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Umgang mit Diskriminierungserfahrungen. Schicksal oder Lernmöglichkeit? von Dr. Ruth Kronsteiner
„INTERKULTURALITÄT & PFLEGE – EIN QUERSCHNIT TSTHEMA FH OÖ LINZ 14.10.2015
Inhalte - Begriffsklärung - „Metaübertragungen“ am Beispiel Asylverfahren - Umgang mit Diskriminierungserfahrungen: Schicksal und Lernmöglichkeit
Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK Artikel 14 „Der Genuß der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten.“ > „Frauen sind gleichwertige Menschen“ Strukturelle Diskriminierung ist kein Kavaliersdelikt. Behörden und Organisationen sind angehalten dafür zu sorgen, dass in keinem Fall Menschen – in welcher Form auch immer – diskriminiert werden.
„Fix Krutzi Türken“ oder „durch den Rost fallen“
Verschränkungen und transgenerationale Wirkungen - Migrationsprozess und traumatisierender Prozess sind verschränkt und wirken auf die Folgegenerationen - Aufnehmende Gesellschaften stehen unter der Wirkung kollektiver, transgenerationaler Traumata, die auch mit Migrationen verbunden waren und reagieren unbewusst entsprechend auf die neu Hinzukommenden (Türkenbelagerung, 1.WK, Nationalsozialismus, 2.WK,…). - transgenerationale Wirkungen zeigen sich zB: Fremdengesetze, Denkmäler, Sprache …
Verschränkungen und transgenerationale Wirkungen II - Im Kontakt zwischen „Aufnehmenden“ und „Hinzukommenden“ werden (transgenerationale) Wirkungen von Trauma und Migration auf beiden Seiten virulent und beeinflussen die Haltungen zueinander
Verschränkungen und transgenerationale Wirkungen III - Die
Menschen „wissen“ von den „Geschichten“ der Anderen und bauen sich selbst in diese ein. Beispiele aus der Psychotherapie
Ängste: Therapiezimmer=Verhörraum, Psychologen bei der Folter, Erstgespräch= Verhör , Österreich.- Tschetschenische Geschichte >>>> Meta- Übertragung und Gegenübertragung
Meta- Übertragungen und Gegenübertragungen: Unbewusste gruppenspezifische Themen werden auf die andere Gruppe und deren Repräsentanten übertragen, die eine Gegenübertragung entwickeln und selbst übertragen. - Luc Michel (1999: 34) spricht von „Meta-Übertragung“ und entsprechend auch von „MetaGegenübertragung“, von der „unbewussten historischen Dimension“(a.a.O.: 36), die transgenerational wirkt.
Krieg und Folter im Asylverfahren. Eine psychotherapeutische und juristische Studie
Im Auftrag von Hemayat – Betreuungszentrum für Folter- und Kriegsüberlebende in Zusammenarbeit mit dem Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte Interdisziplinäre Untersuchung der Situation von Überlebenden von Folter und Gewalt, die in Österreich um Asyl ansuchen und entsprechend der UN Anti- Folterkonvention besonderer Schutz zukommt. Verstöße gegen die EMRK sind nicht erlaubt Material: Asylakten ( Einvernahmeprotokolle, Bescheide, Gutachten etc.), Interviews mit behandelnden PsychotherapeutInnen und RechtsberaterInnen
Einige Psychotherapeutische Ergebnisse I Im Verfahren setzen sich psychische Konflikte und somit auch das Trauma in Szene > unsere Irritationen. Die Trauma - Psychodynamik wirkt auf alle am Verfahren beteiligten Personen (Behörde, DolmetscherInnen, Sachverständige, ÄrztInnen, Psychoberufe …) Die Angst soll nicht gespürt werden > Abwehr Transgenerationalität bei Schutzsuchenden und BehördenvertreterInnen (die russischen Frauen sind hysterisch; wie wir seit der Türkenbelagerung wissen, herrscht bei den Moslems die Vielehe vor …
Psychotherapeutische Ergebnisse III Die Haltung der Asylsuchenden zu der Behörde ist von Übertragungen geprägt: Erfahrungen mit Behörden im Herkunftsland werden auf Polizei/ Asylbehörden/ Gesundheitsorganisationen übertragen > Misstrauen und Angst > Zurückhalten und Verändern von Informationen Die BehördenvertreterInnen wirken gekränkt, reagieren wütend, die Glaubwürdigkeit wird abgesprochen > der Antrag wird abgelehnt Auffallend: Reaktionen auf Asylsuchende, die von Folter und sexualisierter Gewalt erzählen wollen
Vergewaltigte, gefolterte, misshandelte Menschen in den Einvernahmen und in Begutachtungssituationen - Erzählungen über die Folter werden gebremst und/oder das Thema wird gewechselt - Einvernahmen und Anamnesesituationen: aggressiv, Widersprüche konstruierend, kulturelle Stereotypen, Anschreien, Zynismus, Abwehr, nicht glauben, unter Druck setzen, beleidigen, verhöhnen … keine Empathie - Täter- Opfer- Umkehr - betrifft auch Frauen: 6 von 15 Personen Frauen, 15- 60 Jahre alt, Nordkaukasus/ Russische Föderation, alle haben nicht sofort von sexualisierter Gewalt erzählt > unglaubwürdig - Alle über EU- Mitgliedsstaaten, ehemalige Staaten des Warschauer Pakts, eingereist > kein Vertrauen > Ö.
Umgang mit Diskriminierungserfahrungen: Schicksal und Lernmöglichkeit ? Viele von uns haben Diskriminierung in irgendeiner Form kennengelernt: als Frauen, als MigrantInnen, aufgrund von Schichtzugehörigkeit oder unserer sexuellen Orientierung … wegen.
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Wurden wir deshalb mit dem Tod bedroht? - Wie gehen wir mit unseren Kränkungen um? Verfeinern wir unser Menschenbild oder geben wir diese weiter, dann wenn wir gerade in der mächtigeren Position sind? ( Pflegende – Kranke) Vielleicht besteht das „Lernen“ gerade darin, dies nicht zu tun, sondern emphatisch, gut abgegrenzt und klar zu sein.
Umgang mit Diskriminierungserfahrungen: Schicksal und Lernmöglichkeit ? II „Schicksal“ bedeutet ohnmächtig und ausgeliefert zu sein – „Lernmöglichkeit“ eröffnet Handlungsspielräume und hilft aus der Erstarrung des Traumas zu kommen
Literatur AMMER/KRONSTEINER/SCHAFFLER/KURZ/KREMLA: Krieg und Folter im Asylverfahren. Eine psychotherapeutische und juristische Studie. Studienreihe des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte Bd 28, Neuer Wissenschaftlicher Verlag, Wien 2013. Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CAT) UN 1984. BECKER David: die erfindung des traumas – verflochtene geschichten. Freiburg 2006. DEVEREUX, Georges: Angst und Methode in den Verhaltenswissenschaften. Frankfurt a.M. 1998 [1967]. MICHEL, Luc: Kulturelle Stereotypen in Übertragung und Gegenübertragung in der interkulturellen Psychotherapie. In: PEDRINA, F./ SALLER, V./ WEISS, R./ WÜRGLER M. (Hg.): Kultur, Migration, Psychoanalyse: therapeutische Konsequenzen theoretischer Konzepte. Thübingen 1999.
Literatur II Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) Artikel 14 (Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Vom 04.11.1950. Zuletzt geändert durch Protokoll Nr. 14 vom 13.5.2004 m.W.v. 1.6.2010)