sie zu schwer? Und was gefällt euch dabei nicht? S: Nein, nein, wir verstehen sie schon. I: Könnt ihr sie wirklich alle verstehen? S: (etwas indigniert) Natürlich! I: Und wo liegt dann die Schwierigkeit? S: Die Schwierigkeit ist, daß wir überhaupt nicht mit dem übereinstimmen, was in den Papieren steht. I: So, ihr seid also anderer Meinung. Aber dann könnt ihr das in der Klasse ja sagen, daß ihr anderer Mei-nung seid. S: Oh nein, das kann man nicht. I: Warum nicht? S: Der Lehrer würde das nicht wollen. I: Warum das? S: Weil der Lehrer dieselbe Meinung hat wie diese Papiere. I: Wie wißt ihr das eigentlich, welche Meinung der Lehrer hat? S: (die SchülerInnen schauen ganz verwundert ob dieser Frage) Der Lehrer würde uns diese Papiere doch nicht geben, wenn er nicht mit dem übereinstimmte, was da drin steht, nicht wahr?
"Theorie": "Die Unterrichtsstrategie funktio-niert nicht, weil die Arbeitspapiere zu schwierig sind". Und zweitens illustriert die kurze Geschichte auch, daß praktische Theorien, die nicht die Interpretationen aller durch die Situation betroffenen AkteurInnen in Betracht ziehen, Gefahr laufen, zu einseitigen Erklärungen zu führen, aus denen wiederum problematische "Problem-lösungen" abgeleitet werden; so geht die Lehrstrategie "Kurzvorträge, um die Arbeitspapiere zu erklären" fälschlicherweise davon aus, daß die Situations-wahrnehmung der SchülerInnen mit jener der LehrerInnen identisch ist. Hätte der Lehrer diese Handlungsstrategie verwirklicht, wäre die Annahme der SchülerInnen, daß der Leh-rer mit den Inhalten der Arbeitspapiere übereinstimmt, höchstwahrscheinlich weiter verstärkt worden. Das hätte nicht nur zu keiner Intensivierung der Schülerdiskussionen geführt, sondern es für alle beteiligten Parteien noch schwieriger gemacht, zu verstehen, was sich eigentlich in dieser Situation abspielt.
Allgemein gesagt: Aktionsforschung erkennt an, daß soziale Realität durch die Beiträge verschiedener AkteurInnen konstruiert wird, die alle - manchmal unterschiedliche - Interpretationen eines 4.1 Aktionsforschung ist durch Geschehens entwickeln. Wenn PraktiKonfrontation von Daten aus kerInnen eine praktische Theorie über einen Aspekt ihrer Praxis formulieren, verschiedenen Perspektiven dann ist diese - ausdrücklich oder implicharakterisiert zit - auch eine "Theorie über Theorien" (d.h. eine Theorie, die auch die SichtWas können wir aus dieser kurzen weisen verschiedener AkteurInnen Geschichte lernen? Erstens, daß wir beinhalten und erklären muß). als PraktikerInnen in alltäglichen Problemsituationen ohnehin "theo- In der Praxis versuchen Aktionsforscheretisieren". Mit einem Problem (ei- rInnen, diesem Phänomen durch folner Diskrepanz zwischen ihren gende Strategien gerecht zu werden: Erwartungen und der Realität) konfrontiert, reagieren Leh-rerInnen * Sammlung und Berücksichtigung auch andemit einer "Erklärung", mit einer rer Sichtweisen als der eigenen:
„Theoretisieren“ im Alltag
Praktische Umsetzung
Durch das SchülerInneninterview in unserem Beispiel wird die praktische Theorie zur Erklärung der Situation umfassender und die Chance erhöht sich, daß eine konstruktive Handlungsstrategie aus ihr abgeleitet werden kann. Die Berücksichtigung der Sichtweisen von Personen oder Personengruppen, die durch die erforschte Situation direkt betroffen werden, verbessert also die Qualität einer praktischen Theorie. Manchmal kann man allerdings erst durch die Forschung selbst herausfinden, wer direkt durch die erforschte Situation betroffen ist.
