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Wenn die Rolle ins Rollen kommt ‐ neue Anforderungen an die Interessenvertretung Prof. Dr. Erhard Tietel Sozialakademie Wien 2. Juni 2015
Mein Hintergrund: • Forschung: ‐ Subjektive Erfahrungen von Betriebsrätinnen und Betriebsräten (HBS) ‐ Karrierewege ehemaliger freigestellter Betriebsratsmitglieder (HBS) • Weiterbildung und Beratung: ‐ Strategisch‐reflexive Beratung ‐ Ein‐Jahres‐Kurs für Interessenvertreter/innen ‐ Teambildung mit Betriebsratsgremien ‐ Team‐Coaching für Betriebsratsvorsitzende ‐ Einzelsupervision für Betriebsräte, Frauenbeauftragte etc.
Stichworte zum Wandel in der Arbeitswelt • Marktzentrierung, technologischer Wandel, permanente Restrukturierung, Ausgründungen, kurzfristige Kostensenkungsstrategien, Koppelung von Beschäftigung an das Marktrisiko, indirekte Steuerung • Einerseits neue Anforderungen an die Flexibilität und Selbständigkeit von Beschäftigten – andererseits Zunahme prekärer Beschäftigung • Abnahme des Produktions‐, Zunahme des Dienstleistungsbereichs • Verbandsflucht der Arbeitgeber, Abnahme der Tarifbindung, Verlagerung von tariflichen Regelungen auf die betriebliche Ebene, Haustarife
Veränderung bei Führungskräften • Veränderte Karrierepfade von Führungskräften • Kurzfristigere Rotation, wenig Bindung an das Unternehmen • Wesentliche Entscheidungsträger nicht mehr vor Ort (oder nicht mal im Land) • Wenig Gespür für die Vorzüge regionaler Kooperation • „Kaum noch besonnene Manager, nur noch ‚Hardliner‘ und Controller“ – Verhandlungsbereitschaft läuft ins Leere • Schwächung der Rolle des Personalwesens • (Teilweiser) Verlust des traditionellen Verhandlungspartners Rotierende Manager ohne Bodenhaftung
Betriebsräte: Repräsentanten des ganzen Betriebs Betriebsräte sind heutzutage nicht selten die einzigen, die den Betrieb als Ganzes mit seinen ökonomischen, kommunalen, sozialen, gesundheitlichen und persönlichen Dimensionen ins Auge fassen und gegen spezifische Teil‐Interessen vertreten: • des Managements und der Shareholder • verschiedener Belegschaftsgruppen • der Gewerkschaften • und weiterer Interessengruppen (Kunden, Öffentlichkeit etc.)
Proaktive Krisenbewältigung • Betriebsräte und Gewerkschaften sind heute in deutlich höherem Maße gefordert, sich proaktiv mit der Bewältigung von krisenhaften Situationen zu beschäftigen • Viele werden vermehrt in Reorganisationsprozesse einbezogen, arbeiten in Steuerungs‐ und Projektgruppen mit • Und tragen größere Mit‐Verantwortung am unternehmerischen Geschehen (zuweilen mehr, als ihnen lieb ist) • Dies führt nicht selten zu Konflikten im Gremium, wie man sich positionieren soll
Betriebsräte als Vorreiter für Gestaltung • Geschäftsleitungen streben in Krisenfällen eher kurzsichtige und einseitige Kostensenkungsstrategien an. • Es bleibt dann den Betriebsräten, Gewerkschaften und ihren Beratern überlassen, kreative und ausgewogene Lösungen zu entwickeln und zu verhandeln. (z.B. „Besser statt billiger“, Innovationsbündnisse, Ideenworkshops) • Ähnliches gilt für Innovations‐Offensiven von Gewerkschaften: betriebliche Krisenfrüherkennung und die Förderung einer betrieblichen Innovationskultur. • HBS: 1/3 der BR sind gut in das Innovationsgeschehen ihres Betriebs eingebunden, ihre Beiträge beziehen sich v.a. auf Arbeitsorganisation, Personalpolitik und Ideenmanagement • Neue HBS‐Studie von Wolfgang Scholl: „Innovationserfolg durch aktive Mitbestimmung“
Überforderungen im Gremium durch die strategischen Dimensionen • Oft verstehen nur wenige im Gremium die unternehmen‐ politischen und strategischen Dimensionen • Dies ist auch durch ständige umfassende Information nicht zu ändern – es führt eher dazu, dass es keiner mehr hören will … • Häufige Reaktionsbildung: Kümmern wir uns doch um das, was wir kennen und verstehen: Kantine, Parkplätze etc. … • BR‐Spitzen fürchten eher eine Vergrößerung des Gremiums: Macht alles noch komplexer und mühevoller, aber nicht professioneller und schlagkräftiger
