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Medizin Repor t aktuell
Multiple Sklerose
Teriflunomid: Reduktion der Hirnatrophie belegt Aus einem umfassenden Studienprogramm liegen konsistente Daten zur klinischen Wirksamkeit und Sicherheit von Teriflunomid bei der schubförmig-remittierenden Multiplen Sklerose (RRMS) vor. Gut dokumentiert ist, dass der Wirkstoff die Schubrate wie auch die Behinderungsprogression deutlich mindert. Eine aktuelle Datenauswertung belegt darüber hinaus eine deutliche Reduktion des Hirnvolumenverlustes unter Teriflunomid.
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Eine Atrophie der grauen Hirnsubstanz, die bereits in den frühen Stadien der Multiplen Sklerose (MS) auftreten kann, korreliert laut Dr. Antonios Bayas, Augsburg, mit der MRT-Läsionslast und vor allem mit den kognitiven Funktionen und auch der physischen Behinderung der MS-Patienten. Neben der Reduktion der Schubrate und der Behinderungsprogression ist deshalb auch die Minderung des Hirnvolumenverlustes ein wesentliches Behandlungsziel bei der MS. Zu realisieren ist dieses Ziel durch Teriflunomid (Aubagio®), wie Bayas anhand einer aktuellen Auswertung der MRT-Daten der TEMSO-Studie (Study of Teriflunomide in Reducing the Frequency of Relapses and Accumulation of Disability in Patients With Multiple Sclerosis) mit Hilfe der SIENA (Structural Image Evaluation using Normalization of Atrophy)-Methode darlegte [1]. Die Analyse dokumentiert unter Teriflunomid eine deutliche Reduktion des jährlichen Hirnvolumenverlustes über zwei Jahre gegenüber Placebo (Abb. 1). Konkret war der Abbau der Hirnsubstanz nach einem Jahr um ca. 37 % gemindert und nach zwei Jahren um mehr als 30 % gegenüber Placebo, so dass laut Bayas ein Hirnvo-
mediane Veränderung von Baseline (%)
Placebo
0 –0,2
0
lumenverlust in vergleichbarem Ausmaß wie bei gesunden Probanden resultierte. Der Befund ist aus Sicht des Neurologen relevant, da die Hirnatrophie mit der Kognition korreliert und zudem ein Prädiktor für das Auftreten von Behinderungen sein kann [2].
Nachhaltige Reduktion der Läsionslast im MRT Die Beobachtungen hinsichtlich der Hirnatrophie stehen im Einklang mit den Daten zur Minderung der MRT-Läsionslast, betonte in diesem Zusammenhang Prof. Dr. Andrew Chan, Bochum. So zeigte sich in der Zulassungsstudie TEMSO eine deutliche Reduktion der Zahl T1-Gd+ aufnehmender Läsionen um mehr als 80 % [3] (Abb. 2). Deutlich höher war mit 28 % unter Teri flunomid gegenüber 14 % unter Placebo zudem der Anteil der Patienten ohne Zeichen von Krankheitsaktivität (NEDA, No Evidence of Disease Activity) [4]. Davon abgesehen liegen nach Chan umfassende Belege für die gute klinische Wirksamkeit hinsichtlich der Schubrate sowie der Behinderungsprogression unter Teriflunomid vor. Denn der Wirkstoff wurde im Rahmen von zwei kontrollierten Phase-III-Zulas-
Teriflunomid 14 mg Zeit (Jahre) 1
2
Reduktion 36,9 % p=0,0001
–0,4 –0,6 –0,8
Reduktion 30,6 % p=0,0001
–1,0 –1,2 –1,4
Abb. 1: Teriflunomid mindert signifikant den jährlichen Hirnvolumenverlust bei Patienten mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose (modifiziert nach [1])
sungsstudien geprüft, wobei in beiden Studien positive Befunde resultierten. Eine Posthoc-Analyse der gepoolten Daten aus den beiden Studien TEMSO und TOWER [5] ergab nach Darstellung des Mediziners eine Reduktion der Rate an Schüben mit Residuen um 53 % im Vergleich zu Placebo (Abb. 3)*. Darüber hinaus konnte in beiden Zulassungsstudien eine Reduktion der Behinderungsprogression (sekundärer Endpunkt) um 29,8 % bzw. 31,5 % vs. Placebo gezeigt werden. Eine Subgruppenanalyse konnte bei MS-Patienten mit aktiverer Erkrankung (≥2 Schübe im Jahr vor Studienbeginn) außerdem eine deutliche Reduktion der Behinderungsprogression um 46 % im Vergleich zu Placebo nachweisen [6].„Wir verfügen somit über konsistente Daten, die die klinische Effektivität von Teriflunomid belegen“, so Chans Fazit. Der Wirkeintritt erfolgt dabei vergleichsweise rasch: „Die Kurven zum Auftreten von Krankheitsschüben weichen spätestens nach drei Monaten deutlich auseinander“, erklärte Chan [7].
