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Bachelorarbeit von Cedric Sommer
SUSY-Ketten und angeregte Zust¨ ande im PT -symmetrischen Doppelmuldenpotential
Abgabe: 18. Dezember 2015 Pr¨ufer: Priv.-Doz. Dr. Holger Cartarius
1. Institut f¨ur Theoretische Physik Universit¨at Stuttgart Pfaffenwaldring 57, 70550 Stuttgart
Der Wissenschaftler findet seine Belohnung in dem, ” was Poincar´e die Freude am Verstehen nennt, nicht in den Anwendungsm¨oglichkeiten seiner Erfindung.“ — Albert Einstein
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1.1 Einf¨ uhrung in das Thema 1.2 Was bisher geschah . . . . 1.3 Ziel dieser Arbeit . . . . . 1.4 Aufbau dieser Arbeit . . .
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1 1 2 3 4
2 Bose-Einstein-Kondensate 2.1 Bose-Einstein-Kondensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Gross-Pitaevskii-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3 Nichthermitesche Quantenmechanik und PT -Symmetrie 3.1 Nichthermitesche Quantensysteme . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Hermitesche Operatoren . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Beschreibung offener Quantensysteme . . . . . . 3.2 PT -symmetrische Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 PT -Operator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Lineare PT -symmetrische Systeme . . . . . . . 3.2.3 Nichtlineare PT -symmetrische Systeme . . . . .
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9 9 9 10 11 12 14 15
4 Supersymmetrie 4.1 Bose-Fermi-Supersymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Lineare Bose-Fermi-Systeme und Besetzungszahldarstellung . 4.1.2 SUSY-Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Supersymmetrische Hamiltonoperatoren und Energiespektren . 4.1.4 Nichtlineare Bose-Fermi-Systeme und kanonische Darstellung . 4.2 Supersymmetrische Quantenmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Konstruktion des Partnerpotentials . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 SUSY-Ketten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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17 17 18 19 21 23 25 26 29
PT -symmetrische Doppelmuldenpotential Konstruktion des Potentials . . . . . . . . . . . . . . . . . . Numerische Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenwertspektrum und Eigenzust¨ande ohne Nichtlinearit¨at 5.3.1 Grundzustand und erster angeregter Zustand . . . .
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31 31 33 35 35
5 Das 5.1 5.2 5.3
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Inhaltsverzeichnis
5.4
5.3.2 Zweiter und dritter angeregter Zustand . . . . . . . . . . . . . . . Eigenwertspektrum und Eigenzust¨ande mit Nichtlinearit¨at . . . . . . . .
6 SUSY-Erweiterung des PT -symmetrischen Doppelmuldenpotentials 6.1 Numerische Vorgehensweise zur Anwendung des SUSY-Formalismus 6.2 SUSY-Level 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 SUSY-Level 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Stetiges Entfernen der Grundzust¨ande . . . . . . . . . . . . 6.3.2 Vorheriges Entfernen des ersten angeregten Zustands . . . .
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37 42 45 45 46 47 47 52
7 Zusammenfassung und Ausblick
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Literaturverzeichnis
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Danksagung
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vi
1 Einleitung 1.1 Einfu ¨hrung in das Thema Auch wenn noch immer Zweifel an der Vollst¨andigkeit der Quantenmechanik als physikalische Theorie bestehen, so war und ist sie doch sehr erfolgreich bei der Aufl¨osung elementarer Widerspr¨ uche des 20. Jahrhunderts und der Beschreibung physikalischer Systeme im mikroskopischen Bereich. Der Zustand, in dem sich ein solches System befindet, wird im Formalismus der Quantenmechanik durch einen Zustandsvektor |ψi in einem komplexen Hilbertraum beschrieben. ˆ dargestellt, welche Messgr¨oßen, auch Observablen genannt, werden durch Operatoren X auf die Vektoren des Hilbertraums wirken. M¨ogliche Messwerte der Observablen sind dann gerade die Eigenwerte des korrespondierenden Operators, das Mittel der Messwerˆ Weil unsere Welt reell ist te entspricht dem quantenmechanischen Erwartungswert hXi. – komplexe Energien, Impulse oder Ortsangaben ergeben beispielsweise keinen Sinn – m¨ ussen eben diese Eigenwerte und Erwartungswerte reell sein. Eine M¨oglichkeit, dies sicherzustellen, ist, ausschließlich hermitesche Operatoren zuzulassen. In Bezug auf den Hamiltonoperator, der die Gesamtenergie des Systems beschreibt, hat diese Forderung einen weiteren, h¨aufig explizit gew¨ unschten Effekt: Die Normerhaltung quantenmechanischer Zust¨ande unter Zeitentwicklung. Nach der Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik entspricht die Norm hψ|ψi einer Wellenfunktion ψ(x) im Ortsraum der Wahrscheinlichkeit, das beschriebene Teilchen irgendwo nachzuweisen, und muss daher in geschlossenen Systemen zu jedem Zeitpunkt den Wert 1 annehmen. In offenen Quantensystemen findet allerdings durchaus ein Austausch dieser Wahrscheinlichkeitsamplitude mit der Umgebung statt, weshalb die hermitesche Quantenmechanik nicht in der Lage ist, offene Quantensysteme als solche zu beschreiben. Eine Behandlung im Rahmen der hermiteschen Quantenmechanik w¨ urde eine Modellierung der Umgebung erfordern, was h¨aufig sehr aufwendig oder schlicht unm¨oglich ist. Im Rahmen der nichthermiteschen Quantenmechanik k¨onnen lokale Gewinne und Verluste der Wahrscheinlichkeitsdichte jedoch durch imagin¨are Potentialanteile beschrieben werden [1]. F¨ ur komplexe Potentiale und daraus resultierende nichthermitesche Hamiltonoperatoren ist im Allgemeinen aber nicht mehr sichergestellt, dass Messgr¨oßen wie Eigenwerte
1
1 Einleitung und Erwartungswerte reell sind. Hierf¨ ur gen¨ ugt jedoch auch ein anderes, viel schw¨acheres Kriterium: Bender und Boettcher konnten 1997/98 zeigen, dass PT -symmetrische Operatoren auch im nichthermiteschen Fall in manchen Parameterbereichen rein reelle Eigenwertspektren besitzen [2]. Diese Erkenntnis stieß auf großes wissenschaftliches Interesse und 2009/10 gelang die experimentelle Umsetzung solcher PT -symmetrischen Systeme mit optischen Aufbauten [3–5], welche sich hinsichtlich der mathematischen Beschreibung weitestgehend analog zur Quantenmechanik verhalten. Die experimentelle Umsetzung in einem echten Quantensystem steht bis heute noch aus, aktuelle Forschungen am Ersten Institut f¨ ur Theoretrische Physik (ITP1) der Universit¨at Stuttgart haben jedoch ergeben, dass sich BoseEinstein-Kondensate in einem PT -symmetrischen Doppelmuldenpotential als aussichtsreicher Kandidat erweisen. Der Realteil dieses Potentials besteht aus einer symmetrischen Doppelmulde, welche als Fallenpotential des Kondensats fungiert, der Imagin¨arteil ist antisymmetrisch und beschreibt das koh¨arente Ein- bzw. Auskoppeln von Teilchen in den beiden Mulden [6].
1.2 Was bisher geschah Die vorliegende Bachelorarbeit ist im Kontext dieser Forschung zu offenen Quantensystemen am ITP1 zu betrachten und baut auf diversen Arbeiten an diesem Institut auf. Es ¨ folgt daher ein Uberblick u ur diese Arbeit relevanten Erkenntnisse. ¨ber die bisherigen, f¨ Numerische Behandlungen von Bose-Einstein-Kondensaten im PT -symmetrischen Doppelmuldenpotential im Rahmen der Masterarbeiten von Daniel Haag [7] und Dennis Dast [8] ergaben 2012 zweierlei: F¨ ur kleine Ein-/Auskopplungsparameter γ sind die station¨aren L¨osungen der die Kondensate beschreibenden Gross-Pitaevskii-Gleichung tats¨achlich rein reell und die zugeh¨origen Wellenfunktionen PT -symmetrisch. Ab einem kritischen Wert, dem sogenannten exzeptionellen Punkt (EP), wird diese PT Symmetrie allerdings gebrochen und von der reellen L¨osung zweigen zwei komplex konjugierte L¨osungen ab. Die Lage dieser exzeptionellen Punkte wird maßgeblich durch die Gross-Pitaevskii-Nichtlinearit¨at g beeinflusst: Je gr¨oßer g, desto fr¨ uher zweigen die PT -gebrochenen L¨osungen ab. Das ist deshalb besonders pikant, weil die zus¨atzlichen L¨osungen eine dynamische Instabilit¨at in das System einf¨ uhren und daher eine experimentelle Umsetzung deutlich erschweren. Es w¨are daher von großem Vorteil, diese st¨orenden Zust¨ande aus dem Spektrum zu entfernen – ohne jedoch das restliche Spektrum zu ver¨andern. Der Supersymmetrie-Formalismus bietet genau diese M¨oglichkeit. Einem quantenmechanischen System mit dem Potential V (1) wird dabei ein Partnersystem mit Partnerpotential V (2) zugeordnet, welches abgesehen von einem fehlenden Zustand ein identisches
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1.3 Ziel dieser Arbeit Eigenwertspektrum aufweist. Entfernt werden k¨onnen prinzipiell alle Zust¨ande, deren Wellenfunktion im Grundsystem keine Knoten aufweist. Bei Systemen, die durch hermitesche Hamiltonoperatoren beschrieben werden, ist das im Allgemeinen nur f¨ ur den Grundzustand gegeben. Im Falle komplexer Eigenfunktionen m¨ ussten jedoch Real- und Imagin¨arteil gleichzeitig verschwinden, weshalb es im Rahmen der nichthermiteschen Quantenmechanik m¨oglich ist, Systeme zu finden, deren angeregte Zust¨ande ebenfalls knotenfrei und damit entfernbar sind. Das PT -symmetrische Doppelmuldenpotential stellt ein solches System dar. Nikolas Abt konnte im Rahmen seiner Bachelorarbeit 2014 [9] zeigen, dass die Anwendung des Supersymmetrie-Formalismus auf das PT -symmetrische Doppel-Delta-Potential zum erwarteten Ergebnis f¨ uhrt. Es gelang ihm, Partnersysteme zu konstruieren, in denen wahlweise der angeregte oder der Grundzustand entfernt wurde. Zuletzt untersuchte Phillippe Schraft 2015, ebenfalls im Rahmen seiner Bachelorarbeit [10], die Stabilit¨at des verbleibenden Zustands im SUSY-Partner des PT -symmetrischen Doppel-Delta-Potentials. Die Ergebnisse seiner Arbeit legen nahe, dass es sich bei der Verwendung des Supersymmetrie-Formalismus zur Beseitigung st¨orender Zust¨ande im Spektrum eines Bose-Einstein-Kondensats um einen lohnenswerten Ansatz handelt.
1.3 Ziel dieser Arbeit Nikolas Abt schrieb in seiner Bachelorarbeit 2014, seine Aufgabe sei es den ersten Schritt ” auf dem Weg zum Entfernen der abzweigenden PT -gebrochenen L¨osungen durchzuf¨ uhren“ [9, Seite 8]. In diesem Sinne ist es das Ziel der vorliegenden Arbeit, weitere Schritte auf besagtem Weg zu beschreiten. Auch wenn das PT -symmetrische Doppel-Delta-Potential und das PT -symmetrische Doppelmuldenpotential in wesentlichen Eigenschaften, wie beispielsweise der Parameterabh¨angigkeit des Eigenwertspektrums, vergleichbar sind, so stellt das Doppel-DeltaPotential doch eine experimentell nicht umsetzbare Idealisierung des realistischeren Doppelmuldenpotentials dar. Desweiteren besitzt das Doppel-Delta-Potential im f¨ ur eine experimentelle Umsetzung sinnvollen Parameterbereich lediglich zwei Eigenzust¨ande, den Grundzustand und den angeregten Zustand, weshalb das Entfernen von mehr als einem Zustand hier nicht untersucht werden konnte. Wie bereits erw¨ahnt, zweigen am exzeptionellen Punkt eines Bose-Einstein-Kondensats jedoch zwei komplex konjugierte Zust¨ande ab, welche beide entfernt werden sollen. Die konkrete Aufgabe dieser Arbeit besteht also darin, den Supersymmetrie-Formalismus auf das ausgedehnte PT -symmetrische Doppelmuldenpotential anzuwenden, den gew¨ unschten Effekt auf das Eigenwertspektrum zu verifizieren und anschließend durch erneute Anwendung des Supersymmetrie-Formalismus ein zweites Partnersystem V (3) zu
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1 Einleitung finden, dessen Eigenwertspektrum bis auf das Fehlen zweier Zust¨ande dem des Grundsystems entsprechen sollte.
1.4 Aufbau dieser Arbeit Diese Arbeit besteht im Wesentlichen aus drei Teilen. Der erste Teil vermittelt die zum Verst¨andnis der Arbeit notwendigen physikalischen Grundlagen. Er besteht aus den Kapiteln 2 bis 4, welche Bose-Einstein-Kondendsaten, nichthermitescher Quantenmechanik und PT -Symmetrie, sowie den Hintergr¨ unden des Supersymmetrie-Formalismus gewidmet sind. Naturgem¨aß besteht dieser Teil u ¨berwiegend aus der eigenen Aufbereitung ausgew¨ahlter Inhalte verschiedener Quellen. Wie bereits ersichtlich wurde, ist diese Arbeit keineswegs die erste Abschlussarbeit am ITP1 zum Thema – der Grundlagenteil h¨atte mit Verweis auf entsprechende Kapitel in anderen Arbeiten demnach sicherlich knapper ausfallen k¨onnen. Dass dies nicht der Fall ist, ist dem Anspruch dieser Arbeit geschuldet, auch f¨ ur angehende Bachelorabsolventen ohne Hinzunahme erkl¨arender Literatur verst¨andlich zu sein. Im zweiten Teil der Arbeit, der aus Kapitel 5 besteht, wird das untersuchte Doppelmuldenpotential eingef¨ uhrt. Dabei werden die f¨ ur das darauffolgende Kapitel relevanten Ergebnisse aus Daniel Haags Masterarbeit [7] reproduziert, insbesondere die Berechnung des zweiten und dritten angeregten Zustands. Der dritte Teil, bestehend aus Kapitel 6, enth¨alt die Pr¨asentation und Diskussion der eigentlichen Ergebnisse dessen, was als Ziel dieser Arbeit formuliert wurde. Dieser letzte Teil enth¨alt damit den verh¨altnism¨aßig gr¨oßten Anteil an Eigenarbeit. Abschließend werden die wichtigsten Erkenntnisse dieser Arbeit und daraus resultierende neue Fragestellungen in Kapitel 7 zusammengefasst.
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2 Bose-Einstein-Kondensate Die relativ abstrakte Aufgabe dieser Bachelorarbeit, SUSY-Ketten in einem PT -symmetrischen Doppelmuldenpotential zu betrachten, wurde in der Einleitung dadurch motiviert, dass ein Bose-Einstein-Kondensat (BEC) in einem solchen Potential als erste Realisierung eines offenen Quantensystems dienen k¨onnte. Daher werden im folgenden Kapitel der Begriff der Bose-Einstein-Kondensation und die Gleichung zur mathematischen Beschreibung solcher Kondensate eingef¨ uhrt. Weil BECs jedoch lediglich den experimentellen Hintergrund und nicht den theoretischen Kern dieser Arbeit ausmachen, erfolgt die Darstellung vergleichsweise knapp.