der Lehrperson (wie sie beispielsweise durch ein Interview oder durch eine Tagebucheintragung der Lehrperson selbst doku-mentiert ist), die Sichtweise der SchülerInnen (die z.B. durch Interviews zugänglich wird) und die Wahrnehmung einer dritten Person (z.B. eine Unterrichtsbeobachtung durch eine/n BeobachterIn, wel-che/r von der Lehrperson einge-laden wurde). Abb. 1: Die drei Ecken der Triangulation Perspektive des "Dritten"
Lehrer-Perspektive * Konfrontation unterschiedlicher Perspektiven und Verwendung von "Diskrepanzen" als Ausgangspunkt für Weiterentwicklung: Schüler-Perspektive
Triangulation als Methode
Die Diskrepanz zwischen den Wahrnehmungen der SchülerInnen und des Lehrers macht in unserem Beispiel die Entwicklung einer Handlungsstrategie notwendig, die diese Wahrnehmungen - auf einer höheren Ebene - versöhnt; sonst wäre es unmöglich, mit der HCPLehrstrategie erfolgreich zu unterrichten (jeder produktive Unterricht verlangt ein einigermaßen gemeinsames Verständnis dessen, welche Bedeutung eine gegebene Situation hat. Daher ist es auch ein sehr praktisches Problem für LehrerInnen, zu einer in etwa übereinstimmen-den Wahrnehmung des Unterrichtsgeschehens beizutragen). Die Bedeutung, die Aktionsforschung der Konfrontation unterschiedlicher Perspektiven zumißt, kommt im Verfahren der Triangulation zum Ausdruck, das manche als typisch für diesen Forschungsansatz ansehen. Dabei werden Daten aus drei Quellen konfrontiert, z.B. die Sichtweise
"Jede Ecke des Dreiecks befindet sich in einer einzigartigen epistemologischen Position in Hinblick auf den Zugang zu relevanten Informationen über die Unterrichtssituation. Die Lehrperson ist am besten in der Lage, Zugang zu ihren eigenen Intentionen und Zielen in der Situation (durch Introspektion) zu erlangen. Die SchülerInnen können am besten erklären, wie die LehrerInnen-handlungen die Art beeinflussen, wie sie in der Situation reagieren. Teilnehmende BeobachterInnen sind in der besten Position, um Daten über die beobachtbaren Züge der Interaktion zwischen LehrerInnen und SchülerInnen zu sammeln. Durch den Vergleich eigener Daten mit Daten von den anderen zwei Standpunkten hat eine Person an einem Eckpunkt des Dreiecks die Möglichkeit, ihren eigenen Standpunkt zu überprüfen und vielleicht auf der Basis umfassenderer Informationen zu revidieren" (ELLIOTT 1976, 22f). * Entwicklung des Vorhabens zu einem 'gemeinsamen Projekt der Betroffenen': Wenn soziale Realität durch die unterschiedlichen Beiträge verschiedener Handelnder konstituiert wird, dann darf
der Versuch, diese soziale Realität konstruktiv weiterzuentwickeln, nicht (wie wohlmeinend auch immer) diese Handelnden umgehen, sondern muß letzt-endlich zu einer gemeinsamen Aufgabe der Betroffenen werden. Die Konfrontation und nachfolgende Aufeinander-Zuentwicklung verschie-dener Perspektiven ist für AktionsforscherInnen so wichtig, daß sie in einem Prinzip der ethischen Codes wieder auftaucht. "Ethische Codes" oder explizit ausgehandelte Verträge zwischen den verschiedenen Beteiligten eines Aktionsforschungsvorhabens sollen akzeptable Formen der Forschungsgestaltung öffentlich machen und der Praxis der Forschung als Orientierung dienen. Aktionsforschung wird dann als "ethisch" angesehen, wenn Forschungsdesign und die Interpretationen mit allen Personen und Personengruppen, die direkt durch die erforschte Situation betroffen wurden, ausgehandelt wurden. LehrerInnen haben zwar als beruflich in der Schule Tätige eine führende Rolle bei der Initiierung von Aktionsforschung; das längerfristige Ziel besteht jedoch darin, SchülerInnen und andere betrof-fene Personen in die Forschung miteinzubeziehen und diese schließ-lich zu einer "kooperativen Forschung" zu machen. Ein Wort der Warnung: Ein Problem alltäglicher Berufspraxis besteht darin, daß Entscheidungen oft auf der Basis weniger Informationen getroffen werden. AktionsforscherInnen, sobald sie sich einmal mit verschiedenen Methoden der Datensammlung vertraut gemacht haben, erleben dagegen oft das Phänomen der "Überflutung mit Daten". Es ist daher wichtig, die gesammel-
ten Informationen laufend zu analysieren und zu verarbeiten und nicht alle möglichen Daten, die irgendwie interessant erscheinen, einmal zu sammeln und für später aufzuheben. Laufende Analyse macht auch klarer, welche Datenquellen lohnende Informationen erbringen und auf welche man ohne Schaden verzichten kann; laufende Analyse schärft zudem die eigene Sichtweise der Situation, was wiederum als Orientierung für die nachfolgende Datensammlung dient.
