Transcript
n – Violine o ç u p a C d u h e r vo n a ic e r Re n t S d n u e r Violin Solowerke fü und Bach h t ir W , in t r a irche Basel k s in St r a u s s , M t r a M r, h 19.30 U Fr, 23.10.15 –
Fr 23.10.2015 — 19.30 Uhr Martinskirche Basel
Besetzung Kammerorchester Basel
Einführung 18.45 Uhr von SRF2-Moderator/Redaktor Florian Hauser
Leitung
Renaud Capuçon
Solist
Renaud Capuçon, Violine
1. Violine
Irmgard Zavelberg, Konzertmeisterin Valentina Giusti Elisabeth Kohler Carolina Mateos Angelika Som Huber
2. Violine
Anna Faber Tamás Vásárhelyi Yukiko Tezuka Vincent Durand Rosalie Adolf
Viola
Mariana Doughty Bodo Friedrich Anna Pfister Stefano Mariani Renée Straub
Cello
Christoph Dangel Mara Miribung Georg Dettweiler Dorran Alibaud Camille Bloch
Johann Sebastian Bach Konzert für Violine und Streicher a-moll BWV 1041 (Allegro moderato) – Andante – Allegro assi Frank Martin «Polyptyque» pour violon solo et deux petits orchestras a cordes (1973) I. Image des Rameaux II. Image de la Chambre haute III. Image de Juda IV. Image de Héthsémané V. Image du Jugement VI. Image de la Glorification
Pause
Stefan Wirth – Uraufführung «Through the looking glass» für Violine und Streichorchester Der Kompositionsauftrag wurde realisiert mit der Unterstützung von Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, Fondation Nestlé pour l’Art und Fondation Nicati – de Luze Richard Strauss Metamorphosen für 23 Solostreicher Adagio ma non troppo – Agitato – Piu allegro – Adagio, tempo primo
Kontrabass Daniel Szomor Ivica Nestic Sven Kestel
Cembalo David Blunden
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Programm 23.10.2015
Wir freuen uns, dass Daniel Hope die Auftragskomposition von Stefan Wirth auf unserer Südamerika-Tour im Mai 2016 mit Konzerten in Rio de Janeiro, São Paulo, Quito, Bogotá und Lima spielen wird.
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Renaud Capuçon Als Geigenvirtuose mit enorm breitem Repertoire wie auch als sensibler Kammermusikpartner international geschätzt, gastiert Renaud Capuçon regelmässig bei den renommiertesten Orchestern und grossen Festivals der Welt. 1976 in Chambéry geboren, begann er sein Musikstudium im Alter von vierzehn Jahren am Conservatoire National Supérieur de Musique in Paris bei Gérard Poulet und zog anschliessend nach Berlin, um seine Ausbildung bei Thomas Brandis und Isaac Stern zu vervollkommnen. Mittlerweile hat sich Renaud Capuçon als Interpret von Weltrang etabliert. Er trat bei den Festivals in Salzburg, Luzern, Edinburgh, Aix-en-Provence und Tanglewood auf. Als Solist konzertiert er regelmässig mit Orchestern wie den Berliner Philharmonikern, dem Orchestre de Paris, dem London Symphony Orchestra, sowie mit den grossen amerikanischen Orchestern, darunter Boston Symphony, Los Angeles Philharmonic, das Philadelphia Orchestra unter der Leitung von u.a. Bernard Haitink, Christoph Eschenbach und Valery Gergiev. Capuçon widmet sich intensiv der Kammermusik. Zu seinen musikalischen Partnern zählen u.a. Martha Argerich, Daniel Barenboim, Hélène Grimaud und Maria João Pires ebenso wie sein Bruder, der Cellist Gautier Capuçon. Insbesondere auch die Aufführung selten gespielter Werke sowie neuer und neuester zeitgenössischer Musik (Rihm, Ligeti, Widmann u.v.a.) liegt Renaud Capuçon am Herzen. Im Rahmen seines Exklusivvertrags für die Labels Erato/Warner Music und EMI/Virgin Classics hat Renaud Capuçon mittlerweile mehr als zwanzig, teils mehrfach preisgekrönte CDs eingespielt. Renaud Capuçon ist Mitbegründer und Künstlerischer Leiter des Osterfestivals in Aix en Provence. Seit 2007 wirkt er auch als Botschafter für das «Zegna & Music Project» zur Förderung des musikalischen Nachwuchses. 2011 wurde Capuçon von der Republik Frankreich zum «Chevalier dans l'Ordre National du Merite» ernannt. Renaud Capuçon spielt auf einer Guarneri del Gesù «Panette» (1737), die einst Isaac Stern gehörte und ihm von der Banca Svizzera Italiana zur Verfügung gestellte wurde.