2.1 Bose-Einstein-Kondensation Als Bose-Einstein-Kondensation wird der Zustand eines quantenmechanischen Vielteilchensystems ununterscheidbarer Teilchen bezeichnet, bei dem sich ein makroskopischer Anteil der Teilchen im energetisch niedrigsten Zustand, dem sogenannten Grundzustand, befindet. In diesem Fall lassen sich alle Teilchen des Kondensats durch eine einzige Wellenfunktion beschreiben. Ununterscheidbar werden dabei solche Teilchen genannt, die in allen messbaren Eigenschaften (Masse, Ladung, Energie, Spin, ...) u ¨bereinstimmen. Notwendige Bedingung daf¨ ur ist, dass es sich um Bosonen handelt, welche – in Abgrenzung zu Fermionen – nicht dem Pauli-Verbot unterliegen und daher den selben quantenmechanischen Zustand einnehmen k¨onnen. F¨ ur ein ideales Bose-Gas, das bedeutet unter Vernachl¨assigung der Wechselwirkung untereinander, gilt die Bose-Einstein-Statistik, welche die Besetzung der Energieeigenzust¨ande |i in Abh¨angigkeit von der Temperatur T beschreibt: 1
n() = e
−µ kB T
(2.1) −1
Dabei bezeichnet µ das chemische Potential und kB den Boltzmann-Faktor. Am absoluten Temperaturnullpunkt T = 0 K befinden sich alle Teilchen im Grundzustand. Der
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2 Bose-Einstein-Kondensate Phasen¨ ubergang zu einem Kondensat findet in einem ¨außeren Fallenpotential V (x) jedoch bereits bei endlicher Temperatur Tc > 0 statt. Das l¨asst durch den Vergleich von mittlerer freier Wegl¨ange l und de-Broglie Wellenl¨ange λ veranschaulichen: h λ= √ 2πm kB T
(2.2)
¨ Die de-Broglie Wellenl¨ange nimmt mit sinkender Temperatur zu. Ubersteigt sie bei einer kritischen Temperatur Tc die mittlere freie Wegl¨ange l, so u ¨berlappen die de-BroglieWellenl¨angen der einzelnen Teilchen und bilden eine gemeinsame Kondensatwellenfunktion. Die Beschreibung von Teilchen, wie beispielsweise Atome eines (idealen) Bose-Gases, durch Wellengr¨oßen, wie die de-Broglie Wellenl¨ange λ verdeutlichen die quantenmechanische Natur der Bose-Einstein-Kondensation, welche im Rahmen der klassischen Physik schon deshalb gar nicht m¨oglich w¨are, weil von einem System ohne Wechselwirkung ausgegangen wurde. Besonderes Interesse gilt Bose-Einstein-Kondensaten daher auch, weil es sich, bei Verwendung einer gr¨oßeren Anzahl Atome, um ein makroskopisch beobachtbares Quantensystem handelt.
2.2 Gross-Pitaevskii-Gleichung Als Quantenobjekt ist der Ausgangspunkt zur Beschreibung von Bose-Einstein-Kondensaten die Schr¨odingergleichung, allerdings zun¨achst f¨ ur eine Vielteilchenwellenfunktion Ψ(x1 , ...xN ): N h X i=0
−
N i 1 X ~ 2 ∂xi + Vext (xi ) + W (xi , xj ) Ψ(x1 , ...xN ) = E Ψ(x1 , ...xN ) 2m 2 j6=i
(2.3)
F¨ ur schwache Zweiteilchenwechselwirkungen W (xi , xj ) l¨asst sich der sogenannte HartreeAnsatz f¨ ur die Vielteilchenwellenfunktion des Grundzustands verwenden:
!
Ψ(x1 , ...xN ) =
N Y
φ(xi )
(2.4)
i=0
Weiterhin wird von der Vorstellung Gebrauch gemacht, dass der Unterschied zwischen einem Kondensatzustand bei endlicher Temperatur und dem Einteilchenzustand bei T = 0
6
2.2 Gross-Pitaevskii-Gleichung lediglich in einem gemittelten, abschirmenden Feld derjenigen Teilchen, die sich aufgrund der nichtverschwindenden Temperatur eben doch nicht im Grundzustand befinden, besteht. Diese N¨aherung wird auch als Mean-Field-N¨aherung“ bezeichnet. ” Dazu wird die Schr¨odingergleichung (2.3) als Energiefunktional aufgefasst und u ¨ber √ die ¨ Freie Energie F = E −µN minimiert. Nach dem Ubergang zur Wellenfunktion ψ = N φ, welche mit der Teilchendichte verkn¨ upft ist und dadurch die Nebenbedingung kψk2 = N erf¨ ullen muss, und nach weiteren Vereinfachungen durch die Einschr¨ankung auf kurzreichweitige Wechselwirkungen und einer N¨aherung N −1 ≈ N f¨ ur große Teilchenzahlen ergibt sich schließlich eine Bestimmungsgleichung f¨ ur station¨are L¨osungen der Kondensatwellenfunktion ψ(x): h
i 4π~2 a ~ 2 2 ∂ + V (x) + |ψ(x)| ψ(x) = µ ψ(x) − 2m x m
(2.5)
Dies ist die eindimensionale, station¨are Gross-Pitaevskii-Gleichung f¨ ur Bose-EinsteinKondensate mit kurzreichweitiger Wechselwirkung. Sie unterscheidet sich von der Einteilchen-Schr¨odingergleichung nur durch die GPE-Nichtlinearit¨at der Form g |ψ(x)|2 mit g = const. Der Parameter a hat die Dimension einer L¨ange und entspringt der Streutheorie, welche zur Auswertung der Beschr¨ankung auf kurzreichweitige Wechselwirkungen herangezogen wurde.
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3 Nichthermitesche Quantenmechanik und PT -Symmetrie Die wichtigsten Eigenschaften nichthermitescher Quantensysteme und die Bedeutung der PT -Symmetrie in diesem Kontext, wurden im Rahmen der Einf¨ uhrung in das Thema bereits erl¨autert. Diese zentralen Aussagen werden im folgenden Kapitel mathematisch formuliert und vertieft. Die Darstellung ist dabei teilweise an entsprechende Kapitel der Abschlussarbeiten von Daniel Haag [7], Nikolas Abt [9] und Patric Rommel [11] angelehnt.
3.1 Nichthermitesche Quantensysteme 3.1.1 Hermitesche Operatoren Wie einleitend erw¨ahnt, ist es die u ¨bliche Einschr¨ankung, ausschließlich hermitesche Operatoren zur Beschreibung physikalischer Observablen zuzulassen, welche sowohl reelle Eigenwertspektren und Erwartungswerte, als auch – im Falle eines hermiteschen HamiltonOperators – die Normerhaltung quantenmechanischer Zust¨ande garantiert. Hermitesche Operatoren Aˆ sind dar¨ uber definiert, dass sie ihrem eigenen Adjungierten Aˆ† entsprechen. Adjungiert bedeutet im Falle einer Matrixdarstellung transponiert und komplex konjugiert und beschreibt daher die Wirkung eines Operators auf ein Element hψ| des Dualraums:
adjungiert:
Aˆ† := (Aˆ∗ )T ,
hermitesch: Aˆ† = Aˆ
hu| Aˆ = hv|
⇔
Aˆ† |ui = |vi
(3.1) (3.2)
Sei nun a Eigenwert des hermiteschen Operators Aˆ zum normierten Eigenzustand |ψi.
9
3. Nichthermitesche Quantenmechanik und PT -Symmetrie Dann folgt mit (3.1) und (3.2), dass a reell sein muss: ˆ = hAˆ† ψ|ψi = hAψ|ψi ˆ a = hψ|Aψi = a∗
(3.3)
Die Erhaltung der Norm hψ|ψi in Systemen mit hermiteschem Hamiltonoperator folgt aus der zeitabh¨angigen Schr¨odingergleichung: ˆ |ψi = i~ ∂t |ψi , H ⇒
ˆ = −i~ ∂t hψ| hψ| H
1 d hψ|ψi ˆ −H ˆ † )|ψi = 0 = h∂t ψ|ψi + hψ | ∂t ψi = hψ|(H dt i~
(3.4) (3.5)
3.1.2 Beschreibung offener Quantensysteme Zur Beschreibung offener Quantensysteme ohne aufwendige Modellierung der Umgebung wird eine explizit von der Zeit t abh¨angende Norm allerdings ausdr¨ ucklich ben¨otigt. In Abbildung 3.1 ist ein solches System als Teil eines geschlossenen, hermiteschen Systems dargestellt. In Bezug auf das Gesamtsystem ist die Norm erhalten, weil sich Verlust und Gewinn in den jeweiligen Mulden ausgleichen. Bei ausschließlicher Betrachtung des gew¨ahlten Teilsystems, ohne Kenntnis der Umgebung, bleibt davon jedoch nur der Verlustterm. Wie sich leicht zeigen l¨asst, eignen sich imagin¨are Potentialanteile, um solche Zeitabh¨angigkeiten der Norm zu beschreiben. Gleichung (3.5) gilt, abgesehen vom letzten Gleicheitszeichen, weiterhin. F¨ ur nichthermitesche Hamiltonoperatoren verschwindet der † Ausdruck H −H nicht, sondern h¨angt explizit und ausschließlich vom imagin¨aren Potentialanteil Im(V ) ab:
H :=
⇒
10
pˆ2 + V (ˆ x) , 2m
V (ˆ x) ∈ C
pˆ2 H −H = + V (ˆ x) − 2m = 2i Im V (ˆ x) †
pˆ2 ∗ + V (ˆ x) = V (ˆ x) − V ∗ (ˆ x) 2m (3.6)
3.2 PT -symmetrische Systeme
V (x)
|ψ(x, t)|2 offenes Teilsystem
Abbildung 3.1: Schematische Darstellung eines offenen Quantensystems als Teilsystem eines geschlossenen, hermiteschen Systems. Dargestellt sind ein reelles Potential V (x) und das explizit zeitabh¨angige Betragsquadrat |ψ(x, t)|2 einer m¨oglichen Wellenfunktion.
Im Allgemeinen lassen sich f¨ ur Hamiltonoperatoren mit imagin¨arem Potentialanteil allerdings keine station¨aren L¨osungen mehr finden, weil die Existenz (rein) reeller Eigenwertspektren im vorherigen Abschnitt durch die Bedingung der Hermitizit¨at sichergestellt wurde.
3.2 PT -symmetrische Systeme Wie jedoch bereits in der Einleitung vorweg genommen, gibt es eine Klasse nichthermitescher Operatoren, welche ein weitaus schw¨acheres Kriterium erf¨ ullen und trotzdem zumindest in manchen Parameterbereichen rein reelle Eigenwerte besitzen: PT symmetrische Operatoren. In der Quantenmechanik lassen sich Symmetrien eines Operators durch Vertauschungsrelationen mit Symmetrieoperatoren darstellen. F¨ ur ein kugelsymmetrisches Zentralpotenˆ des Hamiltonoperators mit dem ˆ `] tial verschwindet beispielsweise der Kommutator [H,
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3. Nichthermitesche Quantenmechanik und PT -Symmetrie Drehimpulsoperator. Als PT -symmetrisch werden daher solche Operatoren bezeichnet, die mit dem PT -Operator vertauschen.
3.2.1 PT -Operator Physikalisch bedeutet PT -Symmetrie die Invarianz eines Systems unter gleichzeitiger Raum- und Zeitspiegelung. Zum Verst¨andnis des PT -Operators werden daher zun¨achst der Parit¨atsoperator P und der Zeitumkehroperator T betrachtet. Beide lassen sich anschaulich u ¨ber ihre Wirkung auf Eigenzust¨ande des Orts- und Impulsoperators definieren: P |xi = |−xi ,
!
P |pi = |−pi
!
(3.7)
!
T |pi = |−pi
!
(3.8)
T |xi = |+xi ,
In dieser Darstellung ist direkt zu erkennen, dass beide so eingef¨ uhrten Operatoren selbstinvers sind – wie f¨ ur Spiegelungen auch zu erwarten war. Aus den Definitionen (3.7) und (3.8) lassen sich außerdem leicht Kommutatorrelationen bez¨ uglich Ortsoperator xˆ und Impulsoperator pˆ gewinnen, wobei { · , · } wie u ur den Antikommutator ¨blich f¨ steht: {P, xˆ} = 0, [T , xˆ] = 0,
{P, pˆ} = 0 {T , pˆ} = 0
(3.9) (3.10)
Mit Hilfe dieser Relationen und der bekannten Orts-Impuls-Unsch¨arferelation [ˆ x, pˆ] = i~ l¨asst sich die Wirkung des Zeitumkehroperators T auf die imagin¨are Einheit bestimmen:
T i |ψi = T (3.10)
=
T xˆpˆ − T pˆxˆ ˆT pˆ + pˆT xˆ [ˆ x, pˆ] (3.10) x |ψi = |ψi = |ψi ~ ~ ~ −ˆ xpˆT + pˆxˆT [ˆ x, pˆ] |ψi = − T |ψi = −i T |ψi ~ ~
(3.11)
Der Zeitumkehroperator T ist also kein linearer Operator, welcher mit konstanten Faktoren – auch komplexer Art – vertauschen w¨ urde, sondern antilinear: T c |ψi = c∗ T |ψi
12
(3.12)
3.2 PT -symmetrische Systeme
Damit wird auch die anfangs geforderte physikalische Bedeutung des Zeitumkehroparators T ersichtlich: Die Zeitentwicklung eines quantenmechanischen Zustands l¨asst sich mit Hilfe des Zeitentwicklungsoperators Uˆ (t) vollf¨ uhren, welcher direkt aus der zeitabh¨angigen Schr¨odingergleichung (3.4) gewonnen werden kann. Die Wirkung des Operators T entspricht wie gefordert einer Spiegelung in der Zeit, wobei im Folgenden |ψ0 i := |ψ(t = 0)i sei und von einem zeitumkehrinvarianten Hamiltonoperator ausgegangen wird: ˆ
ˆ
iHt iHt T |ψ(t)i = T Uˆ (t) |ψ0 i = T e− ~ |ψ0 i = e+ ~ T |ψ0 i
= e+
ˆ iHt ~
|ψ0 i = Uˆ (−t) |ψ0 i = |ψ(−t)i
(3.13)
Der f¨ ur die Untersuchung der PT -Symmetrie ben¨otigte PT -Operator l¨asst sich nun aus den beiden in (3.7) und (3.8) eingef¨ uhrten Operatoren zusammensetzen. Die Kommutatorrelationen des auf diese Weise definierten Operators ergeben sich dann aus den Relationen (3.9) und (3.10) der beiden zuvor betrachteten Operatoren P und T : !
!
PT |xi = |−xi , ⇒
{PT , xˆ} = 0,
PT |pi = |+pi [PT , pˆ] = 0,
{PT , i} = 0
(3.14) (3.15)
Als Hintereinanderausf¨ uhrung eines linearen und eines antilinearen Operators ist auch der PT -Operator antilinear, was in Gleichung (3.15) als Verschwinden des Antikommutators mit der imagin¨aren Einheit i formuliert wurde. Alleine aus diesen Kommutatorrelationen (3.15) lassen sich Aussagen u ¨ber die Eigenwerte λ des PT -Operators ableiten: (3.14)
|ψi = PT PT |ψi = PT λ |ψi = λ∗ PT |ψi = |λ|2 |ψi ⇒
λ = eiϕ ,
0 ≤ ϕ ≤ 2π
(3.16)
Die Eigenwerte des PT -Operators sind also komplexe Zahlen mit dem Betrag eins. Weil ˜ welche sich nur um einen Phasenfaktor zwei quantenmechanische Zust¨ande |ψi und |ψi, iφ e unterscheiden, physikalisch identisch sind, l¨asst sich die freie, globale Phase φ der Schr¨odingergleichung stets so w¨ahlen, dass der PT -Operator den reellen Eigenwert 1 besitzt:
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3. Nichthermitesche Quantenmechanik und PT -Symmetrie PT |ψi = eiϕ |ψi , ⇒
˜ := eiφ |ψi |ψi
˜ = PT eiφ |ψi = e−iφ PT |ψi = e−iφ eiϕ |ψi PT |ψi ˜ = ei(ϕ−2φ) |ψi ˜ = e−iφ eiϕ e−iφ |ψi ϕ ˜ = |ψi f¨ ur φ = 2
(3.17)
˜ ist also g¨anzlich invariant unter der Anwendung des PT -Operators und Der Zustand |ψi wird deshalb auch als exakt PT -symmetrisch bezeichnet. In der Ortsdarstellung ergibt sich unter Verwendung der Definition (3.14) bzw. der Kommutatorrelationen (3.15) folgende Bedingung f¨ ur station¨are, exakt PT -symmetrische Zust¨ande: ψ(x) = ψ ∗ (−x)
(3.18)
3.2.2 Lineare PT -symmetrische Systeme Nachdem nun der PT -Operator eingef¨ uhrt und seine wesentlichen Eigenschaften betrachtet wurden, lassen sich auch lineare PT -symmetrische Quantensysteme untersuchen. Solche Systeme werden dadurch charakterisiert, dass sie sich durch einen linearen, PT -symmetrischen Hamiltonoperator beschreiben lassen. In diesem Fall lassen sich leicht zwei f¨ ur die vorliegende Arbeit relevante Eigenschaften der Eigenwertspektren zeigen: !