4.2 Aktionsforschung besteht in einer engen und iterativen Verbindung von Reflexion und Aktion Anders als viele andere Forschungs- und Entwicklungsansätze will Aktionsforschung nicht das Denken von Alltagsmenschen durch ExpertInnenwissen ersetzen, sondern zielt darauf ab, auf ihm aufzubauen und es zu unterstützen. So kommen auch in dem Fallbeispiel aus dem HCP keine externen ExpertInnen, um den Praktiker darüber aufzuklären, "wie man es macht" (sie können das gar nicht, weil ihnen das "lokale Wissen" zur produktiven Bearbeitung komplizierter Praxissituationen fehlt). Stattdessen unterstützen "Externe" PraktikerInnen bei deren Reflexion der Situation, z.B. indem sie helfen, Zugang zu zusätzlichen Aspekten der Situation (wie z.B. zur Schülerwahrnehmung) zu gewinnen. Die SchülerInnenwahrnehmungen waren auch keine "neuen Informationen", die von außen in die Situation hineingebracht wurden; vielmehr waren sie im Prinzip in der Situation verfügbar, doch war der Zugang zu ihnen im normalen Handlungsablauf schwierig oder sie wurden zu wenig beachtet.
Das ethische Prinzip „Aushandlung“
„data overload“
praktische Umsetzung
Ein Charakteristikum traditioneller empirischer Forschung besteht darin, daß Reflexion und Aktion sowohl institutionell als auch personell getrennt sind. Untersuchungsanordnungen werden in den Zentren der Wissenschaft entworfen; sie werden dann durch Praktiker in Praxisinstitutionen realisiert, wobei durch Emissäre der Wissenschaft beobachtet wird, ob dies getreu den Intentionen erfolgt. Die Daten darüber werden von WissenschafterInnen gesammelt und in die Institutionen der Wissenschaft zurückgebracht, wo sie analysiert werden. Im Vergleich zum Nachdenken im Alltag sind Praxis und Reflexion darüber auf seltsame Weise fragmentiert. Diese Trennung bringt einige Vorteile: - Die Bühne der Praxis zu verlassen, befreit vom Druck, weitere praktische Handlungen zu setzen, und erkauft damit Zeit für die Analyse; - die Trennung zwischen den Aufgaben des Handelns und des Reflektierens erlaubt den Reflexionsspezialisten eine gewisse Distanzierung von den Motiven und Loyalitäten der untersuchten Praxis, was ihren Handlungsspielraum erweitert. Diesen Vorteilen stehen jedoch Probleme gegenüber: - Die Bühne der Praxis zu verlassen, befreit nicht nur vom Handlungsdruck, sondern auch von der Möglichkeit (oder dem Zwang), die Ergebnisse eigenen Nachdenkens laufend in nachfolgender Handlung zu überprüfen: PraktikerInnen sind gezwungen, auf der Grundlage früherer Reflexionen zu handeln und spüren etwaige "Reflexionsfehler" als Handlungsprobleme am eigenen Leib;
- Die Trennung der Rollen von Handlung und Reflexion distanziert die ReflexionsspezialistInnen zwar von den Motiven und Loyalitäten im Praxissystem, aber es be- traditionelle Trennung freit sie nicht von al- von len Motiven und Aktion und Reflexion Loyalitäten, bindet sie vielmehr an das System institutionalisierter Wissenschaft. Das ist zunächst einmal verständlich, doch liegt darin auch die Gefahr, daß "Wissenschaft ihre eigenen Wege geht", die sich gelegentlich recht weit von den Wünschen der Alltagspraxis entfernen. Die Notwendigkeiten professionellen Handelns sind nicht nur Belastung, sondern bieten auch einen Rahmen, der hilft, die