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Sozialpolitik Ausgabe 2015/2016 • Ein Heft Für Die Schule

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Ausgabe 2015/2016 sozialpolitik sozial Ein Heft für die Schule Politik Soziale Gerechtigkeit und Sicherheit Berufswelt Arbeitswelt im Umbruch Inklusion Gesellschaft für alle Sicherheit Schutz in allen Lebenslagen www.sozialpolitik.com Inhalt Seite 3 Ein Wort vorab Sozialstaat, warum? Sozialpolitik, für wen? Politik Seiten 4 und 5 Soziale Sicherung Meilensteine der Sozialpolitik Seiten 6 und 7 Soziale Gerechtigkeit Soziale Marktwirtschaft Seiten 8 und 9 Sozialversicherung im Überblick Sicherheit im Sozialstaat Seiten 10 und 11 Armut und Reichtum Chancen für alle schaffen Berufswelt Seiten 12 und 13 Berufsorientierung Arbeitswelt im Umbruch Seiten 14 und 15 Berufswahl Auf dem Weg ins Berufsleben Seiten 16 und 17 Berufseinstieg Von Anfang an versichert Seiten 18 und 19 Arbeitsrecht 1 Was Arbeitnehmer beschäftigt Seiten 20 und 21 Arbeitsrecht 2 Arbeitnehmer bestimmen mit www.sozialpolitik.com Vertiefende Informationen, ein Lexikon, eine Material­ datenbank mit aktuellen Arbeitsblättern und Schau­ bildern, geschichtliche Daten zur sozialen Sicherung, Wissensquiz, Umfragen, Kommentare sowie weiter ­ führende Links und Adressen „Sozialpolitik“ ohne Barrieren Zum Unterrichtsmedienpaket „Sozialpolitik“ gehört auch ein Arbeitsheft in Leichter Sprache für den inklusiven Unterricht. Die PDF-Dateien der gedruckten Materialien und die Internetseiten unter www.sozialpolitik.com können von Sprachausgaben am Computer vorgelesen werden. Ergänzende Angebote in Leichter Sprache und Gebärdensprache werden ständig weiter ausgebaut. Inklusion Seiten 22 und 23 Gesellschaft für alle 1 Arbeiten mit Behinderung Seiten 24 und 25 Gesellschaft für alle 2 Auf dem Weg zur inklusiven Schule Seiten 26 und 27 Krankenversicherung Hauptsache gesund Seiten 28 und 29 Unfallversicherung Für den Fall der Unfälle Seiten 30 und 31 Rentenversicherung 1 Ein Vertrag zwischen den Generationen Seiten 32 und 33 Rentenversicherung 2 Mehr Rentner, weniger Kinder Seiten 34 und 35 Arbeitslosenversicherung Sicherheit Arbeitslos, aber nicht mittellos Seiten 36 und 37 Pflegeversicherung Hilfe und Pflege nicht nur für Senioren Diskussion Seiten 38 und 39 2 Arbeitswelt im Wandel Schüler schreiben für Schüler Zur leichteren Lesbarkeit wurde meist die männliche Schreibweise gewählt. Angesprochen sind natürlich immer Leserinnen und Leser! Ein Wort vorab Sozialstaat, warum? Sozialpolitik, für wen? Einmal angenommen, wir wären immer kerngesund und hätten alles, was wir brauchen: Essen, Kleidung, Wohnung, Smartphone, Verkehrsmittel, Bildungsmöglichkeiten, Arbeit und natürlich auch ausreichend Geld. Dann müsste sich jeder nur um sich selbst kümmern und sich keine Gedanken um seine Mitmenschen machen. So ist es aber nicht. Mal sind wir stark, dann wieder schwach, meistens sind wir gesund, manch­ mal aber auch krank. Es gibt immer wieder Phasen im Leben, in denen es nicht so gut läuft. Unsere ersten Ansprechpartner in diesen Momenten sind Familie und Freunde. In vielen Situationen springt aber auch der Staat ein und sorgt dafür, dass unser Existenzminimum gesichert ist. Als es noch keine Sozialversicherungen gab, waren Krankheit, Arbeitslosigkeit und Alter für viele gleich­ bedeutend mit Armut und Not. Heute leben wir in Deutschland in einem Sozialstaat, einer Solidargemein­ schaft. Das bedeutet, die Gesunden helfen den Kranken, die Jungen unterstützen die Alten, die Arbeitenden leisten Beiträge für die Arbeitslosen. So helfen sie dem Einzelnen und sorgen damit zugleich auch für sich selbst vor. Bis dahin war es ein langer Weg, und viele Menschen haben sich dafür eingesetzt. Auch heute funktioniert der Sozialstaat nicht von allein, sondern steht immer wieder vor neuen Herausforderungen. Vor allem seine Finanzierung muss stets im Blick behalten werden. Dabei lautet die Grundfrage: Wie viele Menschen, die Sozialversicherungsbeiträge zahlen, stehen wie vielen Anspruchsberechtigten gegenüber? Wer soll Leistun­ gen beziehen und in welcher Höhe? Zudem steigen in einer Gesellschaft, die immer älter wird, die Kosten für Gesundheit und Altersvorsorge. Weil gleichzeitig die Geburtenzahlen sinken, werden in Deutschland künf­ tig weniger Erwerbstätige Beiträge für mehr Bezieher von Sozialleistungen einzahlen müssen. Ziel muss es daher sein, dass möglichst viele Menschen arbeiten können. Der Staat trägt Verantwortung für seine Bürger, aber umgekehrt gilt dies genauso. Die Menschen erkennen in der Regel schnell ihre Rechte, aber nicht allen sind auch die moralischen Verpflichtungen bewusst, die sich aus diesen Rechten ergeben und die für die Gesellschaft ebenfalls wichtig sind. Dazu gehört, Bildungs­ chancen wahrzunehmen, arbeiten zu gehen, wählen zu gehen und sich einzubringen, sei es politisch oder sozial, in der Nachbarschaft, in Vereinen oder in der Gemeinde. Wer mitreden will, muss sich informieren. Dabei hilft dieses Heft. Impressum Herausgeber: Stiftung Jugend und Bildung in Zusammenarbeit mit dem Bundes­ ministerium für Arbeit und Soziales Vertretungsberechtigte: Dr. Alexander Jehn (Präsident), Michael Jäger (Geschäftsführer) Vereinsregister: Amtsgericht Charlottenburg, VR 24612 B Fachliche und pädagogische Beratung: Berit Heintz (Deutscher Industrie­ und Handelskammertag), Roland Henke (Ministerialrat, Niedersächsisches Kultusministeri­ um), Edmund Kammerer (Leitender Ministerialrat a. D., Unternehmens­ sprecher), Prof. Dr. Helmut Keim (Europäische Fachhochschule Brühl), Siegmut Keller (Ministerial­ rat, Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden­Württemberg), Jeanette Klauza (Deutscher Gewerk­ schaftsbund), Wolfgang Oppel (Berufsbildungsexperte), Detlef Schlüpen (Projektmanagement) Verlag: Eduversum GmbH, Wiesbaden Redaktion: Frauke Hagemann, Katja Rieger Redaktionsschluss: Juli 2015 Texte: Christian Becker Fotos: Adidas AG (Seite 6), AKG­Ima­ ges (Seiten 4, 5), Bayer Schering Pharma AG (Seite 6), Toby Binder (Seiten 30, 32), BMAS (Seite 4), Corbis (Titel, Seite 24), Fotolia (Seiten 6, 8, 10, 12, 14, 16, 39), Otto Bock Health­ Care (Seite 6), THM, BliZ Gießen/F. H. Papenmeier, Schwerte (Seite 22), Picture­alliance/dpa (Seite 5), Presse­ und Informationsamt der Bundesregierung (Seite 5), privat (Seiten 3, 39), Stock photo/kupicoo (Seite 36), Ullstein (Seite 5), Werner Sobek Group GmbH (Seite 6) Illustrationen: Carina Görissen (Seite 18), Thomas Plaßmann (Seiten 9, 21), Katja Schönfelder (Seiten 26, 28, 32, 34), Tobias Wenz (Seite 20) Gestaltung: schoen:mueller GmbH, Wiesbaden Druck: Konradin Druck GmbH, Leinfelden­Echterdingen Schüler schreiben für Schüler Wie gestalte ich mein späteres Berufsleben? Welche Herausforderungen kommen auf mich zu? Welche Chancen habe ich, und wie kann ich sie ergreifen? Karoline und Leon von der AlbertEinstein-Schule in Maintal haben sich mit diesen Fragen beschäftigt, sich bei Gleichaltrigen umge hört und ihre Ergebnisse auf den Seiten 38 und 39 zusammengestellt. Barrierefreie PDF-Datei: Verlags­ gesellschaft Weinmann, Filderstadt Alle Rechte vorbehalten. Schulen können Exemplare in begrenztem Umfang beim Verlag kostenlos anfordern. Internet und E-Mail: www.sozialpolitik.com redaktion @ sozialpolitik.com 3 Soziale Sicherung Meilensteine der Sozialpolitik Im Zeitalter der Industrialisierung in Deutschland mussten viele Menschen unter katastrophalen Bedingungen arbeiten. Wenn sie ihre Arbeit verloren, krank oder zu alt wurden, waren sie auf ihre Familien oder auf sich selbst angewiesen und meist bitterarm. Sozialen Schutz gab es nicht. Doch dann begannen die Arbeiter, gegen ihre elende Situation zu protestieren und sich zu organisieren. 1863 1878 KAMPF GEGEN DIE NOT DER ARBEITER DAS SOZIALISTENGESETZ Während der Industriellen Revolution veränderten sich die Arbeits­ Unter dem damals regierenden Kaiser Wilhelm I. war eine Demokratie und Lebensbedingungen in Europa rapide. Viele Menschen mussten nach heutigen Maßstäben unvorstellbar. Reichskanzler Otto Fürst von täglich bis zu 13 Stunden oder noch länger in dunklen, überfüllten, Bismarck (1815 bis 1898) sah in der neu entstandenen Arbeiterbewegung lauten Fabrikhallen und ungesicherten Bergwerken arbeiten. Sie eine Bedrohung für den Staat. Das von Bismarck im Jahr 1878 vorgeschla­ kannten weder Arbeits­ noch Kündigungsschutz, Hygienevorschrif­ gene Sozialistengesetz verbot „Vereine, welche durch sozialdemokratische, ten oder eine soziale Absicherung. Die Löhne sozialistische oder kommunistische Bestrebungen reichten kaum für das tägliche Brot. den Umsturz der bestehenden Staats­ und Häufig war Kinderarbeit für das Über­ Gesellschaftsordnung bezwecken“. leben der Familien notwendig. Um gemeinsam gegen die miserablen Arbeitsbedingungen zu kämpfen, DAS SOZIAL VERSICHERUNGSSYSTEM ENTSTEHT schlossen sich die Arbeiter in Vereinen zusammen. Daraus entwickelten sich Ende des 19. Jahrhunderts soziale Ver­ 1881 eine, Gewerkschaften und Parteien. Der Sozialist Ferdinand Lassalle (1825 bis 1864, siehe Bild) gründete im Jahr 1863 den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein. Reichskanzler Bismarck setzte aber nicht nur auf Verbote. Er erkannte auch, dass die sozialen Probleme auf Dauer nur durch staatliche Rege­ lungen gelöst werden konnten. Daher forderte er am 17. November 1881 mit der „Kaiserlichen Botschaft“ den deutschen Reichstag auf, Gesetze zum Schutz der Arbeiter gegen Krankheit, Unfall, Invalidität und zur Versorgung im Alter zu beschließen, genannt Bismarcksche Sozialgesetze. Dieses Datum gilt als Geburtsstunde der deutschen Sozialversicherung. 1919 WEIMARER REICHSVERFASSUNG Am 19. Januar 1919 wurde zum ersten Mal in der deutschen Geschichte eine verfas­ sunggebende Nationalversammlung in freier, gleicher, geheimer und direkter Wahl ge­ wählt. Neben den klassischen Menschen­ und Freiheitsrechten wurden auch soziale Grundrechte in die Verfassung aufgenommen. Auf einen vorübergehenden Wirtschafts­ aufschwung folgte im Jahr 1929 die Weltwirtschaftskrise. Firmenzusammenbrüche, Zwangsversteigerungen, Inflation, Massenarbeitslosigkeit und rapide sinkende Löhne waren die Folgen. Am 27. März 1930 zerbrach die große Koalition unter dem sozial­ demokratischen Reichskanzler Hermann Müller, weil sie sich nicht über die Finan­ zierung der Arbeitslosenversicherung einigen konnte. Angst, Hoffnungslosigkeit und radikale Versprechungen trieben die Wähler in die Arme der Nationalsozialisten. 4 1933 Geklickt GLEICHSCHRITT IM DRITTEN REICH Internetseite des Bundesministeri­ ums für Arbeit und Soziales mit Bildern und Dokumenten zur Deut­ schen Sozialgeschichte und einem interaktiven „ZeitenKlicker“ www.in-die-zukunft-gedacht.de Die Nationalsozialisten lösten nach ihrer Macht­ übernahme im Jahr 1933 die Gewerkschaften auf. Mit ihrer Menschen verachtenden Weltanschau­ ung unterwarfen sie den Staat, die Wirtschaft und Meilensteine der Sozialgeschichte umfassend dargestellt – mit zusätzlichen Fragebögen www.sozialpolitik.com/ sozialgeschichte die Gesellschaft vollständig ihren Kriegszielen. Arbeitsplätze wurden vor allem in der Rüstungs­ industrie zur Vorbereitung des Krieges geschaf­ fen. Im Zuge der so genannten Gleichschaltung Arbeitsmaterialien in der Sozial­ politik­Materialdatenbank www.sozialpolitik.com/materialien bauten sie den gesamten Staatsapparat um und schafften die Selbstverwaltung in den Sozial­ versicherungen ab. 1990 WIEDERVEREINIGUNG DEUTSCHLANDS Die friedliche Revolution der ostdeutschen Bürger im November 1989 führte zum Ende der DDR. Am 1. Juli 1990 trat der Staatsvertrag zur Währungs­, Wirt­ schafts­ und Sozialunion in Kraft. Am 3. Oktober war 1949 GETRENNTE WEGE Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Sozialversi­ cherungen im geteilten Deutschland wieder aufgebaut. In der Bundesrepublik wurde das dezentral gegliederte, aus verschiedenen Sozialversicherungen bestehende System erneuert. In der DDR wurden die Sozialversiche­ rungen in eine zentral gelenkte Einheitsversicherung umgewandelt. Deutschland wieder vereint. Das ostdeutsche Sozial­ system wurde durch das westdeutsche System der Sozialversicherung ersetzt. Die Wiedervereinigung wurde über allgemeine Steuereinnahmen (speziell 2003 DIE „AGENDA 2010“ den Solidaritätszuschlag), Staatsschulden und Mittel aus der Sozialversicherung finanziert. • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Soziale Sicherung • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Sozialpolitik im Wandel • Arbeitsblatt: Sozialpolitik im Jahr 2015 • Arbeitsblatt und Schaubild: Demografischer Wandel – Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt • Arbeitsblatt und Schaubild: Demografischer Wandel – Auswirkungen auf die Gesellschaft • Hintergrundinformationen: Demografischer Wandel Durch den demografischen Wandel und eine wirtschaftli­ che Krise gerieten die Sozialversicherungen unter Druck: Immer weniger Menschen zahlten Sozialbeiträge ein, gleichzeitig erhielten immer mehr Versicherte immer länger soziale Leistungen. Um das System zu stabilisie­ ren, schuf die Bundesregierung eine wichtige Grundlage: die „Agenda 2010“. Dieses Bündel von Gesetzen wurde von 2003 bis 2005 umgesetzt und umfasste einen grund­ legenden Umbau des Arbeitsmarktes sowie Veränderun­ /////////////////////////////// Gefragt Arbeiten Sie für jeden Meilen­ stein ein zentrales Kennzei­ chen der Sozialpolitik heraus, und stellen Sie Ihre Ergebnisse in einem Zeitstrahl dar. /////////////////////////////// gen bei der Kranken­ und Rentenversicherung. Es führte dazu, dass die Menschen sich nicht mehr allein auf die Sozialversicherungen verlassen können und mehr Eigen­ 2007 leistung nötig ist. Vor allem bei der Rente ist es wichtig, FINANZ- UND WIRTSCHAFTSKRISE Im Jahr 2007 erfasste eine Finanz­ und Wirtschafts­ krise erst die USA und dann Europa. Die Eurokrise ab 2009, in deren Folge mehrere EU­Länder aufgrund ihrer Verschuldung nahezu zahlungsunfähig wurden, zusätzlich individuell vorzusorgen und Geld für das Alter anzulegen. 2015 KONSOLIDIERUNG UND STEIGENDE ERWERBSTÄTIGKEIT überstand Deutschland vergleichsweise gut. Die Bun­ Viele europäische Länder leiden immer noch unter den Auswirkungen der Wirtschafts­ und Finanzkrise. desregierung stützte die Banken und gab privaten In Deutschland hingegen boomt der Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenzahlen sind auf einem historischen Anlegern Garantien für ihre Guthaben. Mit umfang­ Tiefststand, die der Erwerbstätigen auf einem Höchststand. Dennoch gibt es auch Probleme: reichen Konjunkturprogrammen wie der „Abwrack­ Die öffentlichen Haushalte sind verschuldet, einzelne Branchen leiden unter einem Fach­ prämie“ und Entlastungen für Steuerzahler wurde die kräftemangel, an Geringqualifizierten und Langzeitarbeitslosen geht der Auf­ Wirtschaft wieder angekurbelt. schwung vorbei, Geringverdiener müssen ihren Lohn aufstocken oder mehrere Jobs annehmen. Die Bundesregierung versucht, diesen Ent­ wicklungen unter anderem mit einem gesetzlichen Mindestlohn, mehr Un­ terstützung für berufstätige Eltern, Hilfen für Kinder aus bedürftigen Familien sowie Qualifizierungsmaß­ nahmen für Ausbildungsplatz­ und Arbeitsuchende entgegenzuwirken. 5 Soziale Gerechtigkeit 1897 1953 1961 1997 2011 1897 Das Aspirin von Felix Hoffmann 1953 Der Schraubstollenschuh von Adi Dassler 1961 Die Pille von der Bayer Schering Pharma AG 1987 Das MP3-Format vom Fraunhofer Institut 1997 Das C-Leg von Otto Bock, Healthcare GmbH 2011 Das Effizienzhaus Plus von Werner Sobek 1987 „Made in Germany“ hat nicht nur Deutschland verändert, sondern die Welt! Soziale Marktwirtschaft „Deutschland besitzt ein Erfolgsmodell für eine langfristig ökonomisch und sozial nachhaltige Entwicklung: das Modell der sozialen Marktwirtschaft. […] Fairer Wettbewerb, die Effizienz der Märkte nutzen sowie eine gerechte Einbettung in soziale und ökologische Rahmenbedingungen sind in der Marktwirtschaft keine Gegensätze, sondern Prinzipien, die sich ergänzen und unsere Gesellschaft produktiver und lebenswerter machen.“ Rede von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel im Deutschen Bundestag am 13. Februar 2014, www.bundestag.de Wohlstand für alle! Wirtschaftliche Leistung, Wettbewerb, sozialer Ausgleich Ludwig Erhard, Bundeswirtschaftsminister Soziale Marktwirtschaft heißt: Die wirt­ Arbeitswahl oder Konsum­ und Gewerbe­ von 1949 bis 1963, hatte ein politisches Ziel: schaftliche Freiheit des Einzelnen soll mit freiheit müssen gewährleistet sein. Auf der Wohlstand für alle. Er setzte die von dem den sozialen Bedürfnissen der Allgemeinheit anderen Seite muss der Staat für einen sozia­ Ökonomen Alfred Müller­Armack entwickel­ in Einklang gebracht werden. Auf der einen len Ausgleich sorgen, damit Einkommen und te Idee der sozialen Marktwirtschaft politisch Seite muss es daher einen freien Wettbe­ Vermögen innerhalb der Bevölkerung nicht um. Daran orientiert sich die deutsche werb geben, in dem alle Unternehmen die zu ungleich verteilt sind und möglichst viele Wirtschaftspolitik bis heute. In einer sozialen gleichen Chancen haben, ihre Produkte und Menschen Arbeit haben. Zugleich sollen die Marktwirtschaft ist jeder Einzelne nicht nur Dienstleistungen zu verkaufen. Auch das Bürger gegen die größten Lebensrisiken wie auf seine individuelle Leistungsfähigkeit Privateigentum muss geschützt werden, und Arbeitslosigkeit, Krankheit, Pflegebedürftig­ angewiesen, sondern kann in Notsituationen Wirtschaftsfreiheiten wie freie Berufs­ und keit und Alter abgesichert sein. auch mit der Unterstützung der Allgemein­ heit rechnen. 