ˆ |ψi =! |ψi H
(3.19)
ˆ (PT |ψi) = PT H ˆ |ψi = PT |ψi = ∗ (PT |ψi) H
(3.20)
ˆ PT ] = 0, [H, ⇒
ˆ zum bekannten Eigenzustand |ψi, so erIst ein Eigenwert des Hamiltonoperators H gibt sich durch Anwendung des PT -Operators ein weiterer Eigenzustand PT |ψi mit dem komplex konjugierten Eigenwert ∗ . Ist der Zustand |ψi außerdem simultaner Eigenzustand des PT -Operators, so ist der zugeh¨orige Eigenwert rein reell – eine bereits einleitend erw¨ahnte Tatsache, welche die PT -Symmetrie f¨ ur die Beschreibung offener Quantensysteme so interessant macht:
14
3.2 PT -symmetrische Systeme !
PT |ψi = eiϕ |ψi
und weiterhin (3.19)
(3.21)
ˆ |ψi = H ˆ e−iϕ PT |ψi = e−iϕ PT H ˆ |ψi |ψi = H
⇒
(3.16)
= e−iϕ PT |ψi = ∗ e−iϕ PT |ψi = ∗ |ψi
(3.22)
ˆ und der Forderung nach PT -SymAus der bekannten Form des Hamiltonoperators H metrie, l¨asst sich außerdem die Bedingung an das Potential V (ˆ x) ableiten: 2 ˆ = pˆ + V (ˆ x) H 2m
⇒
!
ˆ PT ] = 0 = [H, =
(3.23) 2 pˆ2 pˆ + V (ˆ x) PT − PT + V (ˆ x) 2m 2m
pˆ2 PT PT pˆ2 − + V (ˆ x) PT − PT V (ˆ x) 2m 2m
(3.15)
= V (ˆ x) PT − PT V (ˆ x)
⇒
V (ˆ x) = V ∗ (−ˆ x)
(3.24) (3.25)
Ein lineares Quantensystem, welches durch einen Hamiltonoperator der Form (3.23) beschrieben wird, ist also genau dann PT -symmetrisch, wenn der Realteil des Potentials eine gerade Funktion und der Imagin¨arteil eine ungerade Funktion im Ort ist.
3.2.3 Nichtlineare PT -symmetrische Systeme In nichtlinearen Systemen h¨angt der Hamiltonoperator selbst vom aktuellen Zustand |ψi des Systems ab. Da solche Nichtlinearit¨aten im Allgemeinen nicht PT -symmetrisch sind, lassen sich die Aussagen f¨ ur lineare Systeme, welche das Verschwinden des Kommutators mit dem PT -Operator voraussetzen, nicht einfach auf den nichtlinearen Fall u ¨bertragen. Die in Kapitel 2 eingef¨ uhrte Gross-Pitaevski-Nichtlinearit¨at, welche bei der Beschreibung von Bose-Einstein-Kondensaten mit kurzreichweitiger Wechselwirkung auftritt, ist jedoch von besonderer Form: Sie l¨asst es zu, den Hamiltonoperator als Summe eines lineaˆ lin und einer ausschließlich vom Betragsquadrat abh¨angigen Nichtlinearit¨at ren Anteils H
15
3. Nichthermitesche Quantenmechanik und PT -Symmetrie f (|ψi) = g|ψ|2 zu schreiben. Es konnte gezeigt werden [12], dass diese Nichtlinearit¨at invariant unter einer globalen Phase und linear in der Anwendung des PT -Operators ist: ˆ =H ˆ lin + f (|ψi), H
f (eiφ |ψi) = f (|ψi),
PT f (|ψi) = f (PT |ψi)
(3.26)
Dadurch bleiben einige relevante Eigenschaften linearer PT -symmetrischer Systeme weiterhin g¨ ultig: F¨ ur komplexe Eigenwerte existiert stets auch der komplex konjugierte Eigenwert, die zugeh¨origen Eigenzust¨ande lassen sich durch Anwendung des PT -Operators ineinander u uhren und die Eigenwerte sind genau dann reell, wenn der zugeh¨orige ¨berf¨ Eigenzustand PT -symmetrisch ist.
16
4 Supersymmetrie Die Bedeutung des Supersymmetrie-Formalismus f¨ ur die Forschung dieser Bachelorarbeit wurde in der Einleitung bereits dargestellt – mit Hilfe des Supersymmetrieformalismus lassen sich Partnerpotentiale konstruieren, in deren Eigenwertspektren ausgew¨ahlte, st¨orende Zust¨ande fehlen, ohne dass dabei das u ¨brige Spektrum ver¨andert wurde. Der Begriff der Supersymmetrie (SUSY) entspringt jedoch einem v¨ollig anderen Gebiet der Physik. Er wurde in der Quantenfeldtheorie eingef¨ uhrt, um dort auftauchende Divergenzen konsistent zu beseitigen [13] und verkn¨ upft die Welt der Bosonen mit der Welt der Fermionen. Aus diesem Grund wird die urspr¨ ungliche Theorie im Folgenden als Bose-Fermi-Supersymmetrie bezeichnet. Ihr ist der erste Teil dieses Kapitels gewidmet, in dem auch der mathematische Formalismus eingef¨ uhrt wird. Im zweiten Teil wird dieser Formalismus dann auf die Quantenmechanik u ¨bertragen und somit die Grundlage f¨ ur die sp¨atere Anwendung auf das PT -symmetrische Doppelmuldenpotential geschaffen. Die Hauptquelle dieses Kapitels ist das Lehrbuch Supersymmetrie“ von H. Kalka und ” G. Soff [14], dessen Inhalt allerdings weit u ¨ber die hier zusammengefassten Grundlagen hinaus geht.
4.1 Bose-Fermi-Supersymmetrie Bosonen und Fermionen sind zwei grundlegend verschiedene Teilchenarten: Bosonen besitzen einen ganzzahligen Spin – Fermionen einen halbzahligen. Bosonische Elementarteilchen gelten als Austauschteilchen, die Kr¨afte zwischen Fermionen vermitteln – fermionische Elementarteilchen als Bausteine der Materie. Bosonen gehorchen der BoseEinstein-Statistik, Fermionen der Fermi-Dirac-Statistik. Der wesentlichste Unterschied, auf den auch die aufgez¨ahlten Eigenschaften zur¨ uckzuf¨ uhren sind, besteht jedoch im Pauli-Prinzip, welches besagt, dass sich beliebig viele Bosonen, jedoch keine zwei Fermionen im selben quantenmechanischen Zustand befinden k¨onnen.
17
4 Supersymmetrie
4.1.1 Lineare Bose-Fermi-Systeme und Besetzungszahldarstellung Ausgehend von einem System ohne Wechselwirkung zwischen bosonischem und fermionischem Sektor l¨asst sich ein Zustand in der sogenannten Besetzungszahldarstellung |nb , nf i durch die Anzahl nb bosonischer und nf fermionischer Teilchen charakterisieren. Nach dem Pauli-Prinzip gilt daher nb ∈ N und nf ∈ {0, 1}. Weil nf nur zwei Werte annehmen kann, bietet es sich an, anhand dieser Quantenzahl zwischen bosonischen (nf = 0) und fermionischen (nf = 1) Zust¨anden zu unterscheiden. In Analogie zu den Auf- und Absteigeoperatoren a ˆ± des quantenmechanischen harmonischen Oszillators, deren Anwendung auf einen Eigenzustand |ni einen weiteren Eigenzustand |n±1i des Systems ergibt, lassen sich in der Besetzungszahldarstellung |nb , nf i bosonische und fermionische Erzeuger b+ , f + und Vernichter b− , f − konstruieren: b± |nb i ∼ |nb ±1i ,
f ± |nf i ∼ |nf ±1i
(4.1)
Die Proportionalit¨atszeichen ∼ signalisieren, dass f¨ ur eine konsistente Definition noch Normierungsfaktoren ben¨otigt werden. So kann aus einem Zustand, in dem sich kein Teilchen befindet, auch keines entfernt werden und nach dem Pauli-Prinzip kann zu einem Zustand, in dem sich bereits ein Fermion befindet, kein zweites hinzugef¨ ugt werden: !
b− |nb = 0i = 0, ⇒
!
f − |nf = 0i = 0,
√ nb +1 |nb +1i , √ f + |nf i := nf ⊕2 1 |nf +1i , b+ |nb i :=
!
f + |nf = 1i = 0
b− |nb i :=
√
nb |nb −1i √ f − |nf i := nf |nf −1i
(4.2) (4.3) (4.4)
Die Schreibweise ⊕2 steht dabei f¨ ur die Addition modulo 2, womit die in (4.3) und (4.4) definierten Operatoren die geforderten Bedingungen (4.2) erf¨ ullen. Doch nicht nur das, die Normierungsfaktoren erm¨oglichen auch die Einf¨ uhrung der Besetzungszahloperatoren ˆb bzw. N ˆf als einfache Hintereinanderausf¨ N uhrung von Erzeuger und Vernichter. Dass in der Besetzungszahldarstellung |nb , nf i jeder m¨ogliche Zustand ein Eigenzustand der Besetzungszahloperatoren ist, wird bereits aus dem Konstruktionsansatz (4.1) ersichtlich – dass die zugeh¨origen Eigenwerte jedoch gerade der Besetzungszahl entsprechen, ist auf die Wahl der Normierungsfaktoren zur¨ uckzuf¨ uhren: Nb |nb i := b+ b− |nb i = Nf |nf i := f + f − |nf i =
18
√ √
nb b+ |nb −1i = nb |nb i
(4.5)
nf f + |nf −1i = nf |nf i
(4.6)
4.1 Bose-Fermi-Supersymmetrie
Der nur scheinbar kleine Unterschied in der Definition der bosonischen und fermionischen Erzeuger f¨ uhrt, wie leicht nachzurechnen ist, zu grunds¨atzlich unterschiedlichen Eigenschaften. Die bosonischen Operatoren erf¨ ullen Vertauschungsrelationen, w¨ahrend f¨ ur die fermionischen Operatoren Antivertauschungsrelationen gelten: [b− , b+ ] = 1
[b+ , b+ ] = [b− , b− ] = 0
(4.7)
{f − , f + } = 1
{f + , f + } = {f − , f − } = 0
(4.8)
Diese Relationen sind elementar f¨ ur die Supersymmetrie und die ihr zugrunde liegende SUSY-Algebra. Dabei gilt selbstverst¨andlich noch [b, f ] = 0, weil bosonische und fermionische Operatoren in verschiedenen R¨aumen wirken.
4.1.2 SUSY-Operatoren Die Supersymmetrie verkn¨ upft bosonische und fermionische Zust¨ande. Im Formalismus der Quantenmechanik wird diese Transformation durch sogenannte SUSY-Operatoren Q dargestellt: Q |bosonischi ∼ |fermionischi ,
Q |fermionischi ∼ |bosonischi
(4.9)
In der eingef¨ uhrten Besetzungszahldarstellung |nb , nf i f¨ ur lineare Bose-Fermi-Systeme ist es naheliegend, SUSY-Operatoren Q± als Hintereinanderausf¨ uhrung von Erzeuger und Vernichter, jeweils eines bosonischen und eines fermionischen Teilchens, zu definieren: Q+ := b− f +
⇔
Q+ |nb , nf i ∼ |nb −1, nf +1i
(4.10)
Q− := b+ f −
⇔
Q− |nb , nf i ∼ |nb +1, nf −1i
(4.11)
Die so eingef¨ uhrten Operatoren Q± erf¨ ullen offensichtlich die Konstruktionsanforderung (4.9) an SUSY-Operatoren. Allerdings sind sie aufgrund des Pauli-Prinzips und den daraus resultierenden Eigenschaften (4.2) der fermionischen Erzeuger und Vernichter nur f¨ ur jeweils eine Transformationsrichtung geschaffen: Der Operator Q+ wandelt ein Boson in ein Fermion um, der Operator Q− ein Fermion in ein Boson. Die Erzeugung eines weiteren Fermions in einem Zustand |nb , 1i ist ebenso wenig m¨oglich, wie die Vernichtung
19
4 Supersymmetrie eines nicht exisitierenden Fermions in einem bosonischen Zustand |nb , 0i:
⇒
Q+ |nb , 1i = 0,
Q− |nb , 0i = 0
(4.12)
Q2+ = 0,
Q2− = 0
(4.13)
Die Eigenschaft (4.13) wird als Nilpotenz bezeichnet. Aufgrund der einfachen Struktur bleibt das SUSY-Operatorpaar Q± n¨ utzlich f¨ ur die weitere Untersuchung der Supersymmetrie, auch wenn es neben der Richtungsvorgabe noch einen weiteren Sch¨onheitsfehler aufweist: Als zueinander adjungierte Operatoren sind Q+ und Q− nicht hermitesch. Aus diesem ersten SUSY-Operatorpaar lassen sich jedoch zwei hermitesche SUSY-Operatoren Q1 und Q2 konstruieren, die außerdem, abgesehen vom Vakuumszustand |0, 0i, jeden beliebigen Zustand transformieren:
Q1 := Q+ + Q− ,
Q2 := −i (Q+ − Q− )
(4.14)
Die Hermitizit¨at folgt dabei aus Q+ = Q†− und der Wahl rein reeller oder rein imagin¨arer Vorfaktoren. Die zweite Eigenschaft, sowohl bosonische als auch fermionische Zust¨ande zu transformieren, w¨are sogar f¨ ur alle echten Linearkombinationen αQ+ + βQ− mit α, β ∈ C\{0} gegeben, weil entsprechend Gleichung (4.12) stets genau einer der beiden Summanden verschwindet. Die getroffene Wahl α1 = β1 = 1 und α2 = −β2 = −i erm¨oglicht daher sogar zwei weitere Eigenschaften des neuen SUSY-Operatorpaars Q1,2 :
{Q1 , Q2 } = −i (Q+ + Q− ) (Q+ − Q− ) + (Q+ − Q− ) (Q+ + Q− ) (4.13) = −i Q2+ − Q2− − [Q+ , Q− ] + Q2+ − Q2− + [Q+ , Q− ] = 0
(4.15)
(4.13)
Q21 = (Q+ + Q− )2 = Q2+ + Q2− + {Q+ , Q− } = {Q+ , Q− } = (−i)2 Q2+ + Q2− − {Q+ , Q− } = (−i (Q+ − Q− ))2 = Q22
20
(4.16)
4.1 Bose-Fermi-Supersymmetrie
4.1.3 Supersymmetrische Hamiltonoperatoren und Energiespektren F¨ ur die Beschreibung eines quantenmechanischen Systems und vor allem zur Betrachˆ unerl¨asslich. Wie f¨ tung des Energiespektrums ist der Hamiltonoperator H ur Symmetrien in der Quantenmechanik u ur die PT -Symmetrie bereits so ¨blich und in Kapitel 3 f¨ ˆ S , der in der Lage sein gehandhabt, muss ein supersymmetrischer Hamiltonoperator H soll, bosonische und fermionische Zust¨ande zu beschreiben, mit entsprechenden Symmetrieoperatoren vertauschen. Die Supersymmetrie wird dabei durch die im vorherigen Abschnitt eingef¨ uhrten SUSY-Operatoren Q beschrieben: !