eigene Forschung auf wichtige Fragestellungen zu lenken und die Brauchbarkeit ihrer Resultate zu überprüfen. Aktionsforschung nimmt also eindeutig gegen die methodologische Trennung von Handlung und Reflexion Stellung. Daraus folgt, daß sie auch forschungspraktisch eine enge Verbindung von Reflexion und Aktion anstrebt. Eine Forschungsstrategie soll ein Ausdruck des "Zirkels von Aktion und Reflexion" (vgl. Abb. 2) sein. * Enge Verbindung von Reflexion und Aktion: Auf die eigene Praxis zurückblickend versucht man, eine Erklärung der abgelaufenen Situation, d.h. eine "prak-tische Theorie", zu entwickeln (im Beispiel: "Die SchülerInnen diskutieren nicht, weil die Arbeitspapiere zu schwierig sind"; und später: "Die Schü-lerInnen diskutieren nicht, weil sie glauben, daß die Arbeitspapiere der Meinung des Lehrers entsprechen, und weil sie den Lehrer nicht herausfordern wollen"). Von jeder praktischen Theorie kann man aber auch nach vorne schauen und Ideen für nachfolgende Handlungen entwickeln (z.B. "Den Inhalt der Ar-
beitspapiere durch Kurzvorträge erklä-ren"; und später: "Die Wahrnehmung der Unterrichtsstrategie durch die Schü-lerInnen verändern"). * Die laufende wechselseitige Überprüfung von Aktion und Reflexion (Iterativität der Forschung): Der Zirkel von Aktion und Reflexion endet nicht damit, daß neue Aktions-ideen entwickelt wurden. PraktikerInnen stehen in der Regel unter Handlungsdruck und werden daher diese Aktionsideen in die Tat umsetzen müssen. Und sie werden direkt die Auswirkungen ihrer Handlungen (die indirekt ja auch die Auswirkungen ihrer Reflexion, ihrer praktischen Theorien sind), zu spüren bekommen: dies sollte ein guter Grund für die Fortsetzung der Reflexion sein und für die Weiterentwicklung der ursprünglichen praktischen Theorie. Gerade die Tatsache, daß die Reflexion von PraktikerInnen in ihren alltäglichen Handlungen wurzelt, erlaubt es, eine praktische Theorie einer Serie von Überprüfungen auszusetzen und sie dabei gleichzeitig weiterzuentwickeln und zu verfeinern (durch einige "Aktionsforschungszyklen). Durch diese charakteristische "Iterativität" von Handlung und Reflexion werden Zwischenergebnisse einer Serie von Überprüfungen ausgesetzt. Dies ist auch die Grundlage für die Behauptung von AktionsforscherInnen, daß ihre Ergebnisse keineswegs "beliebig", sondern in einer systematischen Forschungsstrategie gewonnen wurden.
fenen Personen berücksichtigen und auf ihnen aufbauen, indem z.B. Fragestellungen ausgewählt werden, die für die Handelnden wirklich bedeutsam sind. In der Anfangsphase der Forschung ist es wichtig, ein zunächst einmal vielleicht bestehendes glo-bales gemeinsames Interesse zu einer explizit geteilten gemeinsamen Fragestellung zu entwickeln sowie über eine Vorgehensweise der kooperativen Forschung übereinzukommen, die von den be-troffenen Personen akzeptiert werden kann. Inhaltliche und prozeßbezogene Übereinkünfte sollten als Kontrakt oder ethischer Code explizit gemacht werden.
Reflexion der Aktion
praktische Theorie
Aktion
Aktionsideen
Abb. 2: Der Zirkel von Aktion und Reflexion Die Entwicklung einer gemeinsamen Forschungsmotivation der Betroffenen sollte auch die Chance erhöhen, zu bedeutungsvollen und ehrlichen Informationen zu kommen.