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Stefan Wirth Der Komponist und Pianist Stefan Wirth gehört zu den vielseitigsten Musikern seiner Generation. Er spielt als festes Mitglied im Collegium Novum Zürich sowie im Ensemble Contrechamps (Genf). Verschiedentlich hat Stefan Wirth mit Heinz Holliger zusammengearbeitet, so zum Beispiel als Solist beim Orchestra della Svizzera italiana oder bei den Ittinger Pfingstkonzerten. Im Jahr 2013 erarbeitete er mit Pierre Boulez dessen zweite Klaviersonate. Auch ist Stefan Wirth Mitglied der Vier-Flügel-Formation «Gershwin Piano Quartet», mit der er auf bedeutenden Festivals konzertierte, so unter anderem am Schleswig-Holstein Musik Festival, dem Festival de Musique de Menton, den Schwetzinger Festspielen, dem Mozarteum Basileiro in São Paulo, dem Rheingau Musik Festiva und dem Menuhin Festival Gstaad. Stefan Wirth erhielt seine kompositorische Ausbildung vornehmlich in den USA, wo er unter anderem bei Michael Gandolfi und P.Q. Phan studierte. Er erhielt das «Leonard Bernstein Fellowship» für die Teilnahme an den Tanglewood Sommerkursen, wo er mit George Benjamin arbeitete. Er studierte bei Oliver Knussen und Colin Matthews im «Britten–Pears Young Artist Programme» in Aldeburgh, England. Aufträge erhielt Stefan Wirth u. a. vom Collegium Novum Zürich, dem Münchener Kammerorchester, dem Ensemble Makrokosmos, dem Ensemble ö!, dem Berner Kammerorchester, dem Ensemble Aequatuor, vom WDR für die Wittener Tage für neue Kammermusik und dem Lucerne Festival. Seine Werke wurden dreimal in die «Grammont Séléction» aufgenommen, auf der jeweils die besten Schweizer Uraufführungen eines Jahres vereinigt werden. Ausserdem hat Stefan Wirth als Pianist, Komponist und Arrangeur für verschiedene Musiktheater-Produktionen mit Regisseuren wie Christoph Marthaler, Frank Castorf und Anna-Sophie Mahler zusammengearbeitet.
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Drei Fragen an Stefan Wirth
Der Komponist zu «Through the looking glass»
Wenn ich Sie zitieren darf: «Alle Geschichten, die das Violinkonzert üblicherweise erzählt, sind leidlich bekannt. Darum habe ich mich bemüht, eine eigene Geschichte zu erfinden»: diesen hohen Anspruch haben Sie als Idee für ihre Komposition genannt. Was genau bedeutet das? Ich meinte damit vor allem, dass die traditionelle dreisätzige Anlage mit dramatischem ersten, lyrischem zweiten und schmissigem dritten Satz für mich wie eine Art Hollywoodfilm wirkt, bei dem man ja von Anfang an weiss, dass am Schluss die Guten siegen und die Bösen untergehen. Die Form, die ich in meiner Komposition versuche, ist weniger zielgerichtet und gleicht eher einer Art Odyssee, bei der man nie weiss, was für ein Monster einen auf der nächsten Insel erwartet.
Die Trauer um die nicht allein materielle Zerstörung der Welt ist Richard Strauss’ «Metamorphosen» deutlich anzuhören, Frank Martins «Polyptyque» ist gleichsam das in Töne gesetzte Altarbild von Duccio di Buoninsegna – wird man Alice in Ihrer Komposition hören können? Ja und nein. In denke, es ist nicht so wie in Richard Strauss’ «Don Quixote», wo man die Hammelherde blöken und die Windmühlen rauschen hört, sondern es geht eher darum, von einem ungewöhnlichen Bild aus eine ebenso ungewöhnliche Musik zu erfinden. Es gibt beispielsweise eine Stelle, wo Alice durch den Spiegel geht und die Solo-Violine von den restlichen Streichern allmählich übertüncht und absorbiert wird – es ist vielleicht auch ein bisschen so, als würde man in der Dämmerung eine Katze beobachten, bis diese von der Dunkelheit ununterscheidbar ist, oder, von mir aus, als würde sich ein Stück Zucker in Wasser auflösen. Wichtig ist nicht das Bild, das evoziert werden soll, sondern vielmehr die Musik, die durch ein bestimmtes Bild entsteht.