ˆ S , Q+ ] = 0, [H oder:
!
ˆ S , Q1 ] = 0, [H
!
ˆ S , Q− ] = 0 [H !
ˆ S , Q2 ] = 0 [H
(4.17) (4.18)
ˆ S durch die SymmeF¨ ur die Darstellung des supersymmetrischen Hamiltonoperators H trieoperatoren, lassen sich die im vorherigen Abschnitt gefundenen Eigenschaften verwenden. Bei der Wahl des Operatorpaars Q± ist das die Nilpotenz aus Gleichung (4.13): ˆ S := {Q+ , Q− } H ⇒
(4.19)
ˆ S , Q+ ] = H ˆ S Q+ − Q+ H ˆ S = (Q+ Q− + Q− Q+ ) Q+ − Q+ (Q+ Q− + Q− Q+ ) [H = Q+ Q− Q+ + Q− Q2+ − Q2+ Q− − Q+ Q− Q+ (4.13)
= Q+ Q− Q+ − Q+ Q− Q+ = 0
(...)
ˆ S , Q− ] = Q− Q+ Q− − Q− Q+ Q− = 0 [H
(4.20) (4.21)
Bei der Wahl des Operatorpaars Q1,2 nimmt der supersymmetrische Hamiltonoperator eine noch einfachere Form an – wie unmittelbar aus Gleichung (4.16) hervorgeht. Die Erf¨ ullung der Forderung (4.18) ist dann gar nicht mehr zu zeigen, weil als Ausgangspunkt der supersymmetrische Ansatz (4.19) verwendet wird: (4.16) ˆ S =(4.16) H = Q21 = Q22
(4.22)
(4.19)
Die Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse (4.15), (4.18) und (4.22) ergibt ein
21
4 Supersymmetrie
nf = 1
nf = 0
E ǫ3
Q−
ǫ2
ǫ1 0
Q+
ǫ0
ˆS Abbildung 4.1: Eigenwertspektrum des (exakt) supersymmetrischen Hamiltonoperators H mit jeweils zweifach entarteten angeregten Eigenzust¨anden |, nf i und nicht entartetem Grundzustand der Energie 0 = 0. Die Zust¨ande gleicher Energie lassen sich durch die Anwendung der SUSY-Operatoren Q± transformieren.
Kommutator-/Antikommutator-Konstrukt, welches als SUSY-Alegebra bezeichnet wird: ˆ S , Qi ] = 0, [H
ˆ S δij , {Qi , Qj } = 2H
i, j = 1, 2
(4.23)
Nur mit Hilfe dieser Algebra lassen sich zwei wichtige Aussagen u ¨ber das Eigenwertspektrum supersymmetrischer Hamiltonoperatoren herleiten: 1. Das Spektrum ist nichtnegativ. 2. Alle Zust¨ande mit Energie 6= 0 sind zweifach entartet. Ersteres folgt aus der Tatsache, dass der Hamiltonoperator als Quadrat eines hermiteschen Operators, mit dementsprechend ausschließlich reellen Eigenwerten, dargestellt werden kann. F¨ ur die Herleitung der zweiten Aussage sei |Q1 i ein Eigenzustand des Hamiltonoperators zur Energie > 0: √ |Q1 i
(4.24)
⇔
√ (4.23) (4.24) Q1 Q2 |Q1 i = −Q2 Q1 |Q1 i = − Q2 |Q1 i
(4.25)
⇔
ˆ S |Q2 i := H ˆ S Q2 |Q1 i (4.25) H = Q2 |Q1 i = |Q2 i
(4.26)
ˆ S |Q1 i = |Q1 i H
⇔
Q1 |Q1 i =
In Abbildung 4.1 ist ein solches Eigenwertspektrum schematisch dargestellt.
22
4.1 Bose-Fermi-Supersymmetrie
4.1.4 Nichtlineare Bose-Fermi-Systeme und kanonische Darstellung Den bisherigen Betrachtungen lag die Annahme linearer Systeme ohne Wechselwirkung zwischen bosonischem und fermionischem Sektor zu Grunde. In diesem Abschnitt geht es nun darum, solche Wechselwirkungen in den Formalismus zu integrieren, indem die SUSY-Operatoren so weit wie m¨oglich verallgemeinert werden, ohne dabei die SUSYAlgebra (4.23) zu verletzen. Somit ist sichergestellt, dass die Erkenntnisse des vorherigen Abschnitts bez¨ uglich der Energieeigenwertspektren G¨ ultigkeit behalten. Die SUSY-Algebra ergab sich direkt aus der Nilpotenz der SUSY-Operatoren Q± , und diese wiederum aus der Nilpotenz der fermionischen Erzeuger f + und Vernichter f − . Die angestrebte Verallgemeinerung des SUSY-Operatorpaars Q± besteht daher in der Ersetzung der bosonischen Erzeuger b+ und Vernichter b− durch neue Operatoren B ± (b+ , b− ) allgemeinerer Struktur: Q+ := B − f + ,
Q− := B + f − ,
(4.27)
Die einzige weitere Einschr¨ankung an die verallgemeinerten Operatoren B ± ist die Forderung (B + )† = B − paarweise adjungiert zu sein, welche notwendig ist, um hermitesche ˆ S weiterhin als Antikommutator der in (4.27) supersymmetrische Hamiltonoperatoren H neu definierten SUSY-Operatoren Q± darstellen zu k¨onnen. W¨ahrend die nichtlineare Bose-Fermi-Supersymmetrie also – wie gefordert – keine Auswirkungen auf SUSY-Algebra und Eigenwertspektren hat, so bleibt sie in Bezug auf die Darstellung der Zust¨ande nicht folgenlos. Aufgrund der verallgemeinerten Struktur der neuen Operatoren B ± (b+ , b− ) verschwindet der Kommutator des bosonischen Beˆ S im setzungszahloperators nb = b+ b− mit dem supersymmetrischen Hamiltonoperator H Allgemeinen nicht mehr: (4.8) B −f + B +f − + B +f − B −f + , b+ b− = B +B − − B −B + f −f + , b+ b− = [B +B − , b+ b− ] − [B −B + , b+ b− ] f −f +
ˆ S , nb ] = [H
6= 0
i.A.
(4.28)
Die bosonische Besetzungszahl nb ist damit keine gute Quantenzahl mehr und |nb , nf i charakterisiert im Allgemeinen nicht mehr die Energie eines Zustandes. Abhilfe bietet daher die direkte Darstellung |, nf i mittels der Energieeigenwerte und der fermionischen Besetzungszahl nf , welche weiterhin eine gute Quantenzahl darstellt:
23
4 Supersymmetrie ˆ S , nf ] = [H
B −f + B +f − + B +f − B −f + , f + f − = B −B + − B +B − f +f − , f +f − (4.29) = B − , B + f +f − , f +f − = 0
Mit dem Wissen aus dem vorherigen Abschnitt, dass jeder Energieeigenwert > 0 zweifach entartet ist und jeweils zu einem bosonischen und einem fermionischen Eigenzustand geh¨ort, l¨asst sich eine elegante zweikomponentige Schreibweise f¨ ur die Zust¨ande der Energie einf¨ uhren. Die Operatoren, die auf diese Zust¨ande wirken, lassen sich dann als (2×2)-Matrizen schreiben:
|i :=
|, nf = 0i |, nf = 1i
− +
0 0 , f = 1 0
(4.4)
+
=⇒
f =
0 0 , B− 0
ˆS = H
Q21
0 B+ , B− 0
=
B+B− 0 0 B−B+
(4.30)
+ −
Q1 = Q+ + Q− =
0 1 0 0
0 B+ Q− = B f = 0 0
Q+ = B f =
−
Q2 = −i (Q+ − Q− ) =
:=
(4.31)
H1 0 0 H2
0 iB + −iB + 0
(4.32)
(4.33)
In dieser sogenannten kanonischen Darstellung zerf¨allt die station¨are Schr¨odingergleiˆ S |i = |i eines nichtlinearen Bose-Fermi-Systems aufgrund der Diagonalstrukchung H tur des supersymmetrischen Hamiltonoperators aus Gleichung (4.33) in zwei einkomponentige Gleichungen:
ˆ 1 |, 0i = |, 0i , H
ˆ 2 |, 1i = |, 1i H
(4.34)
Die Komponenten H1 und H2 wirken also auf jeweils getrennte, bosonische bzw. fermionische Subsysteme. Die Operatoren B ± wandeln die entarteten Eigenzust¨ande ineinander um:
24
4.2 Supersymmetrische Quantenmechanik H1 B + = B + B − B + = B + H− , ⇒
H2 B − = B − B + B − = B − H1
H1 B + |, 1i = B + H2 |, 1i = B + |, 1i = B + |, 1i = |, 0i H2 B − |, 0i = B − H1 |, 0i = B − |, 0i = B − |, 0i = |, 1i
(4.35) (4.36) (4.37)
Das letzte Gleichheitszeichen folgt dabei aus der Eindeutigkeit der beiden entarteten Eigenzust¨ande von H1 bzw. H2 . Mit Hilfe der Aussagen aus Abschnitt 4.1.3 bez¨ uglich des Energieeigenwertspektrums eines supersymmetrischen Hamiltonoperators lassen sich nun in Bezug auf den Grundzustand zwei F¨alle unterscheiden: 1. Der Grundzustand liegt bei = 0, ist dementsprechend nicht entartet und geh¨ort entweder zu H1 oder zu H2 . Dieser Fall wird als exakte Supersymmetrie bezeichnet. 2. Es existiert kein Zustand mit der Energie = 0, der Grundzustand liegt daher bei einer Energie > 0, ist zweifach entartet und geh¨ort zu H1 und H2 . Dieser Fall wird als gebrochene Supersymmetrie bezeichnet.
4.2 Supersymmetrische Quantenmechanik Die Existenz der SUSY-Partnerteilchen und die Frage des Erfolgs der Supersymmetrie in der Quantenfeldtheorie sind f¨ ur die supersymmetrische Quantenmechanik, wie sie Gegenstand dieser Bachelorarbeit ist, nicht von Bedeutung. Der Begriff der supersymmetrischen Quantenmechanik bezeichnet n¨amlich lediglich die Anwendung des mathematischen Formalismus, wie er im ersten Teil dieses Kapitels eingef¨ uhrt wurde, auf die station¨are Schr¨odingergleichung in Ortsdarstellung. Dabei werden der bosonische und fermionische Sektor des Eigenwertspektrums als zwei verschiedene, durch die Supersymmetrie verkn¨ upfte Systeme aufgefasst. Im Falle exakter Supersymmetrie, wenn eines der beiden Systeme die Grundzustandsenergie = 0 besitzt, fehlt eben dieser Grundzustand im ansonsten vollkommen identischen Eigenwertspektrum des Partnersystems. Bei der gleichzeitigen und teilweise vergleichenden Betrachtung der Eigenwertspektren mehrerer Systeme wird im Folgenden die Notation i,j f¨ ur den j-ten Eigenwert des i-ten Systems verwendet, wobei sich die Nummer des Systems auf den Index des Hamiltonoperators Hi bezieht. Dies ist in Abbildung 4.2 schematisch dargestellt.
25
4 Supersymmetrie
H1
E ǫ1,3
H2
ǫ2,2
B+
ǫ2,1
ǫ1,2
ǫ1,1 0
ǫ2,0
B−
ǫ1,0
Abbildung 4.2: Interpretation des SUSY-Spektrums aus Abbildung 4.1 als quantenmechanische Partnersysteme, beschrieben durch die Hamiltonoperatoren H1 und H2 . Die Grundzustandsenergie 2,0 des Partnersystems entspricht dann der Energie des ersten angeregten Zustands 1,1 im Grundsystem. Sind die Eigenzust¨ande eines Systems bekannt, so ergeben sich die Eigenzust¨ande des Partnersystems durch Anwendung der Operatoren B ± .
4.2.1 Konstruktion des Partnerpotentials Bei der Anwendung der supersymmetrischen Quantenmechanik geht es in den allermeisten F¨allen darum, ein Partnersystem V (2) zu einem bekannten Ausgangssystem V (1) zu finden. Sei es, weil die L¨osung der station¨aren Schr¨odingergleichung durch den Umweg u ¨ber das Partnersystem deutlich leichter ist, oder weil – wie in dieser Arbeit der Fall – Interesse an der Manipulation des Eigenwertspektrums eines Systems besteht. ¨ Ausgangspunkt f¨ ur die Ubertragung der Supersymmetrie auf die Quantenmechanik ist die kanonische Darstellung (4.33) des supersymmetrischen Hamiltonoperators, in welcher die einkomponentigen Hamiltonoperatoren H1 und H2 der beiden Partnersysteme direkt ersichtlich werden. In der Ortsdarstellung nehmen diese die folgende Form an:
Hi =
−~2 2 ∂x + V (i) (x), 2m
i = 1, 2
(4.38)
Diese Hamiltonoperatoren lassen sich nun, dem Formalismus entsprechend, durch ein adjungiertes Operatorenpaar B ± faktorisieren. In der supersymmetrischen Quantenmechanik wird f¨ ur diese bisher sehr abstrakt gehaltenen Operatoren folgender Ansatz gew¨ahlt: 1 ~ B ± := √ W(x) ∓ √ ∂x 2 2m
26
(4.39)
4.2 Supersymmetrische Quantenmechanik
1
Die Gr¨oße W(x) der Dimension [Energie] 2 wird dabei als Superpotential bezeichnet. Der Zusammenhang mit den Potentialen V (i) (x) der beiden Partnersysteme folgt durch Vergleich der faktorisierten Hamiltonoperatoren mit der Darstellung (4.38), wobei zur Berechnung der Hintereinanderausf¨ uhrungen B ±B ∓ die Wirkung auf eine Testfunktion φ(x) betrachtet werden muss:
W(x) B B φ(x) = √ − 2 W(x) = √ − 2 +
−
W(x) ~ ∂x √ +√ φ(x) 2 2m W(x) ~ ∂x ~ ∂x √ √ φ(x) + √ φ(x) 2m 2 2m ~∂ √ x 2m
~ ~ ~2 2 1 ∂ φ(x) = W 2 (x)φ(x) + √ W(x)∂x φ(x) − √ ∂x W(x)φ(x) − 2 2m x 2 m 2 m 2 ~2 ∂ 2 ~ W (x) x + √ W(x)∂x − ∂x W(x) − W(x)∂x − φ(x) = 2 2m 2 m 2 W (x) ~ (∂x W(x)) ~2 ∂x2 ~2 ∂x2 ! (1) √ = − − φ(x) = V (x) − φ(x) (4.40) 2 2m 2m 2 m +
−
(...)