4.3 Aktionsforschung umfaßt die Reflexion und Weiterentwicklung pädagogischer Wertvorstellungen
Der Lehrer im HCP-Beispiel hatte den Eindruck, daß seine Unterrichtsstrategie * Auf der Motivation der AkteurInnen nicht wirkungsvoll war. Er versuchte, aufbauen: seine praktische Theorie solcherart weiDie Forschungsstrategie sollte be- terzuentwickeln, daß sie ihm neue Einstehende Motivationen der betrof- sichten und die Ableitung einer effektive-
instrumentelle und intentionale Fragen aufeinander beziehen
ren Handlungsstrategie ermöglichte. Damit ist die berufliche Aufgabe eines reflektierenden Praktikers allerdings erst zur Hälfte erfüllt. Auch wenn sich seine neue Unterrichtsstrategie als effektiver herausgestellt hätte, bliebe noch eine zweite Kategorie von Fragen zu stellen: Was hat das für Auswirkungen auf meine ursprünglichen pädagogischen Zielvorstellungen (die mich ja dazu gebracht haben, die Ideen des HCP zu erproben)? Welche erzieherischen Werte fördere ich mit meiner neuen Handlungsstrategie? Stimmen diese Werte mit meinen pädagogischen Anschauungen überein? Aktionsforschung sieht Unterrichtsstrategien als Versuche an, pädagogische Ideen in eine konkrete interaktionelle Gestalt zu übersetzen. Da pädagogische Ideen immer auch Vorstellungen über erzieherische Werte und Ziele umfassen, ist es nicht sinnvoll, instrumentelle Fragen (Wie kann ich Lernen fördern?) von intentionalen (Welche Art von Lernen fördere ich damit?) zu trennen. Bei der Erforschung einer Fragestellung aus der Praxis untersuchen wir daher sowohl die Effektivität als auch die zugrundeliegenden Wertvorstellungen der verwendeten Unterrichtsstrategien.
Nebenwirkungen beachten
4.4 Aktionsforschung hat einen ganzheitlichen Charakter Anders als viele experimentelle ForscherInnen können sich reflektierende PraktikerInnen nicht damit zufrieden geben, zu überprüfen, wie effektiv ihre Handlungen bei der Verwirklichung jener Ziele waren, die sie zu Beginn im Auge hatten. Sie dürfen auch die unerwarteten Nebeneffekte ihrer Handlungen
nicht übersehen. Hätte beispielsweise der HCP-Lehrer mit seiner Handlungsstrategie "Kurzvorträge" weitergemacht, so wäre sehr wahrscheinlich die Schülerwahrnehmung "Der Lehrer ist (zumindestens er glaubt, daß er es ist) im Besitz der Wahrheit, die nicht angezweifelt werden darf" weiter verstärkt worden. Diese Nebenwirkung steht ganz offensichtlich in einem Widerspruch zur beabsichtigten Hauptwirkung des Humanities Curriculum. Reflektierende PraktikerInnen hinterfragen ihre praktischen Handlungen also nicht nur durch die Frage "Haben wir die Ziele, die wir uns gesetzt haben, erreicht?", sondern auch durch die scheinbar vagere Frage "Sind wir mit dem zufrieden, was wir bekommen haben?" Wie ARGYRIS et al. (1985, 218f) argumentiert haben, wird in dieser breiteren Frage anerkannt, daß PraktikerInnen eine professionelle Verantwortung für die gesamte Situation haben und daher die Nebenwirkungen, die sie in ihren theoretischen Erwartungen nicht vorhergesehen haben, nicht ignorieren dürfen. Der Versuch, der Komplexität der Praxis gerecht zu werden, bringt jedoch auch Probleme mit sich: die Theorien werden komplexer und komplizierter. Einige ForscherInnen versuchen diese Schwierigkeiten zu umgehen, indem sie ihre Theorien nicht als explizite Hypothesen, sondern auf andere Weise darstellen, z.B. als Fallgeschichten oder Metaphern, in denen ein weites Bedeutungsfeld in Bildern kondensiert wird.
