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VEGAN VERSORGT – Deckung der kritischen Nährstoffe einer veganen Ernährungsform bei gesunden, österreichischen Erwachsenen Kurzfassung Tanja Holzinger, BSc Dem Veganismus wird als rein pflanzliche Kostform oftmals eine gesundheitsfördernde Wirkung zugesprochen. Diese Ernährungsform nimmt an Popularität zu, obgleich sich eine adäquate Nährstoffversorgung als schwierig erweisen kann. Vor allem ethisch-moralische, ökologische aber auch gesundheitliche Motive sind Beweggründe für die Umstellung zu solch einer Ernährungsform (vgl. Becvar/Radojicic 2008, S. 134). In dieser Arbeit wurde den Fragestellungen nachgegangen, ob erstens der Bedarf der in Bachelorarbeit 1 als kritisch herausgefilterten Nährstoffe von gesunden, österreichischen Erwachsenen, welche eine vegane Ernährungsform praktizieren, gedeckt werden kann. Und zweitens, ob für die bestmögliche Gestaltung einer veganen Ernährung hinsichtlich der Deckung dieser kritischen Nährstoffe Supplemente notwendig sind. Mit dem Ziel, eine bessere Grundlage für zukünftige Beratungen zum Thema Veganismus im späteren Berufsfeld als Diätologin oder Diätologe zu schaffen, wurde die Versorgung folgender Nährstoffe untersucht: Vitamin B12, Omega-3-Fettsäuren, Calcium, Vitamin D, Eiweiß, Energie, Vitamin B2, Selen, Zink, Eisen und Jod. (Die Auswahl basiert auf den Erkenntnissen der ersten Bachelorarbeit.) Als Methode bzw. Untersuchungsansatz für diese Arbeit wurde eine quantitative, prospektive Erhebung der Nährstoffzufuhr von gesunden, erwachsenen Veganerinnen und Veganern aus Österreich
gewählt.
Dazu
wurden
Ernährungsprotokolle,
welche
an
sieben
aufeinanderfolgenden Tagen ausgefüllt wurden, berechnet. Bei
einem
Ernährungsprotokoll
handelt
es
sich
um
eine
direkte,
prospektive
Ernährungserhebungsmethode. Als Protokollmethode wurde eine Mischform der Wiege- und Schätzmethode ausgewählt. Bei der Wiegemethode werden alle Lebensmittel, welche zur Zubereitung von Speisen verwendet und verzehrt werden, gewogen. Die Schätzmethode erfasst
den
laufenden
Verzehr
durch
Mengenangaben
in
Schätzgrößen
oder
Haushaltsmaßen, wie zB Stück, Portion, Tasse, Esslöffel, Scheibe usw., welche in Gewichtsangaben umgerechnet werden müssen (vgl. Sichert 1984, S. 40). Gewogene Mengenangaben der verzehrten Speisen sollen eine gewisse Genauigkeit ermöglichen. Da genaues Wiegen nicht immer möglich ist und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in ihrem Verhalten unbeeinflusst bleiben sollten, können durch das Schätzen
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haushaltsüblicher Messgrößen auch Außer-Haus-Verpflegungen und Ähnliches protokolliert und berücksichtigt werden (vgl. Sichert 1984, S. 29). Der Protokollzeitraum wurde auf eine Woche festgelegt, was ermöglichte, alle Wochentage zu erfassen und dadurch einen guten Durchschnittswert zu erhalten. Die Belastung für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und die Störung im Alltagsablauf standen im vernünftigen Verhältnis zur gewonnenen Information. Das Dokument, welches per Mail an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verschickt wurde, enthielt ein Begleitschreiben, einen Datenbogen, eine Anleitung, ein Mustertagesbeispiel und leere Formblätter zum Ausfüllen. Es wurde ein Pre-Test mit drei Probandinnen und Probanden durchgeführt, welche das Protokoll anhand der Anleitung ausfüllten. Als Grundgesamtheit wurden gesunde, erwachsenen Veganerinnen und Veganer aus Österreich festgelegt. Zur Rekrutierung wurde in erster Linie über die Organisationen „Vegane Gesellschaft Österreich“ (VGÖ) und „Veggies-Linz“ Kontakt mit potenziellen Teilnehmerinnen und Teilnehmern aufgenommen. Von dem so entstanden Stichproben-Pool wurden zufällig und willkürlich 16 Personen ausgewählt, an die das Ernährungsprotokoll per Email verschickt wurde. Die
Berechnungen
erfolgten
mittels
des
Nährwertberechnungsprogrammes
nutritional.software® (nut.s®) (dato Denkwerkzeuge 2013). Die gewonnenen Nährstoffdaten wurden den DACH-Empfehlungen für die Nährstoffzufuhr (DACH 2000; DACH 2012) gegenübergestellt. Von den 16 Aussendungen wurden elf Protokolle via Email retourniert. Es musste keine Probandin
bzw.