B B φ(x) =
~2 ∂x2 W 2 (x) ~ (∂x W(x)) ~2 ∂x2 ! (2) √ + − φ(x) = V (x) − φ(x) 2 2m 2m 2 m
(4.41)
Der aus (4.41) resultierende Zusammenhang zwischen dem Partnerpotential V (1) und dem Superpotential W kann als Differentialgleichung in W(x) aufgefasst werden, um auch ohne Kenntnis des Eigenwertspektrums von H1 anschließend das gesuchte Partnerpotential V (2) zu berechnen:
(4.40)
=⇒
(4.41)
~ 1 V (1,2) (x) = W 2 (x) ∓ √ (∂x W(x)) 2 2 m
(4.42)
Ist die Grundzustandswellenfunktion ψ0 (x) des Hamiltonoperators H1 jedoch bekannt, so l¨asst sich das Superpotential W auch ganz ohne L¨osen einer Differentialgleichung bestimmen. Dabei wird angenommen, dass ψ0 (x) keine Knoten besitze – also ψ0 (x) 6= 0 ∀x gelte – und Eigenfunktion zum Eigenwert = 0 sei. Die zweite Annahme stellt dabei keine wirkliche Einschr¨ankung dar, weil sich f¨ ur Grundzust¨ande zu Eigenwerten ˜> 0 stets ein ˜ Potential V (x) = V (x)−˜ konstruieren l¨asst, dessen Grundzustand diese Voraussetzung erf¨ ullt:
27
4 Supersymmetrie −~2 2 ∂ ψ0 (x) + V (1) (x) ψ0 (x) 2m x 2 1 2 ~ (4.42) −~ 2 = ∂ ψ0 (x) + W (x) − √ (∂x W(x)) ψ0 (x) 2m x 2 2 m
(4.38)
!
0 = H1 ψ(x) =
~2 ∂x2 ψ0 (x) ~ = W 2 (x) − √ (∂x W(x)) m ψ0 (x) m
⇒
(4.43)
Was auf den ersten Blick ebenfalls wie eine nichttriviale Differentialgleichung aussieht, l¨asst sich mit Hilfe der Quotientenregel leicht umformen: 0 2 0 0 u00 u − u0 u0 u u u00 = − = 2 u u u u
∂x ψ0 (x) ψ0 (x)
∂x ψ0 (x) ψ0 (x)
⇒
∂x
⇒
~ ∂x ψ0 (x) W(x) = − √ m ψ0 (x)
+
2
⇒
u00 = u
0 0 0 2 u u + u u
(4.44)
∂x2 ψ0 (x) (4.43) m ~ 2 = = 2 W (x) − √ ∂x W(x) ψ0 (x) ~ m √ 2 √ m m = ∂x − W(x) + − W(x) ~ ~
(4.44)
(4.45)
Die Kombination dieser Bestimmungsgleichung (4.45) mit dem Zusammenhang (4.42) zwischen Superpotential und Partnerpotential erm¨oglicht die direkte Konstruktion des Partnerpotentials V (2) aus der knotenfreien Wellenfunktion ψ(x) des zu entfernenden Zustands, wobei im Folgenden ψ 0 (x) = ∂x ψ(x) f¨ ur die partiell nach dem Ort x abgeleitete Wellenfunktion steht:
⇒
28
V
" 2 0 # 2 ~ ψ 0 (x) ψ (x) 1 2 (4.45) ~ − ∂x = W (x) + √ ∂x W(x) = 2 2m ψ(x) ψ(x) 2 m " # 2 2 ψ 0 (x) ψ(x)ψ 00 (x) − (ψ 0 (x))2 (4.44) ~ = − 2m ψ(x) ψ 2 (x) " # 2 ~2 ψ 0 (x) ψ 00 (x) = 2 − (4.46) 2m ψ(x) ψ(x)
(2) (4.42)
4.2 Supersymmetrische Quantenmechanik
E
H1
˜1 H
H2
ǫ˜1,3
ǫ2,2
ǫ˜1,2
ǫ2,1
ǫ˜2,2
ǫ3,1
ǫ˜1,1
ǫ2,0
ǫ˜2,1
ǫ3,0
˜2 H
H3
ǫ˜3,1
ǫ1,3 ǫ1,2
ǫ1,1 ǫ1,0 0
˜3 H
ǫ˜1,0
ǫ˜3,0
ǫ˜2,0
Abbildung 4.3: Eigenwertspektren einer SUSY-Kette von Partnersystemen, wie sie im Rahmen dieser Bachelorarbeit f¨ ur das PT -symmetrische Doppelmuldenpotential ˜ i gehen durch eine Potentialberechnet wurde. Die geschl¨angelten Systeme H (i) (i) ˜ verschiebung der Form V = V +const. aus den entsprechenden ungeschl¨angelten Systemen hervor. Ziel dieser Transformationen ist die Erzeugung exakter Supersymmetrie (blaue Einf¨arbung) oder die Anhebung der verbleibenden Zust¨ ande des Spektrums auf das urspr¨ ungliche Niveau.
4.2.2 SUSY-Ketten Im vorherigen Abschnitt wurde gezeigt, wie alleine aus der Grundzustandswellenfunktion ψ1,0 (x) eines Systems, welches durch den Hamiltonoperator H1 mit dem Potential V (1) beschrieben wird, der Hamiltonoperator H2 des Partnersystems berechnet werden kann. Dieser Formalismus l¨asst sich nun erneut anwenden, wobei das Partnersystem H2 als Grundsystem verwendet wird. Auf diese Weise l¨asst sich ein drittes System H3 konstruieren, dessen Eigenwertspektrum dem des urspr¨ unglichen Systems H1 entspricht, nur dass die ersten beiden Zust¨ande 1,0 und 1,1 fehlen. Solche sogenannten SUSY-Ketten, lassen sich prinzipiell endlos fortsetzen, bis bei endlichen Potentialen alle gebundenen Zust¨ande des Spektrums entfernt wurden. Dabei ist jedoch zweierlei zu beachten: Damit die Spektren zweier Partnersysteme Hi und Hi+1 die in Abbildung 4.2 dargestellten Beziehungen erf¨ ullen, muss die Supersymmetrie exakt sein, das heißt der Grundzustand des Systems Hi muss den Eigenwert i,0 = 0 besitzen. Vor der erneuten Anwendung des Formalismus auf ein System Hi , welches selbst aus einem SUSY-Partner hervor ging, muss daher eine Potentialmodifikation der Form V˜ (i) = V (i) −i,0 durchgef¨ uhrt werden. Dieses Verfahren ist in Abbildung 4.3 f¨ ur bis zu drei Partnersysteme schematisch dargestellt. Außerdem muss f¨ ur die Konstruktion von SUSY-Ketten nach Gleichung (4.46) der Grundzustand eines jeden Partnersystems bekannt sein. Diese Kenntnis kann grunds¨atzlich auf zwei verschiedene Weisen erlangt werden: Durch wiederholte Anwendung
29
4 Supersymmetrie des Operators B − lassen sich die gesuchten Wellenfunktionen aus den Eigenzust¨anden des urspr¨ unglichen Systems berechnen, welche f¨ ur diese Methode jedoch gegeben sein m¨ ussen. Alternativ kann die Grundzustandswellenfunktion vor jeder Anwendung des SUSY-Formalismus auch durch L¨osen der entsprechenden station¨aren Schr¨odingergleichung bestimmt werden – dieser Weg wurde in der vorliegenden Bachelorarbeit gegangen.
30
5 Das PT -symmetrische Doppelmuldenpotential Im folgenden Kapitel wird das untersuchte Doppelmuldenpotential eingef¨ uhrt und die Vorgehensweise zur numerischen L¨osung des Systems transparent gemacht. Vor allem aber werden die station¨aren L¨osungen, bis einschließlich des dritten angeregten Zustands, und der Einfluss des Ein-/Auskopplungsparameters γ auf das Spektrum vorgestellt. Wie einleitend bereits erw¨ahnt, wurde das PT -symmetrische Doppelmuldenpotential am ITP1 auch im Rahmen der Masterarbeiten von Dennis Dast [8] und Daniel Haag [7] untersucht. Die in diesem Kapitel pr¨asentierten Ergebnisse waren daher bereits bekannt, sie dienen jedoch als Ausgangspunkt und Vergleichswert f¨ ur die anschließende Entfernung von Zust¨anden mit Hilfe des Supersymmetrie-Formalismus in Kapitel 6.
5.1 Konstruktion des Potentials Als Doppelmulde werden gemeinhin Potentiale bezeichnet, die aus zwei durch ein endliches Maximum getrennten Minima bestehen. Neben der h¨aufig zu findenden, idealisierten ¨ abschnittsweisen Definition ist ein solches Potential auch durch die Uberlagerung eines harmonischen Terms mit einer Gaußfunktion zu erzeugen. An ein PT -symmetrisches System wurden im entsprechenden Grundlagenkapitel 3 zwei Bedingungen hergeleitet: Der Realteil muss eine gerade und der Imagin¨arteil eine ungerade Funktion im Ort sein. Dementsprechend wird f¨ ur das zu untersuchende Potential folgende Gleichung angesetzt:
V (x) =
x2 mω 2 2 2 x + V0 e− 2σ2 + iγ xe−ρx , 2
m, ω, ρ, γ ∈ R
(5.1)
F¨ ur die numerischen Berechnungen bzw. f¨ ur die im nachfolgenden Absatz 5.2 aus diesem Grund eingef¨ uhrte dimensionslose Gross-Pitaevskii-Gleichung wird das Potential V (x) in entsprechend skalierten Einheiten a0 und E0 ben¨otigt:
31
5. Das PT -symmetrische Doppelmuldenpotential
x˜ :=
x , a0
(5.8)
E0 :=
~2 2ma20
(5.8) V (a0 x ˜) (5.1) m2 a40 ω 2 2 V0 − a20 x˜22 2 2 V˜ (˜ x) := = e 2σ + iγa0 x˜e−ρa0 x˜ x˜ + 2 E0 ~ E0
⇒
=
mit:
ω ˜ :=
ω ˜ 2 2 ˜ − x˜22 2 x˜ + V0 e 2˜σ + i˜ γ x˜e−˜ρx˜ 4
ω , ω0
V0 V˜0 = , E0
wobei ω0 :=
σ ˜=
σ , a0
(5.2)
~ E0 = , 2ma20 ~
γ˜ =
a0 γ, E0
ρ˜ = a20 ρ
(5.3)
Im Folgenden werden ausschließlich die dimensionslosen Gr¨oßen vorkommen, die Tilde zur Unterscheidung wird folglich nicht mehr ben¨otigt und daher weggelassen. Die L¨osungen der station¨aren Gross-Pitaevskii-Gleichung entsprechen dem chemischen Potential µ eines Kondensats. Ein imagin¨arer Potentialanteil, der – wie in Kapitel 3 gezeigt – auch bei station¨aren Zust¨anden eine Zu- bzw. Abnahme der Norm bewirkt, entspricht bei Bose-Einstein-Kondensaten also dem Ein- bzw. Auskoppeln von Atomen. Ein Vorschlag zur experimentellen Realisierung [15] eines koh¨arenten Ein-/Auskopplungsprozesses, wie er durch den Imagin¨arteil in (5.2) beschrieben wird, basiert auf dem quantenmechanischen Tunneleffekt in einer entsprechenden Vierfachmulde. Die physikalisch sinnvolle Forderung, dass die Extremstellen des antisymmetrischen imagin¨aren Potentialanteils daher mit den Minima der beiden Mulden des Realteils zusammenfallen, reduziert die Anzahl der freien Parameter des Potentials (5.2) um eins: x2 ω2 V0 ∂ ! Re(V (x)) = x − 2 xe− 2σ2 = 0 ∂x 2 σ
⇒
x20,Re
∂ 2 ! Im(V (x)) = γ 1 − 2ρ x2 eρx = 0 ∂x
⇒
x20,Im =
!
x0,Re = x0,Im
⇒
ρ=
2
= 2σ ln
1 = ρ(ω, σ, V0 ) 0 4σ 4 ln σ2V 2 ω2
2V0 ω2σ2
1 2ρ (5.4)
Die drei verbleibenden Parameter ω, σ und V0 des reellen Potentialanteils wurden f¨ ur die Berechnungen dieser Bachelorarbeit jeweils auf einen festen Zahlenwert festgelegt, welche zu Gunsten der Vergleichbarkeit der Ergebnisse von Daniel Haag [7] u ¨bernommen wurden:
32
5.2 Numerische Vorgehensweise
7
0.06 Re(V ) Im(V )
6
0.03 0
4
-0.03
3
-0.06
2
-0.09
1
Im(V )
Re(V )
5
-0.12 -4
-2
0 x
2
4
Abbildung 5.1: PT -symmetrisches Doppelmuldenpotential entsprechend Gleichung (5.2) mit den in Gleichung (5.5) festgelegten Realteil-Parametern und einem Ein-/Auskopplungskoeffizienten von γ = 0.02.
ω=1,
σ=1,
V0 = 4
(5.5)
In Abbildung 5.1 ist das Doppelmuldenpotential mit diesen Parameterwerten f¨ ur einen festen Ein-/Auskopplungskoeffizienten γ dargestellt. Die PT -Symmetrie ist in Form des geraden Realteils und des ungeraden Imagin¨arteils gut zu erkennen.
5.2 Numerische Vorgehensweise Im Grundlagenkapitel 2 wurde in Gleichung (2.5) die eindimensionale, station¨are GrossPitaevskii-Gleichung (GPE) eingef¨ uhrt, welche innerhalb der Mean-Field-N¨aherung die Eigenzust¨ande von Bose-Einstein-Kondensaten mit kurzreichweitiger Wechselwirkung in einem externen Fallenpotential V (x) beschreibt. F¨ ur die numerische L¨osung wird die GPE in dimensionsloser Form ben¨otigt:
33
5. Das PT -symmetrische Doppelmuldenpotential
x˜ :=
(2.5)
⇒ ⇔ mit:
x a0
∂x2 =
⇒
1 2 ∂ a20 x˜
(5.6)
i ~ 4π~2 g 2 2 ψ(a0 x˜) = µ ψ(a0 x˜) ∂ + V (a x ˜ ) + |ψ(a x ˜ )| 0 0 2ma20 x˜ m h i ˜ x)|2 ψ(˜ ˜ x) = µ ˜ x) − ∂x˜2 + V˜ (˜ x) + g˜ |ψ(˜ ˜ ψ(˜ (5.7)
h
−
V (a0 x˜) V˜ (˜ x) := , E0 g˜ := 8πa20 g ,
˜ x) := ψ(a0 x˜) , ψ(˜
E0 :=
~2 2ma20
µ ˜ :=
µ E0 (5.8)
Wie bereits im vorherigen Abschnitt beim Potential V (x), wird auch in Bezug auf die GPE auf die Tildenschreibweise zur Unterscheidung verzichtet, weil im Folgenden nur noch die dimensionslosen Gr¨oßen aus (5.8) verwendet werden. Bei Vorgabe eines Eigenwertes µ handelt es sich bei der GPE (5.7) um eine nichtlineare, gew¨ohnliche Differentialgleichung zweiter Ordnung in ψ(x). Die numerische L¨osung erfolgt durch Reduktion auf ein System zweier nichtlinearer Differentialgleichungen erster Ordnung. Dieses kann anschließend, ausgehend von ebenfalls vorzugebenden Startwerten f¨ ur ψ(0) und ψ 0 (0), durch Integration mit Hilfe eines vierstufigen Runge-KuttaVerfahrens gel¨ost werden. Bei der Auffassung der GPE als komplexe Eigenwertgleichung bleiben folglich f¨ unf reelle Gr¨oßen unbestimmt: Jeweils Real- und Imagin¨arteil von µ, ψ(0) und ψ 0 (0), abz¨ uglich iφ eines Freiheitsgrades aufgrund der frei w¨ahlbaren globalen Phase e . Allerdings m¨ ussen die so erhaltenen L¨osungen auch physikalische Nebenbedingungen erf¨ ullen: Die Forderung nach der Normierbarkeit der Wellenfunktion verlangt verschwindende Werte f¨ ur x → ±∞, was vier reellen Bedingungen entspricht. Der letzte verbleibende Freiheitsgrad der L¨osung wird verwendet, um die Norm kψ(x)k auf den Wert 1 festzulegen. Somit ergibt sich eine f¨ unfdimensionale Nullstellensuche, welche numerisch durchf¨ uhrbar ist. Es hat sich herausgestellt, dass die Nullstellensuche in den Startwerten des chemischen Potentials µ am empfindlichsten ist – hier muss der vorgegebene Startwert in der Regel in den ersten beiden geltenden Stellen mit der L¨osung u ¨bereinstimmen. Ansonsten erzielt die Nullstellensuche kein Ergebnis oder findet physikalisch unbedeutende Potentialkastenl¨osungen, welche dadurch zustande kommen, dass im Runge-Kutta-Verfahren nur bis zu endlichen |x|-Werten integriert wird.