4.5 Aktionsforschung umfaßt die Erforschung und Weiterentwicklung der eigenen Kompetenz und des Selbstkonzepts In unserem Beispiel findet der Lehrer heraus, daß er die Situation zunächst falsch eingeschätzt hat. Vielleicht erfor-
dert seine neue praktische Theorie ("Die SchülerInnen verstehen die Ar-beitspapiere, aber sie wollen die darin ausgedrückten Meinungen nicht diskutieren, weil sie sie für meine halten") auch Unterrichtsstrategien, über die er nicht ohne weiteres in seinem Routinerepertoire verfügen kann. Anders als traditionelle ForscherInnen untersuchen AktionsforscherInnen nicht die Praxis anderer Personen, sondern ihre eigene. Da sie eine Situation untersuchen, in die sie selbst "verwik-kelt" sind, erforschen sie damit auch ihren eigenen Beitrag zu dieser Situation und folglich ihre eigenen Fähigkeiten und ihr Selbstkonzept (was ja nur ein anderer Name für die Theorie ist, die man über sich selbst hat). Dadurch wird der Aktionsforschung eine Ernsthaftigkeit und "Strenge" in einem viel weitergehenden Sinn verliehen, als üblicherweise verstanden wird: AktionsforscherInnen untersuchen und entwickeln auch sich selbst; sie müssen mit den Auswirkungen ihrer Theorien und Experimente leben und verspüren sie am eigenen Leibe. Darin liegt auch eine Erklärung der Beobachtung, daß in der Aktionsforschung manchmal Phasen auftreten, die durch Angst oder das Gefühl, "sich überhaupt nicht mehr auszukennen" oder "überhaupt nichts mehr zu können", gekennzeichnet sind. "Die Teilnahme an naturalistischer Forschung erfordert von LehrerInnen, sich von einem intuitiven zu einem reflektierten Modus von Praxis zu bewegen. Während der Übergangsphase haben sie die Erfahrung, 'dequalifiziert' zu werden. An diesem Punkt benötigen LehrerInnen alle Unterstützung, die seine Institution geben kann" (ELLIOTT 1981, 23).
Folgende praktische Merkmale von Aktionsforschung können Gefühle der Dequalifikation vermeiden oder vermindern helfen: * Zusammenarbeit mit KollegInnen, Beratung durch "kritische Freunde": Im Rahmen von Aktionsforschungsprojekten soll durch die Zusammenarbeit in der Gruppe und durch die Beratung durch Externe ein unterstützendes Klima hergestellt werden. In Gruppengesprächen können die ForscherInnen herausfinden, ob ihre Anliegen auch anderen KollegInnen wichtig sind, und stellen manchmal fest, daß, was zunächst als individuelle Unzulänglichkeit erschien, weithin auftretende Probleme sind. Manchmal ziehen die ForscherInnen externe BeraterInnen hinzu, die als "kritische FreundInnen" sowohl einfühlsame als auch konstruktiv - kritische Rückmeldung in Hinblick auf ihre Handlungen und Reflexionen geben sollen. * Das ethische Prinzip "Kontrolle der Forschung durch die Personen, die direkt von der erforschten Situation betroffen sind": Dieses ethische Prinzip soll sicherstellen, daß die Aktionsforschung nicht von Externen "gekapert" wird. Lawrence STENHOUSE (1975) hat überzeugend argumentiert, daß die Verantwortung für und die Kontrolle des Verlaufs praxisorientierter Forschung bei jenen Personen liegen sollte, die direkt von ihr betroffen sind und die mit ihren Auswirkungen im Alltag zu leben haben. Das Prinzip der "Kontrolle" verpflichtet externe BeraterInnen (die ja oft über mehr Erfahrung in der Forschung verfügen und daher schneller methodische Vorschläge und theoretische Erklärungen anbieten können) darauf, ihre Arbeit den Überlegungen und Entscheidungen der direkt Betroffenen unterzuordnen. * Überschaubarer Beginn und schrittweise Entwicklung der Forschung:
Das ethische Prinzip „ Kontrolle „
Stufen des Vertrautwerdens mit Forschungsmethoden
