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Welche Gründe sprechen aus fachlicher Sicht für bzw. gegen einen "erweiterten Hausnotruf"? Patricia Drube (DBfK): Wer diesen Service bucht, möchte damit die Sicherheit erhalten, nicht stunden- oder tagelang unbemerkt in seiner Wohnung zu liegen. Aus pflegefachlicher Sicht ist nichts dagegen einzuwenden, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Post unter dieser Vorgabe täglich bei den Kundinnen und Kunden klingeln. Klar muss aber für alle Beteiligten sein: Es handelt sich weder um Pflege- noch um Betreuungsleistungen. Wer möchte, dass jemand Kontrollbesuche macht, der das Befinden eines älteren Menschen einschätzen kann und auf dieser Grundlage fachliche Entscheidungen über erforderliche Maßnahmen trifft, muss einen Pflegedienst damit beauftragen. Das muss die Post transparent machen! Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Wie werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Post auf die neue Aufgabe vorbereitet? Sind sie darin geschult, worin genau ihre Aufgabe besteht und wie weit ihre Kompetenz geht? Gefragt werden sollte auch: Kann / darf man Mitarbeiter/innen zu einer derartigen Erweiterung ihrer Tätigkeit zwingen? Bisher bestand ihre Aufgabe darin, Post in Briefkästen zu werfen. Sicher wird es nicht selten vorkommen, dass einsame ältere Menschen ein ausführliches Plauderstündchen führen möchten. Werden die Postboten darin geschult, sich mit Rollenkonflikten auseinanderzusetzen und ihre Leistung auf den vorgegebenen Umfang zu beschränken? Wie viel Arbeitszeit wird den Postboten für die "Servicebesuche" eingeräumt?
Wie wird sich Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren die Landschaft der "Pflegedienstleister" verändern? Gibt es einen Hang zur Diversifikation der Tätigkeiten und Angebote? Patricia Drube (DBfK): Zunächst möchte ich betonen, dass das Angebot der Post nicht als Pflegedienstleistung bezeichnet werden kann. Als Berufsverband unterscheiden wir sensibel zwischen sozialen und technologischen Unterstützungsleistungen auf der einen und pflegefachlichen Leistungen auf der anderen Seite. Das Angebot an neuen Technologien und Dienstleistungen außerhalb professioneller Pflege wächst an Umfang und Vielfalt. Im Segment der professionellen pflegerischen Versorgung erleben wir eine Zunahme an Betreuungs-, Beratungs- und Entlastungsangeboten. Ambulante Pflegedienste erweitern ihr Portfolio hin zu Serviceleistungen, die ein "betreutes Wohnen" zu Hause ermöglichen. Ich gehe davon aus, dass sich jede Branche mit den demografischen Veränderungen auseinandersetzt. In Zukunft brauchen wir nicht nur bei der Post sondern auch im Einzelhandel, in der Gastronomie und im Nah- und Fernverkehr Personal, welches mit kognitiv eingeschränkten oder anderweitig hilfebedürftigen Menschen umgehen kann. Klar muss aber auch sein: Betreuungs- und Entlastungsleistungen rund um die pflegerische Versorgung sind qualitätsgesichert von pflegefachlich qualifizierten Dienstleistern zu erbringen! Chancen und Vorteile der Berufsstandsvertretung in der Pflege - Interview mit Patricia Drube, Referentin für Altenpflege und Unternehmerinnen und Unternehmer beim DBfK
Kommt bald die Pflegekammer? Düsseldorf, 5.8.2015: Wir sprachen im Interview mit Frau Drube - Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) Nordwest e.V. - darüber, wie wahrscheinlich die Einführung einer Pflegekammer wird, welche Aufgabenbereiche die neue Interessenvertretung wahrnehmen könnte und welche Vorteile für die Gesamtheit der Pflegekräfte damit verbunden wäre. Die Referentin für Langzeitpflege und Unternehmerinnen und Unternehmer beim DBfK zeichnete ein überraschendes Bild.
Patricia Drube, Referentin für Altenpflege und für Unternehmerinnen und Unternehmer beim Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) Nordwest e.V. (DBfK)
In der Pflege werden Stimmen laut, die eine Pflegekammer fordern, wie denken Sie darüber? Patricia Drube (DBfK): Aus meiner Sicht ist die flächendeckende Errichtung von Pflegekammern in Deutschland überfällig. Historische Aufzeichnungen belegen, dass die Gründung einer Pflegekammer schon 1910 in die politische Diskussion eingebracht wurde und insbesondere in den letzten drei Jahrzenten ist die Errichtung von Pflegekammern eine zentrale Forderung der Pflegeberufsverbände.
Wo sehen Sie neue Aufgabenbereiche einer solchen Interessenvertretung? Patricia Drube (DBfK): Zunächst einmal steht die Registrierung der Pflegefachpersonen an. Bisher liegen nirgends valide Zahlen darüber vor, wie viele Personen mit welcher Pflegefachqualifikation wo tätig sind. Eine zentrale Aufgabe der Pflegekammern ist die Berufsausübung durch eine Berufsordnung zu regeln. Sie wirkt auch durch Förderung der beruflichen Fortbildung, durch Beratung ihrer Mitglieder und durch eine Ethikkommission an der Qualität des sittlich und wissenschaftlich hochstehenden
an der Qualität des sittlich und wissenschaftlich hochstehenden Berufsstandes mit. Eine weitere elementare Aufgabe der Pflegekammern wird darin bestehen, den Berufsstand gegenüber der Politik und auch gegenüber anderen Berufsgruppen im Gesundheitswesen zu vertreten. Erstmalig gibt es durch Pflegekammern Ansprechpartner, die das Mandat haben, die gesamte Berufsgruppe der professionell Pflegenden zu vertreten.
