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Für eine konsequente Tabakprävention. www.abnr.de
Aktionsbündnis Nichtrauchen e.V. | c/o Deutsche Krebshilfe | Buschstraße 32 | 53113 Bonn
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Dr. med. Martina Pötschke-Langer
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Bonn/Berlin, 23. Mai 2016
Stellungnahme des ABNR e.V. zum Entwurf für ein Erstes Gesetz zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes ______________________________________________________________________________ Das Ak7onsbündnis Nichtrauchen e.V. (ABNR) begrüßt die Absicht der Bundesregierung, die Tabakpräven7on in Deutschland mit einer Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes zu stärken. Zu den vorgesehenen Änderungen gehören die Einschränkung der Werbung für Tabakerzeugnisse, elektronische ZigareSen und Nachfüllbehälter im Außenbereich und im Kino sowie der kostenlosen Abgabe von Tabakprodukten. Begrüßenswert ist die Einbeziehung der elektronischen ZigareSen und Nachfüllbehälter in die geplanten Maßnahmen zur Tabakpräven7on. Bedauerlicherweise lässt die Bundesregierung die Gelegenheit verstreichen, nunmehr mit klaren und weitreichenden Regelungen in Deutschland ein ähnliches Gesundheitsschutzniveau zu erreichen, wie dies die WHO in der Framework Conven7on on Tobacco Control (FCTC) vorsieht und wie dies in anderen Ländern der Europäischen Union bereits seit Jahren der Fall ist.
Im Aktionsbündnis Nichtrauchen e.V. (ABNR) sind u.a. vertreten: Ärztlicher Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit e.V., München | Bundesärztekammer, Berlin | Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V., Bonn | Deutsche Gesellschaft für Kardiologie e.V., Düsseldorf | Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V., Werne | Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V., Hamm | Deutsche Herzstiftung e.V., Frankfurt am Main | Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg | Deutsche Krebsgesellschaft e.V., Berlin | Deutsche Krebshilfe, Bonn | Deutsche Lungenstiftung e.V., Hannover
Vereinsregister VR 9669
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Für eine konsequente Tabakprävention.
Das ABNR schlägt daher folgende Änderungen vor:
A)
"Verbot der Außenwerbung" (§ 20a Entwurf Änderung TabakerzG)
1.
Ausnahme zum Verbot der Außenwerbung (§ 20a S. 2 Entwurf Änderung TabakerzG)
Das geplante "Verbot der Außenwerbung" sieht gravierende Ausnahmen vor, da zukün`ig weiterhin an Gebäudeaußenflächen von Geschä`sräumen des Fachhandels (Mauerwerk und Fenster) geworben werden darf. Die Bundesregierung verweist in der Gesetzesbegründung zwar zu Recht darauf, dass Verbote der Außenwerbung ein wirksames MiSel darstellen, um eine weitere Senkung der Raucherquote zu erreichen. Durch die nun vorgesehenen erheblichen Einschränkungen wird das Tabakwerbeverbot und damit dessen Wirksamkeit jedoch in einem erheblichen Umfang unterminiert. Zudem liefert der Gesetzentwurf keine Begründung, warum Gebäudeaußenflächen von Geschä`sräumen von dem allgemeinen Tabakaußenwerbeverbot auszunehmen sind. Die Ausnahme steht der Inten7on der Bundesregierung, dem Gesundheits- und Jugendschutz eine überragende Bedeutung zuzubilligen entgegen (Begründung S. 8, Abs. 3). Dadurch, dass die Werbung und Präsenta7on am Ort des Verkaufs zulässig bliebe, würden die "Werbemaßnahmen aus den besonderen Gründen des Gesundheits- und Jugendschutzes so kanalisiert, dass von ihnen primär Personen erreicht werden, die sich ohnehin schon in einem einschlägigen Verkaufsumfeld mit Warenpräsenta7on und ggf. werbenden Verkaufsgesprächen befinden.“ Eine für alle weithin sichtbare Werbung an den Außenflächen von Tabakwarenläden würde dieser Vorgabe jedoch unmiSelbar widersprechen. Eine Vielzahl von Möglichkeiten der Außenwerbung im Straßenbild würde durch die vorgesehene Regelung bestehen bleiben, denn der Gesetzentwurf lässt völlig offen, welche VerkaufsstäSen unter den Begriff des "Fachhandels" zu subsumieren wären und wie großflächig die Werbung auf dem Gebäude erfolgen dür`e. Das wäre insbesondere im kombinierten Fachhandel mit Tabakwaren, Presse und LoSo sowie bei Fachgeschä`en in Supermärkten/Einkaufszentren problema7sch, zumal diese - ggf. mit finanzieller Unterstützung durch Tabakunternehmen oder Hersteller elektronischer ZigareSen - an pres7geträch7gen und öffentlichkeitswirksamen Orten eröffnet werden könnten. Die vorgesehene Regelung, Außenwerbung des Fachhandels trotz eines dann geltenden Außenwerbeverbots zu ermöglichen, ist widersprüchlich und würde der Inten7on des Gesetzentwurfs diametral entgegenstehen. Das ABNR empfiehlt daher nachdrücklich, die Ausnahmeregelung zu streichen.
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2.