34
5.3 Eigenwertspektrum und Eigenzust¨ande ohne Nichtlinearit¨at
5.3 Eigenwertspektrum und Eigenzust¨ ande ohne Nichtlinearit¨ at Der Versuch, eine Nichtlinearit¨at g |ψ(x)|2 in den Formalismus der supersymmetrischen Quantenmechanik miteinzubeziehen, hat bislang ungekl¨arte Fragen aufgeworfen [9]. Zur Untersuchung von SUSY-Ketten in einem nichthermiteschen Quantensystem, dem eigentlichen Ziel dieser Arbeit, wird die Gross-Pitaevskii-Nichtlinearit¨at in Kapitel 6 daher vernachl¨assigt. Aus diesem Grund wird auch die PT -symmetrische Doppelmulde (5.2), zun¨achst bei verschwindender Nichtlinearit¨at g = 0 betrachtet. In diesem Fall geht die GPE (5.7) in die station¨are Schr¨odingergleichung u ¨ber. Im L¨osungsspektrum der station¨aren Schr¨odingergleichung eines reellen, symmetrischen Doppelmuldenpotentials treten die Eigenwerte stets in Paaren auf, deren Differenzen i+1 − i bzw. i+3 − i+2 deutlich geringer sind, als der Abstand i+2 − i+1 zwischen zwei Paaren. Daher werden im Folgenden auch f¨ ur das PT -symmetrische Doppelmuldenpotential zun¨achst nur zwei Eigenzust¨ande betrachtet, anhand derer die grundlegenden Eigenschaften des nichthermiteschen, PT -symmetrischen Quantensystems deutlich werden. Anschließend wird jedoch auch das zweite Eigenwertpaar behandelt, weil dieses nach dem sp¨ateren Entfernen zweier Zust¨ande durch den SUSY-Formalismus dem Grundzustand des Partnersystems entspricht und somit in Kapitel 6 als Vergleichswert ben¨otigt wird.
5.3.1 Grundzustand und erster angeregter Zustand In Abbildung 5.2 sind die numerisch berechneten Wellenfunktionen von Grundzustand und erstem angeregtem Zustand f¨ ur drei ausgew¨ahlte Gr¨oßen des Ein-/Auskopplungsparameters γ dargestellt. Die Eigenwerte µ zu den Wellenfunktionen der Teilabbildungen a bis d sind rein reell, die der Teilabbildungen e und f zueinander komplex konjugiert. Weil die Realteile in diesem Fall identisch sind, ist die Bezeichnung als Grundzustand“ ” bzw. angeregter Zustand“ eigentlich nicht mehr korrekt. Im Bewusstsein dessen wird ” der Zustand, dessen Eigenwert einen negativen Imagin¨arteil besitzt, im Folgenden der Einfacheit halber weiterhin als Grundzustand bezeichnet – der Zustand zum komplex konjugierten Eigenwert dementsprechend als erster angeregter Zustand. Bei der Wahl von γ = 0 verschwindet der Imagin¨arteil des untersuchten Potentials und der Hamiltonoperator bleibt hermitesch, weswegen die reellen Eigenwerte nicht verwundern. Die Eigenfunktionen sind entweder rein reell oder rein imagin¨ar, weswegen der antisymmetrische angeregte Zustand (Abb. 5.2-b) an der Stelle x = 0 einen Knoten besitzt.
35
5. Das PT -symmetrische Doppelmuldenpotential
Grundzustand:
Erster angeregter Zustand:
a)
b)
c)
d)
e)
f)
γ =0
ψ(x)
0.5
0
-0.5
γ = 0.03
ψ(x)
0.5
0
-0.5
γ = 0.06
ψ(x)
0.5
0
-0.5 -4
-2
Re(ψ)
0 x
2
4
Im(ψ)
-4
-2
0 x
2
4
|ψ|2
Abbildung 5.2: Realteil, Imagin¨arteil und Betragsquadrat der ersten beiden Eigenzust¨ ande des PT -symmetrischen Doppelmuldenpotentials f¨ ur drei ausgew¨ahlte Ein-/Auskopplungsparameter γ.
36
5.3 Eigenwertspektrum und Eigenzust¨ande ohne Nichtlinearit¨at F¨ ur nichtverschwindende, aber kleine Werte von γ bleiben die Eigenwerte trotz Nichthermitizit¨at des Hamiltonoperators reell, eine Eigenschaft die im entsprechenden Grundlagenkapitel 3 auf die PT -Symmetrie des Systems zur¨ uckgef¨ uhrt wurde. Wie erwartet, sind auch die zugeh¨origen Wellenfunktionen PT -symmetrisch, was sich in den Teilabbildungen 5.2-c und -d durch symmetrische Realteile und antisymmetrische Imagin¨arteile zeigt. Wie in den Teilabbildungen 5.2-e und -f zu erkennen, verlieren die Eigenfunktionen des ersten Eigenwertpaars diese PT -Symmetrie allerdings f¨ ur gr¨oßere Ein-/Auskopplungspa2 rameter γ. Das Betragsquadrat |ψ(x)| der Wellenfunktionen, welches f¨ ur Bose-EinsteinKondensate direkt mit der Teilchendichte verkn¨ upft ist und somit eine messbare Gr¨oße darstellt, besitzt dann in einer der beiden Mulden ein globales Maximum. Wie ebenfalls leicht ersichtlich wird, lassen sich die Wellenfunktionen von Grundzustand ψ0 und erstem angeregtem Zustand ψ1 durch Anwendung des PT -Operators ineinander u uhren: ¨berf¨ Re (ψ0 (x)) = Re (ψ1 (−x)) ,
Im (ψ0 (x)) = −Im (ψ1 (−x))
(5.9)
Auch diese Eigenschaft von Eigenzust¨anden zu komplex konjugierten Eigenwerten wurde im Grundlagenkapitel 3 vorhergesagt. Um den kritischen Parameterwert γEP zu bestimmen, ab dem die Eigenwerte komplex werden, wurde der Ein-/Auskopplungsparameter in Abbildung 5.3 durchfahren. Aus der Abbildung geht hervor, dass die ersten beiden Zust¨ande tats¨achlich f¨ ur den gesamten Parameterbereich 0 ≤ γ ≤ γEP reelle Eigenwerte besitzen. Eine in dieser Arbeit nicht explizit abgebildete Betrachtung der unmittelbaren Umgebung des in Abbildung 5.3 hervorgehobenen kritischen Parameterwertes ergibt, dass die Wellenfunktionen ψ0 und ψ1 an dieser Stelle identisch werden, weswegen γEP auch als exzeptioneller Punkt bezeichnet wird.
5.3.2 Zweiter und dritter angeregter Zustand Auch das zweite Eigenwertpaar µ2 ,µ3 wurde auf seine Abh¨angigkeit vom Ein-/Auskopplungskoeffizienten untersucht. In den Abbildungen 5.4 und 5.5 sind Real- und Imagin¨arteil getrennt dargestellt, um die Ergebnisse mit denen des ersten Eigenwertpaares in Relation zu setzen. Dabei wird deutlich, dass die grundlegende Struktur identisch ist – die Eigenwerte sind bis zu einem kritischen Parameterwert rein reell und anschließend komplex konjugiert. Dieser exzeptionelle Punkt des zweiten Eigenwertpaares liegt allerdings bei einem deutlich h¨oheren Ein-/Auskopplungskoeffizienten.
37
5. Das PT -symmetrische Doppelmuldenpotential
2.5
Re(µ)
2.48 2.46 2.44 Re(µ): µ0 µ1
2.42 Im(µ): µ0 µ1
0.04
Im(µ)
0.02 0 -0.02 -0.04 0
0.01
0.02
0.03 γ
0.04
0.05
0.06
Abbildung 5.3: Realteile (oben) und Imagin¨arteile (unten) der ersten beiden Eigenwerte µ0 und µ1 des PT -symmetrischen Doppelmuldenpotentials f¨ ur 0 ≤ γ ≤ 0.06 mit hervorgehobenem exzeptionellem Punkt, an dem die Eigenfunktionen von Grundzustand und erstem angeregtem Zustand identisch werden.
38
5.3 Eigenwertspektrum und Eigenzust¨ande ohne Nichtlinearit¨at
4.5 4.4 4.3 4.2
Re(µ)
4.1 4 3.9 3.8 3.7 2.6 Abb. 5.3
2.5 2.4 0
0.05
µ2
0.1
0.15
µ3
0.2 γ
0.25
0.3
0.35
0.4
µ0 , µ1
Abbildung 5.4: Realteile der ersten vier Eigenwerte µ0 bis µ3 des PT -symmetrischen Doppelmuldenpotentials f¨ ur 0 ≤ γ ≤ 0.4, wobei zur u ¨bersichtlicheren Darstellung ein Teil der y-Achse ausgespart wurde. Das erste Eigenwertpaar wurde bereits in Abbildung 5.3 dargestellt und dient lediglich zur Verdeutlichung der Gr¨ oßenordnungen.
39
5. Das PT -symmetrische Doppelmuldenpotential
0.2
Im(µ)
0.1
0
µ0 , µ1 µ2 µ3
-0.1
-0.2 0
0.05
0.1
0.15
0.2 γ
0.25
0.3
0.35
0.4
Abbildung 5.5: Imagin¨ arteile der ersten vier Eigenwerte µ0 bis µ3 des PT -symmetrischen Doppelmuldenpotentials f¨ ur 0 ≤ γ ≤ 0.4. Das erste Eigenwertpaar wurde bereits in Abbildung 5.3 dargestellt und dient lediglich zur Verdeutlichung der Gr¨ oßenordnungen.
Das ist vor allem in Bezug auf die sp¨atere Anwendung des Supersymmetrieformalismus interessant. Im Parameterbereich γEP1 ≤ γ ≤ γEP2 m¨ ussen sich nach dem Entfernen des ersten Eigenwertpaares wieder rein reelle Eigenwerte zu PT -symmetrischen Eigenfunktionen ergeben, obwohl die Grundzustandswellenfunktionen des Doppelmuldenpotentials in diesem Bereich l¨angst PT -gebrochen und die zugeh¨origen Eigenwerte komplex sind. Besagte Wellenfunktionen des zweiten und dritten angeregten Zustands sind in Abbildung 5.6 f¨ ur drei ausgew¨ahlte Werte des Ein-/Auskoplungsparameters dargestellt, bergen jedoch in Bezug auf die bereits diskutierten Wellenfunktionen des ersten Eigenwertpaares keine wesentlichen neuen Erkenntnisse. Als angeregte Zust¨ande besitzen die Wellenfunktionen im hermiteschen Grenzfall γ = 0 ebenfalls Knoten, deren Anzahl dem Index i des Eigenwertes µi entspricht. Im Parameterbereich vor dem exzeptionellen Punkt sind die Wellenfunktionen wieder PT -symmetrisch, nach dem exzeptionellen Punkt PT -gebrochen. Auch das Kriterium (5.9) zur Transformation der Zust¨ande komplex konjugierter Eigenwerte mittels des PT -Operators ist erf¨ ullt.
40
5.3 Eigenwertspektrum und Eigenzust¨ande ohne Nichtlinearit¨at
Zweiter angeregter Zustand:
Dritter angeregter Zustand:
a)
d)
b)
e)
c)
f)
γ =0
ψ(x)
0.5
0
-0.5
γ = 0.2
ψ(x)
0.5
0
-0.5
γ = 0.4
ψ(x)
0.5
0
-0.5 -6
-4
-2
Re(ψ)
0 x
2
4
Im(ψ)
6
-4
-2
0 x
2
4
|ψ|2
Abbildung 5.6: Realteil, Imagin¨ arteil und Betragsquadrat der Wellenfunktionen von zweitem und drittem angeregten Zustand des PT -symmetrischen Doppelmuldenpotentials f¨ ur drei ausgew¨ ahlte Ein-/Auskopplungsparameter γ.
41
5. Das PT -symmetrische Doppelmuldenpotential
5.4 Eigenwertspektrum und Eigenzust¨ ande mit Nichtlinearit¨ at Bisher wurde die Nichtlinearit¨at in der Gross-Pitaevskii-Gleichung stets vernachl¨assigt bzw. explizit g = 0 gesetzt, weil das Ziel vor allem die Berechnung von Vergleichswerten f¨ ur die sp¨atere Anwendung des Supersymmetrieformalismus war. Ausgangspunkt f¨ ur das Verst¨andnis, weshalb es u berhaupt w¨ u nschenswert ist, Zust¨ a nde aus dem Spektrum des ¨ PT -symmetrischen Doppelmuldenpotentials zu entfernen, ist jedoch die realistische Beschreibung eines Bose-Einstein-Kondensats unter Ber¨ ucksichtung der Gross-PitaevskiiNichtlinearit¨at g |ψ(x)|2 . Aus diesem Grund werden im folgenden Abschnitt nichtverschwindende Nichtlinearit¨atsparameter g > 0 und deren Einfluss auf die γ-Abh¨angigkeit des Eigenwertspektrums der PT -symmetrischen Doppelmulde behandelt. F¨ ur dieses Grundverst¨andnis gen¨ ugt die Betrachtung des ersten Eigenwertpaares. Dabei wird der Parameter g zun¨achst bei festem γ erh¨oht, um anschließend f¨ ur ausgew¨ahlte Nichtlinearit¨aten g erneut den Ein-/Auskopplungsparameter γ zu durchfahren. Das Ergebnis dieser Berechnungen ist in Abbildung 5.7 dargestellt. Neben einer irrelevanten Verschiebung des Spektrums zu kleineren Energien und marginalen Verschiebungen der im vorherigen Abschnitt eingef¨ uhrten exzeptionellen Punkte zu kleineren γ-Werten tritt bei nichtverschwindenden Nichtlinearit¨aten ein zus¨atzlicher exzeptioneller Punkt auf. An diesem Punkt zweigen vom bisher bekannten Eigenwertpaar, das bis dahin noch rein reell ist, zwei komplex konjugierte L¨osungen ab. Im Bereich zwischen den beiden exzeptionellen Punkten eines Eigenwertpaares existieren damit gleichzeitig vier verschiedene Eigenzust¨ande. In Abbildung 5.8 sind diese vier Wellenfunktionen des ersten Eigenwertpaares f¨ ur g = 0.2 und γ = 0.03 dargestellt. Wie im Grundlagenkapitel 3 erw¨ahnt, gilt auch im nichtlinearen Fall, dass zu den reellen L¨osungen PT -symmetrische Wellenfunktionen und zu den komplex konjugierten L¨osungen PT -gebrochene Eigenzust¨ande geh¨oren. Letztere gehen auch wieder durch Anwendung des PT -Operators auseinander hervor. Die Lage des zweiten exzeptionellen Punktes h¨angt, wie ebenfalls in Abbildung 5.7 erkennbar ist, stark von der Nichtlinearit¨at g ab. Bereits f¨ ur g = 0.3 gibt es keinen γ-Wert mehr, f¨ ur den ausschließlich reelle Eigenwerte existieren. Hinzu kommt, dass die abzweigenden, PT -gebrochenen L¨osungen dynamische Instabilit¨aten in das System einf¨ uhren. Perspektivisches Ziel ist es daher, diese abzweigenden L¨osungen aus dem Spektrum des PT -symmetrischen Doppelmuldenpotentials zu entfernen.
