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Schwingungen Eine Schwingung ist eine periodische, d. h. in gleichen Zeiten sich wiederholende Bewegung eines Körpers um seine Ruhe- oder Gleichgewichtslage. Viele Schwingungsphänomene sind uns vertraut: Das Auf und Ab kleiner Boote, das Hin und Her von Uhrenpendeln und das Schwingen von Saiten und Zungen bei Musikinstrumenten. Darüber hinaus gibt es Beispiele von Schwingungen, die uns nicht so geläufig sind: Die Schwingungen von Luftmolekülen bei Schallwellen und die Schwingungen elektrischer Ströme in Radio- und Fernsehgeräten. Ob es sich nun um Atomschwingungen, Schwingungen elektrischer und magnetischer Felder oder um eine einfache Pendelschwingung handelt- die Schwingungs- und Wellenlehre ist eines der wichtigsten Teilgebiete der Physik.
Wir beginnen mit der Schwingung eines leicht beobachtbaren Körpers:
1.) Die Schwingung des Fadenpendels Einen Körper der Masse m hängen wir an einen Faden. Er befindet sich in „Gleichgewichtslage bzw. Ruhelage“. Bringt man ihn jedoch durch Hochheben aus seiner Gleichgewichtslage heraus und läßt ihn daraufhin los, so schwingt er zwischen den Punkten P1 und P2 hin und her. Wenn keine Reibung auftritt, bleibt die Schwingung beliebig lange unverändert erhalten.
Vorgänge bei der Schwingung des Fadenpendels: a)
b)
Anheben des Pendelkörpers: gespeichert.
Potentielle Energie wird dabei in ihm
Loslassen: Die Schwerkraft holt ihn zur „Ruhelage“ Zur Ruhelage hin bewegt er sich beschleunigt ( mit immer größer werdender Geschwindigkeit) Die Erhaltung der Energie sieht man dabei deutlich: Die in Lage P1 erteilte potentielle Energie Ep wandelt sich durch Tiefersinken in Bewegungserergie Ek um, die im Punkt P0 wegen maximaler Geschwindigkeit ihren größten Wert erreicht.
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c) Der Pendelkörper verbleibt nicht in der Ruhelage, sondern schießt wegen der Trägheit über das Ziel und erreicht wieder dieselbe Höhe wie vorher, er gelangt an den Umkehrpunkt P2. Hier ist seine Bewegungsenergie verbraucht, dafür hat er an Höhe gewonnen und – da er sich in der selben Höhe wie im Punkt P1 befindet – besitzt hier wieder das Maximum an potentieller Energie. d) Nach einem Augenblick der Ruhe bewirkt die Schwerkraft erneut das Hinunterfallen zum tiefsten Punkt, der Vorgang wiederholt sich .... e) Energiebetrachtung: Es erfolgt eine ständige Umwandlung zwischen zwei Energieformen - die potentielle Energie hat ihr Maximum in den Umkehrpunkten P1 und P2, die kinetische Energie in dem Punkt P0, also in der „Ruhelage“ (das ist die Lage, in der sich der Körper befinden würde, wenn er nicht schwingen würde)
2.) Die Schwingung des Federpendels An einer Schraubenfeder hängt ein Körper mit der Masse m. Der Körper schwingt vorerst noch nicht, er befindet sich in „Ruhelage“ oder „Gleichgewichtslage“. Bringen wir ihn durch Spannen der Feder aus der Gleichgewichtslage heraus und lassen ihn los, so schwingt auch dieser Körper zwischen den Punkten P1 und P2 hin und her und nur die Reibung macht der Bewegung ein Ende.