6 Geklickt Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung mit zahlrei­ chen Publikationen zur sozialen Marktwirtschaft www.bpb.de Arbeitsmaterialien in der Sozial­ politik­Materialdatenbank www.sozialpolitik.com/materialien • Arbeitsblatt: Soziale Markt­ wirtschaft (Fragebogen zur Ergebnissicherung) • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Soziale Gerechtigkeit • Arbeitsblatt und Schaubild: Marktwirtschaft: frei oder sozial? • Arbeitsblatt: Mobilität und soziale Sicherheit in Europa • Schaubild: Soziale Sicherheit in Europa: Beispiel Alterssicherung Gesetze zur sozialen Absicherung Folgende gesetzliche Regelungen und Angebote helfen den Menschen, ihre Freiheitsrechte zu sichern, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen und einen angemessenen Lebensstandard zu erreichen: • Die Sozialversicherungen helfen in Notlagen wie • Im Betriebsverfassungsgesetz ist festgelegt, dass Arbeitslosigkeit, Krankheit, Pflegebedürftigkeit, nach Arbeitnehmer und Auszubildende in vielen Fragen einem Unfall oder im Alter. Die Sozialversicherun­ ein Recht auf Mitbestimmung im Betrieb haben gen werden aus Beiträgen der Arbeitnehmer und der (siehe Seite 18). Arbeitgeber finanziert (siehe Seite 8). • Die Steuergesetze legen fest, wofür und in welcher Höhe Steuern gezahlt werden müssen. Mit den Steuereinnahmen finanziert der Staat unter ande­ • Der Kündigungsschutz gibt Arbeitnehmern Sicher­ morgen entlassen werden (siehe Seite 19). • Der Arbeitsschutz sichert Arbeitnehmer gegen Gefahren ab und schützt sie vor arbeitsbedingten Arbeitslosengeld II und Wohngeld (siehe Seite 34). Krankheiten (siehe Seite 29). • Öffentliche Bildungseinrichtungen und -finanzie- Löhne und soll den Arbeitnehmern ermöglichen, von rungen sollen allen Menschen die gleichen Start­ ihrer Arbeit leben zu können (siehe Seite 21). chancen ermöglichen, vom Kindergarten bis zur • Die Tarifautonomie sichert das Recht von Arbeitneh­ mern und Arbeitgebern, Arbeitsbedingungen und Lohn Gefragt Stellen Sie die sozialen und die freiheitlichen Ziele der sozialen Marktwirtschaft ein­ ander in einer Tabelle gegen­ über. heit. So darf niemand willkürlich von heute auf rem soziale Leistungen wie Kindergeld, Elterngeld, • Der gesetzliche Mindestlohn verhindert zu niedrige /////////////////////////////// Diskutieren Sie in der Lern­ gruppe folgendes Zitat von Ludwig Erhard: „Je freier die Wirtschaft, umso sozialer ist sie auch.“ /////////////////////////////// Berufsausbildung oder zum Hochschulabschluss (siehe Seiten 10, 14 und 22 bis 25). ohne staatlichen Eingriff zu regeln (siehe Seite 20). Herausforderungen im 21. Jahrhundert Soziale Gerechtigkeit bedeutet, dass alle Menschen an­ künftige Finanzierung der sozialen Absicherung. Die nähernd gleiche Chancen haben, am gesellschaftlichen Bevölkerung wird zunehmend älter, und immer mehr Leben teilzunehmen. Bildung ist ein wichtiges Mittel, Rentner stehen weniger Berufstätigen gegenüber, die in um soziale Ausgrenzung und Armut zu verhindern. die Sozialversicherungen einzahlen. Die Zuwanderung Arbeit, die ein ausreichendes eigenes Einkommen von qualifizierten Menschen aus anderen Ländern kann ermöglicht, ist die Basis, um persönliche Ziele verwirk­ die Folgen dieses demografischen Wandels mindern, lichen und unabhängig leben zu können. Zur Chancen­ aber nicht stoppen. Wichtig ist außerdem, dass die gleichheit gehört auch, dass Menschen mit und ohne Zuwanderer sich gut in die Gesellschaft integrieren Behinderung von Anfang an gemeinsam lernen, arbei­ können. ten und leben können. Aufgabe des Sozialstaats ist es, in der Schule, am Arbeitsplatz und im Wohnumfeld die Auch der Klimawandel, knappe Ressourcen und das Voraussetzungen dafür zu schaffen. stärkere ökologische Bewusstsein der Verbraucher verändern unsere Wirtschaft und Gesellschaft. Deshalb Zu den großen Zukunftsaufgaben in Deutschland muss sich die soziale Marktwirtschaft immer mehr zu zählen der Abbau von Staatsschulden, die Bekämpfung einer ökologisch­sozialen Marktwirtschaft entwickeln, von Langzeitarbeitslosigkeit und Armut, der Umgang die den Schutz der Umwelt in ihre Wirtschaftsabläufe mit den Auswirkungen der Globalisierung sowie die einbezieht. 7 Sozialversicherung im Überblick Sicherheit im Sozialstaat „Soziale Sicherheit ist nicht nur für die Reichen da. Nur wenn auch die Unterschicht soziale Sicherheit real verfügbar hat, kann man von Sicherheit als der neuen Freiheit sprechen. […] Der Staat ist zentral für die soziale Gerechtigkeit. Ohne angemessene Mindestlöhne und gut ausgestattete soziale Sicherungs- und Förderungsnetze kann es keine soziale Sicherheit und auch keine Förderung der Chancengleichheit geben.“ Nils Heisterhagen, Politikwissenschaftler: Ist Sicherheit die neue Freiheit? In: Zeit-Online, www.zeit.de, 22. Juni 2014 Einer für alle, alle für einen steigen. Ein längerer Arbeitsausfall oder gar stützung in Notlagen erhalten, damit ihr dauerhafte Pflegebedürftigkeit würden bei Existenzminimum gesichert ist. Dieses Wer erwachsen und gesund ist und eine vielen die Existenz gefährden, wenn sie keine soziale Sicherungssystem wird solidarisch Vollzeitarbeitsstelle hat, ist in der Regel Unterstützung bekämen. finanziert, also von allen Versicherten gemeinsam. Es besteht aus verschiedenen nicht auf staatliche oder sonstige Unterstüt­ zung angewiesen. Doch durch eine längere Deutschland ist ein Sozialstaat, das bedeutet: Zweigen: der Kranken­, Unfall­, Renten­, oder gar chronische Krankheit, einen Unfall Ziel der Politik und Gesetzgebung ist es, für Arbeitslosen­ und Pflegeversicherung. oder Arbeitslosigkeit kann sich das schnell soziale Gerechtigkeit und soziale Absiche­ In diese Sozialversicherungen zahlen die ändern. Jeder kann in eine solche Notlage rung gegen die größten Lebensrisiken zu Arbeitnehmer und Arbeitgeber regelmäßig geraten. Schon ein Krankenhausaufent­ sorgen. Das heißt, alle Bürger, egal welcher Beiträge ein. Die Versicherten erhalten halt mit Operation würde die finanziellen Herkunft, sollen gleiche Chancen auf Bildung, Leistungen, sobald sie Bedarf oder Anspruch Möglichkeiten der meisten Bürger über­ Gesundheit und Wohlstand haben und Unter­ haben. Die fünf Zweige der Sozialversicherung KRANKENVERSICHERUNG UNFALL­ VERSICHERUNG RENTEN­ VERSICHERUNG* ARBEITSLOSEN­ VERSICHERUNG PFLEGE­ VERSICHERUNG Träger: gesetzliche Krankenkassen Träger: Berufsgenossen­ schaften, Unfallkassen Träger: Deutsche Rentenversicherung Träger: Bundesagentur für Arbeit Träger: Pflegekassen der Krankenkassen Leistungen: Gesundheitsvorsorge, notwendige medizinische Hilfe, Krankengeld Leistungen: Unfallverhütung, Hilfen/Entschädigung bei Arbeitsunfällen/Berufskrankheiten Leistungen: Alters­ rente, Rente bei Erwerbsminderung, Hinterbliebenenrente, Rehabilitation Leistungen: Unter­ stützung bei Integration in den Arbeitsmarkt, Arbeitslosengeld Leistungen: Pflegegeld, Sachleistungen, Grundpflege und hauswirt­ schaftliche Versorgung Beiträge 2015: 14,6 Prozent des Bruttolohns, Arbeitgeber 7,3, Arbeitnehmer 7,3 Beiträge 2015: unterschiedlich je nach Träger, werden vom Arbeitgeber allein finanziert Beiträge 2015: 18,7 Prozent des Bruttolohns, Arbeit­ geber und Arbeit­ nehmer je 9,35 Beiträge 2015: 3,0 Prozent des Bruttolohns, Arbeitgeber und Arbeitnehmer je 1,5 Beiträge 2015: 2,35 Prozent des Bruttolohns, Arbeit­ geber und Arbeit­ nehmer je 1,175** mehr Infos auf den Seiten 26 und 27 mehr Infos auf den Seiten 28 und 29 mehr Infos auf den Seiten 30 bis 33 mehr Infos auf den Seiten 34 und 35 mehr Infos auf den Seiten 36 und 37 seit 1883 seit 1884 * ursprünglich: Invaliditäts­ und Altersversicherung ** abweichende Regelung in Sachsen 8 seit 1889 seit 1927 seit 1995 Quelle: eigene Darstellung Geklickt RECHT AUF SOZIALE SICHERHEIT „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“ „Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muss den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen.“ Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 20 und 28 „Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit und Anspruch darauf, durch inner­ staatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit sowie unter Berücksichtigung der Organisation und der Mittel jedes Staates in den Genuss der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind.“ „Jeder hat Pflichten gegenüber der Gemeinschaft, in der allein die freie und volle Entwicklung seiner Persön­ lichkeit möglich ist.“ Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948, Artikel 22 und 29, Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen Prinzipien der Sozialversicherung • Das Prinzip der Versicherungspflicht Einnahmen und Ausgaben der Sozialversicherung Per Gesetz wird bestimmt, wer versicherungspflich­ Wie und in welchem Ausmaß die sozialen Sicherungs­ tig ist und damit unter dem Schutz der Sozialver­ systeme funktionieren, hängt entscheidend davon sicherung steht. Wer in einem Arbeitsverhältnis ab, wie viele Menschen in die Sozialversicherungen steht oder eine Ausbildung macht, ist in der Regel einzahlen und welche Leistungen für wie viele automatisch Mitglied der Sozialversicherung. Daher Empfänger bezahlt werden müssen. Sinkt die Zahl zahlen in Deutschland etwa 90 Prozent der Bevölke­ der Beitragszahler und steigt die Zahl der Empfänger rung in die Sozialversicherungssysteme ein. aufgrund des demografischen Wandels oder infolge • Das Prinzip der Beitragsfinanzierung Die Sozialversicherungen werden überwiegend von wirtschaftlichen Krisen, hat der Sozialstaat drei Möglichkeiten: durch Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziert. Die Höhe der Beiträge orientiert sich am 1. Er kann die Beiträge für diejenigen erhöhen, die in Bruttogehalt des Arbeitnehmers. Bei der Renten­, die Sozialversicherungen einzahlen müssen. Arbeitslosen­, Kranken­ und Pflegeversicherung ist 2. Er kann die Sozialversicherungen durch Steuerein­ der Beitragssatz gesetzlich festgelegt. nahmen bezuschussen. • Das Prinzip der Solidarität Unabhängig von der Höhe der eingezahlten Beiträge ist jeder durch die Sozialversicherungen abgesichert. Mit diesem solidarischen Ansatz wird ein Ausgleich geschaffen zwischen Gesunden und 3. Er kann die Leistungen für die Empfänger kürzen. Umgekehrt können in wirtschaftlich guten Jahren Beiträge und Steuern gesenkt oder Leistungen erhöht werden. Kranken, Erwerbstätigen und Arbeitslosen, Jungen Internetseite der Deutschen Sozial­ versicherung mit einer detaillierten Darstellung der Grundlagen und der einzelnen Zweige der Sozialver­ sicherung www.deutschesozialversicherung.de Arbeitsmaterialien in der Sozial­ politik­Materialdatenbank www.sozialpolitik.com/materialien • Arbeitsblatt: Sicherheit im Sozialstaat (Fragebogen zur Ergebnissicherung) • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Sozialversicherung im Überblick • Arbeitsblatt und Schaubild: Demografischer Wandel – Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt • Arbeitsblatt und Schaubild: Demografischer Wandel – Auswirkungen auf die Gesellschaft • Hintergrundinformationen: Demografischer Wandel /////////////////////////////// Gefragt Erklären Sie mithilfe des Textes die Prinzipien „Solida­ rität“ und „Versicherungs­ pflicht“. Diskutieren Sie ihre Bedeutung für den Sozialstaat. Interpretieren Sie die Karika­ tur. Erklären Sie in eigenen Worten, auf welche gesell­ schaftliche Entwicklung der Karikaturist anspielt. und Alten, Singles und Familien. /////////////////////////////// • Das Prinzip der Äquivalenz Äquivalenz bedeutet Gleichwertigkeit. Das heißt, die Höhe der Leistungen richtet sich nach der Höhe und Dauer der Einzahlungen. Dieses Prinzip gilt für die Rente und bedingt für das Arbeitslosengeld, nicht für die übrigen Sozialversicherungen. • Das Prinzip der Selbstverwaltung Die Sozialversicherungen werden unter Aufsicht des Staates von so genannten Trägern verwaltet, zum Beispiel die Krankenversicherung von den Krankenkassen. Diese Träger sind organisatorisch und finanziell selbstständig. Arbeitnehmer, Arbeit­ geber und Staat sind an ihnen jeweils zu einem Drittel beteiligt. • Das Prinzip der Freizügigkeit Jeder Bürger der Europäischen Union kann in einem Mitgliedsstaat seiner Wahl leben und arbeiten. Er genießt dort vergleichbare soziale Grundrechte unabhängig von seinem Herkunftsland (Charta der Grundrechte der Europäischen Union). Quelle: Deutsche Sozialversicherung, www.deutsche-sozialversicherung.de Zeichnung: Thomas Plaßmann, 2007 9 Armut und Reichtum Chancen für alle schaffen „Wir haben einen von Jahr zu Jahr wachsenden volkswirtschaftlichen Reichtum in dieser Gesellschaft. Nur er verteilt sich sehr ungleich. Es ist mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass die Zuwächse vor allen Dingen bei den ohnehin schon sehr Vermögenden landen. […] Und die Tendenz dieser Spaltung steigt. Das heißt, es kommt prozentual betrachtet […] immer weniger bei denen, die es bräuchten, an.“ Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer Paritätischer Wohlfahrtsverband, im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur, www.dradio.de, 18. April 2015 Ziel der Sozialpolitik: Teilhabe für alle Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes hatten rund 16,1 Prozent Kinderarmut – ein Startplatz in der hinteren Reihe der Menschen in Deutschland im Jahr 2013 weniger als 60 Prozent Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien haben ein des Durchschnittseinkommens zur Verfügung. Sie gelten als „armuts­ erhöhtes Risiko, körperlich oder seelisch krank zu werden. Sie er­ gefährdet“. In Deutschland liegt die Armutsgefährdungsgrenze für reichen häufiger gar keine oder niedrigere Schulabschlüsse als Kinder Alleinlebende bei weniger als 979 Euro Nettoeinkommen (nach Abzug aus finanziell besser gestellten Familien und müssen als Erwachsene von Steuern und Sozialabgaben) im Monat, für Familien mit zwei häufiger mit Arbeitslosigkeit rechnen – ein Teufelskreis. Kindern bei weniger als 2.056 Euro im Monat. Besonders gefährdet sind arbeitslose, alleinerziehende und alleinlebende Menschen. Auch Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit lebten im Dezember 2014 Migranten und Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen sind rund 1,6 Millionen Kinder unter 15 Jahren in Haushalten, die Arbeits­ überdurchschnittlich häufig betroffen. Mit wachsender Kinderzahl losengeld II in Anspruch nehmen mussten. Schlimmer als der Mangel steigt das Armutsrisiko. an Geld wirken sich die sozialen Folgen der Armut aus: das Gefühl, mit den anderen nicht mithalten zu können, und der Frust über die Bildung und Beschäftigung vermeiden Armut geringeren Möglichkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Alle Menschen sollen am wirtschaftlichen und sozialen Leben teilha­ seit dem Jahr 2011 Kinder und Jugendliche, deren Eltern Arbeits­ ben können. Das soziale Netz soll Menschen in Not auffangen. Zu die­ losengeld II oder Sozialgeld, Sozialhilfe, den Kinderzuschlag oder sem sozialen Netz gehören zum Beispiel das Arbeitslosengeld II, auch Wohngeld beziehen. Ziel ist es, den Kindern und Jugendlichen über Hartz IV genannt, oder die Grundsicherung im Alter und die Unterstützung Zuschüsse und Kostenerstattungen bessere Lebens­, Bildungs­ und armer Familien. Armut soll sich nicht vererben. Der Weg zur Armutsver­ Entwicklungschancen zu bieten. meidung ist mehr Bildung und Beschäftigung. Daher ist es ein vorrangi­ ges Ziel der Bundesregierung, Erwerbslose wieder in Arbeit zu bringen. 10 Mit dem so genannten Bildungspaket unterstützt die Bundesregierung Geklickt Aktuelles zum Thema Armut von der Bundeszentrale für politische Bildung und den Landeszentralen für politische Bildung www.politische-bildung.de/ armut_in_deutschland.html Arbeitsmaterialien in der Sozial­ politik­Materialdatenbank www.sozialpolitik.com/materialien • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Armut und Reichtum • Arbeitsblatt und Schaubild: Kinder­ und Jugendarmut in Deutschland • Arbeitsblatt und Schaubild: Wachsende Kluft zwischen Arm und Reich • Arbeitsblatt und Schaubild: Maßnahmen der Jugendhilfe • Arbeitsblatt und Schaubild: Bürgerschaftliches Engagement Gewählt Bürgertelefon zum Bildungspaket (0 30) 2 21 91 10 09 Montag bis Donnerstag 8 bis 20 Uhr Armut in Deutschland und weltweit /////////////////////////////// Nach Angaben des vierten Armuts­ und Reichtumsbe­ entstehen. Die Folge sind große Wanderungsbewegun­ richts der Bundesregierung aus dem Jahr 2013 besitzen gen aus den ärmeren in die reicheren Länder. die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung über die Hälfte der Vermögen in Deutschland, während die Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind derzeit ärmere Hälfte der Bevölkerung lediglich über gut ein über 50 Millionen Menschen auf der Flucht vor Armut, Prozent verfügt. Aufgabe der Politik ist es, Rahmenbe­ Krieg und Verfolgung. Das ist der höchste Wert seit dingungen für soziale Aufstiegsmöglichkeiten zu schaf­ dem Zweiten Weltkrieg. Auch Deutschland ist als wohl­ fen und dafür zu sorgen, dass sich die Schere zwischen habendes und sicheres Land ein begehrtes Ziel. Im Jahr Arm und Reich nicht weiter öffnet. 