Studiendaten belegen Wirksamkeit über neun Jahre, gute Adhärenz und Patientenzufriedenheit Dass die therapeutische Wirksamkeit von Teriflunomid langfristig erhalten zu bleiben scheint, verdeutlichen die Erfahrungen aus der TEMSO-Verlängerungsstudie, wobei derzeit eine Beobachtungsdauer von neun Jahren überblickt wird [8]. Die jährliche Schubrate bleibt dabei über den gesamten Zeitraum mit durchschnittlich 0,17 durchgehend niedrig. Auch das Sicherheitsprofil des Wirkstoffs war anhaltend günstig, unerwartete, neue Sicherheitssignale gab es laut Chan nicht. Die gute Wirksamkeit und das konsistente Sicherheitsprofil von Teriflunomid spiegelt sich in einer hohen Therapiezufriedenheit der Patienten wider. Dokumentiert wird dies in der TENERE-Studie (A Study Comparing the Effectiveness and Safety of Teriflunomide and Interferon Beta-1a in Patients With Relapsing Multiple Sclerosis ) [9], in der eine deutlich höhere Behandlungszufriedenheit gegenüber einer Therapie mit Interferon-beta-1a s.c. resultierte.
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Es resultieren somit laut Chan verschiedene Patientengruppen, bei denen eine Behandlung mit Teriflunomid zu erwägen ist. Das sind insbesondere bis dato therapienaive Patientinnen und Patienten mit milder bis moderater MS, vor allem, wenn diese eine orale Therapie gegenüber einer Injektionsbehandlung bevorzugen oder sogar eine Spritzenphobie aufweisen. Ein Wechsel der Medikation auf Teriflunomid ist außerdem nach Chan zu erwägen, wenn Patienten aufgrund der vorherigen Injektionstherapie „spritzenmüde“ werden, wenn eine Vorbehandlung aufgrund von Unverträglichkeiten beendet werden muss oder nicht mehr ausreichend wirksam ist.
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An der Pathogenese der Multiplen Sklerose sind laut PD Dr. Luisa Klotz, Münster, sowohl T-Zellen wie auch B-Zellen beteiligt. Beide Zellpopulationen gelangen über die Blut-Hirn-Schranke ins ZNS und greifen dort Neurone und Oligodendrozyten an. Der zentrale Wirkmechanismus von Teriflunomid besteht nach Klotz in einer Hemmung des mitochondrialen Enzyms Dihydroorotat-Dehydrogenase (DHODH), das für die De-novo-Pyrimidinsynthese proliferierender T- und B-Lymphozyten benötigt wird. Ruhende Lymphozyten decken ihren Pyrimidinbedarf hiervon unabhängig und sind somit nicht in ihrer Proliferationsaktivität beeinträchtigt [11]. „Es wird somit eine selektive Immunmodulation über eine selektive und reversible Hemmung von DHODH vermittelt“, erläuterte Klotz.
0,20
1,331
1,2 1,0
RRR 80,4% p<0,001
0,8 0,6 0,4
0,261 0,2 0
n=363
n=358
Placebo
Teriflunomid 14 mg
RRR=relative Risikoreduktion
jährliche Rate an Schüben mit Residuen (beurteilt durch Prüfarzt)
1,4
0,19
0,16
RRR 53,1 % p<0,001
0,12 0,09 0,08
0,04
0
n=751
n=728
Placebo
Teriflunomid 14 mg
RRR=relative Risikoreduktion
Abb. 2: Reduktion der kontrastmittelaufnehmenden Läsionen im MRT unter Teriflunomid um 80 % (modifiziert nach [3])
Abb. 3: Teriflunomid reduziert die Rate an Schüben mit Residuen um 53 % (modifiziert nach [5])
* Die Schubratenreduktion als primärer Endpunkt in den Zulassungsstudien TEMSO und TOWER betrug 31,5 % bzw. 36,3 % vs. Placebo. Unterschiedliche Werte zwischen Zulassungsstudien und Post-hoc-Analyse der gepoolten Daten beider Zulassungsstudien aufgrund unterschiedlicher Fragestellungen und statistischer Voraussetzung. ** Bei 87,1 % der mit 14 mg Teriflunomid behandelten Patienten bildet sich die Nebenwirkung zurück. Bei 1,3 % der Fälle kam es zu einem Behandlungsabbruch.