kein
Proband
auf
Grund
von
Ausschlusskriterien,
wie
Alter,
Protokollführungsfehler oder ähnlichem, ausgeschlossen werden. Die Rücklaufquote beträgt somit 68,8 Prozent (%). Die Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer war weiblich (91 Prozent), befand sich in der Altersgruppe von 18 bis 24 Jahren (46 Prozent) und war der Berufsgruppe „Studentin bzw. Student“ zuzuordnen (55 Prozent). Die Hälfte der Probandinnen und Probanden war laut Body Mass Index (BMI) dem Bereich Normalgewicht einzuordnen und der Großteil (64 %) des Teilnehmerkollektivs ernährte sich seit ein bis drei Jahren vegan. Als Grund für das Praktizieren des Veganismus wurden am häufigsten ethisch-moralische Motive genannt. Supplemente wurden zum Zeitpunkt der Umfrage vom gesamten Teilnehmerkollektiv verwendet. Werden die Ergebnisse der Protokollberechnungen betrachtet, lässt sich zusammenfassend sagen, dass es weder den Teilnehmerinnen noch dem Teilnehmer gelungen ist, den Bedarf aller in dieser Arbeit besprochenen Nährstoffe zu decken. Abbildung 1 gibt einen Überblick über die Nährstoffzufuhr: Die durchschnittliche Zufuhr des gesamten Teilnehmerkollektivs 2
ohne Supplementation pro Person und Tag wurde hier in Bezug auf die Referenzwerte (DACH 2000; DACH 2012) dargestellt. Es wurde der Prozentanteil der Zufuhr am Richtwert errechnet. Die 100-Prozent-Linie stellt demnach den empfohlenen Wert dar. Bei allen grün dargestellten Nährstoffen ist die Zufuhr positiv, bei allen roten negativ zu bewerten. Die gelb eingefärbten Säulen stellen eine akzeptable, jedoch nicht optimale Zufuhr dar.
Abbildung 1: durchschnittliche Nährstoffzufuhr ohne Supplementation des Teilnehmerkollektivs (n=11) pro Person und Tag in Relation zu den DACH Referenzwerten (DACH 2000; DACH 2012) (Prozentanteil der Zufuhr am Richtwert)
Beim Teilnehmerkollektiv bestanden Defizite hinsichtlich der Nährstoffe Vitamin B12, Calcium, Vitamin D, Vitamin B2 (geringfügig), Jod, dem Verhältnis von Linolsäure zu αLinolensäure und der Energiezufuhr. Eine sehr hohe Zufuhr, vor allem der Linolsäure, wurde erreicht. Die Hypothese zur ersten Forschungsfrage, dass nicht alle als kritisch herausgefilterten Nährstoffe bedarfsgerecht gedeckt werden können wird bestätigt. Auch hat sich die Hypothese der zweiten Forschungsfrage, dass eine gezielte Verwendung von Supplementen in einer veganen Ernährungsweise notwendig ist, als richtig herausgestellt. Dazu erfolgte ein Versuch der Optimierung eines Protokolltages. Hierbei konnte der Bedarf aller als kritisch herausgefilterten Nährstoffe, mit Ausnahme von Vitamin D, ausreichend gedeckt werden. (Die Gesamtzufuhr an mehrfach ungesättigten Fettsäuren überschritt jedoch auch nach der Optimierung die Obergrenze für eine sichere Zufuhr.) Hieraus ließ sich der Schluss ziehen, 3
dass eine Supplementation des Nährstoffes Vitamin D - im besten Fall mit einer an die Konzentration im Blut angepasste Dosierung - als sinnvoll eingestuft werden kann (unter Berücksichtigung der endogenen Synthese durch UVB-Strahlung). Von
einer
ungezielten
Supplementation
verschiedener
Nährstoffe
und
beliebigen
Verwendung von Kombipräparaten ist auf alle Fälle abzuraten. Fokussiert man die Nährstoffzufuhr des Kollektivs unter Berücksichtigung der verwendeten Supplemente, konnten die Probandinnen und der Proband im Durchschnitt die Zufuhrempfehlungen ebenso nicht vollständig erreichen. Allerdings werden vereinzelt sehr weit über die Richtwerte hinausragende Mengen zugeführt. Um eine Bedarfsdeckung der anderen Nährstoffe – abgesehen von Vitamin D – ohne Supplementation, wie sie im optimierten Protokoll erfolgte, gewährleisten zu können, sind ein ausgeprägtes Wissen und eine intensive Auseinandersetzung mit der Ernährung notwendig. Eine Optimierung, wie sie durchgeführt wurde, ist unabhängig vom Ernährungswissen auch auf Grund verschiedener Faktoren nicht bei jeder bzw. jedem immer möglich. Es ist sinnvoll, die genaue Ernährungsweise einzeln zu betrachten und Optimierungsmöglichkeiten zu untersuchen.