Welche Vorteile hätte eine Pflegekammer für die Gesamtheit der Pflegekräfte? Patricia Drube (DBfK): Die Pflegekammer ist die gewählte Vertretung des Berufsstandes. Damit hat unser Berufsstand erstmals eine legitimierte Stimme. Vorteile werden sich insbesondere dadurch ergeben, dass die Belange und Interessen, aber auch die Sichtweisen und Kenntnisse unserer Profession in politischen Entscheidungsprozessen, berücksichtigt werden müssen. Die Machtverhältnisse im Gesundheitswesen werden zugunsten der Pflege umverteilt werden. Die Kammermitglieder haben in ihrer Kammer einen kompetenten Ansprechpartner für viele berufliche Belange, zum Beispiel für Fragen der Qualität, der Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten und für ethische Konfliktsituationen. Sie haben neben der Pflicht auch das Recht nach der Berufsordnung arbeiten zu dürfen.
Wie bekommt man die unterschiedlichen Interessenlagen unter einen Hut? Patricia Drube (DBfK): Vor dieser Herausforderung stehen die Pflegekammern ebenso, wie die bestehenden Heilberufekammern, insbesondere die Ärztekammern. Zentral sind eine gute Kommunikation und eine transparente Arbeitsweise. Dies gewährleistet die Kammerversammlung, die als demokratisch gewählte Vertretung der Kammermitglieder innerhalb der Kammer einen demokratischen Verständigungsprozess ermöglicht. Alle Mitglieder der Pflegekammer verbindet, dass sie den Pflegeberuf professionell ausüben. Alle haben ein Interesse an einer hohen Versorgungsqualität und an guten Arbeitsbedingungen sowie an einer Aufwertung des Berufsstandes. Ich denke, dass diese gemeinsamen Interessen so verbindend sind, dass entstehende Interessenskonflikte konstruktiv gelöst werden können.
Inwieweit ist die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen der Forderung des DBfK nach einer Pflegekammer bisher nachgekommen? Patricia Drube (DBfK): Wir nehmen eher eine abwartende Haltung wahr. Allerdings kommt gerade wieder Bewegung in die Diskussion um eine Pflegekammer. Das ist sicher auch dem Wirken der Berufsverbände und des DBfK geschuldet. Gerade wurde z.B. eine Online-Petition erfolgreich abgeschlossen, die ein DBfK-Mitglied mit der Forderung nach einer politischen Auseinandersetzung mit der Pflegekammer in NRW eingerichtet hat. Auch in NRW kommen also die politischen Akteure nicht umhin, sich mit der Pflegekammer zu beschäftigen. Wir danken Frau Patricia Drube, Referentin für Altenpflege und Unternehmerinnen und Unternehmer - Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) Nordwest e.V. (DBfK) - für das Interview. Mehr Infos hier: http://www.dbfk.de/de/presse/meldungen/2015/5539316565.php
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Erste Kammergründung in Rheinland-Pfalz erfolgt Der DBfK empfahl seinen Mitgliedern sich der Onlinepetition "Pflegekammer NRW jetzt" eines Pflegers aus NRW anzuschliessen, um damit für die Bedeutung der Pflegekammer zu werben. Die Petition lief bis zum 30. Juni 2015. Die Online-Petition erhielt mit insgesamt 40.000 Stimmen (davon alleine 28.000 Stimmen aus NRW) ein beeindruckendes Ergebnis, allerdings wären 45.000 alleine aus NRW nötig gewesen. In Rheinland-Pfalz ist die erste Kammergründung erfolgt, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben erste Gesetzentwürfe zur Kammergründung vorgelegt. Rechtliche Hinweise: *zzgl. MwSt. = Beim DMRZ bezahlen Sie nur 0,5% der Bruttoabrechnungssumme zzgl. MwSt. für die Abrechnung mit allen Kostenträgern, ** = %-Vorfinanzierung der Bruttorechnungssumme ggf. zzgl. MwSt. (Vorfinanzierungszeitraum 60 Tage, Auszahlungsquote 100% minus der jeweiligen Factoringgebühr, keine zusätzlichen Kosten), nicht inbegriffen ist die Abrechnung, *2 = Für die Hotline fallen keine extra Kosten an. Sie bezahlen nur die ortsüblichen Telefontarife. 5 = Bei der Nutzung mobiler Dienste fallen ggf. zusätzliche Verbindungskosten an. Sämtliche Marken, eingetragene Warenzeichen und Produktnamen sind Eigentum des jeweiligen Inhabers. Android, Google Play, Google und das Google Play-Logo sind Marken von Google Inc. Sollten wir ein Marken- oder Warenzeichen irrtümlich benutzt oder einen Copyright-Hinweis übersehen haben, teilen Sie uns das bitte mit. 3 - "Kostenlose Software" bezeichnet die kostenlose Software-Nutzung bei gültiger Anmeldung für die DMRZ-Onlineplattform, nicht inbegriffen ist die Abrechnung