Wichtige Anhaltspunkte für die Umsetzung haben Sie in Lewis Carrolls «Alice hinter den Spiegeln» gefunden. Per Zufall? Wie wichtig ist eine solche Inspiration für das Komponieren? Literarische Muster können sehr hilfreich sein, wenn es darum geht, neue Formen zu entwickeln und «Alice hinter den Spiegeln» ist in seiner umwerfenden Mischung von Logik und Absurdität tatsächlich sehr inspirierend. Ich habe für dieses Stück eine Folge von 12 kurzen Bildern ausgewählt, die musikalisch umgesetzt werden. Alle Figuren in dem Buch bewegen sich wie Schachfiguren, und so habe ich für die Solo-Violine Bewegungsmuster entworfen, die den einzelnen Schachfiguren zugeteilt werden können. Und die rote Königin hat die Fähigkeit, sich blitzschnell zu bewegen, um schliesslich wieder am selben Ort anzukommen, wo sie eben gerade war.
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«Tränen – Trauer – Trost» Wenn Sie die Worte ‹Musik› und ‹Trost› in eine Internetsuchmaschine eingeben, wird sie Ihnen innerhalb von Sekundenbruchteilen weit über eine halbe Million Ergebnisse liefern. Ähnlich ist es bei der Kombination mit ‹Tränen› oder ‹Trauer›. Und auch wenn manche der Suchergebnisse seltsam anmuten («Musik als Trost fürs schlechte Wetter»), ist eines doch offensichtlich («Musik zum Trösten», «Trost spenden mit Musik»): Die Verbindungen zwischen menschlichen Emotionen und Musik, die solche Emotionen be- und umschreiben kann, ohne konkret zu werden, sind eng und vielfältig. Das ist bei Freude, Resignation oder Wut nicht anders als bei Trauer. Tränen und Trauer können eine Komposition auslösen wie umgekehrt auch Musik die Tränen fliessen lassen kann. Und doch kann Musik noch mehr: Sie ist Ausgangspunkt, Mittel und Ziel, und sie ist kein Spiegel, der im Massstab 1:1 abbildet. Sie spiegelt – die Wünsche der Hörer, die Handschrift des Komponisten und nicht zuletzt die Inspirationen, die ihre Entstehung erst ausgelöst haben: ästhetisch sublimiert, übersetzt ins Uneindeutige. Also spiegelt sie diffus, ist Versenkung, Erinnerung und Befreiung zugleich.
Strauss: Klangstrom der Trauer. Kurz vor Ende der fast halbstündigen Metamorphosen taucht in den unteren Streichern ein punktiertes Motiv auf … und im Rückblick kann man erkennen, worauf sich alles bezieht: die glühende Tonalität des späten Richard Strauss, die so anders ist als die wilde Fortschrittsmusik des jungen Komponisten; und auch der Titel «Metamorphosen». In unterschiedlichsten Formen geisterte jenes Motiv durchs ganze Werk, jetzt am Ende wird deutlich, woher es kommt: vom Anfang des 2. Satzes, des «Marcia funebre» aus Beethovens «Eroica». Indem Richard Strauss die Worte «in memoriam» nicht nur unter die Noten schreibt, sondern ihnen auch noch ein Ausrufezeichen verpasst, legt er inner- und aussermusikalisch viele Bezüge offen: die Erinnerung an den grossen Urahn Beethoven wie auch die Erinnerung an das Motiv selbst, das eine halbe Stunde lang das gesamte Timbre der Musik imprägniert hat, um jetzt am Ende endlich deutlich hervorzutreten; die Erinnerung an sein geliebtes und nun im Krieg zerstörtes München; die Erinnerung an das Ideal der Wiener Klassik in einer Zeit des Untergangs – und nicht zuletzt die Erinnerung an das eigene Künstlerleben, das sich
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von der rauschhaften Musik der «Salome» über die raffiniert instrumentierten sinfonischen Dichtungen zum spätklassizistischen Wohlklang entwickelte. Zwar hat Strauss nach diesem Werk noch andere, kleiner dimensionierte Musik geschrieben («Handgelenksübungen, um das vom Taktstock befreite Handgelenk nicht vorzeitig ermüden zu lassen»), aber die «Metamorphosen» sind sein Abgesang. Ein Abgesang auf eine ganze Epoche der Tonkunst, sogar auf die ganze Tradition der abendländischen Kultur. Verständlich, sieht man sich Strauss‘ Lebenswirklichkeit in diesen Tagen an. Fünf Millionen Kubikmeter Schutt liegen in seiner Heimatstadt München, von 257.000 Wohnungen sind noch 25.000 unbeschädigt, 264.000 Einwohner sind obdachlos, 35% aller Geschäfte sind zerstört.