Vorgänge bei der Schwingung des Federpendels: a) Wenn der Körper sich bei PO befindet, so herrscht Gleichgewicht, weil die Gewichtskraft des Körpers und die elastische Kraft der Feder einander aufheben. PO ist also die Gleichgewichtslage. b) Zieht man den Körper bis zum Punkte P1 nach unten, so wird die Federkraft vergrößert, während die Gewichtskraft des Körpers unverändert bleibt. Auf den Körper wirkt jetzt eine Kraft, die Federkraft, die zu seiner Gleichgewichtslage gerichtet ist. c) Wenn man den Körper losläßt, so bewegt er sich beschleunigt auf seine Gleichgewichtslage zu. Er verharrt aber nicht in dieser Lage, denn: d) Aufgrund der Trägheit geht die Bewegung über den Punkt P0 hinaus, wobei sie dann durch die Federkraft verzögert wird, bis die Geschwindigkeit im Punkte P2 den Betrag Null erreicht hat. Seite 2
e) Nach einem Moment des Stillstandes bewirkt die Federkraft wieder eine Beschleunigung in Richtung auf P0, wobei der Körper sich aber wieder über P0 hinaus bis zum Punkte P1 bewegt. Wenn keine Reibung vorhanden ist, so wiederholt sich der gleiche Vorgang immer wieder. f) Energiebetrachtung: Die beiden Energieformen Ep (Energie der gespannten Feder) und Ek (Bewegungsenergie) wandeln sich periodisch ineinander um.
Bei allen anderen mechanischen Schwingungen treten ähnliche Vorgänge auf.
Das Gemeinsame aller dieser Bewegungen ist: Der Körper bewegt sich zwischen zwei Umkehrpunkten, in denen die Geschwindigkeit momentan Null ist, hin und her und dieser Bewegungsvorgang wiederholt sich regelmäßig. Voraussetzung für das Zustandekommen einer solchen Bewegung ist das Vorhandensein einer stabilen Gleichgewichtslage (in unserer Zeichnung die Stellung P0). Aus dieser wird der Körper entfernt und dann sich selbst überlassen. Eine auf ihn wirkende Kraft – Schwerkraft, Federkraft - treibt ihn in diese Gleichgewichtslage zurück. Er schießt aber wegen seiner Trägheit über das Ziel hinaus und führt auf diese Weise die beobachteten Hin- und Herbewegungen um die Gleichgewichtslage aus.
Beschreibung für Schwingungsvorgänge: 1. Eine volle Schwingung oder kurz eine Schwingung ist ein vollständiger Hinund Hergang des Körpers. Bei den oben behandelten Beispielen liegt also eine Schwingung vor, wenn der Körper sich von P1 über P0 nach P2 und zurück über P0 nach P1 bewegt hat. 2. Die Schwingungsdauer oder die Periode T ist die für eine volle Schwingung benötigte Zeit. Einheit der Schwingungsdauer T : 1 Sekunde (s). 3. Die Schwingungszahl oder die Frequenz Schwingungen in der Sekunde
f
ist die Zahl n der ganzen
Einheit der Frequenz : 1 Hertz (Hz). Beispiel: Falls ein Pendel in einer Sekunde 2 mal hin- und herschwingt, ist seine Frequenz f = 2 Hz. Da eine Schwingung aber nur die Hälfte der Sekunde benötigt, ist die Periodendauer T = ½ s. Seite 3
Es gilt ganz allgemein der Zusammenhang zwischen T und f:
4. Die Auslenkung oder Elongation s aus der Gleichgewichtslage gibt die Strecke an, um die sich der schwingende Körper aus der Gleichgewichtslage entfernt hat. Sie ist von der Zeit abhängig. Für die Gleichgewichtslage ist die Elongation Null; die Auslenkungen nach der einen Seite werden positiv und die nach der anderen Seite negativ gerechnet. Einheit der Auslenkung : 1 Meter (m). 5. Die Schwingungsweite oder die Amplitude ist die größte Auslenkung, die der schwingende Körper erreicht. Sie ist also gleich dem Weg, den der schwingende Körper zwischen der Gleichgewichtslage und dem Umkehrpunkt durchläuft. Die Amplitude wird stets positiv angegeben. 6. Die Rückstellkraft F ist die auf den schwingenden Körper wirkende, immer auf die Gleichgewichtslage gerichtete Kraft. Sie nimmt mit wachsender Auslenkung des Körpers aus der Gleichgewichtslage zu. Rückstellkraft beim Fadenpendel ist die Schwerkraft, beim Federpendel die Federkraft. Einheit der Rückstellkraft: 1 Newton (N).
Zur Größe der Schwingungsenergie: Sie ist durch die Größe der Amplitude gegeben. Je größer die Amplitude, desto größer die Schwingungsenergie. Das rechte Pendel hat hier die größere Schwingungsenergie.