Angriffe auf die Mitbestimmung Am anderen Ende des Mitbestimmungs‐Spektrums: • • • • •
Behinderung der Mitbestimmung Persönliche Angriffe auf Betriebsräte / Personalräte (Bossing) Kündigungen von Betriebsratsmitgliedern (‚Naujoks‘) Verhinderung von Betriebsratsneuwahlen Unterstützung nicht‐gewerkschaftlicher Listen oder von Vertretungsformen, die nicht dem BetrVG unterliegen
Zugleich: Anwachsen prekärer Beschäftigung • Rasante Zunahme prekärer Beschäftigter, die einen sozialen Abstieg und soziale Ausgrenzung erleben • In den Gewerkschaften und teilweise auch in den Betrieben ist das Bewusstsein für prekäre Beschäftigung gewachsen – auch weil sich Teile der Festangestellten sorgen, selbst im Bereich prekärer Arbeit zu landen. • Und doch besteht die Gefahr, dass sich Betriebsräte, Beschäftigte und Geschäftsleitungen auf Stammbeschäftigte konzentrieren und die prekär Beschäftigten immer wieder als Verlierer dastehen.
Kann man noch von „der Belegschaft“ reden? Arbeiter und Angestellte Vollzeit und Teilzeitbeschäftigte Stamm‐ und Randbelegschaften Verschiedene atypische Beschäftigungsverhältnisse Berufliche Sonderinteressen (Ärzte, Fluglotsen, Piloten, Lokführer) • Sonderinteressen der verschiedenen Abteilungen (Ärzte, Pflege, Fachabteilungen, Verwaltung) • Konkurrenz verschiedener Betriebe / Standorte • • • • •
Von die Belegschaft zur Vielfalt von Beschäftigtengruppen
Gewerkschaft mit vielen Gesichtern „Wir sind eine Gewerkschaft mit vielen verschiedenen Gesichtern geworden, mit Menschen, die ganz unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wie sie arbeiten und leben wollen. Darum sind auch die Erwartungen an die Arbeit der Betriebsräte und der Gewerkschaft insgesamt in den einzelnen Beschäftigtengruppen sehr unterschiedlich geworden. Es wird darauf ankommen, dass wir die Ansprache der Beschäftigten und die politischen Konzepte viel stärker ausdifferenzieren: einerseits die neue Vielfalt berücksichtigen zugleich aber die Werte betonen, die uns alle verbinden. “ Detlef Wetzel: Mehr Gerechtigkeit wagen
Veränderte Ansprüche von Beschäftigten Beispiel: Flexibilisierung der Arbeitszeit Konsequente Haltung des Betriebsrats stößt an Grenzen: • Forderungen der Arbeitgeber nach Flexibilisierung • Kundenanforderungen • aber auch: Wünsche und Regelverletzungen bestimmter Beschäftigtengruppen (die die Haltung des BR ‚von unten‘ zu Fall bringen) „Wenn wir uns hier statisch aufstellen, fallen wir irgendwann hinten runter“ (ein BR‐Vorsitzender)
Dann eben (auch) ‚Schutzmann‘ • Arbeitszeitpolizei • Aber: Polizei ist ja nicht nur schlecht! • Diskussion in meiner Team‐Coaching‐Gruppe von BR‐/PR‐ Vorsitzenden: • Ja, wir schützen Regeln, Standards und Menschen • Das ist und bleibt eine unserer Funktionen! • Ja, wir legen uns mit dem Arbeitgeber an • Ja, aber auch – wenn es sein muss – mit Kollegen/innen …
Neue Anforderungen an Selbständigkeit: der Unternehmer im Kopf • Gemäß dem Motto: „Macht’s wie ihr wollt, Hauptsache ihr seid profitabel“ ist Selbstorganisation zum neuen Druck auf die Beschäftigten geworden. • Die Beschäftigten sollen auf die Kunden und die Qualität ihrer Arbeit achten, unternehmerisch handeln und die Kosten‐ und Wettbewerbsstruktur des Betriebes im Kopf haben. • „Interessierte Selbstgefährdung“ (Peters) • Sie müssen diesen Zwiespalt in sich austragen und lernen, damit umzugehen. • Betriebsräte bleiben bei diesen Themen oft außen vor, ihre erprobten Handwerkszeuge laufen hier ins Leere.