2014 gab es mehr als 200.000 Asylanträge in Deutsch­ land, für 2015 erwartet das Bundesamt für Migration Im weltweiten Vergleich zählt Deutschland dennoch und Flüchtlinge viermal so viele. Um den Menschen in zu den reichen Ländern. Die Einkommensunterschiede ihren Herkunftsländern bessere Lebensbedingungen zu zwischen Industrie­ und Entwicklungsländern sind ermöglichen, müssen vor allem der Zugang zu Bildung groß. Die absolute Armut ist zwar insgesamt weltweit und die Infrastruktur verbessert werden. Gefragt Erläutern Sie mithilfe des Schaubilds den Zusammen­ hang von Armut und Entwick­ lungschancen von Kindern. Begründen Sie, ob man Ihrer Meinung nach von einer wachsenden sozialen Ungleichheit sprechen kann. Nutzen Sie dazu auch die Materialien bei www.sozialpolitik.com. /////////////////////////////// leicht gesunken, und es gibt in vielen Regionen soziale Fortschritte wie steigende Lebenserwartung, sinkende Ziel von Entwicklungspolitik ist es, die Entwicklungs­ Kindersterblichkeit und höhere Einschulungsquoten. länder politisch und wirtschaftlich zu fördern. Nur so Einkommen und Vermögen sind in diesen Ländern werden die Menschen in den ärmeren Ländern in die jedoch immer noch sehr ungleich verteilt. Aus den Lage versetzt, sich selbst zu helfen und ein besseres daraus resultierenden Konflikten können Bürgerkriege Leben aufzubauen. ABSOLUTE UND RELATIVE ARMUT Absolute Armut bezeichnet das Leben am Rande des Existenzminimums. Sie wird daher auch als existen­ zielle Armut bezeichnet. Menschen in absoluter Armut haben kaum Zugang zu lebenswichtigen Gütern wie Nahrung und Trinkwasser. Sie kämpfen tagtäglich ums Überleben. Absolute Armut betrifft in erster Linie Menschen in Entwicklungsländern und ist in Deutschland ausgeschlossen, wenn die staatlichen Hilfen in Anspruch genommen werden. Nach Angaben der Vereinten Nationen lebt ein Mensch in absoluter Armut, wenn er weniger als 1,25 Dollar pro Tag verdient, das ist rund ein Euro. In Industrieländern wird Armut zumeist als relative Armut definiert. In relativer Armut leben Menschen, die ein deutlich geringeres Einkommen als der Durchschnitt der Bevölkerung haben. Sie wird daher auch Einkommensarmut genannt. Relative Armut bezieht sich aber nicht nur auf die finanziellen Mittel, sondern auch auf die Möglichkeiten, an Bildung, Gesundheit und dem gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. 11 Berufsorientierung Arbeitswelt im Umbruch „Einmal bei Krupp, immer bei Krupp!“ Dieser Leitspruch gilt schon lange nicht mehr. Die moderne Arbeitswelt verlangt von den Arbeitnehmern heute eine gute Ausbildung, Flexibilität und die Bereitschaft zum lebensbegleitenden Lernen. Aber auch die Anforderungen an die Arbeitgeber sind gestiegen: Sie müssen im Wettbewerb um die begehrten Fachkräfte umdenken und ihren Mitarbeitern neben einer guten Bezahlung passende Arbeitsbedingungen und Weiterbildungs ­ möglichkeiten bieten. Berufsbiografie früher und heute Fachkräfte gesucht! Vor rund 50 Jahren war der Berufsweg oft­ Grundsätzlich haben sich die Startbedingun­ Wirtschaftsexperten warnen angesichts mals vorgegeben. Viele Kinder traten in die gen für Schulabgänger in den vergangenen dieser Zahlen vor einem Fachkräftemangel in Fußstapfen ihrer Eltern. Wer in einem Betrieb Jahren verbessert. Das Verhältnis zwischen Deutschland, der sich bereits heute in einigen Fuß gefasst hatte, konnte sich seines Arbeits­ angebotenen Ausbildungsplätzen und Bewer­ Branchen bemerkbar macht. platzes in der Regel sicher sein. bern ist ausgeglichener geworden. Dennoch gibt es Probleme: Nach wie vor können Die Bundesregierung hat daher verschiedene Heutige Lebensläufe sind viel häufiger von viele Jugendliche, vor allem mit niedrigem Maßnahmen beschlossen, um zusätzliche Brüchen, aber auch von neuen Chancen Schulabschluss oder aus strukturschwachen Fachkräfte zu gewinnen. Arbeitnehmer sollen geprägt: Praktika, Zeiten der Arbeitslosigkeit Gegenden, kaum eine passende Ausbildungs­ die Möglichkeit haben, sich kontinuierlich oder Selbstständigkeit, befristete Beschäf­ stelle in ihrer Region finden. Gleichzeitig weiterzubilden. Die Gesundheit älterer tigungsverhältnisse, Elternzeiten, Teilzeit, werden viele Ausbildungsplätze nicht besetzt, Arbeitnehmer soll gefördert werden, damit Arbeitsplatzwechsel, Umorientierung und weil Unternehmen keine qualifizierten sie länger arbeiten und ihre Erfahrungen und erneutes Durchstarten kennzeichnen das Bewerber finden oder weil die Ausbildungs­ Fähigkeiten einbringen können. Die Verein­ Berufsleben. Viele Menschen – vor allem berufe für die Jugendlichen nicht attraktiv barkeit von Familie und Beruf soll weiter ver­ junge – wollen verschiedene Berufe und Bran­ erscheinen (siehe Schaubild auf Seite 14). bessert werden, damit vor allem Frauen mit qualifizierter Ausbildung arbeiten können. chen kennen lernen, bevor sie sich festlegen. 12 Voraussetzung dafür ist jedoch ein erfolg­ Bis zum Jahr 2025 wird es laut Bundesagen­ Bildungsangebote für Kinder im Vorschulalter reicher Schul­ oder Ausbildungsabschluss. tur für Arbeit rund sechs Millionen weniger sollen ausgebaut werden, und die Zahl der Erwerbstätige in Deutschland geben. Gesucht Schulabgänger ohne Abschluss soll sinken. werden vor allem Fachkräfte, also Menschen Außerdem sollen qualifizierte Fachkräfte mit mindestens einer abgeschlossenen aus dem Ausland besser integriert und deren Berufsausbildung oder einem gleichwertigen Bildungsabschlüsse und Zeugnisse leichter Abschluss. anerkannt werden. Geklickt Portal zur Gewinnung von Fach­ kräften für den Arbeitsmarkt www.fachkraefte-offensive.de Index Gute Arbeit, Report des Deutschen Gewerkschaftsbundes http://index-gute-arbeit.dgb.de Job­Lexikon mit Begriffserläute ­ rungen rund um das Thema Berufs­ welt www.sozialpolitik.com/lexikon Arbeitsmaterialien in der Sozial­ politik­Materialdatenbank www.sozialpolitik.com/materialien • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Berufsorientierung • Arbeitsblatt und Schaubild: Arbeitswelt im Wandel • Arbeitsblatt: Lernen und Arbeiten in Europa • Arbeitsblatt: Frauenerwerbs­ tätigenquote • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Gleichberechtigung Arbeit verändert sich Wir sind auf dem Weg in die Wissensgesellschaft und in eine digitale Ökonomie. Gleichzeitig erleben die vier tradi­ tionellen Hochtechnologiebranchen (Automobilbau, Maschinen­ und Anlagenbau, chemische Industrie, Elektrotech­ nik) einen Boom. Aber auch Dienstleistungen, die sich direkt an Menschen richten, zum Beispiel im Bildungswesen und im Gesundheitsbereich, werden immer wichtiger. Noch ist offen, wie dieser Strukturwandel unsere Arbeit verändern wird. Die Digitalisierung und Vernetzung in Fabriken und Büros nimmt zu. Neue Berufe und flexible Arbeitszeiten sind die Folge. Jobs mit einem hohen Routinegrad fallen hingegen durch die Automatisierung zu­ nehmend weg. Selbstständiges Denken und lebensbegleitendes Lernen bestimmen die Arbeitswelt der Zukunft. Das kommt vielen Arbeitnehmern entgegen, erhöht aber häufig auch den psychischen Druck. Laut Stressreport 2012 der Bundes­ anstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin werden vor allem folgende Faktoren als belastend empfunden: Termin­ und Leistungsdruck, häufige Unterbrechungen und Störungen der Arbeit sowie die Anforderung, mehrere /////////////////////////////// Gefragt Stellen Sie die Zukunft der Arbeit in Form einer Mindmap dar. Sammeln Sie Begriffe zu verschiedenen Bereichen, zum Beispiel: Arbeitsumfeld, Sicherheit, Perspektiven, Familie. /////////////////////////////// Aufgaben gleichzeitig erledigen zu müssen. Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie von Bund, Ländern und Unfallversicherungsträgern setzt sich deshalb nicht mehr nur für die Sicherheit am Arbeitsplatz, sondern auch für die psychische Gesundheit von Arbeitnehmern ein. Der Arbeitnehmer von morgen ... Chancen • hat sein Büro mit Notebook und Herausforderungen • Arbeitgeber und Kunden. Smartphone immer dabei. • ist höher qualifiziert, da viele einfache • hat mehrere Arbeitgeber und arbeitet • • • • arbeitet vernetzt mit internationalen Unternehmen in unterschiedlichen Projekten. muss sich intensiver privat um seine Alterssicherung kümmern. Home­Office­Zeiten. • ist selbst für mehr Weiterbildung und soziale Absicherung verantwortlich. verbindet Familien­ und Berufsleben durch flexible Arbeitsverhältnisse und ist ohne qualifizierten Schulabschluss und Ausbildung häufiger arbeitslos. abwechselnd Vollzeit, Teilzeit, befristet oder selbstständig. muss sich auf immer wieder wechselnde Arbeits­ und Lebensumstände einstellen. Arbeiten von Maschinen ausgeführt werden. • ist ständig erreichbar für seine • braucht zunehmend soziale und interkulturelle Kompetenzen. Quelle: eigene Darstellung 13 Berufswahl Auf dem Weg ins Berufsleben „Bei der Berufswahl spielt unter anderem das Wissen über Berufe eine Rolle. Darüber hinaus beeinflussen Berichte und Einschätzungen des direkten Umfeldes, also die der Eltern, Freunde oder Lehrer, die Wahl. Und auch das Image des Berufs ist ausschlaggebend – kaufmännische Berufe stehen da in der Regel recht gut da. […] Zunächst sollte man sein Wissen über den Beruf mit der Realität abgleichen. Stimmt die Vorstellung über den Beruf mit dem überein, was in der Ausbildung tatsächlich auf einen wartet? Dazu ist es hilfreich, sich ausführlich mit Menschen zu unterhalten, die in diesem Beruf tätig sind. Darüber hinaus ist ein Praktikum ratsam.“ Bärbel Orphal, Berufsberaterin bei der Agentur für Arbeit Berlin Mitte, Interview in: Abi­Magazin, 25. August 2014, www.abimagazin.de, gekürzt und sprachlich leicht bearbeitet Nachwuchskräfte gesucht Eine solche Initiativbewerbung kann sich lohnen. Die nächste Anlaufstelle bei der Anforderungen und Bewerbungsfristen. Auf Auf dem Arbeitsmarkt werden alle jungen Ausbildungsplatzsuche ist die kostenlose Antrag gewährt die Arbeitsagentur finanzielle Menschen gebraucht. Ein Schulabschluss ist Berufsberatung der örtlichen Arbeitsagentur. Unterstützung, zum Beispiel mit Zuschüssen eine wichtige Voraussetzung, aber auch Ver­ Die Berufsberater wissen, wo es vor Ort offene zu Reise­, Bewerbungs­ und Umzugskosten lässlichkeit, Zielorientierung, Teamfähigkeit Stellen gibt, und haben einen Überblick über oder der einkommensabhängigen Berufsaus­ oder Flexibilität sind wichtig. Wer sich auf die den bundesweiten Ausbildungsmarkt. bildungsbeihilfe. Sie informieren außerdem über die jeweiligen gewünschte Ausbildung gut vorbereitet und bereit ist, dafür in eine andere Stadt zu zie­ hen, erhöht seine Chancen. Wenn es trotzdem nicht auf Anhieb klappt, kann man immer noch seinen Berufswunsch überdenken und einen Ausbildungsplatz in einer anderen, ähnlichen Branche finden. Dazu gehört, dass MEHR STELLEN ALS BEWERBER: MEHR BEWERBER ALS STELLEN: Ausbildungsberufe mit einem hohen Anteil an unbesetzten Ausbildungsplätzen Ausbildungsberufe mit einem hohen Anteil an erfolglosen Bewerbern • Restaurantfachmann/­frau: 34,4 Prozent • Gestalter/­in für visuelles Marketing: 49,5 Prozent schlechtsuntypischen Berufen erkundigt: also • Fachverkäufer/­in im Lebensmittelhandwerk: 30,0 Prozent • Tierpfleger/­in: 48,7 Prozent Mädchen nach technischen, mathematischen • Klempner/­in: 28,2 Prozent und naturwissenschaftlichen und Jungen • Sport­ und Fitnesskaufmann/­frau: 34,1 Prozent • Fleischer/­in: 27,4 Prozent • Mediengestalter/­in Digital und Print: 31,0 Prozent nach sozialen und pflegerischen Berufen. • Fachmann/­frau für Systemgastronomie: 27,0 Prozent man sich je nach Interesse auch nach eher ge­ Generell gilt: Als Erstes sollte man selbst aktiv werden und spätestens ein Jahr vor Schulab­ schluss in Stellenbörsen nach einem Ausbil­ dungsplatz suchen. Eine zweite Möglichkeit ist, direkt bei vorherigen Praktikumsbetrieben und anderen Arbeitgebern anzufragen. 14 ANGEBOT UND NACHFRAGE AUF DEM AUSBILDUNGSMARKT • Bäcker/­in: 25,9 Prozent • Drogist/­in: 23,8 Prozent • Mediengestalter/­in Bild und Ton: 44,0 Prozent • Fotograf/­in: 31,0 Prozent • Informations­ und Telekommunikationssystem­ Elektroniker/­in: 27,5 Prozent • Tierwirt/­in: 22,2 Prozent • Tiermedizinische/­r Fachangestellte/­r: 27,4 Prozent • Koch/Köchin: 19,7 Prozent • Veranstaltungskaufmann/­frau: 26,4 Prozent • Gebäudereiniger/­in: 18,8 Prozent • Biologielaborant/­in: 25,0 Prozent Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Berufsbildungsbericht 2015, Seiten 56 und 57 Geklickt Berufsinformationen der Bunde s­ agentur für Arbeit www.berufenet.arbeitsagentur.de/ berufe www.planet-beruf.de Ausbildungsreport 2014 der DGB­ Jugend www.jugend.dgb.de/ausbildung Job­Lexikon mit Begriffserläute ­ rungen rund um das Thema Berufswelt www.sozialpolitik.com/lexikon Arbeitsmaterialien in der Sozial­ politik­Materialdatenbank www.sozialpolitik.com/materialien Viele Wege führen zum Ziel Ausbildung ohne Betrieb Mit der Berufseinstiegsbegleitung bietet die Bundes­ Wenn es überhaupt nicht mit dem Ausbildungsplatz agentur für Arbeit noch vor dem Schulabschluss über klappen will, ist eine Berufsausbildung in einer außer­ einen längeren Zeitraum individuelle Unterstützung, betrieblichen Einrichtung eine Alternative. Dabei damit der Übergang von der Schule in die Ausbildung arbeiten die Auszubildenden nicht in einem Betrieb, besser gelingt. Dieses Bildungsangebot richtet sich vor sondern in außerbetrieblichen Einrichtungen bei allem an förderungsbedürftige Jugendliche an allge­ Bildungsträgern. Hier lernen sie praktische Tätigkeiten, meinbildenden Schulen. die für den Beruf wichtig sind, und wenden diese in mehrwöchigen Betriebspraktika an. Wer den Abschluss nicht oder nur mit einem schlechten Durchschnitt geschafft hat, kann seine Chancen durch Auch der Besuch einer Berufsfachschule kann sich ein Berufsvorbereitungsjahr verbessern. Oft entwickeln lohnen. Die einjährige Grundausbildung kann bei einer die Teilnehmer erst im Laufe der einjährigen Schulzeit entsprechenden betrieblichen Ausbildung angerechnet einen konkreten Berufswunsch, denn im Rahmen des werden. Zweijährige Schulausbildungen bieten die Mög­ Berufsvorbereitungsjahrs werden praktische und theo­ lichkeit, einen höheren Schulabschluss nachzuholen. retische Grundqualifikationen vermittelt. Darüber hinaus gibt es Berufsfachschulausbildungen, die zu einem Berufsabschluss führen, etwa im Bereich Die Einstiegsqualifizierung für Jugendliche ist ein der Hauswirtschaft oder der Erziehung. ausbildungsvorbereitendes Praktikum, das bis zu einem Jahr dauert und als Brücke in die Berufsausbildung dienen soll. Es endet mit einem anerkannten Zertifikat und kann auf eine spätere Berufsausbildung angerech­ net werden. Im Rahmen einer Assistierten Ausbildung werden FREIWILLIGES ENGAGEMENT benachteiligte junge Menschen auch während der be­ Beim Jugendfreiwilligendienst (Freiwilliges Sozi­ trieblichen Ausbildung gefördert und beim Lernen oder ales oder Ökologisches Jahr) können sich junge bei der Vorbereitung auf Prüfungen und Bewerbungsge­ Menschen bis zum 27. Lebensjahr ehrenamtlich spräche gezielt unterstützt. einsetzen. Der Bundesfreiwilligendienst (früher: • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Berufswahl • Arbeitsblatt: Pflegeberufe • Arbeitsblatt: Abi und dann: Studium oder Ausbildung? • Arbeitsblatt und Schaubild: Praktikum: Sprungbrett oder Ausbeutung? • Arbeitsblatt und Schaubild: Jobben in den Ferien Gewählt Bürgertelefon zur Arbeitsmarkt­ politik und Arbeitsförderung (0 30) 2 21 91 10 03 Montag bis Donnerstag 8 bis 20 Uhr /////////////////////////////// Gefragt Wählen Sie einen Ausbil­ dungsberuf. Informieren Sie sich im Internet über Anforde­ rungen, Inhalte und Entwick­ lungsmöglichkeiten dieses Berufs. Fassen Sie Ihre Ergeb­ nisse zusammen, indem Sie eine Stellenanzeige für Ihre Regionalzeitung formulieren. Teilen Sie sich in Gruppen auf, und formulieren Sie ein Bewerbungsschreiben für eine Anzeige Ihrer Mitschüler. Werten Sie gemeinsam aus: Wem soll Ihrer Meinung nach ein Vorstellungsgespräch angeboten werden? /////////////////////////////// Zivildienst) steht allen – auch älteren – Menschen offen. Die Freiwilligendienste dauern sechs Mo­ nate bis maximal zwei Jahre. Die Sozialversiche­ rungsbeiträge übernimmt die jeweilige Einsatz­ stelle. Für die Freiwilligen gibt es ein Taschengeld von maximal 363 Euro, und sie bekommen zum Abschluss ein qualifiziertes Zeugnis. 