Das Ende des Zweiten Weltkriegs im Mai 1945 war für Richard Strauss auch eine persönliche Tragödie. Deutschland, das er als patriotischer Künstler nie verlassen und dessen Regime er mehr oder weniger offen zu sanktionieren geholfen hatte (in der Zeit des Nationalsozialismus war er sogar fast zwei Jahre lang Präsident der Reichsmusikkammer gewesen, was ihm später grosses Unverständnis einbrachte), dieses Deutschland lag am Boden, seine langjährige Wirkungsstätte, das Nationaltheater war in Trümmern. Im Frühling 1945 begann er mit den Skizzen einer Komposition, die er «Trauer um München» überschreiben wollte. Nach vier Wochen war sie am 12. April fertig. Nun hatte sie aber einen neuen Titel: «Metamorphosen», eine Studie für 23 Solo-Streicher. Der französische Kritiker Roland-Manuel (sic) meinte dazu: «Vielleicht
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lebte Strauss einfach nur 85 Jahre, um dieses herrliche Werk zu schaffen. Vielleicht waren seine Exzesse, seine Beleidigungen des guten Geschmacks nur Stationen auf einem Weg, der diesen alten Mann zur Entdeckung der Weisheit führte.» Ist der Klangstrom der «Metamorphosen» in seinen Eintrübungen und Aufhellungen nur ein depressiver, in sich kreisender Abgesang der Trauer auf eine in Trümmer versunkene Kultur, als deren letzter Repräsentant sich Richard Strauss verstand? Kippen die «Metamorphosen» nicht auch gleichzeitig – die Macht der Musik! – in eine diffuse Ausdruckssphäre um, die weit hinausgeht über Trauer und sie in ihr Gegenteil umgiesst? Musik als tönendes Dokument der Trauer – das geht natürlich – und geht gleichzeitig auch nicht, weil Musik vieldeutig ist und über Inhalte und Intentionen immer das spezifisch Musikalische stülpt: das sinnliche Scheinen der Idee. Mag sie auch noch so schrecklich sein, die Idee, sie muss scheinen und tönen und in ihrer musikalischen Form verkehrt sie sich immer auch in Schönheit. Aus Tränen und Trauer wird Trost. Nach dem Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel sind Tränen und Trauer im Trost gar dreifach aufgehoben. Denn bei Hegel heisst aufheben 1) auf eine höhere Stufe heben, 2) verschwinden lassen und 3) für später bewahren.