Jede Menge Ängste • In der „interessierten Selbstgefährdung“ verdichten sich nicht zuletzt die Ängste von Beschäftigten: • die Arbeit nicht zu schaffen und nicht mehr mithalten zu können • nur noch uninteressante Aufgaben zu bekommen • sich nicht als exzellent genug präsentieren und nicht genügend ausstrahlen zu können, dass man zu den High Potentials gehört • die eigenen negativen Gefühle nicht im Zaum halten und genügend Zuversicht und positive Aura verbreiten zu können • Angst vor Krankheit (Präsentismus) • Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren … …
Betriebsrat als „Container“ von Ängsten • Eine wichtige Aufgabe für Betriebsräte besteht darin, die gefühlsmäßigen Aspekte von Veränderungsprozessen (Emotionen, Unsicherheiten, Ängste, mangelnde Wertschätzung des Alten etc.) abzufedern • Dazu gehört auch, die Vorwürfe und Attacken aus der Belegschaft erst mal auszuhalten, ohne sich davon unterkriegen zu lassen oder ‚zurückzuschießen‘ • BR sind „Container“: Sie stellen sich zur Verfügung, um die Emotionen, Spannungen und Konflikte erst einmal aufzunehmen, auszuhalten und möglichst konstruktiv zu verwandeln • BR hält einen Rest an ‚psychischer Haltefunktion‘ (soziale Haut, Zugehörigkeit etc.) aufrecht – wenigstens der BR repräsentiert noch zuverlässig den Betrieb als Ganzes
Der ‚Kampf‘ um die Beschäftigten • Arbeitgeber haben schon immer versucht, Belegschaft und Betriebsrat gegeneinander auszuspielen • Neu ist, dass Geschäftsleitungen mit dem Betriebsrat um die Gunst von Beschäftigten rivalisieren (wer kriegt welche Beschäftigten hinter sich?!) • Engere Einbindung von Beschäftigten durch ‐ Teamarbeit und Verantwortungsdelegation ‐ Zielvereinbarungen und Mitarbeitergespräche • Spaltung der Belegschaft in ‚Gewinner‘ und ‚Verlierer‘ • Betriebsräte ringen um Anerkennung nicht nur durch die Geschäftsleitung, sondern zunehmend auch durch die Beschäftigten
Veränderung des „psychologischen Vertrags“ • Impliziter Arbeitsvertrag: Engagement und Leistungsbereitschaft gegen Sicherheit, Loyalität, Dankbarkeit und Anerkennung • Veränderung des psychologischen Vertrags: stärkere Eigenverantwortung, Ziel‐ und Leistungsorientierung, größere Flexibilität – abnehmende Beschäftigungssicherheit: Kein fairer Tausch (mehr), man fühlt sich betrogen • Verschiebung von der emotionalen und normativen zur instrumentellen Bindung an das Unternehmen („Commitment“)
Gruppendiskussion mit Betriebsratsvorsitzenden zum Zugehörigkeitsgefühl • • • •