42
5.4 Eigenwertspektrum und Eigenzust¨ande mit Nichtlinearit¨at
2.5
Re(µ)
2.45
2.4
2.35 0.04
Im(µ)
0.02 0 -0.02 -0.04 0
0.01
0.02
0.03
0.04
0.05
γ g =0
g = 0.1
g = 0.2
g = 0.3
Abbildung 5.7: γ-Abh¨ angigkeit von Realteil (oben) und Imagin¨arteil (unten) des ersten Eigenwertpaares der PT -symmetrischen Doppelmulde f¨ ur verschiedene Nichtlinearit¨ ats-Parameter g. Die exzeptionellen Punkte der γ-Abh¨angigkeiten sind entsprechend dem zugeh¨origen g-Wert farblich markiert. In Abbildung 5.8 sind die gleichzeitig existierenden Wellenfunktionen bei g = 0.2 und γ = 0.03 dargestellt.
43
5. Das PT -symmetrische Doppelmuldenpotential
a)
b)
µ = 2.4317
µ = 2.4927
c)
d)
µ = 2.3894 + 0.01472 i
µ = 2.3894 − 0.01472 i
PT -symmetrisch
ψ(x)
0.5
0
-0.5
PT -gebrochen
ψ(x)
0.5
0
-0.5
-4
-2
Re(ψ)
0 x
2
4
Im(ψ)
-4
-2
0 x
2
4
|ψ|2
Abbildung 5.8: Realteil, Imagin¨arteil und Betragsquadrat der Wellenfunktionen aller vier gleichzeitig existierenden Zust¨ande f¨ ur g = 0.2 und γ = 0.03 mit den zugeh¨ origen reellen (oben) bzw. komplexen (unten) Eigenwerten µ.
44
6 SUSY-Erweiterung des PT -symmetrischen Doppelmuldenpotentials Im folgenden Kapitel werden nun, aufbauend auf allen bisher geschaffenen Grundlagen, die eigentlichen Ergebnisse dieser Bachelorarbeit pr¨asentiert. Der Aufbau des Kapitels entspricht der logischen Vorgehensweise: Nach einer erneut knappen Vorstellung der verwendeten Methodik zur Bestimmung der Partnerpotentiale werden zun¨achst die Ergebnisse der einmaligen Anwendung des Formalismus zur Konstruktion eines Partnerpotentials V (2) pr¨asentiert. Hierbei liegt das Hauptaugenmerk jedoch nur auf der Funktionst¨ uchtigkeit des Formalismus. Die genaue Form der Partnerpotentiale und ihrer Eigenzust¨ande wird im darauffolgenden Abschnitt diskutiert, nach der erneuten Anwendung des Formalismus zur Konstruktion eines zweiten Partnersystems V (3) . F¨ ur die Anzahl der entfernten Zust¨ande bzw. die Anzahl der zu l¨osenden Partnersysteme zu einem bekannten Ausgangssystem wird im Folgenden der Begriff “SUSY-Level“ verwendet. Das Entfernen zweier Zust¨ande aus dem Spektrum eines nichthermiteschen PT -symmetrischen Systems ist auf zwei unterschiedlichen Wegen m¨oglich: Der intuitiven Vorgehensweise, jeweils die Grundzust¨ande der Systeme V (1) und V (2) zu entfernen (wie in Abbildung 4.3 schematisch dargestellt), oder der umgekehrten Vorgehensweise, den ersten angeregten Zustand vor dem Grundzustand zu entfernen. Letzteres wird im abschließenden Abschnitt dieses Kapitels diskutiert und mit dem vorherigen Weg verglichen.
6.1 Numerische Vorgehensweise zur Anwendung des SUSY-Formalismus Die Konstruktion eines Partnerpotentials erfolgt entsprechend Gleichung (4.46) aus der Wellenfunktion ψ(x) des zu entfernenden Zustands. F¨ ur die dimensionslose Formulierung der Gleichung wird statt (4.39) folgender Ansatz f¨ ur die Operatoren B ± verwendet, wo-
45
6. SUSY-Erweiterung des PT -symmetrischen Doppelmuldenpotentials bei W in diesem Fall ein dimensionsloses Superpotential in den Einheiten a0 und E0 darstellt:
(...)
=⇒
B ± := W(x) ∓ ∂x 0 2 ψ 00 (x) ψ (x) (2) − V (x) = 2 ψ(x) ψ(x)
(6.1)
Das dimensionslose Partnerpotential V (2) ergibt sich dann in v¨olliger Analogie zur Rechnung in Abschnitt 4.2.1. Die auftauchenden Ableitungen der Wellenfunktion m¨ ussen dabei gar nicht gesondert berechnet werden, sondern ergeben sich unmittelbar aus dem ohnehin zu l¨osenden System von Differentialgleichungen erster Ordnung. Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist, dass beliebige knotenfreie Eigenfunktionen zur Konstruktion des Partnerpotentials verwendet werden k¨onnen. Dies macht es u ¨berhaupt erst m¨oglich, verschiedene SUSY-Ketten zu finden, deren Partnerpotentiale des h¨ochsten SUSY-Levels ein identisches Eigenwertspektrum aufweisen.
6.2 SUSY-Level 1 Die einmalige Anwendung des Supersymmetrieformalismus wurde bereits in der Bachelorarbeit von Nikolas Abt [9] untersucht, wenn auch nur f¨ ur das PT -symmetrische ¨ Doppel-Delta-Potential. Die Ubertragung auf das PT -symmetrische Doppelmuldenpotential birgt allerdings weder neue Schwierigkeiten, noch liefert sie neue Erkenntnisse. In diesem Abschnitt geht es demnach nur darum, zu verifizieren, dass die Anwendung des Supersymmetrieformalismus funktioniert und den erwarteten Effekt auf das Eigenwertspektrum hat. Hierf¨ ur wurde der Ein-/Auskopplungsparameter γ, wie zuvor alleine f¨ ur das Doppelmuldenpotential, durchfahren, wobei nun bei jedem Schritt das Grundsystem gel¨ost, daraus das Partnerpotential berechnet und in analoger Vorgehensweise ebenfalls gel¨ost wurde. Als Ergebnis ist in Abbildung 6.1 der Grundzustand µ2,0 des konstruierten Partnersystems im relevanten Parameterbereich 0 ≤ γ ≤ 0.06 aufgetragen. Als Vergleichswert dient der im vorherigen Kapitel berechnete und in Abbildung 5.3 dargestellte erste angeregte Zustand µ1,1 der PT -symmetrischen Doppelmulde. Die Energien werden dabei so verschoben, dass das Partnersystem mit dem Ausgangssystem verglichen werden kann. Die einmalige Anwendung des Supersymmetrie-Formalsimus auf die PT -symmetrische
46
6.3 SUSY-Level 2 Doppelmulde funktioniert also u ¨ber den gesamten betrachteten Parameterbereich hinweg hervorragend. Selbst die einzelne, in Abbildung 6.1 (oben) erkennbare Abweichung ist nicht auf den Supersymmetrie-Formalismus, sondern bereits auf numerische Schwierigkeiten bei der Berechnung des Grundsystem-Grundzustands zur¨ uckzuf¨ uhren.
6.3 SUSY-Level 2 6.3.1 Stetiges Entfernen der Grundzust¨ ande Aufbauend auf der erfolgreichen einmaligen Anwendung des Supersymmetrie-Formalismus wird der Ein-/Auskopplungsparameter γ nun erneut durchfahren, wobei in jedem Schritt zus¨atzlich ein zweites Partnerpotential V (3) aus der Grundzustandswellenfunktion ψ2,0 des ersten Partnersystems konstruiert und gel¨ost wird. In Abbildung 6.2 ist zu erkennen, dass der Grundzustandseigenwert µ3,0 des zweiten Partnersystems mit dem im vorherigen Kapitel berechneten und in Abbildung 5.4 dargestellten zweiten angeregten Zustand µ1,2 der PT -symmetrischen Doppelmulde u ¨bereinstimmt – und zwar u ¨ber den gesamten betrachteten Parameterbereich 0 ≤ γ ≤ 0.4 hinweg. Die Berechnung des ersten angeregten Zustands µ3,2 des zweiten Partnersystems f¨ ur einzelne γ-Werte ergab ¨ ebenfalls eine sehr gute Ubereinstimmung mit dem dritten angeregten Zustand µ1,3 des Grundsystems. Das Hauptziel dieser Arbeit ist damit erreicht: Es konnte gezeigt werden, dass es m¨oglich und numerisch weder zu aufwendig noch zu anf¨allig ist, mit Hilfe des Supersymmetrieformalismus auch mehrere Zustast¨ande aus dem Spektrum des nichthermiteschen PT symmetrischen Doppelmuldenpotentials zu entfernen, ohne dabei das u ¨brige Spektrum zu ver¨andern. Das ist ein bemerkenswertes Ergebnis, denn das Verfahren ist numerisch prinzipiell sehr fehleranf¨allig: Das Potential V (3) wird rein numerisch aus der Wellenfunktion ψ2,0 gewonnen, welche selbst numerische L¨osung der Schr¨odingergleichung zu V (2) ist, welches wiederum aus der numerischen L¨osung ψ1,0 des Ausgangssystems bestimmt wird. Kleine numerischen Fluktuationen k¨onnen sich somit in mehreren Schritten aufaddieren. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen jedoch, dass die gew¨ unschten Gr¨oßen mit dem beschriebenen Verfahren trotzdem sehr stabil berechnet werden k¨onnen. Im Folgenden werden die Eigenzust¨ande und Partnerpotentiale der beschriebenen SUSYKette genauer betrachtet. Die Grundzustandswellenfunktionen der drei Partnersysteme H1 , H2 und H3 sind in den Abbildungen 6.3 und 6.4 f¨ ur vier beispielhafte γ-Werte dargestellt. Im hermiteschen Grenzfall sind die Wellenfunktionen aller drei Partnersysteme rein reell. Im Bereich vor dem ersten exzeptionellen Punkt des Grundsystems, in Abbildung 6.3 d-f beispielhaft f¨ ur den Parameterwert γ = 0.03 dargestellt, sind alle
47
6. SUSY-Erweiterung des PT -symmetrischen Doppelmuldenpotentials
2.51 2.5
Re(µ)
2.49 2.48 2.47 Re(µ) : µ1,1 ◦◦◦ µ2,0
2.46 0.05
Im(µ): µ1,1 ◦◦◦ µ2,0
0.04
Im(µ)
0.03 0.02 0.01 0 0
0.01
0.02
0.03 γ
0.04
0.05
0.06
Abbildung 6.1: Real- (oben) und Imagin¨arteil (unten) des Grundzustandseigenwertes µ2,0 eines durch einmalige Anwendung des SUSY-Formalismus konstruierten Partnerpotentials V (2) der PT -symmetrischen Doppelmulde im relevanten Parameterbereich 0 ≤ γ ≤ 0.06. Als Vergleichswert ist der erste angeregte Zustand µ1,1 des Grundsystems eingezeichnet.
48
6.3 SUSY-Level 2
4.2 Re(µ) : µ1,2 ◦◦◦ µ3,0
Re(µ)
4.1
4
3.9 Im(µ): µ1,2 ◦◦◦ µ3,0
Im(µ)
0.2
0.1
0
0
0.05
0.1
0.15
0.2 γ
0.25
0.3
0.35
0.4
Abbildung 6.2: Real- (oben) und Imagin¨ arteil (unten) des Grundzustandseigenwertes µ3,0 eines durch zweifache Anwendung des SUSY-Formalismus konstruierten Partnerpotentials V (3) der PT -symmetrischen Doppelmulde im relevanten Parameterbereich 0 ≤ γ ≤ 0.4. Als Vergleichswert ist der zweite angeregte Zustand µ1,2 des Grundsystems eingezeichnet.
49
6. SUSY-Erweiterung des PT -symmetrischen Doppelmuldenpotentials
γ =0
γ = 0.03 d)
b)
e)
c)
f)
Grundsystem H1
a) ψ1,0 (x)
0.5
0
Partnersystem H2
-0.5
ψ2,0 (x)
0.5
0
Partnersystem H3
-0.5
ψ3,0 (x)
0.5
0
-0.5 -4
-2
Re(ψ)
0 x
2
4
Im(ψ)
-4
-2
0 x
2
4
|ψ|2
Abbildung 6.3: Realteil, Imagin¨ arteil und Betragsquadrat der jeweiligen Grundzust¨ande aller drei Partnersysteme der untersuchten SUSY-Kette im hermiteschen Grenzfall bei verschwindendem Ein-/Auskopplungsparameter γ = 0 (a-c) und f¨ ur nichtverschwindendes, aber kleines γ = 0.03 < γEP1 unterhalb des ersten exzeptionellen Punktes (d-f).
50
6.3 SUSY-Level 2
γ = 0.1
γ = 0.4 d)
b)
e)
c)
f)
Grundsystem H1
a) ψ1,0 (x)
0.5
0
Partnersystem H2
-0.5
ψ2,0 (x)
0.5
0
Partnersystem H3
-0.5
ψ3,0 (x)
0.5
0
-0.5 -4
-2
Re(ψ)
0 x
2
4
Im(ψ)
-4
-2
0 x
2
4
|ψ|2
Abbildung 6.4: Realteil, Imagin¨ arteil und Betragsquadrat der jeweiligen Grundzust¨ande aller drei Partnersysteme der untersuchten SUSY-Kette f¨ ur die beispielshaften Parametergr¨ oßen γ = 0.1 (a-c) zwischen den exzeptionellen Punkten des Grundsystems und γ = 0.4 (d-f) nach dem zweiten exzeptionellen Punkt des Grundsystems.
51
6. SUSY-Erweiterung des PT -symmetrischen Doppelmuldenpotentials Wellenfunktionen PT -symmetrisch. Das gilt insbesondere auch f¨ ur die Wellenfunktion ψ2,0 des ersten Partnersystems, welche in ihrer Struktur ansonsten deutlich von der des Grundsystems abweicht. Am interessantesten ist der Bereich zwischen den exzeptionellen Punkten der PT -symmetrischen Doppelmulde. Wie im vorherigen Kapitel bereits erw¨ahnt, sind die Wellenfunktionen des ersten Eigenwertpaares in diesem Bereich bereits PT -gebrochen, w¨ahrend der zweite angeregte Zustand einen rein reellen Eigenwert und eine PT -symmetrische Wellenfunktion besitzt. Das spiegelt sich auch in den Grundzustandswellenfunktionen der drei betrachteten Partnersysteme wider, welche in Abbildung 6.4 a-c f¨ ur γ = 0.1 dargestellt sind. Wie f¨ ur Eigenzust¨ande zu reellen Eigenwerten erwartet, bleibt die Grundzustandswellenfunktion des zweiten Partnersystems H3 PT -symmetrisch, w¨ahrend die Grundzustandswellenfunktionen der beiden u ¨brigen Partnersysteme PT -gebrochen sind. Die Betrachtung der in Abbildung 6.5 dargestellten Potentiale liefert ein weiteres interessantes Detail: Im Bereich zwischen den exzeptionellen Punkten der PT -symmetrischen Doppelmulde wird nicht nur die PT -Symmetrie der Grundzustandswellenfunktion ψ2,0 des Partnersystems H2 gebrochen, aufgrund der ebenfalls PT -gebrochen Wellenfunktion ψ1,0 ist bereits das daraus konstruierte Partnerpotential V (2) nicht mehr PT -symmetrisch. Diese Tatsache macht es umso bemerkenswerter, dass das aus der Wellenfunktion ψ2,0 konstruierte Potential V (3) wieder PT -symmetrisch ist. Bei der Betrachtung des Realteils von V (3) in Abbildung 6.5 (links) f¨allt außerdem auf, dass es sich, wie auch beim betrachteten Grundsystem, um eine Doppelmulde handelt, welche außerdem – ebenfalls wie im Grundsystem – unabh¨angig vom gew¨ahlten Ein-/Auskopplungsparameter γ ist. Dies ist jedoch nicht weiter verwunderlich, denn im Eigenwertspektrum des PT -symmetrischen Doppelmuldenpotentials treten die u ¨brigen Eigenwerte nach dem Entfernen des ersten Eigenwertpaares weiterhin paarweise auf.