Das Zeit - Wegdiagramm einer Schwingung: Eine Stimmgabel, die an einer Zinke eine elastische Spitze trägt, wird angeschlagen. Dann wird die schwingende Spitze mit konstanter Geschwindigkeit über eine berußte Glasplatte gezogen. Die Spur, die sie hinterläßt, ist das Zeit – Wegdiagramm ihrer Schwingung. Seite 4
Harmonische Schwingung:
Eine Schwingung, deren Zeit - Weg - Diagramm eine Sinuskurve zeigt, heißt eine harmonische Schwingung.
Ein Massenpunkt schwingt harmonisch, wenn auf ihn eine zur Elongation proportionale Kraft wirkt, die stets zur Mittellage hinweist, wenn also das lineare Kraftgesetz gilt. Dies ist für das Federpendel der Fall, siehe Seite 5, Kapitel „Energie & Impuls“ ( Kraft F = k ⋅ x ). Unsere Experimentierpendel lassen uns einsehen, daß für Schwingungsdauer bzw. Frequenz folgende Formeln gelten: •
Pendelformel für das Fadenpendel T = 2π ⋅ f0 =
l und g
1 g ⋅ 2π l
T ...Schwingung sdauer f 0 ... Eigenfrequenz l..... Pendellänge g... Erdbeschle unigung
Genau genommen gilt die Pendelformel für nicht zu große Ausschläge (Wenn der Winkelausschlag unter 5° bleibt, gilt die Pendelformel mit einem Fehler, der kleiner als 1 °/oo ist). Jedoch sollte noch eine andere Bedingung erfüllt sein: Die schwingende Pendelmasse sei als Massenpunkt betrachtet und die Masse des Fadens sollte auch vernachlässigt werden können. Ein solches Pendel heißt „Mathematisches Pendel“. Folgerungen: 1.) Die Schwingungsdauer T ist nur abhängig von l und g, aber unabhängig von der Masse und der Amplitude smax. 2.) Alle Pendel der gleichen Pendellänge aber verschiedener Masse schwingen am selben Punkt der Erde gleich schnell. 3.) Das Pendel schwingt an verschiedenen Breitengraden der Erde verschieden: am Pol schneller, da dort die Erdbeschleunigung g größer ist und am Äquator langsamer wegen der dort kleineren Erdbeschleunigung. 4.) Je größer die Pendellänge, desto langsamer schwingt es. 5.) Umgekehrt kann man mit der Pendelformel die Erdbeschleunigung bestimmen. Seite 5
• Pendelformel für das Federpendel T = 2π ⋅ f0 =
m k
1 k ⋅ 2π m
m ...Masse des schwingenden Körpers k ...Federkonstante
Das Experiment überzeugt uns auch von dieser Formel, deren Herleitung über die Differentialrechnung erfolgt: 1.) Eine größere Pendelmasse m bewirkt eine größere Schwingungsdauer T. 2.) Eine größere Federkonstante k zieht das Federpendel rascher zurück in die Ruhelage und läßt die Schwingungsdauer kleiner werden.
Gedämpfte Schwingung: Bei physikalischen Schwingungen tritt stets in irgendeiner Form Reibung auf, die der Schwingung Energie entzieht: Die Feder oder das Pendel kommt nach einiger Zeit zur Ruhe. Man spricht dann von einer gedämpften Schwingung, der schwingende Körper heißt gedämpfter Oszillator. Bei nicht zu starker Dämpfung ist die Energieabnahme pro Zeit proportional zur noch vorhandenen Energie – die Energieabnahme folgt dann einem Exponentialverlauf.
Erzwungene Schwingung: Damit ein schwingender Körper nicht zu schwingen aufhört, muß man ihm Energie zuführen. Eine solche Schwingung heißt erzwungene Schwingung. Ein Beispiel dafür ist die Schaukel, der man durch geeignete periodische Verlagerung des Gewichtes Energie zuführt. Wird mehr Energie aufgenommen als abgegeben, dann nimmt die Amplitude mit fortschreitender Zeit zu. Halten sich Energieaufnahme und Energieverlust die Waage, dann bleibt die Amplitude gleich. Man kann erzwungene Schwingungen auch bei einem Feder- Masse- System beobachten, wenn der Aufhängepunkt der Feder auf- und abbewegt wird (siehe Bild links)).