2. Weier K et al., PLoS one 2014, 9(1):e86916. doi: 10.1371/ journal.pone.0086916 3. O´Connor P et al., N Engl J Med 2011, 365:1293–1303 4. Chan A et al., ECTRIMS 2015, Barcelona, Spanien, P1037; http://onlinelibrary.ectrims-congress.eu/ectrims/2015/31st/115759/andrew.chan.efficacy.of.teriflunomide.treatment.in.achieving.no.evidence. of.html?f=m2 (Letzter Zugriff: 05.11.2015) 5. Macdonell et al., Mult Scler 2013, 19:(S1) 74–558, P1095 6. Kappos L et al., Mult Scler 2013, 19:(S1) 74–558, P618 7. Wolinsky JS et al., Neurology 2014, 82(Suppl 10), P7.214 8. Freedman MS et al., Mult Scler 2013, 19:(S1) 74–558, P544 9. Vermersch P et al., Multi Scler J 2014, 20:705–716 10. Sameer D et al., Am J Manag Care 2009, 15(6):e22–33 11. Fachinformation Aubagio®, Stand: Oktober 2015
Literatur 1. Radue EW et al., ECTRIMS 2015, Barcelona, Spanien, Late braking news; http://onlinelibrary.ectrims-congress.eu/ectrims/2015/31st/116702/ernst.wilhelm. radue.teriflunomide.slows.brain.volume.loss.in. relapsing.ms.a.html (Letzter Zugriff: 04.11.2015)
Impressum Symposium „MScience.MShift. Zwei Schritte voran in der MS-Therapie“, München, 6. und 7. November 2015 • Medizin Report aktuell Nr. 419760 in: Der Neurologe und Psychiater 3/2016 • Berichterstattung: Christine Vetter, Köln • Redaktion: Yvonne Schönfelder • Leitung Corporate Publishing: Ulrike Hafner (verantwortlich) • Springer Medizin, Springer-Verlag GmbH, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg • © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 Mit freundlicher Unterstützung der Genzyme GmbH, Neu-Isenburg Die Herausgeber der Zeitschrift übernehmen keine Verantwortung für diese Rubrik.
GZDE.AUBA.16.01.0012
Kandidaten für eine Behandlung mit Teriflunomid
Selektive Immunmodulation: Wirkung auf B- und T-Zellen
Anzahl T1-Gd+ aufnehmender Läsionen pro Scan
Deutlich besser erwies sich Teriflunomid gegenüber der Vergleichsgruppe insbesondere bei den Parametern „Nebenwirkungen“ und „Einfachheit der Therapie“. Das Ergebnis dürfte nach Bayas durchaus relevant sein im Hinblick auf die Adhärenz der Patienten. Denn je zufriedener ein Patient mit dem gewählten Behandlungsregime ist, umso eher wird er die Therapie auch langfristig entsprechend den Anweisungen des Arztes durchführen. Ein wichtiger Aspekt ist dabei, so Bayas weiter, der Parameter„Einfachheit der Therapie“, wobei es offenbar darauf ankommt, ein möglichst einfaches Behandlungsregime zu realisieren, wie Studien belegen [10]. Demnach ist bei einer dreimal täglichen Medikamenteneinnahme langfristig eine Adhärenz von 50–80 % zu erwarten. Der Prozentsatz steigt auf 60–86 % bei der zweimal täglichen Applikation und auf immerhin 77–90 %, wenn wie bei Teriflunomid die Tabletteneinnahme nur einmal täglich erfolgen muss [10]. Neben dem Parameter „Einfachheit der Therapie“ ist auch die Verträglichkeit ein entscheidendes Kriterium der Adhärenz. Teriflunomid weist laut Chan dabei insgesamt ein gut charakterisiertes Verträglichkeitsprofil auf. Als häufigste Nebenwirkungen werden eine leichte Erhöhung der Leberwerte, eine meist reversibel verminderte Haardichte** sowie Übelkeit und Diarrhoen berichtet [11].