6.3.2 Vorheriges Entfernen des ersten angeregten Zustands Zuletzt wurde durch das anf¨angliche Entfernen des ersten angeregten Zustands eine alternative SUSY-Kette konstruiert, deren zweites Partnersystem H3 jedoch ein zur ersten SUSY-Kette identisches Eigenwertspektrum aufweisen sollte – n¨amlich das der PT symmetrischen Doppelmulde mit Ausnahme des ersten Eigenwertpaares. Diese Erwartung konnte f¨ ur die gew¨ahlten Parameter γ = 0.02 und γ = 0.08 best¨atigt werden. In Abbildung 6.6 sind die relevanten Wellenfunktionen dargestellt, welche zur Konstruktion der Partnerpotentiale verwendet wurden: Der erste angeregte Zustand ψ1,1 des Grundsystems und der Grundzustand ψ2,0 des ersten Partnersystems, sowie der Grundzustand des resultierenden zweiten Partnerpotentials V (3) . Die Partnerpotentiale
52
6.3 SUSY-Level 2
Im(V ) 0.1
6
0.05
4
0
2 a)
b)
-0.1
8
0.2
6
0.1
4
0
2
-0.1
0
V (x)
-0.05
b)
e)
-0.2 ( · 2)
8
1
6
0.5
4
0
2
-0.5
0
c) -4
/
f) -2
V1
0 x
2
/
4
V2
-1
-4
/
( · 10)
γ = 0.1
V (x)
0
( · 10)
γ = 0.03
8
γ = 0.4
V (x)
Re(V )
-2
0 x
2
4
V3
Abbildung 6.5: Real- (links) und Imagin¨ arteile (rechts) aller drei Partnerpotentiale der untersuchten SUSY-Kette f¨ ur die beispielshaften Parametergr¨oßen γ = 0.03 (a,b) vor dem ersten exzeptionellen Punkt des Grundsystems, γ = 0.1 (c,d) zwischen den exzeptionellen Punkten des Grundsystems und γ = 0.4 (e,f) nach dem zweiten exzeptionellen Punkt des Grundsystems.
53
6. SUSY-Erweiterung des PT -symmetrischen Doppelmuldenpotentials
γ = 0.02
γ = 0.08
a)
d)
b)
e)
c)
f)
Grundsystem H1
ψ1,1 (x)
0.5
0
ψ2,0 (x)
1.5
Partnersystem H2
-0.5
1 0.5 0 -0.5
Partnersystem H3
ψ3,0 (x)
0.5
0
-0.5 -4
-2
Re(ψ)
0 x
2
4
Im(ψ)
-4
-2
0 x
2
4
|ψ|2
Abbildung 6.6: Realteil, Imagin¨ arteil und Betragsquadrat derjenigen Wellenfunktionen, welche zur Konstruktion eines Partnerpotentials der alternativen SUSY-Kette aus Abschnitt 6.3.2 verwendet wurden. Dargestellt sind die Wellenfunktionen f¨ ur die beispielhaften Parametergr¨oßen γ = 0.02 (a-c) vor dem ersten exzeptionellen Punkt des Grundsystems und γ = 0.08 zwischen den exzeptionellen Punkten des Grundsystems (d-f).
54
6.3 SUSY-Level 2
Im(V )
V (x)
Re(V ) 8
0.04 ( · 103 )
6
0.02
4
0
2
-0.02
0
-0.04 -4
/
-2
V1
0 x
2
/
V2
4
-4
/
-2
0 x
2
4
V3
Abbildung 6.7: Real- (links) und Imagin¨ arteil (rechts) aller drei Partnerpotentiale der alternativen SUSY-Kette aus Abschnitt 6.3.2 f¨ ur einen Ein-/Auskopplungskoeffizienten von γ = 0.02. Der Imagin¨ arteil des Potentials V (2) ist um den Faktor 103 gestaucht dargestellt. Der Realteil von V (2) divergiert f¨ ur x = 0 nicht, sondern nimmt stark negative, aber endliche Werte an.
selbst sind in Abbildung 6.7 dargestellt. Wie erwartet unterscheiden sich sowohl die Potentiale als auch die zugeh¨origen Grundzustandsfunktionen des ersten Partnersystems H2 f¨ ur die beiden unterschiedlichen SUSY-Ketten, wurden sie doch aus unterschiedlichen Wellenfunktionen konstruiert. Hervorzuheben ist hingegen, dass die resultierenden zweiten Partnerpotentiale V (3) f¨ ur beide SUSY-Ketten identisch sind, was in der vergleichenden Darstellung in Abbildung 6.8 besonders deutlich wird. Das u ¨berrascht deshalb, weil die entsprechenden Partner(3) potentiale V der unterschiedlichen SUSY-Ketten aus v¨ollig unterschiedlichen Wellenfunktionen ψ2,0 konstruiert wurden. Es bleibt zu untersuchen, ob es sich dabei um eine Eigenschaft des gew¨ahlten Systems handelt, welche auf die besondere Einfachheit oder auf systeminterne Symmetrien zur¨ uckzuf¨ uhren ist.
55
7
0.02
6
0
5
-0.02
4
-0.04
3
-0.06 -5
-4
-3
Re V (3)
-2
-1
◦◦◦ Re V˜ (3)
0 x
1 Im V (3)
2
3
4
◦◦◦ Im V˜ (3)
5
Abbildung 6.8: Vergleich der zweiten Partnerpotentiale V (3) (x) bzw. V˜ (3) (x) der beiden unterschiedlichen SUSY-Ketten aus den Abschnitten 6.3.1 und 6.3.2, jeweils getrennt f¨ ur Real- und Imagin¨arteil. Die durch eine Tilde gekennzeichneten Gr¨oßen beziehen sich auf die SUSY-Kette dieses Abschnitts, bei der zun¨achst der erste angeregte Zustand entfernt wurde.
56
Im(V )
Re(V )
6. SUSY-Erweiterung des PT -symmetrischen Doppelmuldenpotentials
7 Zusammenfassung und Ausblick In Rahmen dieser Bachelorarbeit wurde gezeigt, dass es m¨oglich ist, aus dem Eigenwertspektrum eines nichthermiteschen, linearen, PT -symmetrischen Systems durch wiederholte Anwendung des Supersymmetrie-Formalismus auch mehrere Eigenzust¨ande zu entfernen, ohne dabei das u ¨brige Spektrum zu ver¨andern. Mit dem gew¨ahlten Verfahren ist das in hoher Qualit¨at gelungen, obwohl die Partnerpotentiale schrittweise aus rein numerischen L¨osungen von Differentialgleichungen gewonnen wurden. Es konnte somit nachgewiesen werden, dass die unvermeidlichen numerischen Ungenauigkeiten sehr gut beherrschbar sind. Die in dieser Arbeit konstruierten SUSY-Ketten k¨onnen daher, sofern es gelingt, den Formalismus der supersymmetrischen Quantenmechanik auf nichtlineare Systeme zu erweitern, dazu verwendet werden, um die PT -gebrochenen L¨osungen im Eigenwertspektrum eines PT -symmetrischen Bose-Einstein-Kondensats zu entfernen. Weil besagte Zust¨ande eine dynamische Instabilit¨at in das System einf¨ uhren, erleichtert ihre Entfernung die experimentelle Umsetzung, welche der ersten Realisierung eines nichthermiteschen, offenen Quantensystems entspr¨ache. Der n¨achste Schritt zum Entfernen der abzweigenden PT -gebrochenen L¨osungen w¨are die Erweiterung des Supersymmetrie-Formalismus auf nichtlineare Systeme, im speziellen die Einbeziehung einer Gross-Pitaevskii-Nichtlinearit¨at der Form g|ψ(x)|2 . Dieser Schritt ist nicht ganz unproblematisch [9], weil die supersymmetrische Quantenmechanik lediglich f¨ ur lineare Systeme konzipiert wurde. Ist dies gelungen, so sollte die Dynamik der im Spektrum verbleibenden station¨aren L¨osungen des nichtlinearen Partnersystems untersucht werden, um auszuschließen, dass die Beseitigung st¨orender Zust¨ande mit Hilfe des SUSY-Formalismus neue Instabilit¨aten verursacht. In einer anderen aktuellen Bachelorarbeit [11] am ITP1 wurde der Supersymmetrieformalismus auf das zweidimensionale PT -symmetrische Doppelmuldenpotential angewendet. In Bezug auf die dort erzielten Ergebnisse w¨are es interessant, zu untersuchen, ob sich auch SUSY-Ketten auf zwei Raumdimensionen u ¨bertragen lassen und es folglich auch dort m¨oglich machen, mehrere Eigenzust¨ande zu entfernen. Außerdem ergeben sich aus dieser Arbeit unabh¨angig vom u ¨bergeordneten Ziel der Realisierung eines offenen Quantensystems durch PT -symmetrische Bose-Einstein-Kondensate zwei weitere Fragestellungen. Im letzten Abschnitt 6.3.2 dieser Arbeit wurde festgestellt, dass die Reihenfolge der Entfernung von Grundzustand und erstem angeregtem Zustand
57
7 Zusammenfassung und Ausblick zumindest im untersuchten PT -symmetrischen Doppelmuldenpotential keinen Einfluss auf die Form des zweiten Partnerpotentials hat – und damit auch nicht auf das zugeh¨origen Eigenwertspektrum. Hier stellt sich die Frage, weshalb dies so ist und in wie weit sich diese Erkenntnis verallgemeinern l¨asst. Zuletzt ergab die Konstruktion eines Partnerpotentials V (2) der PT -symmetrischen Doppelmulde im Parameterbereich zwischen den exzeptionellen Punkten der ersten beiden Eigenwertpaare, wie erwartet, ein nichthermitesches, PT -gebrochenes System, welches trotzdem unendlich viele station¨are L¨osungen mit reellen Eigenwerten besitzt – zus¨atzlich zu einem imagin¨aren “Grundzustand“. In einem solchen System w¨are es interessant, die Wahrscheinlichkeitsstromdichte, welche trotz Nichthermitizit¨at und Symmetriebruch reelle Eigenwerte erm¨oglicht, genauer zu betrachten.
58
Literaturverzeichnis [1] N. Moiseyev. Non-Hermitian Quantum Mechanics. Cambridge University Press, Cambridge (2011). [2] C. M. Bender und S. Boettcher. Real Spectra in Non-Hermitian Hamiltonians Having PT Symmetry. Physical Review Letters 80, 5243–5246 (1998). [3] A. Guo, G.J. Salamo, D. Duchesne, R. Morandotti, M. Volatier-Ravat, V. Aimez, G.A. Siviloglou und D. N. Christodoulides. Observation of PT -symmetry breaking in complex optical potentials. Physical Review Letters 103, 093902 (2009). [4] C. E. R¨ uter, K. G. Makris, R. El-Ganainy, D. N. Christodoulides, M. Segev und D. Kip. Observation of parity-time symmetry in optics. Nature Physics 6, 192 (2010). [5] S. Klaiman, U G¨ unther und N Moiseyev. Visualization of Branch Points in PT Symmetric Waveguides. Physical Review Letters 101, 080402 (2008). [6] D. Dast, D. Haag, H. Cartarius, G¨ unter Wunner, R. Eichler und J. Main. A BoseEinstein condensate in a PT -symmetric double well. Fortschritte der Physik 61, 124–139 (2013). [7] D. Haag. Numerische Behandlung von Bose-Einstein-Kondensaten im PT symmetrischen Doppelmuldenpotential. Masterarbeit, Universit¨at Stuttgart (2012). [8] D. Dast. Variationsrechnungen zu Bose-Einstein-Kondensaten in PT symmetrischen Doppelmuldenpotentialen. Masterarbeit, Universit¨at Stuttgart (2012). [9] N. Abt. Supersymmetrische Erweiterung des PT -symmetrischen Doppel-DeltaPotentials. Bachelorarbeit, Universit¨at Stuttgart (2014).
59
Literaturverzeichnis [10] P. Schraft. Stabilit¨at von Bose-Einstein-Kondensaten im SUSY-Partner des PT -symmetrischen Doppel-Delta-Potentials. Bachelorarbeit, Universit¨at Stuttgart (2015). [11] P. Rommel. SUSY-Partner des zweidimensionalen PT -symmetrischen Doppelmuldenpotentials. Bachelorarbeit, Universit¨at Stuttgart (2015). [12] D. Dast, D. Haag, H. Cartarius, J Main und G Wunner. Eigenvalue structure of a Bose–Einstein condensate in a PT -symmetric double well. Journal of Physics A: Mathematical and Theoretical 46, 375301 (2013). [13] B. Zumino. Supersymmetry Then and Now. Fortschritte der Physik 54, 199–204 (2006). [14] H. Kalka und G. Soff. Supersymmetrie. Teubner, Stuttgart (1997). [15] M. Kreibich, J. Main, H. Cartarius und G. Wunner. Hermitian four-well potential as a realization of a PT -symmetric system. Physical Review A 87, 051601(R) (2013).
60
Danksagung Im Sinne des dieser Arbeit vorangestellten, inspirierenden Zitats hat mir die Forschung im Rahmen meiner Bachelorarbeit viel Freude bereitet – besagte Freude am Verstehen. Dass dem so ist, ist vor allen Dingen einer Person geschuldet: Meinem Pr¨ ufer und Betreuer Holger Cartarius, der mir die Bearbeitung dieses aktuellen und spannenden Themas erst erm¨oglicht hat und der in jeder Phase der Bachelorarbeit, vom Einlesen u ¨ber das Programmieren bis zur Anfertigung und Korrektur der vorliegenden Arbeit, ein geduldiger Ansprechpartner und eine große Hilfe war. Vielen Dank daf¨ ur! Bedanken m¨ochte ich mich außerdem bei den zahlreichen weiteren Menschen, die mich w¨ahrend meiner Bachelorarbeit auf unterschiedlichste Weise unterst¨ utzt haben: Bei Robin Schuldt und Philippe Schraft f¨ ur die nette Zeit im gemeinsamen B¨ uro und die schnelle Hilfestellung bei unz¨ahligen kleineren, oftmals banalen Fragen und Problemen, bei Johannes Fornalski f¨ ur das sicherlich nervige Korrektur lesen und vor allem f¨ ur das R¨ ucken ” frei halten“ w¨ahrend der heißen Phase der Bachelorarbeit und letzten Endes beim gesamten ITP1 f¨ ur unterhaltsame Kaffeerunden, leckere Kuchen und die generell hervorragende Atmosph¨are. Weil die vorliegende Arbeit den Abschluss meines Bachelor-Studiums darstellt, m¨ochte ich mich zuletzt auch noch bei meinen Eltern und der Hans-B¨ockler-Stiftung f¨ ur die finanzielle Unterst¨ utzung der letzten Jahre bedanken, ohne die es mir nicht m¨oglich gewesen w¨are, mich in dem Umfang meinem Studium zu widmen, all die interessanten Dinge zu lernen und letzten Endes auch diese Bachelorarbeit zu verfassen.
61
Ehrenwo arung ¨rtliche Erkl¨ Ich erkl¨are, • dass ich diese Bachelorarbeit selbst¨andig verfasst habe, • dass ich keine anderen als die angegebenen Quellen benutzt und alle w¨ortlich oder sinngem¨aß aus anderen Werken u ¨bernommenen Aussagen als solche gekennzeichnet habe, • dass die eingereichte Arbeit weder vollst¨andig noch in wesentlichen Teilen Gegenstand eines anderen Pr¨ ufungsverfahrens gewesen ist, • dass ich die Arbeit weder vollst¨andig noch in Teilen bereits ver¨offentlicht habe, es sei denn, der Pr¨ ufungsausschuss hat die Ver¨offentlichung vorher genehmigt • und dass der Inhalt des elektronischen Exemplars mit dem des Druckexemplars u ¨bereinstimmt.
Stuttgart, den 18. Dezember 2015
Cedric Sommer