Martin: Gemälde aus Tränen und Trost. Und die Trauer bei Frank Martin? Auch bei ihm ist sie umgebogen, aber nicht mehr wie bei Strauss zur Meditation, zur Trance, zur absichtslosen Schönheit, sondern zum harmonischen Reichtum. Musikalisch sublimierte Trauer kann auch elegant daherkommen. Martins «Polyptyque» entzündet sich nicht an am eigenen Leib erfahrener Zerstörung, sondern an am fremden Leib erfahrener: dem Schicksal Jesu. Frank Martin, 1890 in Genf als jüngstes von zehn Kindern eines calvinistischen Pfarrers geboren, war ein tief gläubiger Mensch und laut Yehudi Menuhin ein «nobler, gottesfürchtiger, im weitesten, tolerantesten Sinn ein frommer Mann». Bach war für ihn das Höchste. «Die Passionen Bachs bedeuteten für mich den stärksten musikalischen Eindruck meines Lebens. Ich kann nicht mehr genau sagen, wie alt ich war, ich glaube zehn oder elf Jahre: da hörte ich eine Aufführung der Matthäuspassion, die für mich das Ereignis meines Lebens geblieben ist. Ich hörte
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diese Passion von Anfang bis Ende, ohne mehr zu wissen, wo ich mich befand. Ich war jedenfalls nicht mehr im Konzertsaal, ich kannte niemanden mehr, ich war wie in den Himmel versetzt.» Frank Martin zögerte lange Zeit, bevor er eine eigene Passionsmusik komponierte. Denn die Hypothek wog schwer und es war ihm eine Anmassung, «eine Passion zu schreiben nach denjenigen, die uns J. S. Bach hinterlassen hat.» Als er fast 60 Jahre alt war, brach das Eis. Martin schrieb ein Passions-Oratorium, Jahre später eine Kantate und ein Jahr vor seinem Tod schliesslich «Polyptyque» (ein Auftrag von Paul Sacher und dem Zürcher Kammerorchester). Martin dazu: «Angesichts von Bachs Meisterwerken hielt ich es für besser, eine Folge relativ kurzer Stücke zu schreiben, eine Folge von Bildern über ein Thema, von dem ich noch keine Vorstellung hatte. Dann sah ich in Siena ein Polyptychon – eine Folge kleiner Bilder auf Holztäfelchen mit den verschiedenen Stationen der Passion, und plötzlich kam mir der Gedanke, ich könnte doch etwas Ähnliches in der Musik versuchen.» Palmsonntag – eine lärmende Menge, die den Einzug des Herrn in Jerusalem miterleben will; sie drängen sich um ihn und jubeln ihm zu. Jesus (die Solovioline) erhebt sich darüber, denn er weiss, wie brüchig der Ruhm des Augenblicks ist Der Abendmahlssaal – der Abschied Jesu von seinen Jüngern, die bangen Fragen, die sie an ihn richten (aufsteigende Motive, zunächst von beiden Orchestern abwechselnd, dann gemeinsam vorgetragen), und seine Worte des Trostes. Der traurige Satz Endet übrigens in Dur, ganz in der Tradition Bachs. Judas – der angsterfüllte, gequälte Mensch, den schliesslich die Verzweiflung überwältigt. Gethsemane – Jesu Ringen mit dem Schicksal, bis die Violine über leisen Akkorden der Orchester das inbrünstige Gebet «Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir» vorträgt. Die Verurteilung – das ist die tobende Menge mit ihrer sadistischen Freude am Leiden als Schauspiel. Taktwechsel, Sforzati, Dissonanzen und Stereoeffekte der Orchester. Die Verherrlichung – das eigentliche Hauptbild des Polyptychons von Duccio di Buoninsegna (1308), die Kreuzigung – hat Frank Martin nicht
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Herzlichen Dank aufgegriffen: «Als ich an diese Stelle kam, merkte ich, dass es keinen anderen Schluss geben konnte als eine Lobpreisung». Yehudi Menuhin dankte es ihm: er sei ihm sehr dankbar, dass er ihm «die Kreuzigung erspart hätte». Und Menuhin sagte auch: «Polyptyque» ist eines der Werke, auf die unser Jahrhundert stolz sein kann.» Trost ist? Ein Blick nach oben …
Wir danken ganz herzlich unseren Sponsoren, den Subventionsgebern und Mäzenen für Ihre Treue, Hilfe und Unterstützung!
Bach: Trost ohne Trauer. Was Bach mit Tränen, Trauer und Trost zu tun hat? Alles. Bach habe überhaupt nicht diese etwas selbstdemonstrative imperiale Geste – so hat es sinngemäss einmal der Musikkritiker Joachim Kaiser gesagt –, die man noch bei Beethoven, auch bei Wagner und überhaupt im ganzen 19. Jahrhundert bis hin zu Strauss finden könne. Denn da zeigen die Komponisten, was sie können. «Bei Bach ist die Geschichte der Musik und der Musiksprache in unglaublicher Weise in seinem Werk enthalten.» Trost genug. Ist bei Beethoven beides zu finden: Synthese und Aufbruch, die Zusammenfassung der bisherigen Entwicklungen, die dann aber gleichzeitig nach vorne weisen, neu erhitzt werden – dann liegt bei Bach das Gewicht viel mehr auf der Synthese selber, und statt der neuen Hitze strahlt die ruhige Kraft grosser Klarheit. Purer Trost, ob mit oder ohne Tränen.