Aus
dieser
Analyse
in
Kombination
mit
einer
Kontrolle
der
Nährstoffkonzentration im Blut können individuelle Empfehlungen für die Supplementation zusätzlicher Nährstoffe gegeben werden. Im Zuge der Berechnungen und des Optimierungsvorganges stellten sich einige Speisen, Produkte bzw. Lebensmittelgruppen in der Verwendung bei veganer Ernährungsweise als sinnvoll heraus. Allen voran sind hier mit Calcium und Vitamin B12, aber auch Vitamin B2 und Vitamin D angereicherte Produkte zu nennen, wie zB Soja- oder Reismilch. Besonders Sojaprodukte sind zur Deckung der Eiweißzufuhr angesichts der hohen Protein Digestibility Corrected Amino Acid Score (PDCAAS) empfehlenswert. Weiters kann die Empfehlung zum Austausch von sehr linolsäure- zu α-linolensäurereichen Ölen, wie zB Leinöl, und zur Verwendung von jodiertem Speisesalz gegeben werden. Eine Steigerung der Energiezufuhr soll vorwiegend durch Kohlenhydrate erfolgen. Hefe weist einen hohen Vitamin-B12-Gehalt auf und findet auch in der Herstellung verschiedener pflanzlicher Pasteten ihren Gebrauch, welche ebenfalls eine Möglichkeit zur Erhöhung der Vitamin-B12-Zufuhr bieten. Bei einigen Nährstoffen wurde eine geringere Bioverfügbarkeit in pflanzlichen Lebensmitteln diskutiert und folglich wird ein erhöhter Bedarf vermutet. Es stellt sich wiederum die Frage, ob die DACH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr (DACH 2000; DACH 2012) für die Bewertung einer veganen Ernährung anwendbar sind. Es kann auf jeden Fall empfohlen werden, dass bei der Zufuhr von kritischen Nährstoffen auf die Förderung der Aufnahme (zB Eisenaufnahme durch Vitamin-C-reiche Lebensmittel (vgl. DACH 2000, S. 177)) geachtet und eine Hemmung vermieden wird.
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Der steigende vegane Trend, der immer mehr Menschen zum Praktizieren einer veganen Ernährungsweise animiert, bringt auch einen großen Aufklärungsbedarf mit sich. Durch diverse Medien werden unterschiedlichste Standpunkte und Informationen vermittelt, welche nicht immer auf wissenschaftlichen Untersuchungen basieren. Gerade auch deshalb ist es wichtig, dass diese Zielgruppe gut geschult wird und fundierte Informationen weitergegeben werden, um eine gute Versorgung dieser wachsenden Gruppe gewährleisten zu können. Die Wissensvermittlung vorzugsweise durch Diätologinnen und Diätologen spielt hierbei eine große Rolle und soll in Zukunft vermehrt angeboten werden. Es besteht auch weiterhin Unklarheit über die genaue Verwertung bestimmter, zugeführter Stoffe aus pflanzlichen Lebensmitteln. Untersuchungen bezüglich geringer Bioverfügbarkeit gewisser Stoffe aus pflanzlichen Lebensmitteln und die Aufstellung kostformspezifischer Empfehlungen für die Nährstoffzufuhr bei veganer Ernährung sind wünschenswert und sinnvoll. Die Berücksichtigung der Nährstoffkonzentration im Blut spielt hierbei eine große Rolle. Weitere Untersuchungen, um die bestehende Datenlage auszuweiten und am aktuellsten Stand zu halten, sind anzustreben.
VEGAN VERSORGT – Eine Herausforderung mit diätologischem Handlungsbedarf
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