15 Berufseinstieg Von Anfang an versichert Von der Schule in die Ausbildung: Für Jugendliche ist das ein großer Schritt mit vielen Veränderungen. Als Schüler war man noch bei den Eltern mitversichert. Als Auszubildender ist man nun automatisch Mitglied in der Sozialversicherung und erlebt zum ersten Mal, was das konkret bedeutet. Geteilte Kosten Eine sinnvolle Pflicht Vom ersten Tag der Ausbildung an besteht Die Mitgliedschaft in der gesetzlichen So­ Wenn man seinen Arbeitsplatz verliert, hat Sozialversicherungsschutz. Der ist zwar nicht zialversicherung ist aus mehreren Gründen man Anspruch auf Arbeitslosengeld. Dafür kostenlos, aber die Arbeitnehmer müssen eine sinnvolle Pflicht: Man beteiligt sich mit meldet man sich spätestens am ersten Tag ihre Beiträge für die Arbeitslosen­, Kranken­, Beiträgen, die sich am eigenen Leistungs­ der Beschäftigungslosigkeit, frühestens Pflege­ und Rentenversicherung nicht allein vermögen orientieren, am Solidarprinzip drei Monate im Vorfeld, persönlich bei finanzieren. Arbeitgeber und Arbeitnehmer („Einer für alle, alle für einen“, siehe Seite der örtlichen Arbeitsagentur. Wer die Frist teilen sich die Beiträge jeweils zur Hälfte. 8/9). Dadurch ist man automatisch auch versäumt, muss mit einer Sperrzeit von einer Eventuelle Zusatzbeiträge der Krankenkasse selbst gegen die größten Lebensrisiken wie Woche rechnen und erhält in dieser Zeit kein muss der versicherte Arbeitnehmer selbst Krankheit, Unfälle, Pflegebedürftigkeit, Alter Arbeitslosengeld. tragen. Die Beiträge für die Unfallversiche­ und Arbeitslosigkeit abgesichert. rung übernimmt allein der Arbeitgeber. 16 Neben den gesetzlichen Sozialversicherun­ Die Krankenkasse, über die man kran­ gen gibt es auch eine Vielzahl von privaten Die Arbeitnehmeranteile werden direkt vom ken­ und pflegeversichert ist, kann man Versicherungen. Die Versicherungsgesell­ Lohn abgezogen. Der Arbeitgeber überweist sich selbst aussuchen und muss sie dem schaften werben mit zahlreichen Produkten das Geld zusammen mit seinem Anteil an die Arbeitgeber nennen. Wichtige Kriterien für um junge Kunden. Verbraucherschützer Sozialversicherungsträger. Wenn man nicht die Auswahl sind beispielsweise der Umfang halten für Berufseinsteiger nur drei private mehr als 325 Euro brutto im Monat verdient, der Leistungen, spezielle Wahltarife oder Prä­ Vorsorgeformen für sinnvoll: eine Haftpflicht­ zahlt der Arbeitgeber die Sozialabgaben so­ mien für gesundheitsbewusstes Verhalten. versicherung, eine Berufsunfähigkeitsver­ gar allein. Wer den Ausbildungsplatz verliert, Mit den Beiträgen zur Rentenversicherung sicherung und eine private Altersvorsorge etwa weil die Firma schließt, oder wer später erwirbt man den Anspruch auf eine spätere (siehe Seite 33). einmal arbeitslos wird, ist weiter versichert. Rente. Bei einem Arbeits­ oder Wegeunfall In diesem Fall übernimmt die Bundesagentur erhält man Rentenleistungen der Unfall­ und für Arbeit die Beiträge. gegebenenfalls auch der Rentenversicherung. Ausbildungsstart: Darum muss man sich selbst kümmern Darum kümmert sich der Arbeitgeber • Dem Arbeitgeber die persönliche Identifikations­ • Zur Sozialversicherung anmelden: Der Arbeitgeber nummer, abgekürzt Steuer­ID, Geburtsdatum und muss seine Arbeitnehmer und Auszubildenden bei Religionszugehörigkeit mitteilen. der Unfall-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung • Eine Bescheinigung vom Arzt einholen, sofern man melden. Die Beiträge für die Sozialversicherung nicht volljährig ist. Den Berechtigungsschein für eine werden automatisch vom Gehalt abgezogen. kostenlose ärztliche Untersuchung kann man bei der • Sozialversicherungsausweis beantragen: Jeder Gemeinde­ oder Stadtverwaltung beantragen. Arbeitnehmer erhält eine persönliche Sozialversiche­ • Eine Krankenkasse aussuchen, Angebote verglei­ rungsnummer, abgekürzt SV­Nummer, die er das chen. Damit fällt auch die Entscheidung für eine ganze Leben lang behält. Der Sozialversicherungs­ ausweis wird ihm per Post zugeschickt. Pflegekasse. • Ein Gehaltsgirokonto bei einer Bank oder Sparkasse • Steuern abführen: Wenn Lohnsteuer anfällt, zahlt der einrichten. Ausbildungsbetrieb diese an das Finanzamt, ebenso • Sich über die Rechte und Pflichten von Auszubilden­ den Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer. • Ausbilder stellen, Ausbildungsinhalte festlegen und den informieren. • Sich über staatliche Fördermöglichkeiten informieren und gegebenenfalls einen Antrag stellen, zum Beispiel für Wohngeld oder Umzugskosten. überprüfen. • Ansprechpartner benennen, zum Beispiel Jugend­ und Auszubildendenvertretung, Betriebsrat, • Den Arbeitgeber nach vermögenswirksamen Geklickt Übersicht des Bundesinstituts für Berufliche Bildung mit Informati­ onsquellen für Jugendliche zum Thema Aus­ und Weiterbildung www.bibb.de Job­Lexikon mit Begriffserläute ­ rungen rund um das Thema Berufswelt www.sozialpolitik.com/lexikon Arbeitsmaterialien in der Sozial­ politik­Materialdatenbank www.sozialpolitik.com/materialien • Arbeitsblatt: Von Anfang an versichert (Fragebogen zur Ergebnissicherung) • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Berufseinstieg • Arbeitsblatt: Abi und dann: Studium oder Ausbildung? • Arbeitsblatt und Schaubild: Entwicklung der Sozialversiche ­ rungsbeiträge • Arbeitsblatt und Schaubild: Sozialversicherung im Überblick Gleichstellungsbeauftragte, Behindertenbeauftragte. Leistungen und betrieblicher Altersvorsorge fragen. • In die Sicherheitsvorschriften des Betriebs einweisen. /////////////////////////////// IM AUSBILDUNGSVERTRAG MÜSSEN STEHEN: • Name und Anschrift der Vertragspartner • Höhe der Ausbildungsvergütung • Art der Ausbildung • Dauer des Jahresurlaubs • Beginn und Dauer der Ausbildung • Voraussetzungen für die Kündigung • Ziel der Ausbildung • Hinweis auf geltende Tarifverträge, Betriebs­ • Pflichten des Ausbildenden • Pflichten des Auszubildenden • Arbeitszeit oder Dienstvereinbarungen • Datum und Unterschrift der Vertragspartner Musterverträge zum Herunterladen gibt es bei www.dihk.de > Themenfelder > Aus­ und Weiterbildung > Ausbildung > Ausbildungspolitik > Service. Gefragt Berechnen Sie ausgehend von einem Bruttogehalt von 610 Euro die Höhe der Sozialabgaben und den monat­ lichen Nettoverdienst. Stellen Sie diesem Nettover­ dienst in einer Tabelle Ihre festen monatlichen Ausgaben, zum Beispiel für Kleidung, Handy oder Freizeitgestaltung, gegenüber. Überprüfen Sie, ob Sie Geld übrig hätten, um zum Beispiel die Miete für eine eigene Wohnung bezahlen zu können. /////////////////////////////// 17 Arbeitsrecht 1 Was Arbeitnehmer beschäftigt Die Jugend- und Auszubildendenvertretung im Betrieb, abgekürzt JAV, schaut auf die Ausbildungsqualität und prüft, ob Gesetze und Tarifverträge eingehalten werden. Auch die Übernahme nach der Ausbildung ist ein wichtiges Thema. Eric Leiderer, ehemaliger Bundesjugendsekretär der IG Metall, sagt: „Für Auszubildende haben wir sie in der Stahlindustrie und der Metall- und Elektroindustrie tarifvertraglich durchgesetzt. Die JAV-Gremien in den Betrieben waren maßgeblich an diesem Erfolg beteiligt.“ IG Metall Jugend: „Ohne JAV läuft es einfach nicht“, www.igmetall.de, 16. September 2014, gekürzt und sprachlich leicht bearbeitet Die Jugend- und Auszubildendenvertretung Betriebsräte: Arbeitnehmer bestimmen mit Auszubildende sind keine billigen Hilfskräfte, sondern haben Wenn in einem Unternehmen mindestens fünf Arbeitnehmer das Recht auf eine Ausbildung unter genau festgelegten ständig beschäftigt sind, kann ein Betriebsrat gegründet werden. Bedingungen. Bei Schwierigkeiten sollten sie zunächst mit Dieser vertritt die Interessen der Belegschaft und kann Einfluss dem Ausbilder oder der Jugend­ und Auszubildendenvertre­ auf die Arbeitsplatzgestaltung nehmen. Das Betriebsverfas­ tung, abgekürzt JAV, im Betrieb sprechen. Die JAV achtet sungsgesetz regelt die Rechte des Betriebsrats: darauf, dass die für Jugendliche und Auszubildende relevanten Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen im • In sozialen Angelegenheiten hat er ein Mitbestimmungs- Unternehmen eingehalten werden. Sie informiert auch darü­ recht, zum Beispiel bei betriebsspezifischen Arbeitszeit­ oder ber, was im Betrieb geschieht, welche Projekte anstehen oder Urlaubsregelungen oder in Fragen des Arbeitsschutzes. Das wie sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens entwi­ heißt, der Arbeitgeber kann nur mit Zustimmung des Betriebs­ ckelt. In die JAV dürfen sich Auszubildende und Arbeitnehmer rats entscheiden. bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres wählen lassen. Die JAV arbeitet eng mit dem Betriebsrat zusammen. Wenn es • Bei personellen Angelegenheiten wie Einstellungen, Verset­ keine solche Interessenvertretung gibt, können Auszubildende zungen oder Kündigungen hat er ein Mitwirkungsrecht, zum sich auch an die Ausbildungsberater der zuständigen Beispiel bei der Erstellung eines Sozialplans. Das heißt, er Industrie­ und Handelskammer wenden. kann den Entscheidungen des Arbeitgebers widersprechen. • In wirtschaftlichen Angelegenheiten hat er lediglich ein Informationsrecht. Das heißt, er muss informiert werden, zum Beispiel über Investitionsentscheidungen oder Betriebs­ änderungen. Bei größeren Unternehmen mit Niederlassungen in mehreren europäischen Ländern vertritt ein Europäischer Betriebsrat, abgekürzt EBR, die Interessen der Arbeitnehmer. In größeren Aktiengesellschaften und Organisationen sind die Arbeitneh­ mer zusätzlich im Aufsichtsrat vertreten, der den Vorstand kontrolliert. Deutschland hat im europäischen Vergleich sehr viele Mitbestimmungsrechte. 18 Rechte und Pflichten von Auszubildenden Geklickt AUSZUBILDENDE ... … erhalten eine angemessene Ausbildungsvergü­ tung, auch während des Berufsschulunterrichts. … sind verpflichtet, am Berufsschulunterricht teilzunehmen. … erlernen alle für das Ausbildungsziel erforder ­ lichen Fertigkeiten und Kenntnisse. … sollen alles erlernen, was wichtig für den Beruf ist. … bekommen nur Aufgaben übertragen, die dem Ausbildungszweck dienen. … müssen den Anweisungen des Ausbilders folgen und die Betriebsordnung einhalten. … sollen alle Aufgaben sorgfältig ausführen. … erhalten kostenlose Ausbildungsmittel, Werkzeuge und Werkstoffe, die für die Ausbildung und Prüfungen erforderlich sind. … sind verpflichtet, über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu schweigen. … werden über Arbeitsschutzmaßnahmen informiert. … müssen Werkzeuge, Maschinen und sonstige Einrichtungen pfleglich behandeln. … werden freigestellt, wenn Berufsschulunterricht, Prüfungen oder andere Ausbildungsmaßnahmen anstehen. … erhalten ein Zeugnis mit Angabe der Art, Dauer und dem Ziel der Ausbildung sowie über die erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse. … sind verpflichtet, den Arbeitsschutz einzuhalten. … sind verpflichtet, Fehlstunden zu melden und bei Krankheit ein ärztliches Attest vorzulegen. Informationen der Hans­Böckler­ Stiftung rund um das Thema Arbeitsrecht www.boeckler.de Job­Lexikon mit Begriffserläute ­ rungen rund um das Thema Berufswelt www.sozialpolitik.com/lexikon Arbeitsmaterialien in der Sozial­ politik­Materialdatenbank www.sozialpolitik.com/materialien • Arbeitsblatt: Was Arbeitnehmer beschäftigt (Fragebogen zur Ergebnissicherung) • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Arbeitsrecht • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Betriebliche Mitbestimmung Gewählt RECHTE PFLICHTEN Bürgertelefon zum Arbeitsrecht (0 30) 2 21 91 10 04 Montag bis Donnerstag 8 bis 20 Uhr Wenn Auszubildende während ihrer Ausbildung am Arbeitsort in Konflikte geraten, vertreten Betriebs­ räte oder die Jugend- und Auszubildendenvertretung ihre Interessen. Bei der zuständigen Industrie- und Handelskammer gibt es Ausbildungsberater und einen Schlichtungsausschuss. Quelle: eigene Darstellung, nach: Bundesagentur für Arbeit Kündigungsschutz: Sicherheit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber Ausbildungsvergütung – mit und ohne Tarifbindung Der Kündigungsschutz bewahrt Arbeitnehmer vor Ausbildungsvergütungen sollen nach dem Berufsbil­ willkürlichen und sozial ungerechten Entlassungen. dungsgesetz „angemessen“ sein und einen fühlbaren Arbeitgebern bietet er ebenfalls Sicherheit, denn auch Beitrag zum Lebensunterhalt leisten. Sie sollen mit die Mitarbeiter müssen sich an die gesetzlich geregel­ fortschreitender Berufsausbildung ansteigen und das ten Fristen und Formalitäten halten. Fristlose Kündi­ Alter der Auszubildenden berücksichtigen. gungen können nur bei groben Verstößen wie Arbeits­ /////////////////////////////// Gefragt Lisas Arbeitgeber setzt seine Auszubildenden immer wie­ der für Tätigkeiten ein, die mit ihrer Ausbildung nichts zu tun haben. Lisa hat Sorge, dass sie ihre Abschlussprüfung des­ halb nicht schafft. Listen Sie mithilfe des Textes verweigerung, Beleidigungen, sexueller Belästigung Für viele Ausbildungsberufe gelten Tarifverträge, die Lisas Handlungsmöglichkeiten oder unpünktlichen Gehaltszahlungen ausgesprochen zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaf­ auf, und bewerten Sie Vor­ und werden. Gegen eine Kündigung kann vor dem Arbeits­ ten geschlossen wurden (siehe nächstes Kapitel). Nachteile. gericht geklagt werden. In diesen Verträgen wird auch die Höhe der Ausbil­ dungsvergütung geregelt. Die tariflichen Regelungen Für Auszubildende besteht ein besonderer Kündi­ fallen je nach Region, Branche und Ausbildungsjahr gungsschutz, ebenso für Schwangere und Mütter bis unterschiedlich aus. /////////////////////////////// vier Monate nach der Entbindung, schwerbehinderte Menschen, freiwillig Wehrdienstleistende und Arbeit­ Ausbildungsbetriebe, die nicht tarifgebunden sind, sol­ nehmer in Eltern­ oder Pflegezeit. len sich an diesen Regelungen orientieren. Sie können jederzeit mehr bezahlen, dürfen den Tarif jedoch nicht weit unterschreiten. Es gibt eine gesetzliche Unter­ ARBEITSRECHT Das Individualarbeitsrecht regelt das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Hier finden sich Gesetze zu Arbeitsbedingungen, bei­ spielsweise zur Arbeitszeit, zur Kündigung, zum grenze von 80 Prozent der tariflichen Vergütung in der betreffenden Branche und Region. Auszubildende kön­ nen sich bei den Gewerkschaften über die tariflichen Regelungen informieren und mit dem Arbeitgeber verhandeln. Entgelt oder zum Urlaub. Das kollektive Arbeits­ recht umfasst Gesetze, welche die Arbeitnehmer als Gruppe angehen, zum Beispiel Fragen zur Mit­ bestimmung, zu Betriebsvereinbarungen oder zu Lohnvereinbarungen im Tarifvertrag. 19 Arbeitsrecht 2 Arbeitnehmer bestimmen mit „Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften regeln gemeinsam die Arbeitsbedingungen, ohne dass der Staat darauf unmittelbar Einfluss nimmt. […] Das Prinzip der Sozialpartnerschaft – der Wille zu einvernehmlichen Lösungen – ermöglicht Stabilität und sozialen Frieden, gestaltet soziale Gerechtigkeit und trägt maßgeblich zu Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand bei.“ Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, www.arbeitgeber.de/www/arbeitgeber.nsf/id/DE_Soziale_Marktwirtschaft, Stand: Juni 2014 Tarifautonomie und Sozialpartnerschaft Tarifautonomie im Wandel Arbeitnehmer können ihre Interessen ge­ jeden Betrieb in der betreffenden Branche meinsam vertreten, indem sie eine Gewerk­ gültig. Der Arbeitgeber muss sich in der Regel schaft bilden. Gleiches gilt für Arbeitgeber, die nur dann an den Tarifvertrag halten, wenn er sich in einem Arbeitgeberverband organisie­ entweder Mitglied im Arbeitgeberverband ist ren können. Diese so genannte Koalitionsfrei­ oder selbst einen Firmentarifvertrag verein­ wir wollen freie Wirtschaftler sein! heit wird vom Grundgesetz Artikel 9 Absatz 3 bart hat. Außerdem muss der Arbeitnehmer Fort die Gruppen – sei unser Panier! geschützt. In Deutschland gibt es eine lange Mitglied in der Gewerkschaft sein. Ist dies Na, ihr nicht. Aber wir. Tradition, dass Gewerkschaften und Arbeitge­ nicht der Fall, besteht nur dann ein Anspruch berverbände die Konflikte partnerschaftlich auf die tariflichen Rechte, wenn Arbeitgeber lösen. Man spricht daher auch von Sozialpart­ und Arbeitnehmer dies vereinbart haben. nerschaft. Von diesem Grundsatz gibt es eine Ausnah­ Tarifverträge sind nicht automatisch für me: Die zuständigen Bundes­ oder Landes­ Ihr sollt auf euern Direktor vertrauen. Ihr sollt die Schlichtungsausschüsse verlassen. Ihr sollt alles Weitere dem Chef überlassen. Kein Betriebsrat quatsche uns mehr herein, Ihr braucht keine Heime für eure Lungen, keine Renten und keine Versicherungen. Ihr solltet euch allesamt was schämen, von dem armen Staat noch Geld zu nehmen! Ihr sollt nicht mehr zusammenstehn – Die Sozialpartner verhandeln autonom, also ministerien können einen Tarifvertrag als wollt ihr wohl auseinandergehn! eigenständig. Der Staat darf ihnen dabei nicht allgemein verbindlich erklären. Keine Kartelle in unserm Revier! Ihr nicht. Aber wir. hineinreden. Dabei geht es vor allem um Tarife, also die Löhne, welche die Arbeitneh­ Das System der Tarifverträge ist in den mer von den Arbeitgebern bekommen. Um vergangenen beiden Jahrzehnten löchriger ihre Forderungen durchzusetzen, haben die geworden, da weniger Arbeitnehmer und gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer Arbeitgeber in Gewerkschaften und Arbeit­ das Recht zu streiken. Sie erhalten in dieser geberverbänden organisiert sind. Die Zahl Zeit für den wegfallenden Lohn ein Streikgeld der Beschäftigten mit Tarifvertrag ist bis zum von ihrer Gewerkschaft. Die Arbeitgeber kön­ Jahr 2013 stetig gesunken, erst im Jahr 2014 Gut organisiert sitzen wir hier – nen darauf mit Aussperrung reagieren und stieg sie wieder leicht an. Durch Minijobs, Ihr nicht. Aber wir. den ausgesperrten Arbeitnehmern für diese Leiharbeit oder befristete Arbeitsverträge Zeit ihren Lohn und den Zutritt zur Arbeits­ werden Betriebsratsgründungen erschwert. stelle verweigern. Ziel des Arbeitskampfes ist Je weniger Beschäftigte im Unternehmen es, zu einer Vereinbarung zu gelangen, die für sind, desto seltener ist eine Mitarbeiterver­ beide Seiten akzeptabel ist. tretung vorhanden. Dies betrifft vor allem den Dienstleistungsbereich. 