Wirth: Nicht Trauer, Trost und Tränen. Aber ein Verschwinden. Und Stefan Wirth? «Through the looking glass» (nach Alice im Wunderland). Dem Schweizer Pianisten und Komponisten Stefan Wirth geht es um die Frage, wie von einem ungewöhnlichen Bild aus eine ebenso ungewöhnliche Musik zu erfinden wäre. «Es gibt beispielsweise eine Stelle, wo Alice durch den Spiegel geht und die Solo-Violine von den restlichen Streichern allmählich übertüncht und absorbiert wird – es ist vielleicht auch ein bisschen so, als würde man in der Dämmerung eine Katze beobachten, bis diese von der Dunkelheit ununterscheidbar ist, oder, von mir aus, als würde sich ein Stück Zucker in Wasser auflösen – wichtig ist nicht das Bild, das evoziert werden soll, sondern vielmehr die Musik, die durch ein bestimmtes Bild entsteht.» Denn die kann alles: sublimieren, überwinden, adeln.
Presenting Sponsor Clariant International Ltd. Produktsponsoren Bider & Tanner, Ihr Kulturhaus in Basel Hirslanden, Klinik Birshof Hotel Basel Interbit AG Kestenholz-Holding Mercedes Benz Remaco AG Konzertsponsoren Lonza Swisscom Stiftungen Fondation Nestlé pour l’Art Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia Stiftung Kammerorchester Basel Fondation Nicati – de Luze
Subventionsgeber Kanton Basel-Stadt, Abteilung Kultur Kanton Basel-Landschaft, kulturelles.bl Gemeinden Gemeinde Biel-Benken Medienpartner Basellandschaftliche Zeitung kult.kino Radio Swiss Classic Schweizer Radio SRF2 Kulturclub Szenik Freunde Freundeskreis Kammerorchester Basel Les amis passionnés Ungenannte Mäzene und Förderer
Florian Hauser
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Nächste Konzerte
– AUSVERKA
UFT –
Kostprobe II – Di 17.11., 12:30 Basel, Volkshaus
Kooperation mit dem Volkshaus Basel Das Kammerorchester Basel und Sol Gabetta proben Luigi Boccherinis Konzert für Violoncello und Orchester D-Dur G 483 für Konzerte in Australien.
Australien-Tournee – So. 22.11.–So 29.11.
Melbourne, Hamer Hall – Brisbane, QPAC Concert Hall – Canberra, Llewellyn Hall – Sydney, Opera House
Sol Gabetta Cello Yuki Kasai Violine und Leitung
Clariant-Weihnachtskonzert – Mo 14.12., 19:30 Basel, Martinskirche
Andreas Scholl Contratenor und Leitung Deutscher Kammerchor Impressum Herausgeber Texte Redaktion Design Satz Fotografie Abbildung Druck 14 14
Kammerorchester Basel Stefan Wirth; Florian Hauser Matthias Müller Stadtluft Nadin Zeisse Renaud Capuçon © Francois-Darmigny; Stefan Wirth © monaneubauer.com; Der Marienhof – 1945 ein Trümmerfeld © Gebardt Lewis Carroll: «Through the looking glass» (1871) – Zeichnung von John Tenniel Hornberger Druck GmbH
Programm 23.10.2015 Programm 26.9.2015
Johann Sebastian Bach Kantate «Nun komm, der Heiden Heiland» BWV 62 Sinfonia aus der Kantate «Ich habe meine Zuversicht» BWV 188 Kantate «Widerstehe doch der Sünde» BWV 54 Kantate «Ich freue mich in Dir» BWV 133 Kantate «Gott soll allein mein Herze haben» BWV 169
Vorverkauf
www.kulturticket.ch www.kammerorchesterbasel.ch 15
10 2014
Was uns mit Musikern verbindet, ist die Liebe ZUR PERFEKTEN KOMPOSITION.
DAS IST CLARIANT: LEIDENSCHAFTLICHER FÖRDERER DER KÜNSTE Das perfekte Zusammenspiel von Harmonie, Tempo und Rhythmus erschafft Musik, die uns alle bewegt. Fast wie bei uns: Denn wenn wir etwas bewegen wollen, entstehen aus Engagement, Know-how und Forschung innovative Lösungen für die Spezialchemie, die Emissionen senken, Rohstoffe sparen – und nachhaltig Wert schaffen. Das ist uns wichtig.
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