Ein kluger Leitsatz aus der Umweltbewegung lautet "Global denken und lokal handeln". Ich meine, daß er auch Teil jeder Aktionsforschungsstrategie sein soll. Auch wenn man sich mehr und mehr der Komplexität der untersuchten Situ-ation bewußt wird, ist es dennoch ver-nünftig, eine wichtige, aber relativ überschaubare und bearbeitbare Fragestellung aus dem endlosen Meer aller jener Dinge, die eigentlich getan werden sollten, auszuwählen. Es ist empfehlenswert, klein anzufangen; wenn man es dennoch schafft, dabei "global zu denken" (in dem Sinn, daß man sich die komplexeren Verbindungen und Rückwirkungen innerhalb der gewählten Fragestellung bewußt hält), so wird das helfen, schrittweise die eigene Forschung weiterzuentwickeln. Eine solche schrittweise entwickelnde und aufbauende Annäherung ist auch in Hinblick auf die verwendeten Forschungsmethoden sinnvoll: ELLIOTT (1978) hält es für vernünftig, mit Forschungsdesigns zu beginnen, die weniger bedrohliche Elemente enthalten; idealtypisch schlägt er folgende Stufen des Vertrautwerdens mit Forschungsmethoden vor: Auf Stufe 1 stehen jene Methoden, die vor allem die Selbstreflexion von LehrerInnen unterstützen, z.B. Tagebuch schreiben, eine Aufnahme eigenen Unterrichts anhören, einen laufenden Kommentar auf der Basis eigener Beobachtungen schreiben. Stufe 2 führt externe Beobachtung durch "kritische FreundInnen" ein, die durch die jeweilige Lehrperson ausgewählt und eingeladen werden. Auf dieser Stufe können z.B. sowohl LehrerIn als auch BeobachterIn Tagebuchnotizen in Hin-
blick auf dieselbe Unter- Praktische Umsetzung richtsstunde verfassen und ihre Eintragungen vergleichen; LehrerIn und Beob-achterIn könnten einer Unterrichts-aufnahme zuhören und sie kommentieren; kritische FreundInnen können eine "Musteranalyse" (vgl. ALTRICHTER/POSCH 1994, 168ff) anhand ihrer Beobachtungsnotizen durchführen; sie können einen laufenden Kommentar schreiben oder Fotografien aufnehmen. In jedem Fall sollten sie sich eher auf beschreibende denn auf beurteilende Rückmeldungen konzentrieren. Die Erfahrung zeigt (vgl. EL-LIOTT 1978), daß Rückmeldung durch KollegeInnen bedrohlicher ist als Rückmeldung durch SchülerInnen, welche ihrerseits wieder bedrohlicher ist als Feedback von (externen) Personen, die im Schulsystem nicht verankert sind. Wahrnehmungen von SchülerInnen werden daher erst auf Stufe 3 zusätzlich in den Reflexionsprozeß der forschenden Lehrperson eingebracht. Anfänglich können Schüler-Innenmeinungen indirekt durch Interviews von „kritischen FreundInnen“ gesammelt werden, später auch in direkten Gesprächen zwischen LehrerInnen und SchülerInnen. Außerdem können die Kommentare der BeobachterInnen in dem Maße pointierter werden, in dem sich die Fähigkeit der AktionsforscherInnen entwickelt, Urteile der BeobachterInnen kritisch zu bewerten und, wenn notwendig, zurückzuweisen. Stufe 4 führt schließlich das Element der kollegialen Diskussion über Handlungsstrategien und Reflexionen ein. Wenn sich eine verständnisvolle und kritische KollegInnengruppe gebildet hat, werden externe „kritische FreundInnen“ überflüssig.
4.6 Aktionsforschung bringt Ebenso erhalte ich dadurch die Geleindividuelle Einsichten in eine genheit, Verbindungen zwi-schen meinen Einsichten und den Erkenntnissen professionelle Diskussion ein Weiter oben habe ich die Bedeutung unterschiedlicher Perspektiven im Forschungsprozeß betont. Zusammenfassend könnte man formulieren: Die Qualität professioneller Theorien und professioneller Praxis wird dadurch gefördert, daß die Sichtweisen anderer betroffener Personen berücksichtigt und daß sie in die Gestaltung und Weiterentwicklung professioneller Pra-xis miteinbezogen werden. Es gibt allerdings zwei mögliche Interpretationen des Begriffs "Personen, die durch die Handlungen professioneller PraktikerInnen betroffen sind": a) Personen, mit denen PraktikerInnen direkt interagieren (auf diese Interpretation hat sich das Argument 4.1 gestützt); b) die weitere Öffentlichkeit, z.B. Eltern, Verwaltung, Anstellungsträger, Gewerkschaften, PolitikerInnen usw. Auch sie sind meist indirekt von der Qualität der professionellen Arbeit betroffen. Aktionsforschung ermutigt PraktikerInnen, ihre Erfahrungen und ihr praktisches Wissen zu formulieren, um es mit KollegInnen und einer interessierten Öffentlichkeit be-sprechbar zu machen. Dafür gibt es drei Gründe: * Die Teilnahme an einer professionellen Diskussion ist ein Mittel, um individuelle Einsichten auf ihre Brauchbarkeit und ihren Gültigkeitsbereich zu überprüfen und sie weiterzuentwickeln. Indem ich meine Praxis und meine praktische Theorie einer öffentlichen Diskussion aussetze, erhöhe ich die Chance, auf Fehler meiner Reflexion aufmerksam zu werden.