20 Ihr sollt die verfluchten Tarife abbauen. Wir bilden bis in die weiteste Ferne Trusts, Kartelle, Verbände, Konzerne. Wir stehen neben den Hochofenflammen in Interessengemeinschaften fest zusammen. Wir diktieren die Preise und die Verträge – kein Schutzgesetz sei uns im Wege. Auszug aus Kurt Tucholskys Gedicht „Die freie Wirtschaft“, 1930 Geklickt Internetseiten des Deutschen Gewerkschaftsbundes und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände www.dgb.de www.arbeitgeber.de Job­Lexikon mit Begriffserläute ­ rungen rund um das Thema Berufswelt www.sozialpolitik.com/lexikon Arbeitsmaterialien in der Sozial­ politik­Materialdatenbank www.sozialpolitik.com/materialien • Arbeitsblatt, Schaubild und Hin­ tergrundinformationen: Arbeits­ recht • Arbeitsblatt: Tarifpolitik • Schaubild: So entsteht ein Tarif­ vertrag • Arbeitsblatt und Schaubild: Streik • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Der gesetzliche Mindestlohn • Arbeitsblatt und Schaubild: Zeit­ arbeit Mindestlohn /////////////////////////////// Seit dem 1. Januar 2015 gilt in Deutschland erstmals Ziel des gesetzlichen Mindestlohns ist es, das Einkom­ ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn. Bundesweit men von Geringverdienern zu verbessern und sie in erhalten alle Beschäftigen in sämtlichen Branchen die Lage zu versetzen, mit ihrer Arbeit ihren Lebens­ nun einen Lohn in Höhe von mindestens 8,50 Euro pro unterhalt bestreiten zu können. Gleichzeitig soll der Stunde. Dies gilt auch für so genannte Minijobber. Da­ Mindestlohn das Sozialversicherungssystem stärken, von ausgenommen sind lediglich Kinder und Jugendli­ da bei höheren Löhnen auch höhere Sozialbeiträge in che, Auszubildende, ehrenamtlich Tätige und unter die Sozialversicherungen eingezahlt werden. Kritiker bestimmten Umständen Praktikanten. Wer einen Lang­ des Mindestlohns sehen in dem Gesetz einen Eingriff zeitarbeitslosen einstellt, muss ihm in den ersten sechs in die Tarifautonomie. Viele Arbeitgeber befürchten, Monaten noch keinen Mindestlohn zahlen. Damit soll aufgrund der höheren Löhne nicht mehr wirtschaftlich die Beschäftigungsquote von Langzeitarbeitslosen arbeiten zu können und somit Beschäftigte entlassen erhöht werden. Darüber hinaus gibt es für einzelne zu müssen. Sie fordern weitere Ausnahmeregelungen. Branchen wie die Land­ und Forstwirtschaft und das Eine unabhängige Kommission mit Arbeitnehmer­ und Friseurhandwerk Übergangsregelungen bis Ende 2016, Arbeitergebervertretern berät alle zwei Jahre über die bevor der gesetzliche Mindestlohn dann auch hier zur Anpassung des Mindestlohns. Außerdem werden die Anwendung kommt. In anderen Branchen wird bereits wirtschaftlichen Auswirkungen des Mindestlohns heute gemäß Tarifvertrag ein höherer Mindestlohn als auf den Arbeitsmarkt regelmäßig beobachtet. Weitere 8,50 Euro gezahlt. Informationen zum Mindestlohn gibt es unter www.der-mindestlohn-wirkt.de. Gefragt Prüfen Sie, welche Aussagen in Tucholskys Gedicht „Freie Wirtschaft“ heute noch Gültig­ keit haben oder was sich ge­­ ändert hat. Entwerfen Sie eine neue Strophe aus der sozial­ politischen Sicht von heute. Geben Sie die im Schaubild dargestellten Schritte zum Tarifvertrag in eigenen Worten wieder. Begründen Sie, warum es manchmal sinnvoll sein kann, mit einem Vertragsab­ schluss zu warten und den Weg der Schlichtung oder des Streiks einzuschlagen. /////////////////////////////// Ohne Mindestlohn Zeichnung: Thomas Plaßmann, 2011 21 Gesellschaft für alle 1 Arbeiten mit Behinderung Frau W.* ist Sozialarbeiterin und stark sehbehindert. Sie arbeitet bei einem gemeinnützigen Träger. Aufgrund ihrer Sehbehinderung ist sie sowohl auf eine Arbeitsassistentin angewiesen, die ihr bei den verschiedenen Tätigkeiten während ihrer Arbeit zur Verfügung steht, als auch auf eine Arbeitsplatzausstattung, mit der sie als Sehbehinderte selbstständig am Computer arbeiten kann. Frau W. beantragte bei der Agentur für Arbeit eine technische Hilfsmittelausstattung und Arbeitsassistenz in Form eines Persönlichen Budgets. Das Persönliche Budget verschaffte ihr zum einen mehr Freiraum für die Organisation der Arbeitsassistenz und zum anderen Hilfsmittel an verschiedenen Standorten. Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Das Persönliche Budget für Menschen mit Behinderungen – Gute Beispiele aus der Praxis, Seite 55, gekürzt und sprachlich leicht bearbeitet. * Die im Text genannte Person stimmt nicht mit der abgebildeten Person überein. Berufsausbildung mit Behinderung Nach dem Berufsbildungsgesetz haben Jugendliche mit Behinderung grundsätzlich Anspruch auf eine reguläre Berufsausbildung. Wenn sie zusammen mit Jugendlichen ohne Behinderung ausgebildet werden, haben sie bessere Chancen, vom Betrieb übernommen und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt zu werden. Nach Angaben des Bundesinstituts für Berufsbildung bewertet etwa die Hälfte der Betriebe, die Jugendliche mit Behinderung ausbilden, ihre Erfahrungen als positiv. VON DER BEEINTRÄCHTIGUNG ZUR BEHINDERUNG Der Teilhabebericht der Bundesregierung unterscheidet zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und Menschen mit Behinde­ rungen. Menschen mit Beeinträchtigungen haben aufgrund von geistigen oder körperlichen Störungen zum Beispiel beim Sehen, Hören oder Gehen eine verminderte Leistungsfähigkeit. Aber erst wenn ihre Teilhabe an der Gesellschaft und am Arbeitsleben durch diese Störung und aufgrund ungünstiger Umweltfaktoren dauer­ Bei der Ausbildung für einen anerkannten Ausbildungsberuf werden haft eingeschränkt ist, spricht der Teilhabebericht von einer die besonderen Verhältnisse von Menschen mit Behinderung berück­ Behinderung. sichtigt. Dies gilt vor allem für Zeit und Aufbau der Ausbildung, Dauer der Prüfungszeiten, Zulassung von Hilfsmitteln und für Hilfeleistungen Dieser Definition liegt die Sichtweise zu Grunde, dass es normal wie Gebärdensprachdolmetscher. Wenn eine Regelausbildung wegen ist, verschieden zu sein, und dass Beeinträchtigungen Teil der einer Behinderung nicht möglich ist, kann ein so genannter Fach- menschlichen Vielfalt sind. Erst die Benachteiligung macht aus praktikerberuf erlernt werden. Dafür gibt es besondere Ausbildungs­ einer Beeinträchtigung eine Behinderung. Diese Sichtweise ermög­ regelungen. Für Jugendliche mit Lernschwierigkeiten werden zum Beispiel praktische Ausbildungs­ und Prüfungsinhalte stärker betont als theoretische. Umgekehrt können bei körperlichen Behinderungen bestimmte praktische Anteile weggelassen werden. 22 licht es, die individuelle Lebenssituation zu berücksichtigen und diejenigen Faktoren genauer in den Blick zu nehmen, die vom „Beeinträchtigt­Sein“ zum „Behindert­Werden“ führen. Gleiche Chancen Unterstützte Beschäftigung In Artikel 3 des Grundgesetzes heißt es: „Niemand darf Unterstützte Beschäftigung ist ein Angebot für Men­ wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ schen, die aufgrund ihrer Behinderung keine reguläre Außerdem gibt es ein spezielles Gesetz zur Gleichstel­ Berufsausbildung oder Berufsvorbereitungsmaßnahme lung von Menschen mit Behinderung. Damit sollen Dis­ machen können, aber auch keine speziellen Angebote kriminierungen beseitigt und ein selbstbestimmtes in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung Leben ermöglicht werden. So müssen zum Beispiel neue brauchen. Die Berufseinsteiger werden durch Beratung öffentliche Gebäude behindertengerecht geplant werden. unterstützt und bis zu zwei Jahre lang in einem Betrieb Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen sind qualifiziert. Diese Beschäftigung wird als Rehabilitati­ gesetzlich verpflichtet, wenigstens fünf Prozent der onsmaßnahme in der Regel von der Bundesagentur für Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen zu Arbeit finanziert. besetzen. Wer diese Quote nicht erfüllt, muss eine Abgabe zahlen. Mit dem Geld werden schwerbehinderte Menschen dabei unterstützt, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Beschäftigung zu finden. Das Sozial­ gesetzbuch Neuntes Buch, abgekürzt SGB IX, hat die Förderung der aktiven, selbstbestimmten und eigenver­ Persönliches Budget antwortlichen Teilhabe am Leben in der Gesellschaft Mit dem so genannten Persönlichen Budget können zum Ziel. Menschen mit Behinderung selbstbestimmt soziale Leistungen einkaufen und bezahlen, beispielsweise Die Bundesregierung plant außerdem ein Bundesteilha­ Fahrdienste oder Haushaltshilfen. Jüngere Menschen begesetz. Mithilfe des Gesetzes sollen sich die Leistun­ mit Behinderung, die volljährig werden, können das gen für Menschen mit Behinderung künftig stärker am Persönliche Budget auch nutzen, um beispielsweise persönlichen Bedarf orientieren. Menschen mit Behinde­ zuhause auszuziehen und in einer betreuten Wohnge­ rung und ihre Verbände werden in Arbeitsgruppen am meinschaft zu leben. Das Persönliche Budget ist frei­ Gesetzgebungsprozess beteiligt. willig: Als Experte in eigener Sache entscheidet jeder Geklickt Informationen des Bundesministe ­ riums für Arbeit und Soziales zur Teilhabe und zum Persönlichen Budget www.budget.bmas.de www.einfach-teilhaben.de www.gemeinsam-einfachmachen.de Arbeitsmaterialien in der Sozial­ politik­Materialdatenbank www.sozialpolitik.com/materialien • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Gesellschaft für alle • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Inklusion an Schulen • Arbeitsblatt: Inklusion – Politik für Menschen mit Behinderung • Schaubild: Inklusion: Behinde ­ rung in Zahlen Gewählt Bürgertelefon zum Thema Behin­ derung (0 30) 2 21 91 10 06 Montag bis Donnerstag 8 bis 20 Uhr Gebärdentelefon Zieladresse: gebaerdentelefon @ sip.bmas.buergerservice-bund.de Montag bis Donnerstag 8 bis 20 Uhr selbst, welche Maßnahmen für ihn persönlich hilfreich sind. Diese Wahlfreiheit fördert die Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderung. /////////////////////////////// Gefragt Erklären Sie in eigenen Wor­ ten die Begriffe „Beeinträchti­ gung“, „Behinderung“ und „Benachteiligung“. /////////////////////////////// 23 Gesellschaft für alle 2 Auf dem Weg zur inklusiven Schule „Gemeinsam in Vielfalt“: Das ist an der Gemeinschaftsgrundschule Wolperath-Schönau nicht nur Motto, es wird auch praktiziert. Von den zurzeit 194 Schülerinnen und Schülern, die hier unterrichtet werden, haben 24 einen ausgewiesenen sonderpädagogischen Förderbedarf. Die Schulleitung besteht aus einer Regelschullehrerin und einer Sonderpädagogin. Im Unterricht steht immer das individuelle Können im Vordergrund. Das bedeutet, dort anzusetzen, wo die Kinder stehen, damit sie ihre Potenzi­ ale gezielt entwickeln können. Während vier Kinder ein Würfelspiel spielen, rechnet ein anderes mithilfe von Mengenbildern und mit Unterstüt­ zung einer pädagogischen Mitarbeiterin konzentriert seine Aufgaben. Einige Kinder arbeiten an unterschiedlichen Arbeitsblättern, und wer mit seinen Aufgaben fertig ist, holt sein aktuelles Buch unter dem Tisch hervor und liest. Quelle: Jakob­Muth­Preis für inklusive Schule, Preisträger 2013/14, Stand Mai 2015, www.jakobmuthpreis.de, gekürzt und sprachlich leicht bearbeitet Die Idee der Inklusion Inklusion bedeutet die gemeinsame und vor allem gleichbe­ UN-KONVENTION ÜBER DIE RECHTE VON MENSCHEN MIT BEHINDERUNG rechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung Im März 2009 ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen (United am politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kultu­ Nations, abgekürzt UN) über die Rechte von Menschen mit Behinderung rellen Leben. Dazu zählen Arbeitswelt und Freizeit, aber natür­ in Deutschland in Kraft getreten. Die Bundesregierung hat sich zu dessen lich auch Erziehung und Bildung in Kindergarten, Schule, Einhaltung und Umsetzung verpflichtet. Menschen mit Behinderung sol­ Universität und Betrieb. Vielfalt und Unterschiedlichkeit der len in allen gesellschaftlichen Bereichen genauso am öffentlichen Leben Menschen werden in der Inklusion als Chance begriffen, von­ teilhaben können wie Menschen ohne Behinderung. Arbeit und Bildung einander zu lernen und zu profitieren, unabhängig von den Voraussetzungen, die ein Mensch mitbringt. Inklusion ist aber nicht nur eine Idee. Vielmehr ist sie mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung vom Dezember 2006 zu einer verbindlichen Richtlinie der Politik auf allen Ebenen geworden. 24 sind dabei zentrale Bereiche, welche die Bundesregierung mit dem Natio­ nalen Aktionsplan für mehr Teilhabe und Chancengleichheit fördern will. Teil des Aktionsplans ist die Inklusionsinitiative für Ausbildung und Beschäftigung. Ihr übergreifendes Ziel ist es, für das Potenzial und die Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung zu sensibilisieren und sie besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Weitere Informationen gibt es unter www.bmas.de. Inklusiver Unterricht Inklusion als Prozess Noch besuchen in Deutschland drei von vier Schülern Seit die Bundesregierung die UN­Konvention über die mit Förderbedarf spezielle Förderschulen. Ziel und Rechte von Menschen mit Behinderung unterzeichnet zugleich Forderung der UN­Konvention ist es jedoch, hat, ist der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit möglichst viele Kinder und Jugendliche mit und ohne Förderbedarf an den Regelschulen von rund 18 auf über Behinderung gemeinsam an Regelschulen zu unter­ 28 Prozent gestiegen. Da jedoch bei immer mehr Kin­ richten. Dazu müssen an den Regelschulen entspre­ dern und Jugendlichen ein Förderbedarf festgestellt chende Voraussetzungen geschaffen werden: Lehrkräf­ wird, ist die absolute Zahl der Schüler, die an Förder­ te müssen mit Blick auf die Anforderungen des inklusi­ schulen unterrichtet werden, im selben Zeitraum kaum ven Unterrichts aus­ und weitergebildet werden, Klas­ zurückgegangen. senräume müssen barrierefrei gestaltet sein. Außer­ dem muss sich das Bewusstsein von Lehrern, Eltern Kritiker bemängeln, dass die gestiegene Förderquote und Kindern wandeln. zum Erhalt der Förderschulen beiträgt und den Ausbau der Inklusionsschulen behindert. Ihrer Meinung nach sollten das Personal und die finanziellen Mittel der För­ Geklickt Projekt des Bundesverbandes der evangelischen Behindertenhilfe zur Umsetzung des Inklusionsge ­ dankens an Schulen www.vielfalt-in-bildung.de Arbeitsmaterialien in der Sozial­ politik­Materialdatenbank www.sozialpolitik.com/materialien • Arbeitsblatt, Schaubild und Hin­ tergrundinformationen: Inklusion an Schulen • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Gesellschaft für alle • Arbeitsblatt: Inklusion – Politik für Menschen mit Behinderung • Schaubild: Inklusion: Behinde ­ rung in Zahlen derschulen besser im inklusiven Unterricht an Regel­ schulen eingesetzt werden. Der hohe Anteil von Schü­ lern an Förderschulen verweist darauf, dass die Aus­ stattung der Regelschulen häufig noch nicht ausreicht, um den Inklusionsgedanken umzusetzen. Er zeigt auch, dass viele Eltern ihre Kinder mit Förderbedarf immer noch lieber auf Förderschulen schicken und sie dort besser aufgehoben sehen. Inklusion in der Schule bleibt also nach wie vor eine große Herausforderung für alle Beteiligten. /////////////////////////////// Gefragt Beziehen Sie begründet Stel­ lung zu der Aussage „Inklu­ sion ist ein Prozess“. Analysieren Sie das Schaubild, und bewerten Sie Ihre Ergeb­ nisse mithilfe des Textes. /////////////////////////////// 25 Krankenversicherung Hauptsache gesund Auszubildende sind vom ersten Tag an bei einer gesetzlichen Krankenkasse pflichtversichert. Damit sind sie Teil einer Gemeinschaft, die rund 70 Millionen Mitglieder inklusive der mitversicherten Angehörigen umfasst. Hier gilt das Motto: Die Starken unterstützen die Schwachen. Alle für einen: gesetzliche Krankenversicherung Jeder nach dem persönlichen Risiko: private Krankenversicherung Als erste Sozialversicherung wurde in Deutschland unter Reichs­ Wer so viel verdient, dass das Einkommen die genannte Versiche­ kanzler Bismarck im Jahr 1883 die Krankenversicherung eingeführt rungspflichtgrenze übersteigt, kann nach einem Jahr wählen, ob er (siehe Schaubild auf Seite 8). Die gesetzliche Krankenversicherung sich freiwillig gesetzlich oder privat versichern möchte. Auch Selbst­ übernimmt medizinische Leistungen und Kosten zur Gesundheitsvor­ ständige und Beamte können sich privat krankenversichern. 