Schwingungs- Energie: Früher – auf Seite 5 – ist die Bemerkung gefallen: „Größere Amplitude - größere Schwingungsenergie“.Jetzt soll noch ergänzt werden: Die Gesamtenergie einer harmonischen Schwingung ist dem Quadrat der Amplitude proportional.
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Überlagerung von Schwingungen Ein Punkt führt zwei Schwingungen gleichzeitig aus, wenn er eine Schwingung um einen beweglichen Punkt ausführt, der seinerseits selbst um einen anderen, räumlich festen Punkt eine Schwingung ausführt. Führt ein Punkt gleichzeitig 2 Schwingungen aus, so erfolgt eine ungestörte Überlagerung der Wege, Geschwindigkeiten und Beschleunigungen. Die genannten Größen dürfen vektoriell addiert werden. Kopplung von zwei Pendeln Zwei Metallkugeln werden aufgehängt und deren Aufhängefäden durch eine Schnur verbunden. Eines der Pendel wird in Schwingung versetzt. Wir beobachten: Während die Schwingungen des angestoßenen Pendels allmählich abklingen, gerät das zweite Pendel in immer stärkere Schwingungen, bis es die ganze Schwingungsenergie des ersten Pendels, das dann zur Ruhe gekommen ist, übernommen hat. Dann übernimmt das zweite Pendel die Rolle des ersten und überträgt bei jeder Schwingung einen Teil seiner Energie auf das erste Pendel, bis es selbst zur Ruhe gekommen ist. Leider macht die Reibung dem Spiel der Energieübertragung von einem Pendel auf das andere bald ein Ende. Daß die Geschwindigkeit der Energieübertragung von der Art der „Kopplung“, also von der verbindenden Schnur abhängt, zeigt der Versuch: Hängen wir an die verbindende Schnur ein Gewicht und verschieben die Schnur auch noch nach unten, dann werden die Übertragungszeiten kürzer. Bild links unten: Sand rieselt aus den Pendeln auf darunter vorbeigezogenen Sand. Wir sehen: Stärkere Kopplung → schnellere Übertragung. Zwei schwingungsfähige Systeme – z. B. zwei Fadenpendel – die einander gekoppelte beeinflussen und dabei Energie austauschen, heißen Schwingungssysteme. Statt zweier Pendel kann eine ganze Reihe von Pendeln aufgehängt und miteinander verbunden werden – also gekoppelt – werden. Wird das erste Pendel durch einen leichten Stoß in Schwingungen versetzt, dann werden auch die übrigen Pendel nacheinander die gleichen Schwingungen wie das erste ausführen. Allerdings wird jedes folgende Pendel etwas später als das vorhergehende Pendel mit der Schwingung beginnen. Die Gesamtheit der sich solcherart ausbreitenden Schwingungszustände bezeichnet man als Welle Seite 7
Literatur Bredthauer, Wilhelm et al.: Impulse Physik 1. Verlag Ernst Klett: Stuttgart 1993. De Curtis, Stefania/Ferrer, Julian Fernandez: Physik. Reihe: Wissen heute auf einen Blick. Verlag Kaiser: Klagenfurt 1992. Hoffmann, Herbert: Physik I. Mechanik, Wärmelehre, Akustik, mechanische Schwingungen und Wellen. Verlag Mentor: München 1985, 10. Auflage. Höfling, Oskar: Physik. Lehrbuch für Unterricht und Selbststudium. Verlag Ferdinand Dümmler: Bonn 1990 (15.Auflage). Jaros, Albert/Nussbaumer, Alfred/Nussbaumer, Peter: Basiswissen 2. Physik - compact. Verlag HöllerPichler-Tempsky: Wien 1992. Schreiner, Josef: Lehrbuch der Physik, 2.Teil. Verlag Höller-Pichler-Tempsky: Wien 1982. Schreiner, Josef: Physik 2. Verlag Höller-Pichler-Tempsky: Wien 1990. Sckell, O.: Physik-Repetitorium. Verlag Dr. O. Sckell: Marburg a.L. o.J. 31.Auflage. Sexl/Raab/Streeruwitz: Physik, Teil 2. Verlag Ueberreuter: Wien 1983. Tipler, Paul A.: Physik. Spektrum Akademischer Verlag: Heidelberg Berlin Oxford 1994.
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