anderer Personen herzustellen sowie Anerkennung für meine Arbeit zu bekommen. * Individuelle Einsichten in eine professionelle Diskussion einzu-bringen, macht mein praktisches Wissen auch KollegInnen zugäng-lich und verbreitert damit die Wissensbasis des Lehrberufs. Damit trage ich auch zu einer Art kollegialer Leh-rerfortbildung bei. * Schließlich drückt die Teilnahme an öffentlichen Diskussionen auch eine wichtige bildungspolitische Idee aus: Für eine konstruktive Weiterentwicklung des Bildungssys-tems ist es notwendig, - daß PraktikerInnen bei Diskussionen über die zukünftige Entwicklung des Bildungswesens stärker berücksichtigt werden (eine Voraussetzung dafür ist, daß sie ihre Ansichten und ihr Wissen öffentlich zum Ausdruck bringen sowie verständliche, gut begründete Argumente und Beispiele aus ihrer Praxis anbieten) und - daß PraktikerInnen den Fragen und Anliegen der Öffentlichkeit gegenüber offen und darauf vorbereitet sind, befriedigende Rechenschaft über ihre und ihrer Institution Arbeit zu legen. Das Bemühen, die eigene Arbeit weiterzuentwickeln und zu dokumentieren und diese Erfahrung dazu zu benützen, der Öffentlichkeit vorzuführen, was schon geleistet wird und was in Zukunft noch erforderlich ist, stellt auch einen wichtigen Beitrag zur Verbreitung von Innovationen im Schulwesen dar. Praktisch bedeutet dies z.B., daß im Rahmen von Aktionsforschungsprojekten Seminare organisiert werden, die die Gelegenheit geben, die Forschungsarbeiten von anderen LehrerInnen zu lesen, sie kritisch zu diskutieren, ihre Ergebnisse in Beziehung zu setzen und sie nach Überschneidungen und Widersprüchen abzusuchen, um die Reichwei-
Gründe für Veröffentlichung
Praktische Umsetzung
te und die Bedingungen ihrer Brauchbarkeit herauszufinden. Außerdem versuchen wir Gelegenheiten zu schaffen, daß PraktikerInnen ihre Forschungsarbeiten veröffentlichen (vgl. z.B. die Broschüren der Reihe „Umwelt und Schulinitiativen“ der ARGE Umwelterziehung) bzw. daß sie in Lehrerfortbildungskursen ihre Erfahrungen KollegInnen zugänglich machen. Das ethische Prinzip Vertraulichkeit
Bei der Veröffentlichung von Forschungserfahrungen muß das ethische Prinzip der 'Vertraulichkeit' beachtet werden: Daten sind zunächst einmal 'Besitz' der Personen, die sie zur Verfügung gestellt haben. Sie dürfen nicht ohne Zustimmung der 'BesitzerInnen' dritten Personen zugänglich gemacht werden. Forschungsberichte und Fallstudien dürfen nicht veröffentlicht werden, ohne den betroffenen Personen die
Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben zu haben. Wenn Personen in einem Bericht identifizierbar sind, müssen die ForscherInnen deren Zustimmung zur Veröffentlichung einholen. Bei der Untersuchung konkreter Fälle genügt eine bloße Anonymisierung der Daten üblicherweise nicht. Während sich die ForscherInnen dadurch absichern, werden Personen, die die genaueren Umstände der untersuchten Situation kennen keine Schwierigkeiten haben, die AkteurInnen trotz ihrer 'Pseudonyme' zu erkennen (vgl. WALKER 1985, 24). Diese ethischen Prinzipien nicht zubeachten, beeinträchtigt gleichzeitig auch, die Erkenntnismöglichkeiten der Forschenden: Andere Personen werden kaum mehr Sinn darin sehen, weitere Kraft in die Untersuchung und Weiterentwicklung einer Situation zu investieren, wenn die ForscherInnen das 'Spiel von Täuschung, Geheimniskrämerei und Überlegenheit' spielt.
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