2013 sorge. Sie wird aus Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern waren rund 8,9 Millionen Menschen Mitglied in einer privaten Kran­ gemeinsam finanziert. Beide zahlen jeweils 7,3 Prozent des monat­ kenversicherung. Sie finanziert sich über die Prämien, also Beiträge lichen Bruttoeinkommens des Arbeitnehmers (Stand 2015, siehe der Versicherten. Die Höhe der Prämie richtet sich nicht nach dem Gehaltsabrechnung auf Seite 17). Arbeitnehmer und Angestellte mit Einkommen, sondern ist vom individuellen Krankheitsrisiko, Alter einem Einkommen unterhalb der so genannten Versicherungspflicht­ und Geschlecht sowie vom gewählten Umfang des Versicherungs­ grenze von 54.900 Euro im Jahr 2015 sind in der Krankenversicherung schutzes abhängig. Privatversicherte, die den vollen Leistungskatalog pflichtversichert. Gleiches gilt für Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger, finanzieren können, erhalten jede gewünschte Gesundheitsleistung. Rentner, landwirtschaftliche Unternehmer, Heimarbeiter, Studierende, bestimmte Berufsgruppen bei Selbstständigen sowie Bundesfreiwilli­ Bei der privaten Krankenversicherung findet also kein sozialer gendienstleistende. Ausgleich statt. Jeder zahlt für sich selbst nach persönlichem Risiko und Bedürfnissen. Das nennt man Äquivalenzprinzip. Je jünger und 26 Die gesetzliche Krankenversicherung beruht auf dem Solidarprinzip. gesünder man bei Versicherungsabschluss ist, desto niedriger fallen Das bedeutet, dass Arbeitnehmer mit einem höheren Einkommen die Prämien aus. Das ist vor allem für jüngere und gesunde Menschen höhere Beiträge zahlen, Arbeitnehmer mit einem niedrigeren Einkom­ attraktiv. Es gibt jedoch auch Nachteile: Familienmitglieder sind nicht men entsprechend niedrigere. Ehepartner, die nicht berufstätig sind, automatisch mitversichert, die Arzt­ und Krankenkosten müssen und Kinder sind kostenfrei mitversichert. Unabhängig davon, wie zunächst vom Patienten selbst beglichen und von der Kasse zurück­ hoch der finanzielle Beitrag des Einzelnen ist, erhalten alle Mitglieder gefordert werden, und die Prämien steigen mit dem Alter und dem die erforderlichen medizinischen Leistungen. wachsenden Krankheitsrisiko an. DAS BIETET DIE GESETZLICHE KRANKENVERSICHERUNG Gesundheitliche Prävention: Um die Kosten für Krankheitsfälle möglichst gering zu halten, bieten die ge­ setzlichen Krankenkassen gesundheitliche Vorsorge an: Sportkurse, Kurse zum Thema gesunde Ernährung, kostenfreie Untersuchungen im Kindes­ und Jugendalter und Früherkennungsuntersuchungen auf Krebser­ krankungen. Darüber hinaus unterstützen die Krankenkassen Unternehmen bei der betrieblichen Gesund­ heitsförderung. Dadurch werden gesunde Arbeitsbedingungen geschaffen, von denen die Beschäftigten und letztlich auch die Unternehmer profitieren. Finanzielle Absicherung: Bei langwierigen Krankheiten bekommt der Arbeitnehmer in der Regel sechs Wochen lang seinen Lohn weitergezahlt. Danach überweisen die Krankenkassen Krankengeld. Es beträgt 70 Prozent des Bruttoarbeitslohns. Sozialversichert bei Krankheit: Auch wenn man Krankengeld erhält, endet der soziale Schutz nicht. Wie der Arbeitnehmer zahlt auch der Krankengeldbezieher seinen Anteil an den Beiträgen zur Arbeitslosen­ und Rentenversicherung. Die gesetzliche Krankenversicherung stabilisieren Aufgrund der alternden Gesellschaft und des technischen Durch diese Maßnahmen und dank der hohen Zahl von Fortschritts in der Medizin steigen die Gesundheitskosten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten hat sich die stetig. Die Bundesregierung hat deshalb in den vergange­ finanzielle Situation der Krankenkassen zuletzt deutlich nen Jahren mehrere Reformen auf den Weg gebracht, um verbessert. Zum 1. Januar 2015 konnte der allgemeine die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung von zu sichern. Einzelne Leistungen wurden gekürzt oder 15,5 Prozent auf 14,6 Prozent gesenkt werden. Arbeitge­ gestrichen. So werden Zahnersatz und Brillen heute nur ber und Arbeitnehmer zahlen den gleichen Anteil von noch anteilig von der Krankenkasse übernommen. Seit 7,3 Prozent. Der Arbeitgeberanteil bleibt auf dieser Höhe dem Jahr 2009 gibt es außerdem einen Gesundheitsfonds, eingefroren, die Arbeitnehmer müssen jedoch mit zusätz­ in den die Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber flie­ lichen Belastungen rechnen. Wenn die Kassen mit dem ßen. Der Beitragssatz ist einheitlich, egal welche Kranken­ Geld nicht auskommen, können sie Zusatzbeiträge von kasse der Versicherte gewählt hat. Aus dem Gesundheits­ ihren Mitgliedern erheben. Künftige Kostensteigerungen fonds erhalten die Kassen für jeden Versicherten einen müssen also die Arbeitnehmer tragen. pauschalen Betrag sowie ergänzende Zu­ und Abschläge, die sich jeweils nach Alter, Geschlecht und Krankheit der Versicherten richten. Geklickt Internetseite des Bundesministeri­ ums für Gesundheit mit vielen Informationen zur gesetzlichen Krankenversicherung www.bmg.bund.de Arbeitsmaterialien in der Sozial­ politik­Materialdatenbank www.sozialpolitik.com/materialien • Arbeitsblatt: Hauptsache gesund (Fragebogen zur Ergebnissicherung) • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Krankenversicherung • Arbeitsblatt: Gesundheits­ prävention in der Schule • Schaubild: Stress in der Schule • Arbeitsblatt und Schaubild: Gesundheit und Selbstbestim­ mung • Arbeitsblatt und Schaubild: Arbeit und Gesundheit Gewählt Bürgertelefon zur Krankenversicherung (0 30) 3 40 60 66 01 Montag bis Donnerstag 8 bis 18 Uhr, Freitag 8 bis 12 Uhr /////////////////////////////// Gefragt Erklären Sie am Beispiel der Krankenversicherungen das Solidarprinzip und das Äqui­ valenzprinzip. Bewerten Sie Vor­ und Nachteile der unter­ schiedlichen Systeme. Beschreiben Sie die Entwick­ lung der Gesundheitskosten, und erläutern Sie mithilfe des Textes die Gründe für diese Entwicklung. //////////////////////////////// 27 Unfallversicherung Für den Fall der Unfälle Steffi ist mit ihrem Rad auf dem Weg zur Berufsschule. An einer Kreuzung nimmt ihr ein Autofahrer die Vorfahrt. Sie stürzt und knallt hart mit dem Kopf auf den Asphalt. Sie verliert sofort das Bewusstsein und wacht erst wieder im Krankenhaus auf. Der behandelnde Arzt erklärt ihr, dass sie „Glück im Unglück“ hatte. Ihr Fahrradhelm habe ihr aller Wahrscheinlichkeit nach das Leben gerettet. Doch trotz des Helms seien ihre Kopfverletzungen so gravierend, dass sie auch in Zukunft damit rechnen müsse, unter immer wiederkehrenden Kopfschmerzen und kognitiven Einschränkungen zu leiden. Lernen und Gesundheit, Schulportal der DGUV: Arbeitsunfall 02/2012, Arbeitsblatt 1.1, www.dguv.de/lug Rehabilitation vor Rente Für Arbeitnehmer kostenlos Die gesetzliche Unfallversicherung wird aus­ Vorrangiges Ziel ist es, den Arbeitnehmer Anders als bei den übrigen Zweigen der So­ schließlich vom Arbeitgeber finanziert und wieder in das Berufsleben einzugliedern. zialversicherung brauchen die Arbeitnehmer sichert gegen die Folgen von Berufskrank­ Wenn es nötig ist, wird dem Unfallopfer auch zur gesetzlichen Unfallversicherung keinen heiten, Arbeitsunfällen und Wegeunfällen eine Umschulung oder Rente gezahlt. Cent beizusteuern. Sie wird aus den Bei­ ab (siehe Schaubild auf Seite 8). Wegeunfälle trägen der Unternehmen in der jeweiligen sind Unfälle, die auf dem direkten Weg zur Träger der Unfallversicherung sind die Be­ Branche finanziert. Das heißt, der Arbeitge­ Arbeit oder zurück nachhause passieren. rufsgenossenschaften und Unfallkassen. Ihre ber zahlt seinen Beitrag an die zuständige Die gesetzliche Unfallversicherung über­ wichtigste Aufgabe ist es, arbeitsbedingte Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse. nimmt alle notwendigen Kosten für die Unfälle, Krankheiten oder Gesundheitsgefah­ Diese übernimmt bei einem Unfall die medizinische Behandlung, Rehabilitations­ ren zu verhindern. Sie erlassen Unfallverhü­ Kosten für den Versicherten. Beschäftigte im maßnahmen und spätere Berufshilfen. tungsvorschriften und fördern die Erste Hilfe. öffentlichen Dienst sind bei den öffentli­ chen Unfallkassen, Landesunfallkassen oder Gemeindeunfallversicherungsverbänden versichert. 28 Geklickt Plattform der Deutschen Gesetzli­ chen Unfallversicherung mit aus­ führlichen Informationen zum Arbeitsschutz www.dguv.de Arbeitsmaterialien in der Sozial­ politik­Materialdatenbank www.sozialpolitik.com/ materialien Schutz in Kita, Schule und Universität Unfälle am Arbeitsplatz Kinder in Tageseinrichtungen, Schüler und Studierende Unfallverhütungsvorschriften sind für Betriebe ebenso sind in der Schülerunfallversicherung abgesichert. verbindlich wie gesetzliche Vorschriften. Sie bestimmen, Im Jahr 2013 waren das nach Angaben der Deutschen • wie man sich am Arbeitsplatz richtig verhält, Gesetzlichen Unfallversicherung rund 17,2 Millionen • wie ein Arbeitsplatz und die Maschinen ausgestattet Menschen. Neben dem Unterricht und dem Schulweg stehen auch Ausflüge, Sport und andere schulische Veranstaltungen unter Versicherungsschutz. sein müssen, • welche Schutzausrüstung getragen werden muss, zum Beispiel Helm, Gehörschutz und Sicherheits­ schuhe, Die Leistungen nach einem Unfall reichen, wie bei der Unfallversicherung für Arbeitnehmer, von Heilbehand­ • wie oft ärztliche Kontrolluntersuchungen wahr­ genommen werden müssen. lungen über Rehabilitation bis hin zur lebenslangen Rente. Zuständig sind die Gemeindeunfallversicherungsverbände und Unfallkassen. Auch die Schülerun­ Jugendarbeitsschutz fallversicherung kostet die Versicherten nichts. Die Das Jugendarbeitsschutzgesetz bewahrt 15­ bis unter Beiträge für öffentliche Schulen übernimmt der Schul­ 18­jährige Jugendliche vor Arbeit, die für sie zu ge­ träger, für private Schulen das zuständige Bundesland. fährlich oder ungeeignet ist. Es bestimmt zum Beispiel die maximale Dauer der täglichen Arbeitszeit, die Anzahl der Wochenstunden und den Urlaubsanspruch. • Arbeitsblatt: Für den Fall der Unfälle (Fragebogen zur Ergeb ­ nissicherung) • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Unfallversicherung • Arbeitsblatt und Schaubild: Unfallversicherung in Ehrenamt und Pflege • Arbeitsblatt und Schaubild: Schul­ und Arbeitsunfälle • Arbeitsblatt und Schaubild: Arbeit und Gesundheit • Arbeitsblatt: Belastungen am Arbeitsplatz • Schaubild: Berufskrankheiten Gewählt Bürgertelefon zu Unfall­ versicherung und Ehrenamt (0 30) 2 21 91 10 02 Montag bis Donnerstag 8 bis 20 Uhr Servicerufnummer der gesetz­ lichen Unfallversicherung (08 00) 6 05 04 04, kostenfrei Montag bis Freitag 8 bis 18 Uhr /////////////////////////////// Jeder Jugendliche unterliegt der Schulpflicht. Die Gefragt Schule hat daher immer Vorrang. Auszubildende müs­ Erklären Sie das Prinzip sen für ihren Berufsschulunterricht freigestellt werden. „Rehabilitation vor Rente“, und entwickeln Sie mögliche Regelungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz Beispiele dafür, wie dieses Prinzip umgesetzt werden Pause: spätestens nach 4½ Stun­ den eine Pause von mindestens 15 Minuten, mindestens 60 Minuten Pause bei mehr als sechs Stunden Arbeitszeit kann. Begründen Sie, warum das Jugendarbeitsschutzgesetz auch dem Unfallschutz dient. /////////////////////////////// Arbeitsende: spätestens um 20 Uhr für unter 18­Jährige, Aus­ nahmen in einzelnen Branchen möglich Arbeitsbeginn: frühestens ab 6 Uhr, Ausnahmen in einzelnen Branchen möglich Arbeitszeit: höchstens acht Stun­ den pro Tag bei einer Fünftage ­ woche und maximal 40 Stunden pro Woche, Ausnahmen in einzelnen Branchen möglich Urlaub: je nach Alter zwischen 25 und 30 Tage im Jahr Quelle: eigene Darstellung, nach: Jugendarbeitsschutzgesetz 29 Rentenversicherung 1 „Wir können uns nicht so richtig vorstellen, was in 50 Jahren sein wird. Deshalb fällt es schwer, jetzt schon über Altersabsicherung nachzudenken.“ Ein Vertrag zwischen den Generationen In Deutschland finanzieren die Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit ihren Beiträgen, die sie in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, die Renten der Rentner von heute. Man spricht daher auch vom Generationenvertrag. Er ist nirgendwo schriftlich festgehalten, sondern vielmehr ein unausgesprochenes gesellschaftliches Abkommen zwischen Jung und Alt. Die gesetzliche Rentenversicherung Die Rentenversicherung ist der umfassendste Zweig der Sozialversicherung. Sie übernimmt die Kosten zur Alterssicherung und zur Teilhabe am Arbeitsleben bei gesundheitlichen Einschränkungen (siehe Schaubild auf Seite 8). Die gesetzliche Rentenversicherung wird aus Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gemeinsam getragen. Beide zahlen jeweils 9,35 Prozent des monatlichen Bruttoeinkommens des Arbeitnehmers (Stand 2015, siehe Gehaltsabrechnung auf Seite 17). Die gesetzliche Rentenversicherung deckt zwei Drittel aller Altersvorsorgeausgaben in Deutschland ab. Voraussetzungen und Leistungen: • Frauen und Männer zahlen gleiche Beiträge. • Die Beiträge sind nicht nach Alter oder Zahl der selbst erzogenen Kinder gestaffelt. • Der Rentenversicherungsschutz besteht auch in Zeiten von Krankheit, Arbeitslosigkeit, Kindererziehung und Pflege von Angehörigen. • Wer aus gesundheitlichen Gründen seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, wird von der Rentenkasse unterstützt, um seine Erwerbsfähigkeit zu verbessern oder wieder zu erreichen. • Es gibt eine Rente bei Erwerbsminderung, im Alter und für die Hinterbliebenen. • Rentner erhalten einen Zuschuss zum Beitrag für die Krankenversicherung. 30 Wer ist in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert? Angestellte und Arbeiter : Pflegende: Dazu gehören auch Auszubildende, Entwicklungshelfer, Menschen, die mindestens 14 Stunden pro Woche Menschen mit Behinderung, die in anerkannten Behin­ einen pflegebedürftigen Angehörigen betreuen und dertenwerkstätten arbeiten, freiwillig Wehrdienstleis­ nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich nebenbei tende und Bundesfreiwilligendienstleistende. arbeiten, sind ohne eigene Beitragszahlung pflichtver­ sichert. Ihre Beiträge übernehmen die Pflegekassen. Erziehende : Auch Mütter und Väter sind in Zeiten, in denen sie Selbstständige: Kinder erziehen, pflichtversichert. Bis zu drei Jahre Nur bestimmte Berufsgruppen wie Handwerksmeister, werden bei der Rente berücksichtigt. In dieser Zeit Künstler und Hebammen sind laut Sozialgesetzgebung müssen sie keine Beiträge zahlen, das übernimmt pflichtversichert. Alle anderen Selbstständigen können der Bund für sie. sich freiwillig versichern und erwerben dann ebenfalls Rentenansprüche. Viele Selbstständige zahlen den Min­ destbeitrag von monatlich etwa 84 Euro, den sie bis auf einige Ausnahmen allein tragen müssen. Die drei Säulen der Alterssicherung Betriebliche Altersvorsorge Gesetzliche Altersvorsorge Pflichtversicherung, die Beiträge teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte. • gesetzliche Rentenversicherung der Arbeitnehmer/­innen • berufsständische Alterssicherungssysteme • Künstlersozialkasse Betriebsrente, Teile des Gehalts des Arbeitnehmers werden angespart. Die steuerliche Förderung können nutzen: • Arbeitnehmer/­innen in der Privat­ wirtschaft • Angestellte im öffentlichen Dienst • geringfügig Beschäftigte Private Altersvorsorge Individuelles Schutzpaket, die Beiträ­ ge zahlt der Arbeitnehmer selbst. Es gibt verschiedene, zum Teil staatlich geförderte Geldanlageformen: • private Rentenversicherungen Geklickt Informationen der Deutschen Ren­ tenversicherung zum Thema Rente und Altersvorsorge www.deutscherentenversicherung.de www.rentenblicker.de Arbeitsmaterialien in der Sozial­ politik­Materialdatenbank www.sozialpolitik.com/materialien • Arbeitsblatt: Ein Vertrag zwischen den Generationen (Fragebogen zur Ergebnissicherung) • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Rentenversicherung • Arbeitsblatt und Schaubild: Modelle der gesetzlichen Altersvorsorge • Arbeitsblatt und Hintergrund­ informationen: Rentenver­ sicherung – nicht nur fürs Alter • Arbeitsblatt und Schaubild: Demografischer Wandel – Auswir­ kungen auf die Gesellschaft • Arbeitsblatt und Schaubild: Demografischer Wandel – Auswir­ kungen auf den Arbeitsmarkt Gewählt Bürgertelefon zur Rente (0 30) 2 21 91 10 01 Montag bis Donnerstag 8 bis 20 Uhr • Fondssparpläne • Banksparpläne /////////////////////////////// Gefragt Finanzierung: Finanzierung: Finanzierung: Umlageverfahren Kapitaldeckungsverfahren Kapitaldeckungsverfahren Quelle: eigene Darstellung Das Umlageverfahren Das Kapitaldeckungsverfahren Die gesetzliche Rentenversicherung wird seit dem Jahr Für zukünftige Rentner werden die Zahlungen aus der 1957 über das so genannte Umlageverfahren finanziert. gesetzlichen Rentenversicherung allein nicht mehr Das bedeutet, dass das Geld der Beitragszahler direkt genügen, um den gewohnten Lebensstandard aufrecht­ für die Zahlung der Renten des nächsten Monats ver­ zuerhalten. Dafür müssen die heutigen Arbeitnehmer wendet wird. Ein Rentner erhält sein Altersgeld also selbst vorsorgen und zusätzlich in eine der beiden aus den Beiträgen, welche die derzeitigen Erwerbstäti­ Säulen der Alterssicherung einzahlen: die betriebliche gen und Arbeitgeber je zur Hälfte im Vormonat gezahlt oder die private Altersvorsorge. Diese beruhen auf dem haben. Wie hoch die Rente ausfällt, hängt davon ab, so genannten Kapitaldeckungsverfahren: Jeder spart wie lange der Betreffende vorher berufstätig war und für seine eigene Rente. Die Höhe der Rente hängt vom wie viel er verdient und an Beiträgen eingezahlt hat: je angesparten Kapital und dessen Anlageertrag ab. Der länger das Erwerbsleben und je höher der Verdienst, Anlageertrag ist wiederum abhängig vom Zinsniveau. desto höher die Rente. Der Staat unterstützt die betriebliche und private Erklären Sie in eigenen Wor­ ten den Unterschied zwischen Umlageverfahren und Kapital­ deckungsverfahren. Diskutieren Sie Pro­ und Kontra­Argumen­ te für beide Finanzierungs­ modelle. Begründen Sie, weshalb der Staat die betriebliche und die private Altersvorsorge finanziell fördert. /////////////////////////////// Altersvorsorge durch Zulagen und Steuervorteile. Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung rei­ chen jedoch schon seit längerer Zeit nicht mehr, um alle Renten auszuzahlen. Deshalb muss der Staat zusätzlich Steuergelder als Bundeszuschuss zur Verfügung stellen. Im Jahr 2014 waren das rund 61 Milliarden Euro. 31 Rentenversicherung 2 „Ob wir in 50 Jahren noch zusammen sind? Ein schöner Gedanke, aber wie werden wir wohl leben und wo? Wie werden wir aussehen? Werden wir uns das leisten können, worauf wir Lust haben?“ Mehr Rentner, weniger Kinder In 30 Jahren werden auf einen Rentner weniger als zwei Beitragszahler kommen, da immer weniger Kinder geboren werden. Zudem leben die Menschen immer länger, also erhalten sie auch länger Rentenzahlungen. Damit künftige Generationen finanziell nicht überfordert werden, können die Renten nicht mehr so stark steigen wie in früheren Jahren. Außerdem müssen die Menschen länger arbeiten. Wichtige Reformen zur Sicherung der Rente 2001: Absenkung des Rentenniveaus, Riester-Rente Die Rentenleistungen sind an die Entwicklung der Bruttolöhne der Versicherte früher in Rente geht, muss er eine Kürzung von 0,3 Pro­ Arbeitnehmer gekoppelt. Das wird auch „dynamische Rente“ genannt. zent in Kauf nehmen (zu den Ausnahmen für langjährig Erwerbs­ Mit der Rentenreform 2001 wurde der Rentenanstieg deutlich verrin­ tätige siehe unten). gert und damit das Rentenniveau abgesenkt, um das System finan­ zierbar zu halten. Außerdem wurde die Riester­Rente eingeführt 2009: Rentengarantie (siehe nächste Seite). Angesichts der Wirtschafts­ und Finanzkrise hat die Bundesregierung 2004/2005: Nachhaltigkeitsfaktor eine Rentenschutzklausel beschlossen. Diese garantiert, dass die Renten bei sinkenden Löhnen in Krisenzeiten nicht zurückgehen. Als Ausgleich Die aktuelle Bevölkerungsentwicklung führt dazu, dass immer weni­ dafür werden mögliche Rentenerhöhungen in wirtschaftlich guten ger Beitragszahler immer mehr Rentnern gegenüberstehen werden. Jahren nicht mehr voll an die Ruheständler weitergegeben. Deshalb wurde ein so genannter Nachhaltigkeitsfaktor bei der Ren­ den Rentenanstieg dämpft. Werden die Beitragszahler weniger, fallen 2014: Verbesserungen für Mütter und langjährig Erwerbstätige die jährlichen Rentenerhöhungen geringer aus als der Anstieg der Erwerbstätige, die 45 Jahre oder länger Beiträge in die Rentenversiche­ Bruttoeinkommen. rung gezahlt haben, können zwei Jahre früher in Rente gehen, ohne dass tenberechnung eingebaut, der diese Entwicklung berücksichtigt und 2007: Rente mit 67 32 die Rentenzahlungen gekürzt werden. Für die Geburtsjahrgänge bis 1957 heißt das: bereits mit 63 Jahren. Mütter oder Väter, deren Kinder vor dem Das Renteneintrittsalter wird schrittweise von 65 auf 67 Jahre ange­ Jahr 1992 geboren sind, erhalten für jedes Kind nachträglich Rentenzu­ hoben. Wer 1964 und später geboren wurde, kann in der Regel erst schläge, da die Erziehungsleistung bei der Rentenberechnung damals mit 67 Jahren ohne Abzüge in Rente gehen. Für jeden Monat, den der noch deutlich niedriger bewertet worden war als nach 1992. Riester-Rente Der Staat fördert seit dem Jahr 2002 mit finanziellen Zulagen und Steuervergünstigungen den Aufbau einer betrieblichen oder privaten Altersvorsorge. Sie wird nach dem damaligen Arbeitsminister „Riester­Rente“ genannt. Pflichtmitglieder in der gesetzlichen Renten­ versicherung, Beamte, Richter und Soldaten, die min­ destens vier Prozent des Vorjahreseinkommens für die Altersvorsorge aufwenden, erhalten die volle Förde­ rung. Bei Verheirateten genügt es, wenn einer von bei­ den die Voraussetzungen erfüllt, dann erhält auch der andere die Förderung. Geringverdiener müssen nur einen Mindestbeitrag zahlen. Geringverdiener und Familien profitieren am meisten von der Riester­Rente. Der Staat fördert nur so genannte zertifizierte Finanz­ produkte, die bestimmte Anforderungen erfüllen. Eine Zertifizierungsstelle bei der Bundesanstalt für Finanz­ dienstleistungsaufsicht überprüft, ob die Angebote den GERECHTER GENERATIONENVERTRAG? Jenny S., 19, Auszubildende: „Wenn ich mal Ren­ te kriege, ist die wahrscheinlich auf Hartz­IV­ Niveau. Was ist daran gerecht?“ Harald H., 63, Arbeiter: „Ich habe 45 Jahre lang meine Knochen für meine Firma hingehalten und in die Rentenkasse gezahlt. So langsam streikt mein Körper. Da ist es nur fair, dass ich keine Rentenkürzungen habe, wenn ich früher in Rente gehe.“ Michael F., 45, Grafiker: „Ich bin Freiberufler und habe immer wieder Zeiten, in denen keine Auf­ träge reinkommen. Wie soll ich in diesen Phasen Rentenbeiträge zahlen und auch noch privat vor­ sorgen?“ Susanne M., 35, Angestellte: „Ich finde es ja okay, dass meine Eltern eine gute Rente bekommen. Aber irgendwie müssen wir es hinkriegen, dass meine Generation nicht immer höhere Beiträge bei geringeren Leistungen zahlen muss.“ gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Die Zertifizierung ist aber keine Garantie für eine hohe Auszahlung. Fol­ gende Anlageformen werden gefördert: Banksparpläne, Rentenversicherungen und Fondssparpläne. Mit dem so genannten Wohn­Riester kann auch privates Wohneigentum gefördert werden. Die Zukunft der Renten­ versicherung Geklickt Internetseiten des Bundesministe ­ riums für Arbeit und Soziales mit Informationen zu den aktuellen Rentenreformplänen www.bmas.de www.rentenpaket.de Internetauftritt der Deutschen Rentenversicherung für Schüler, Auszubildende, Studierende und Berufsanfänger zum Thema Altersvorsorge www.rentenblicker.de Arbeitsmaterialien in der Sozialpolitik­Materialdatenbank www.sozialpolitik.com/materialien • Arbeitsblatt: Diskussion: Rente mit 63 und Mütterrente • Schaubild: Das Rentenpaket 2014 • Arbeitsblatt und Schaubild: Modelle der gesetzlichen Alters­ vorsorge • Arbeitsblatt und Schaubild: Jugend und Altersvorsorge (1) • Arbeitsblatt und Schaubild: Jugend und Altersvorsorge (2): Riester­Rente • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Rente mit 67 Die Finanzierung der Rentenversicherung in ihrer jetzi­ Betriebliche Altersversorgung gen Form bleibt angesichts der demografischen Ent­ Seit dem Jahr 2002 kann jeder Arbeitnehmer vom Der Gesetzgeber hat zwei Steuerungsmöglichkeiten: Arbeitgeber verlangen, dass ein Teil seines Lohns in Wenn die Zahl der Beitragszahler abnimmt und die der eine betriebliche Altersversorgung fließt. In Tarifverträ­ Empfänger zunimmt, können die Beiträge langfristig gen ist diese Anlageform oft festgeschrieben. Wer also angehoben werden. Aber auch das Rentenniveau, also auf einen Teil seines aktuellen Einkommens verzichtet, die ausgezahlte Rente, kann abgesenkt werden, um die kann auf diese Weise eine zusätzliche Rente für das Renten weiterhin finanzieren zu können. Nur nach lan­ Alter ansparen. Auch hier unterstützt der Staat die ger Erwerbstätigkeit und mit eigenen Aufwendungen Arbeitnehmer, zum Beispiel durch Steuervergünsti­ für eine private Vorsorge kann der gewohnte Lebens­ gungen. standard im Alter noch aufrechterhalten werden. Frau­ wicklung in Deutschland eine große Herausforderung. en, Alleinerziehende, Geringverdiener und Minijobber sind am stärksten von Altersarmut bedroht. /////////////////////////////// Gefragt Erläutern Sie, mit welchen Maßnahmen die Bundesregie­ rung in den vergangenen 15 Jahren versucht hat, das Ren­ tensystem finanzierbar zu halten. Schreiben Sie einen Kommen­ tar für eine Schülerzeitung zur Frage „Ist das Rentensystem gerecht?“ /////////////////////////////// Um das bestehende Sozialversicherungssystem und vor BERUFSUNFÄHIGKEIT ZUSÄTZLICH ABSICHERN allem die Rente zu stabilisieren, muss die Zahl der sozi­ Die gesetzliche Rentenversicherung zahlt bei so hoch wie möglich sein. Die verschiedenen Maßnah­ eingeschränkter oder voller Erwerbsminderung men zur Fachkräftegewinnung und zur Integration von eine Erwerbsminderungsrente. Die Höhe dieser Zuwanderern (siehe Seite 12) dienen ebenfalls diesem Zahlungen orientiert sich an den erworbenen Ziel. Kritiker der bisherigen Reformen fordern, auch Ansprüchen auf Altersrente. Diese sind bei Selbstständige und Beamte in die Rentenversicherung Berufsanfängern noch sehr gering. Daher ist es einzubeziehen, um die Zahl der Beitragszahler zu erhö­ sinnvoll, gleich zu Berufsbeginn eine private hen. Dies würde jedoch neue Probleme aufwerfen: In Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. den 1970er­Jahren wurden besonders viele Beamte ein­ Im Fall der Berufsunfähigkeit zahlt diese an den gestellt, die in den kommenden Jahren in den Ruhe­ Versicherten eine monatliche Rente. Da sich die zu zahlenden Prämien am Alter und Gesund­ heitsrisiko bemessen, ist die finanzielle Belas­ alversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse stand gehen, was die gesetzliche Rentenversicherung schwer belasten würde. tung für Berufsanfänger vergleichsweise niedrig. 33 Arbeitslosenversicherung Arbeitslos, aber nicht mittellos „Die Arbeitslosigkeit kam so überraschend, dass ich mir nicht rechtzeitig was Neues suchen konnte. Nachdem feststand, dass meine Firma schließt, bin ich am nächsten Tag zur Agentur für Arbeit gegangen und habe Arbeitslosengeld beantragt. Das hat meine größten Sorgen etwas gemindert. Meine Beraterin dort hat erst einmal nach meinen Stärken und Schwächen geschaut und die Jobsuche mit mir geplant. Drei Monate später hat es dann mit einer neuen Beschäftigung geklappt.“ Verena S. (27), Einzelhandelskauffrau aus Stuttgart Das Arbeitslosengeld Arbeitnehmer erhalten Arbeitslosengeld aus der Arbeitslosenversicherung, wenn sie ihren Job verlieren, und werden bei der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle unterstützt (siehe Schaubild auf Seite 8). Die gesetzliche Arbeitslosenversicherung wird aus Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gemeinsam getragen. Beide zahlen jeweils 1,5 Prozent des monatlichen Bruttoeinkommens des Arbeitnehmers (Stand 2015, siehe Gehaltsabrechnung auf Seite 17). Ziel der Arbeitsmarktpolitik ist es, Arbeitsuchende so schnell und so nachhaltig wie möglich wieder in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse zu vermitteln. Wer arbeitslos wird und keine Kinder hat, erhält 60 Prozent des vorherigen Nettolohns als Arbeitslosengeld, mit Kindern sind es 67 Prozent. Wie lange Arbeitslosengeld gezahlt wird, hängt davon ab, wie alt der arbeitslose Mensch ist und wie lange er vorher Beiträge gezahlt hat. Die Bezugsdauer reicht von sechs bis zu zwölf Monaten. Nach längerer Versicherungsdauer und bei Versicherten im Alter von über 50 Jahren kann sie verlängert werden, höchstens jedoch auf 24 Monate. Auch Selbstständige, die auf freiwilliger Basis vorher Beiträge entrichtet haben, können Arbeitslosengeld erhalten. Das Arbeitslosengeld II Wer länger arbeitslos ist, hat Anspruch auf Arbeitslosengeld II, häufig auch „Hartz IV“ genannt. Diese Grundsicherung wird aus Steuermit­ teln finanziert. Deshalb können es auch Menschen beziehen, die vorher nicht versicherungspflichtig beschäftigt waren. Bevor es in Anspruch genommen werden kann, muss Gespartes bis zu einer Grenze von maximal 10.050 Euro* aufgebraucht werden. Geldanlagen, die ausschließlich der Altersvorsorge dienen, sind geschützt. Für sie gilt ein erhöhter Freibetrag von maximal 50.250 Euro*. Weitere Freibeträge gibt es für Kinder. Im Jahr 2015 beträgt das Arbeitslosengeld II 399 Euro für Alleinstehende. Ehe­ oder Lebenspartner erhalten jeweils 360 Euro. Die Regelsätze für Kinder und Jugendliche betragen für Kinder unter 6 Jahren 234 Euro, für 6­ bis einschließlich 13­Jährige 267 Euro und für 14­ bis unter 18­Jährige 302 Euro im Monat. Angemessene Kosten für Miete und Heizung sowie die Beiträge für die gesetzliche Kranken­ und Pflegeversicherung werden übernommen. Für Alleinerziehende und Schwangere gibt es zusätzliche Leistungen für den Mehrbedarf. * ab Geburtsjahr 1964 34 Reformen auf dem Arbeitsmarkt Um die Arbeitslosigkeit wirkungsvoll zu bekämpfen und Arbeitsuchende schneller wieder in Beschäftigung zu bringen, sind zwischen 2003 und 2005 mehrere Gesetze in Kraft getreten. Sie beinhalten folgende Re­ gelungen und Arbeitsformen: MITTEILUNGS- UND MITWIRKUNGSPFLICHT Arbeitslose müssen der Arbeitsagentur oder dem zuständigen Jobcenter umgehend mittei­ len, wenn sich ihr persönlicher Status ändert und sie zum Beispiel eine Nebentätigkeit auf­ Zumutbare Arbeit: Wer als Bezieher von Arbeits­ nehmen, umziehen, arbeitsunfähig werden oder losengeld II eine zumutbare Arbeit ohne wichtigen Ähnliches. Außerdem müssen sie regelmäßig Grund ablehnt, muss Kürzungen bei den Geldleistun­ zu Terminen mit dem Berufsberater erscheinen, gen in Kauf nehmen. Als zumutbar gilt zum Beispiel an Trainingsmaßnahmen teilnehmen oder zu für Alleinstehende ein Umzug in eine andere Stadt, Vorstellungsgesprächen gehen, die der Berater wenn sie dort einen Arbeitsplatz angeboten bekom­ vermittelt hat. Zumutbare Arbeit (siehe links) men. Auch eine Stelle, bei der die Bezahlung bis zu 30 dürfen sie nicht einfach ablehnen. Bei Verstoß Prozent unter dem Tariflohn liegt, gilt als zumutbar. droht eine Sperrzeit oder eine Kürzung des Minijobs: Geringfügige Beschäftigungen mit einer Arbeitslosengeldes. Lohnobergrenze von 450 Euro werden Minijobs ge­ nannt. Minijobber sind in der Arbeitslosen­, Kran­ ken­ und Pflegeversicherung versicherungsfrei. Nur in der Rentenversicherung müssen sie Beiträge zahlen: Ein-Euro-Jobs: Zusatzverdienst möglich bei gewerblichen Minijobs 3,7 Prozent, in Privathaus­ Ein­Euro­Jobs heißen offiziell Arbeitsgelegenheiten halten 13,7 Prozent des Bruttolohns. Die Arbeitgeber mit Mehraufwandsentschädigung. Die Arbeit muss im zahlen für gewerbliche Minijobs pauschal 30 Prozent öffentlichen Interesse liegen und darf keinem örtlichen für Sozialversicherungen und Steuern plus den Beitrag privaten Unternehmen Aufträge entziehen. Bezieher von zur Unfallversicherung, in Privathaushalten 12 Prozent Arbeitslosengeld II können damit zusätzlich Geld verdie­ zuzüglich Unfallversicherung. Gewerkschaften kriti­ nen. Wer sich weigert, einen solchen Job anzunehmen, sieren, dass durch die Einführung zahlreicher Minijobs dem kann die Arbeitsagentur die Zahlungen kürzen. viele Vollzeitarbeitsplätze und damit auch Beiträge für die Sozialversicherung verloren gingen. Die Wirtschaft Ein­Euro­Jobs sollen vor allem schwer vermittelbaren äußert sich dagegen positiv. Unternehmen könnten auf Langzeitarbeitslosen helfen, sich wieder an einen nor­ diese Weise flexibler auf die Wirtschaftslage reagieren malen Arbeitstag zu gewöhnen und damit ihre Wie­ und mehr – wenn auch geringer bezahlte – Arbeitsplät­ dereingliederung am Arbeitsmarkt erleichtern. Kritiker ze schaffen. befürchten, dass sie reguläre Arbeitsplätze vernichten. Vermittlungsbudget Das persönliche Vermittlungsbudget ist ein Bestandteil des Fördersystems der Arbeitslosenversicherung, das auf die individuelle Situation des Arbeitsuchenden ausgerichtet wird. Dazu zählen etwa die Übernahme von Bewerbungskosten oder finanzielle Umzugsbeihil­ fen. Auch wer Arbeit sucht und keinen Schulabschluss hat, kann ihn mithilfe des persönlichen Vermittlungs­ Untersuchungen bestätigen, dass in einigen Fällen Arbei­ ten der regulären Belegschaft auf Ein­Euro­Jobber über­ tragen werden. Zudem gibt es Hinweise, dass jedes zwei­ te Unternehmen zumindest einen Teil der beschäftigten Ein­Euro­Jobber nicht im Sinn des Gesetzgebers einsetzt. Da die Ein­Euro­Jobber in der Arbeitslosenstatistik nicht auftauchen, spricht man hier von versteckter Arbeits­ losigkeit. Geklickt Informationen der Bundesagentur für Arbeit zu allen finanziellen Hil­ fen bei Arbeitslosigkeit www.arbeitsagentur.de Job­Lexikon mit Begriffserläute ­ rungen rund um das Thema Berufs­ welt www.sozialpolitik.com/lexikon Arbeitsmaterialien in der Sozial­ politik­Materialdatenbank www.sozialpolitik.com/materialien • Arbeitsblatt: Arbeitslos, aber nicht mittellos (Fragebogen zur Ergebnissicherung) • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Arbeitslosenversicherung • Arbeitsblatt und Schaubild: Arbeitslos – was nun? • Arbeitsblatt und Schaubild: Zehn Jahre Arbeitslosengeld II • Schaubild: Langzeitarbeitslosigkeit • Arbeitsblatt und Schaubild: Jugendarbeitslosigkeit in Europa • Arbeitsblatt und Schaubild: Arbeitsmarkttrends • Arbeitsblatt und Schaubild: Minijobs • Arbeitsblatt: Hartz­IV­Reform Gewählt Bürgertelefon zur Arbeitsmarktpo ­ litik und Arbeitsförderung (0 30) 2 21 91 10 03 Montag bis Donnerstag 8 bis 20 Uhr /////////////////////////////// Gefragt Die Arbeitsmarktreformen ste­ hen unter dem Motto „Fördern und Fordern“. Erläutern Sie diese Prinzipien anhand der Regelungen für Bezieher von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II. /////////////////////////////// budgets nachholen. 