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Spezielle Anorganische Chemie

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Einleitung ☞ Eine Metall-Komplex oder Koordinationsverbindung [MXaLb] besteht aus einem zentralen Metallatom oder Metallkation (M), an das eine bestimmte Anzahl (a+b) von Liganden (X und L) gebunden ist. ☞ Ein Metallkomplex ist eine neue Verbindung mit anderen Eigenschaften als die Bindungspartner. ☞ Die Komplexe können neutral, negativ oder positiv geladen sein. ☞ Metallorganische Verbindungen (Spezies mit einer Metall-Kohlenstoff-Bindung) zählen auch zu den Komplexverbindungen. Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) ☞ Zur Kennzeichnung der Komplexeinheit wird eine eckige Klammer verwendet. ☞ Komplexe können mit Hauptgruppen-, Übergangs-, Lanthanoid- und Actinoidmetallen gebildet werden. ☞ Die Übergangsmetalle zeigen durch ihre unvollständig gefüllte d-Schale und wegen der d-Orbitalbeteiligung an der Metall-Ligand-Bindung besondere Effekte. ☞ Komplexe, bei denen alle Liganden identisch sind, werden als homoleptisch bezeichnet, und bei verschiedenen Liganden spricht man von heteroleptischen Komplexe. Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) Metall-Ligand-Wechselwirkung ☞ Die Metall-Ligand-Bindung kann eine normale Kovalente Bindung sein, zu der beide Bindungspartner ein Elektron beitragen. Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) ☞ Die Metall-Ligand-Bindung kann auch eine Koordinative Bindung sein, die aus der Überlappung eines freien Elektronenpaars des Liganden mit einem leeren Orbital des Metallatoms gebildet werden kann. ☞ Die entstandene Bindung ist eine σ-Donorbindung vom Liganden zum Metallatom. Die Schreibweise M←NH3 zeigt an, dass beide Elektronen vom Liganden NH3 stammen (M: nimmt ein Elektronpaar auf; NH3: gibt ein Elektronpaar ab) Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) ☞ Die σ-Donorbindung vom Liganden zum Metallatom kann durch π-Donorbindung oder durch π– Akzeptorbindung ergänzt werden. Die Oxidationszahl des Metalls muss zwischen -1 und +1 sein ☞ Die entstandene Bindung besteht aus einer σ- und πBindung Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) σ-Donor und π-Donorkomplexe ☞ In σ-Donor- und π-Donorkomplexe liegen die Metallatome in oxidierter Form und in einer höheren Oxidationsstufe vor. ☞ Über die π-Donorbindungen fließt zusätzliche Elektronendichte vom Liganden zum positiven elektronenarmen Metallion. ☞ σ- und π-Donorkomplexe können mit den folgenden Liganden gebildet werden: Halogeno-Ligand: F-, Cl-, Br-, I-; Sulfido-Ligand: S2-; Oxo-Ligand: O2-; Hydroxo-Ligand: OH-; Aqua-Ligand: H2O; Nitrido-Ligand: N3-; Cyano-Ligand: CN- Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) σ-Donor und π-Akzeptorkomplexe ☞ In σ-Donor- und π-Akzeptorkomplexe liegen die Metallatome in einer reduzierten Form und einer niedrigen Oxidationsstufe vor (-1 < Oxidationszahl des Metalls < +1). ☞ Über die π-Akzeptorbindungen fließt verfügbare Elektronendichte vom elektronenreichen Metallatom in die leere Orbitale des Liganden. ☞ Verbindungen mit σ-Donor und π-Akzeptorbindungen finden sich unter den Organometallkomplexen der Übergangsmetalle (Komplexe mit direkten MetallKohlenstoff-Bindungen). σ-Donor-/π-Akzeptor-Liganden: Ethen, Benzen, Ethin. Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) Geschichte Prof. Dr. Alfred Werner (1866 Mülhausen, † Zürich 1919) Nobelpreis für Chemie, 1913 Die Erforschung der Koordinationsverbindungen begann Ende des 19. Jahrhunderts. Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) ☞ Der Chemiker Alfred Werner erkannte, dass jedes Metall zu einer Oxidationsstufe (Hauptvalenz) eine feste Koordinationszahl (Nebenvalenz) besitzt. ☞ Die Hauptvalenz führt zu einer entsprechenden Zahl von Gegenanionen oder anionischen Liganden. ☞ Die Nebenvalenz kann durch anionische oder neutrale Liganden erfüllt werden. Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) ☞ Die Liganden sind in der inneren Koordinationssphäre des zentralen Atoms fest gebunden und ergeben zusammen eine neue Verbindung. ☞ Der Alfred Werner ging noch weiter und postulierte räumlich gerichtete Metall-Ligand-Bindungen, z.B. bei sechs Liganden um ein Zentralatom ist eine oktaedrische Anordnung möglich. Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) Nomenklatur von Komplexverbindungen Bei der Nomenklatur ist zwischen der Formel und dem Namen einer Komplexverbindung zu unterscheiden. I) Aufstellung von Komplexformeln II) Benennung von Komplexverbindungen Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) Formel von Koordinationsverbindungen 1. Ein Komplex soll durch eckige Klammern gekennzeichnet werden. Eine eventuell vorhandene Ladung wird als Exponent hinter der eckigen Klammer geschrieben. 2. Als erstes wird das Zentralatom geschrieben, dann die Liganden. Die anionische Liganden treten vor die neutralen Liganden auf. Für mehratomige Liganden sowie Abkürzungen für Liganden werden runde Klammern verwendet 3. Innerhalb der Liganden erfolgt eine alphabetische Reihung nach den ersten Ligandensymbolen. 4. Gegenionen (Kationen oder Anionen) werden, wie bei Salzen, in der Reihenfolgen Kation-Anion geschrieben. Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) Beispiele: (a) Ein Co(III)-Komplex besteht aus Chloro- und AmminLiganden sowie aus einem Chloro-Gegenanion: [CoCl2(NH3)4]Cl Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) (b) Ein Ir(I)-Komplex besteht aus Chloro-, Carbonyl- und Triphenylphosphan-Liganden: [IrCl(CO)(PPh3)2] Jeweils erfolgt eine alphabetische Reihenfolge nach Ligandensymbol / Atom (c) Ein Pt(II) Komplex besteht aus Bromo-, Chloro-, Nitro-, und Ammin-Liganden sowie aus einem Gegenkation: Na[PtBrCl(NH3)(NO2)] Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) Name von Koordinationsverbindungen 1. Zuerst werden die Liganden (in alphabetischer Reihefolge) genannt, und dann das Zentralatom. 2. Die Anzahl der Liganden wird durch die multiplikativen Präfixe: Mono-, Di-, Tri-, Tetra- und auch in speziellen Fällen durch Bis-, Tris, Tetrakis- angegeben. Die letztere werden bei komplizierten Namen verwendet: wie z.B. (PH2Me)3 heißt nicht Tri(methylphosphan) sondern Tris(methylphosphan) zur Unterscheidung von Trimethylphosphan PMe3. Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) Name von Koordinationsverbindungen 3. Nach dem Präfix setzt man den Ligandennamen in runde Klammern. 4. Das Zahlwort (das Präfix) für die Anzahl der jeweiligen Liganden wird nicht bei alphabetischen Reihung berücksichtigt. 5. Der Name des Zentralatoms endet bei einem anionischen Komplex auf -at. Die Oxidationszahl des Zentralatoms wird in eingeklammerten römischen Ziffern angegeben. Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) 6. Der Name der Liganden bleibt für neutrale Ligande unverändert und wird in runde Klammern gesetzt. Ausnahme: H2O: Aqua CO: Carbonyl NH3: Ammin NO: Nitrosyl 7. Der Name von anionischen Liganden endet auf -o. wie z.B. Cl-: Chloro OH-: Hydroxo S2-: Thio oder Sulfido NH2-: Imido Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) 8. In mehrkernigen Komplexe werden verbrückende Liganden, die zwei oder mehr Zentralatome verbinden, durch das Präfix μ- im Namen und in der Formel gekennzeichnet. Die Zahl der Zentralatome wird durch den Brückenindex n als μn angegeben. Für n=2 wird der Index weggelassen. 9. Für organische Liganden werden häufig spezielle Abkurzungen verwendet. wie z.B. Pyridin wird als py symbolisiert ethylendiamin: en Oxalato: ox2Acetato: Ac- oder –OAc Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) 10. Bei Liganden, die mehrere Donoratome verfügen, wird die Anbindung an das Zentralatom in der Benennung gekennzeichnet. z.B. a) Nitrito-N: –NO2 Nitrito-O: –ONO b) Isothiocyanato: -NCS Thiocyanato: -SCN c) Isocyanato: -NCO Cyanato: -OCN Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) 11. Bei komplizierten Liganden (mehr als ein Ligand werden gleichzeitig angebunden) wird die Zahl der Donoratome (n, die Haptizität) durch kn gekennzeichnet. Bei Cgebunden Liganden wird die Haptizität durch ηn (griechisches Eta) gekennzeichnet. Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) Beispiele 1. [CoCl2(NH3)4]Cl Tetraammin-dichloro-cobalt(III)-chlorid 2. [IrCl(CO)(PPh3)2] Carbonyl-chloro-bis(triphenylphosphan)-iridium(I) 3. Na[PtBrCl(NO2)NH3] Natrium-ammin-bromo-chloro-nitrito-N-platinat(II) ☞ Nitrito-N: Es wird mit N gebunden (-NO2) Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) 4. [Ni(H2O)2(NH3)4]SO4 Tetraammin-diaqua-nickel(II)-sulfat 5. [PtCl2(NH3)(py)] Ammin-dichloro-(pyridin)-platin(II) 6. [Cr(ox)(en)2][Cr(ox)2(en)] Kation Anion Bis(ethylendiamin)-oxalato-chrom(III)ethylendiamin-bis(oxalato)-chromat(III) Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) 7. [{PtCl(PPh3)}2(μ-Cl)2] Di-μ-chloro-bis{chloro-(triphenylphosphan)-platin(II)} 8. [Co(NO2)(ONO)(NH3)4]+ Tetraammin-nitrito-N-nitrito-O-cobalt(III) 9. (NBu4)2[ReBr4(NCS)(SCN)] Bis(tetra-n-butylammonium)-tetrabromo-isothiocyanatoThiocyanato-rhenat(IV) 10. [CoCl(NH3)5]Cl2 Pentaammin-chloro-kobalt(III)-chlorid Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) 11. Bis(η5-cyclopentadienyl)-eisen(II) 12. [Ni(H2O)2(NH3)4]SO4 Tetraammin-diaqua-nickel(II)-sulfat 13. [PtCl2(NH3)(C5H5N)] Ammin-dichloro-(pyridin)-platin(II) 14. [PtCl2(NH3)2] Diammin-dichloro-platin(II) Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) Liganden in Koordinationsverbindungen Bei den Liganden kann man unterscheiden: ☞ Anorganische Liganden Ionen (z.B. F-, Cl-, CN-) oder Moleküle (z.B. H2O, NH3) ☞ Organische Liganden Moleküle mit funktionellen Gruppen, die freie Elektronen -paare besitzen: z.B. Amine, Carboxylate Moleküle mit π-Elektronen: z.B. Alkene, Alkine, Aromaten (Benzen oder Cyclopentadienyl-Anion) Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) Anorganische Liganden ☞ Halogen-, Sauerstoff- und Schwefel-Donorliganden F-, Cl-, Br-, I- : Fluoro, Chloro, Bromo, Iodo O2- : Oxo, oxido O22- : Peroxo OH- : Hydroxo H2O : Aqua NO3- : Nitrato SO42- : Sulfato S2- : Sulfido, Thio ☞ Wasserstoff-Donorliganden H- : Hydrido H2 : Diwasserstoff Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) Anorganische Liganden ☞ Stickstoff- und Phosphor-Donorliganden NH2- : Imido NH2- : Amido NH3 : Ammin N2 : Distickstoff N3- : Azido NO, NO+ : Nitrosyl PH3 : Phosphan, Phosphin ☞ Kohlenstoff-Donorliganden CO : Carbonyl CH3 : methyl Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) Organische Liganden CH3O- : Methanolato, Methoxo CH3CH2O- : Ethanolato, Ethoxo C6H5O- : Phenolato, Phenoxo C2O42- : Ethandioato, Oxalato CH3CO2- : Acetato CF3SO3- : Trifluoromethansulfonato CH3NH2 : Methylamin H2NCH2CH2NH2 : Ethylendiamin C5H5N : Pyridin CH3CN : Acetonitril P(C6H5)3 : triphenylphosphan Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) Klassifizierung von Liganden - Ligandenklassen Es gibt mehrere Möglichkeiten Liganden zu klassifizieren: ☞ Elektronenbedarf, Elektronenbeitrag zur MetallLigand-Bindung ☞ Zähnigkeit (Zahl der Donoratome) ☞ Art der Donoratome oder Donoratom-kombinationen ☞ σ-Donor und π–Donor oder π–Akzeptorcharakter (Ligandenstärke) ☞ Räumlicher Bau Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) ☞ Elektronenbedarf, Elektronenbeitrag Ligand-Bindung zur Metall- Bezüglich ihrer Fähigkeit um Elektronen beizutragen können klassifiziert werden: a) Liganden, die ein, zwei oder drei Elektronen an das Metallatom beitragen: X-, X2-, X3-Liganden. b) Liganden, die ein, zwei oder drei Elektronenpaaren an das Metallatom beitragen: L-, L2-, L3-Liganden. c) Liganden mit sowohl X als auch L-Funktionalität: LX, LX3, L2X4. Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) X-Liganden X2-Liganden X3-Liganden Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) L-Liganden L2-Liganden L3-Liganden Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) LX-Liganden LX2-Liganden LX3-Liganden Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) L2X-, L2X3- und L2X4-Liganden Tetraanion der Ethylendiamintetraessigsäure Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) Weiter Möglichkeiten zur Liganden-Klassifizierung ☞ Zähnigkeit (Zahl der Donoratome) Einzähnig: Pyridin Zweizähnig: 1,10-Phenanthrolin Dreizähnig: 2,6-Diiminopyridin Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) ☞ Art der Donoratome oder Donoratom-kombinationen N,N,N- oder N3-Ligand: 2,2´,6´,2´´-Terpyridin (terpy) P,S-Ligand: (2-(methylthio)phenyl)-diphenylphosphan Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) ☞ Art der Donoratome oder Donoratom-kombinationen N,N,O,O- oder N2O2-Ligand: N,N-Bis(salicyliden)ethylendiamino (salen) Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) ☞ σ-Donor und π–Donor oder π–Akzeptorcharakter (Ligandenstärke) Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015) ☞ Räumlicher Bau Dr. Tsierkezos Spezielle anorganische Chemie (Wintersemester 2014/2015)