DefiniOon der Außenwerbung (§ 2 Nr. 9 Entwurf Änderung TabakerzG)
Die Defini7on der Außenwerbung ist unscharf. Das ABNR geht davon aus, dass jegliche Form der Außenwerbung erfasst werden soll und zwar Werbung miSels einer ortsfesten Einrichtung, Werbung durch direkte Ansprache von Verbraucherinnen und Verbrauchern und/oder Werbung in sons7ger Weise. Insbesondere fallen hierunter Plakate, Beschri`ungen, Bemalungen, Lu`- oder Lichtwerbung. Der vorliegende Gesetzentwurf nennt den aus dem Bauordnungsrecht entlehnten Begriff der "ortsfesten Einrichtungen" (Werbeanlagen). Damit wird der Begriff der "Außenwerbung" eingeschränkt. Eine Konsequenz daraus wäre, dass "nicht ortsfeste" Werbung aus der Defini7on herausfiele. Auf diese Weise könnte das Werbeverbot in erheblichem Umfang umgangen werden (z.B. Werbung miSels Flächennutzung an Fahrzeugen, insbesondere LKW, Baugerüste, Heißlu`ballon, Sonnenschirme, Tischaufsteller, Bierdeckel). Das ABNR empfiehlt daher dringend eine Klarstellung der DefiniOon der Außenwerbung dahingehend, dass diese umfassend, d.h. ohne Einschränkung auf Werbung miUels einer ortsfesten Einrichtungen, zu verstehen ist.
3.
Übergangsfrist bis 2020 (§ 47 Entwurf Änderung TabakerzG)
Das Verbot von Außenwerbung für Tabakerzeugnisse, elektronische ZigareSen und Nachfüllbehälter soll erst nach vier Jahren, zum 01.07.2020, in Kra` treten. Es ist kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich, weshalb eine Übergangsfrist erforderlich sein soll, da der angestrebte Rechtszustand (Tabakaußenwerbeverbot) unmiSelbar umgesetzt werden kann. ProdukSechnische Anpassungen sind nicht erforderlich, so dass eine Umsetzung bereits im Jahr 2016, jedenfalls deutlich früher als erst im Jahr 2020, erfolgen könnte. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht, da zwar das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gem. Art. 14 GG geschützt ist, nicht jedoch tatsächliche Vorteile wie den Verkäufer begüns7gende Verkaufsmodalitäten oder zukün`ige Umsatz- und Gewinnchancen. Vertrauensschutzgesichtspunkte greifen ebenfalls nicht, da das Versäumnis einer frühzei7gen Umsetzung von Art. 13 Abs. 2 FCTC kein Vertrauen in den bestehenden (rechtswidrigen) Zustand rechner7gt. Das ABNR empfiehlt daher, die im Gesetzentwurf vorgesehene Übergangsfrist bis zum 1.7.2020 zu streichen.
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B)
Verbot der kostenlosen Abgabe von Tabakerzeugnissen (§ 20b Entwurf Änderung TabakerzG)
Die kostenlose Abgabe soll gemäß Gesetzentwurf für ZigareSen, Tabak zum Selbstdrehen und Wasserpfeifentabak verboten werden. Das Abgabeverbot soll nun jedoch in zweierlei Hinsicht wesentlich abgeschwächt werden: 1) Rauchlose Tabakerzeugnisse sowie elektronische ZigareSen oder Nachfüllbehälter dürfen weiterhin in Geschä`sräumen des einschlägigen Fachhandels kostenlos abgegeben werden. 2) Das Abgabeverbot für diese Produkte außerhalb der Tabakfachgeschä`e soll erst am 20. Mai 2020 in Kra` treten. Die Bundesregierung schätzt das Verbot der kostenlosen Abgabe als wirksames MiSel zur Senkung der Raucherquote ein. Sie ist der Überzeugung, dass die kostenlose Abgabe einen Anreiz zum Eins7eg in den oder zur Fortsetzung des Konsums insbesondere für preisbewusste Konsumenten, wie z.B. junge Erwachsene setzt. (Begründung, Seite 7, Abs.3). Die beiden – an keiner Stelle begründeten – Ausnahmen vom Abgabeverbot stehen jedoch im krassen Widerspruch zu diesen Einschätzungen. Das ABNR empfiehlt, ein Verbot der kostenlosen Abgabe sämtlicher Tabakerzeugnisse sowie von E-ZigareUen auszusprechen.
C)
Fazit
Das ABNR sieht in der Novellierung des Tabakerzeugnisgesetzes durch den vorliegenden Gesetzentwurf grundsätzlich einen FortschriS in der Tabakpräven7on Deutschlands. Das Bündnis stellt aber mit Besorgnis fest, dass die vorgesehenen neuen Regelungen durch Ausnahmen und Übergangsfristen in wesentlichen Punkten deutlich abgeschwächt werden. Wir plädieren dringend dafür, den Gesetzentwurf entsprechend unserer Einwände dahingehend zu ändern, den Begriff der Außenwerbung klar zu definieren, die genannten Fristen deutlich zu verkürzen, Ausnahmen bei der Außenwerbung und Ausnahmen bei der kostenlosen Abgabe von elektronischen ZigareSen zu streichen. Nur dann werden sowohl die Einschränkung der Außenwerbung als auch das Verbot der Abgabe von Tabakerzeugnissen/E-ZigareSen ihre volle Wirksamkeit ennalten können.
Gez. Dr. Mar7na Pötschke-Langer
Vorsitzende des ABNR e.V. 4 www.abnr.de