35 Pflegeversicherung Hilfe und Pflege nicht nur für Senioren „Ich pflege, weil ich die Lebensqualität der Pflegebedürftigen erhöhen und fördern möchte, um ihnen den Rest des Lebens so schön wie möglich zu machen.“ Das sagt Jennifer Borcherding *, Altenpflegerin aus Stuttgart und zugleich Pflegebotschafterin des Bundesministeriums für Gesundheit. Ihre Aufgabe wird immer wichtiger, denn die Menschen werden immer älter und damit häufiger pflegebedürftig. Laut Prognose des Statistischen Bundesamts werden von 2010 bis 2012 in Deutschland geborene Männer durchschnittlich fast 78 Jahre, Frauen fast 83 Jahre alt. Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der pflege ­ bedürftigen Menschen in Deutschland voraussichtlich auf mehr als vier Millionen steigen. * Die im Text genannte Person stimmt nicht mit der abgebildeten Person überein. Der fünfte Zweig der Sozialversicherung Das Prinzip der Pflege Die Pflegeversicherung wurde als fünfter und In der Pflegeversicherung unterscheidet man wählen. Die Betreuung durch ambulante letzter Zweig der Sozialversicherung im Jahr drei Pflegestufen, die sich nach dem Grad Pflegedienste oder eine Sozialstation gehört 1995 eingeführt (siehe Schaubild auf Seite 8). und der Häufigkeit der erforderlichen Hilfe­ zu den Sachleistungen. Pflegebedürftige kön­ Die gesetzliche Pflegeversicherung über­ leistungen richten: nen anstelle der häuslichen Pflegehilfe auch Pflegegeld beantragen. Wenn weder eine nimmt Kosten zur Pflege im Alter oder bei Krankheit und wird aus Beiträgen von Arbeit­ nehmern und Arbeitgebern gemeinsam getragen. Beide zahlen jeweils 1,175 Prozent des monatlichen Bruttoeinkommens des Arbeitnehmers (Stand 2015, siehe Gehaltsab­ rechnung auf Seite 17). I. erhebliche Pflegebedürftigkeit häusliche noch eine teilstationäre Pflege (Pflegegeld: 244 Euro monatlich) infrage kommen, hilft nur noch die Aufnah­ II.  Schwerpflegebedürftigkeit III.  Schwerstpflegebedürftigkeit (Pflegegeld: 728 Euro monatlich) (Stand 2015) Wer einen Familienangehörigen pflegt, muss oft die Berufstätigkeit einschränken. Um die Pflegenden zu unterstützen, zahlt die Pflege­ kasse für sie die Beiträge zur gesetzlichen Früher wurden Pflegebedürftige häufig zu Sozialfällen. Selbst eine gute Rente reichte in Darüber hinaus gibt es „Zusätzliche Betreu­ Rentenversicherung. Voraussetzung ist, dass der Regel nicht aus, um eine Unterbringung ungsleistungen bei eingeschränkter Alltags­ sie nebenher nicht mehr als 30 Stunden pro in einem Pflegeheim zu bezahlen, daher kompetenz“, häufig „Pflegestufe 0“ genannt. Woche arbeiten. Wer krank wird oder Urlaub musste der Staat einspringen. Mit dem Pfle­ Diese können auch Menschen erhalten, die machen will, hat seit 2015 Anspruch auf eine geversicherungsgesetz wurde das geändert. pflegerische Unterstützung benötigen, jedoch Pflegevertretung von bis zu sechs Wochen im Es fördert vor allem die häusliche Pflege. noch nicht unter die Kriterien der Pflegestufe I Jahr. Nach Angaben des Bundesministeriums für fallen. Gesundheit erhielten im Jahr 2014 über 2,5 Millionen Menschen Leistungen aus der Die Pflegekasse entscheidet auf der Grundla­ Pflegeversicherung, Tendenz steigend. Mehr ge eines pflegerischen Gutachtens über die als zwei Drittel von ihnen wurden zuhause Einstufung. Wer sich zuhause pflegen lassen versorgt. will, kann zwischen Geld­ und Sachleistun­ gen oder einer Kombination von beidem 36 me in ein Heim. (Pflegegeld: 458 Euro monatlich) Geklickt Internetseiten des Bundesministe ­ riums für Gesundheit mit Informa­ tionen zur Pflegeversicherung und zu Pflegeberufen www.bmg.bund.de www.ich-pflege-weil.de Arbeitsmaterialien in der Sozial­ politik­Materialdatenbank www.sozialpolitik.com/materialien • Arbeitsblatt: Hilfe und Pflege nicht nur für Senioren (Fragebo ­ gen zur Ergebnissicherung) • Arbeitsblatt, Schaubild und Hintergrundinformationen: Pflegeversicherung • Arbeitsblatt: Pflegeberufe haben Zukunft • Schaubild: Pflegesektor: Fach­ kräfte gesucht Neuerungen in der Pflege Durch die steigende Lebenserwartung haben sich die Anforderungen an die Pflegeversicherung verändert. Um auf die steigende Zahl von Demenzkranken, also altersverwirrten Menschen, zu reagieren, wurde im Juni 2012 ein Pflege­Neuausrichtungs­Gesetz beschlossen. Die Leistungen für Demenzkranke wurden mit dem Gesetz erweitert und pflegende Angehörige und Familien stärker unterstützt. Gewählt Bürgertelefon zur Pflegeversicherung (0 30) 3 40 60 66 02 Montag bis Donnerstag 8 bis 18 Uhr, Freitag 8 bis 12 Uhr Zu Beginn des Jahres 2015 ist ein Pflegestärkungsgesetz in Kraft getreten. Es beinhaltet eine pauschale Erhöhung der finanziellen Leistungen der Pflegeversicherung um 4 Prozent. Das Gesetz entlastet vor allem die Pflegenden zuhause: Wenn sie selbst krank oder im Urlaub sind, können sie ihre pflegebedürftigen Ange­ hörigen leichter in stationäre Kurzzeitpflege, zum Beispiel in ein Heim, geben. Sie haben Anspruch auf zusätzliche Helfer im Haushalt und höhere Zuschüsse für Umbaumaßnahmen. Außerdem können sie sich bis zu zehn Tage bezahlt von der Arbeit freistellen lassen, wenn die Pflege dies erfordert. Mithilfe des Pflege­ stärkungsgesetzes sollen auch bis zu 45.000 zusätzliche Betreuungskräfte in Heimen und Krankenhäusern bezahlt werden. /////////////////////////////// Gefragt Entwerfen Sie in Gruppenar­ beit einen Prospekt, der junge Menschen für die Pflegeberufe gewinnen soll. Mit einem zweiten Pflegestärkungsgesetz soll ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeführt werden. Das Stadium der Einschränkung soll dann in fünf Grade eingestuft werden: von geringer Beeinträchtigung der Selbstständigkeit (Pflegegrad 1) bis zur schwersten Beeinträchtigung (Pflegegrad 5). Die Finanzierung der Pflege Um die zusätzlichen Leistungen zu finanzieren, wurde der Beitragssatz für die Pflegeversicherung zum Die gesetzliche Pflegeversiche­ rung zeichnet sich gegenüber den übrigen Sozialversiche­ rungen durch eine Besonder­ heit aus: Kinderlose ab 23 Jahre müssen einen Zuschlag zahlen. 1. Januar 2015 um 0,3 Prozent erhöht. Die freiwillige private Vorsorge wird vom Staat mit einem Zuschuss von 60 Euro im Jahr gefördert. So sollen die Bürger ähnlich wie bei der Rentenversicherung (siehe Seite 30/31) ermutigt werden, zusätzlich privat vorzusorgen und Geld für bessere Pflegeleistungen im Alter zu sparen. Diskutieren Sie, ob es gerecht­ fertigt ist, dass Kinderlose einen höheren Beitrag zur Pflegeversicherung leisten. /////////////////////////////// PFLEGEBERUFE HABEN ZUKUNFT Während in anderen Branchen Arbeitsplätze weg­ desländern bei 9,40 Euro pro Stunde, in den östli­ fallen, steigt die Zahl der Beschäftigten im Pflege­ chen Bundesländern bei 8,65 Euro (Stand 2015). Er bereich kontinuierlich an. Doch es fehlt immer noch soll in zwei Schritten weiter wachsen und im Januar an Nachwuchs. Um die Attraktivität der Pflegeberufe 2017 10,20 Euro (West) und 9,50 Euro (Ost) betragen. weiter zu steigern, gibt es seit August 2010 für Pfle­ Davon profitieren vor allem ungelernte Pflegekräfte gekräfte einen gesetzlichen Mindestlohn. Derzeit bei privaten Pflegediensten. Die Verbände der freien liegt die Lohnuntergrenze in den westlichen Bun­ Wohlfahrtspflege zahlen in der Regel deutlich mehr. 37 Arbeitswelt im Wandel Schüler schreiben für Schüler Wie gestalte ich mein späteres Berufsleben? Welche Herausforderungen kommen auf mich zu? Welche Chancen habe ich, und wie kann ich sie ergreifen? Karoline und Leon von der Albert-Einstein-Schule in Maintal haben sich mit diesen Fragen beschäftigt, sich bei Gleichaltrigen umgehört und ihre Ergebnisse auf diesen Seiten zusammengestellt. d ich Aufgeschrieben: mein Beruf un ten geba­ Im Kindergarten habe ich Rake en. Eine werd t stelt und wollte Astronau lieber doch dann Woche später Clown und die­ nach mich Detektiv. Heute sehne ich ­ mbe Trau r unte sem Optimismus zurück, en. könn zu n ähle rufen bedenkenlos ausw ernen Kinderleicht geht es in der mod t zu. ding Arbeitswelt wohl nicht unbe Schulab­ en mein In zwei Jahren werde ich dann? Und n. schluss in der Tasche habe ent­ zu nen Visio Es wird Zeit, berufliche ng ildu Ausb wickeln und eine passende erne mod die t zu finden. Aber wie sieh stellen Arbeitswelt aus, der ich mich in einem wendig sind. Ich muss mich also inden, chtf zure th byrin fe­La riesigen Beru ruf mbe Trau n liche mög en bis ich mein Fähig­ gen nöti die ich Hab . habe gefunden rben? keiten, also die „Hard Skills“, erwo ­ über mjob Trau en mein ich e Bekomm er fäng fsan Beru für ellen eitst haupt? Vollz Arbeit­ ener fahr uner Als are. gelw sind Man noch viele nehmer muss ich vielleicht erst ahlte gbez gerin oder hen mac Praktika n. Gleich­ hme anne jobs Mini oder Teilzeit­ ungen und zeitig soll ich aber alle Anforder llen. erfü nzen Kompete muss? ihrem Während meine Großeltern in fangen ange g Wohnort eine Ausbildun den Glo­ um rund haben, kann ich heute schon Doch . bus arbeiten oder studieren die nnt begi g bei der Wahl der Ausbildun die für fe, Beru viele erste Hürde. Es gibt so ­ not gen tzun unterschiedliche Vorausse ich auch die Neben den „Hard Skills“ muss Sozial­ sind Das en: ring mitb s“ „Soft Skill und Belast­ kompetenzen wie Flexibilität Hotel­ barkeit. Früher musste sich ein iges Hotel einz ein um nur t meis manager ls oft zu kümmern, heute gehören Hote chen iedli rsch unte an en Kett riesigen ern. Länd n dene chie vers in en Standort m eine in ch einfa en War den Früher wur Umgehört: ldende, Leon befragt Sarah (16), Auszubi ent Stud (21), und Dominik en vor? Hast Wie stellst du dir dein Berufsleb isionen? nftsv Zuku oder r Bilde du konkrete fsleben Sarah: Ich stelle mir mein Beru vor. Ich ant ress inte und nend sehr span en. Meine werde viel Neues kennen lern Fachange­ Ausbildung zur medizinischen möchte ach Dan e. Jahr drei rt stellten daue gehen, le Schu die auf Jahr ein er ich wied dann und , damit ich mein Fachabitur habe spä­ ich it dam , ieren Sozialpädagogik stud . kann iten arbe auch et Gebi ter in diesem amt, und da Dominik: Ich studiere auf Lehr chnet. Der ezei vorg de Grun im f ist der Beru igen Beru­ wen den zu rt gehö ruf erbe Lehr ben kann. fen, die man ein Leben lang ausü 38 sich mit Laden verkauft, heute muss man Online­ llel para den Medien auskennen und Als n. lebe über Handel betreiben, um zu s ich mus er Arbeitnehmer oder Arbeitgeb es Neu und ssen mich immer wieder anpa Was erhoffst du dir durch deinen zukünftigen Job? gibt es nichts Sarah: Meiner Meinung nach klich und glüc Schöneres, als Menschen sche izini med Als gesund zu sehen. Hobby mein ich e werd te stell Fachange ienen verd zu Gut hen. mac f Beru zum möchte finde ich auch wichtig, denn man en. könn en leist s etwa sich später auch der an Spaß der aber ist e tigst Das Wich gut und sie man ht mac so denn it, Arbe gerne. Beruf eine Dominik: Ich würde in meinem eher mir ist Geld Beschäftigung sehen. . Spaß der t zähl mich unwichtig, für lernen. ich auf Trotzdem: Mein Berufsleben will n Tag die Jede en. jeden Fall genießen könn oder n ichte gleichen Tätigkeiten zu verr mir zu t nich einen Beruf auszuüben, der soll Er lbar. rstel passt, wäre für mich unvo ch jedo mich mir Abwechslung bringen, hte ich nicht überlasten, schließlich möc haben. bys Hob noch Zeit für Familie und im klich glüc Erfolgreich und vor allem t­ usse Vora die Beruf zu sein, ist für mich mir e werd Ich zung für ein gutes Leben. en Traum­ also viel Mühe geben, um mein oder n Clow job zu finden. Astronaut, r dazu. meh t nich s Detektiv zählen allerding Leon Bornemann neuen AufDein Chef gibt dir plötzlich einen rbeiten, eina e lang dich trag. Du müsstest in diesem dich du da , tehen vers zu um alles t. enns Fachgebiet bisher nur wenig ausk Was machst du? mit Freude Sarah: Den Auftrag nehme ich seinen mit hst wäc entgegen, denn man es Neu s etwa man n Wen Aufgaben. umso mehr, geschafft hat, freut man sich steigt. fühl und auch das Selbstwertge Arbeit Dominik: Sollte irgendwo noch und kann gut n zu tun sein, die ich scho e dies ich de wür ht, die mir Spaß mac bevorzugen. Leon Bornemann 16 Jahre Albert-Einstein-Schule Maintal Karoline Dotterweich 15 Jahre Albert-Einstein-Schule Maintal Diskussion: Arbeitswelt von morgen Leon und Karoline diskutieren mit Schülern, Auszubildenden, Studierenden und Berufstätigen. Der Arbeitnehmer von morgen wird flexibler arbeiten als heute, selbstständiger, aber auch selbstverantwortlicher. Er wird in wechselnden Teams, wechselnden Projekten und für wechselnde Arbeitgeber arbeiten. Betrachtest du das als positive Herausforderung, oder bereitet dir die fehlende Sicherheit und Plan- barkeit Sorge? Giuliana (13), Schülerin: Das kommt auf den Beruf an. Wenn er Spaß macht, ist es bestimmt total schön, immer wieder neue Leute und Arbeitsweisen kennen zu ler­ nen.  Denise (18), Auszubildende: Wechselnde Arbeitsorte und Arbeitgeber sind sicher­ lich nützlich, um sich weiterzubilden und neue Kontakte zu knüpfen. Man hat mehr Möglichkeiten, wenn man nicht gebunden ist. Dennis (21), Student: Für junge Arbeitneh­ mer sind neue Projekte und Arbeitsplätze bestimmt interessant, sie können viele Wege für die Karriere öffnen. Aber ab einem gewissen Alter möchte man einen geregelten beruflichen Alltag haben, um sich besser um die Familie und Freizeit kümmern zu können. Als moderner Arbeitnehmer muss man sich ständig weiterbilden. Doch nicht immer reicht die Zeit für alles. Am Wochenende findet eine interessante und wichtige Fortbil- dung statt, doch am gleichen Wochenende feiert dein Onkel Geburtstag. Wie würdest Du hast Urlaub und willst entspannen. Bist du für deinen Chef trotzdem erreichbar, oder schaltest du dein Handy aus? Denise: Ich würde mein Handy anlassen, um erreichbar zu sein. In meinem Urlaub würde ich jedoch nur arbeiten, wenn es absolut wichtige Aufgaben sind. Marcel (16), Schüler: Nein, im Urlaub will ich entspannen. Ich würde mein Handy du entscheiden? zwar anlassen, doch wenn der Chef anruft , das Gespräch nicht annehmen. Sybille (48), Finanzberaterin: Wenn ich die Chance bekomme, mich weiterzubilden, Sybille: Ich bin auf jeden Fall erreichbar. Wenn ich gut in meinem Beruf bin und wäre das zu meinem eigenen Vorteil, und ich hätte bessere Aufstiegschancen. Ich würde meinem Onkel am Telefon gratulie­ ren und den Geburtstag eventuell nach­ mich offen zeige, bin ich irgendwann die­ jenige, die befördert wird und mehr Geld bekommt. Gerade bei der heutigen Wirt­ schaftslage muss ich als Arbeitnehmer feiern. sehr motiviert sein. Dennis: Familie geht absolut vor. Ich Andre (20), Auszubildender: Ich würde meinem Chef sagen, dass ich nur zu würde versuchen, die Fortbildung nachzu­ holen. Cathy (16), Schülerin: Nein, den Onkel sieht man noch oft, aber die Fortbildung ist eine einmalige Gelegenheit. bestimmten Zeiten erreichbar sein werde, zum Beispiel von 12 bis 15 Uhr. Den Groß­ teil meines Urlaubs hätte ich gerne für mich. 39 Über dieses Heft Sozialpolitik Sozialpolitik ist ein kostenloses Medienpaket für den Unterricht in den Klassen 9 bis 12/13 an allgemeinbildenden Schulen sowie an berufsbildenden Schulen und FÜR SMARTPHONE-NUTZER: BESTELLUNG IM INTERNET für das Selbststudium. Die Materialien führen in das Thema Soziale Sicherung ein und geben einen Überblick über den Sozialstaat Deutschland sowie die wichtigsten Bereiche der Sozialpolitik. Das Medienpaket umfasst ein Schülermagazin, zwei Arbeitshefte (davon eins zusätzlich in Leichter Sprache für den inklusiven Unterricht), einen Foliensatz, BESTELLADRESSE: eine Lehrerinformation sowie die Internetplattform www.sozialpolitik.com mit Bestellservice Jugend und Bildung interaktiven Modulen (Wissensquiz, Umfragen, Kommentare). Auf der Internet- 65341 Eltville seite werden jeden Monat aktuelle sozialpolitische Themen für den Unterricht aufbereitet und Arbeitsblätter als barrierefreie PDF-Dateien zum Herunterladen Fax: (0 61 23) 9 23 82 44 E-Mail: [email protected] Internet: www.sozialpolitik.com angeboten. Schulen können die Schüler- und Arbeitshefte in Klassensätzen oder www.jubi-shop.de kostenlos beziehen. Bestell-Nr. A999 AUSSTELLUNG „IN DIE ZUKUNFT GEDACHT“ BILDER UND DOKUMENTE ZUR DEUTSCHEN SOZIALGESCHICHTE Die Ausstellung bietet eine Zeitreise durch die Deutsche Sozialgeschichte – besonders geeignet für Schülerinnen und Schüler ab der 7. Klasse in den Fächern Geschichte, Politik und Deutsch. ORT: Foyersaal des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Wilhelmstraße 49, 10117 Berlin ÖFFNUNGSZEITEN: Montag bis Freitag von 9 Uhr bis 16 Uhr bei freiem Eintritt FÜHRUNGEN: kostenlose Gruppenführungen, organisiert vom Ministerium, auch für gehörlose und hörgeschädigte Menschen ANMELDUNG ZUR FÜHRUNG PER E-MAIL: [email protected], bitte mindestens zwei Wochen vor dem gewünschten Führungstermin ANMELDUNG ZUR FÜHRUNG PER TELEFON: (01 60) 90 97 46 85, bitte mindestens vier Wochen vor dem gewünschten Führungstermin KOSTENLOSE ARBEITSHEFTE ZUR AUSSTELLUNG: Heft 1: Vom späten Mittelalter bis zum Zweiten Weltkrieg (Bestellnummer A204), Heft 2: Von 1945 bis heute (Bestellnummer A205) WEITERE KOSTENFREIE BEGLEITMATERIALIEN FÜR LEHRKRÄFTE: www.bmas.de, unter der Rubrik Publikationen INFORMATIONEN: www.ausstellung.bmas.de und www.in-die-zukunft-gedacht.de 40