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„Wir erleben, und dies wird auch von Kolleginnen und Kollegen so benannt, dass die Identifikation mit dem Betrieb immer mehr den Bach runter geht. Heute ist vieles austauschbar – und das ist auch so gewollt.“ „Die Unternehmensleitung wechselt häufig und die Bindung der Unternehmensleitung zu den Mitarbeitern schwindet und schwindet.“ „Die Kollegen sagen: ‚Mein persönliches Umfeld im Betrieb ist mir wichtig. Aber mein Vorgesetzter ist mir relativ egal, weil der ist einem halben Jahr sowieso ein anderer’.“ „Bei uns wird in einer regelmäßigen Mitarbeiterbefragung gefragt: ‚Würde ich jemand aus dem Bekanntenkreis empfehlen, hier zu arbeiten?’ Die Zustimmung zu dieser Frage nimmt seit Jahren ständig ab und ist inzwischen ziemlich tief gesunken.“ „Bei uns gibt es seit Urzeiten einen Vertriebswettbewerb. Früher waren die Ziele erreichbar und die Preise im Rahmen. Das Team bekam ein Abendessen gesponsert und alle gingen mit. Heute sind die Ziele astronomisch und die Preise völlig abgehoben. Gelobt wird nicht das Team, sondern der Vorturner, es heißt dann nicht: das Team soundso, sondern das Team von Herrn soundso. Und was passiert: Die Leute sagen: Da geh ich lieber arbeiten, sollen die doch ihren Scheiß alleine machen. Wir haben jetzt den Fall gehabt, dass fast das komplette Team gesagt hat, sie wollen das nicht. Dieses ‚Wir’ ist ziemlich out.“
Wer ist schuld: (auch) der Betriebsrat! • Zugehörigkeit schwindet leise • Um so lauter werden die Wehklagen über die ständigen Veränderungen • Für die häufig (auch – oder gerade) der BR verantwortlich gemacht wird • Viele Vorhaltungen, Vorwürfe, warum tut ihr nix, was tut ihr eigentlich … • Psychologisches Phänomen: Eigene Machtwünsche werden auf den BR projiziert – und dieser als enttäuschend erlebt
… und das Commitment dem Betriebsrat gegenüber? • Stärker instrumentelles Commitment auch gegenüber dem Betriebsrat: Wenn ich ihn brauche, weiß ich, wo ich ihn finde … • Betriebsräte erleben, dass ihre Belegschaft weniger emotional mit ihnen verbunden ist und sich ihnen weniger verpflichtet fühlt • Damit schwindet auch auf Seiten des Betriebsrats das selbstverständliche Gefühl einer Verbundenheit mit der Belegschaft
Diskussionsgruppen: • Wie passt der bisherige Vortrag zu meiner eigenen Erfahrung im Betriebsrat und in der Gewerkschaft? • Welche Beispiele für schwierige Position des Betriebsrats zwischen Beschäftigten und Geschäftsleitung kennen wir gut?
Die klassische Ausgangsstellung
Die heutige Konstellation
Komplexität und Vielfalt der Betriebsratsrolle • • • • • • • • • • • • •
Arbeitsrechtler Betriebswirt Tarif‐ und Arbeitszeitexperte „Innovationsbetreiber“ IT‐Spezialist Arbeitsschützer und Arbeitsmediziner Qualitätsspezialist Spezialist für nachhaltige Arbeitsformen, gute Arbeit und Demografie Betriebsräte als „Treiber und Gestalter von Weiterbildung“ ‚Beteiligungsexperte‘ für die Einbeziehung von Beschäftigten Krisenmanager und Konfliktberater Moderator und Prozessbegleiter Sozialarbeiter und ‚Seelentröster‘
Interessenvertreter sind hin und hergerissen zwischen • dem Pol eines „Allround‐Talents“, der auf alle betrieblichen Fragen eine Antwort weiß (oder zumindest wissen soll) und • dem Pol des „Universal‐Dilettanten“, an dem der beständige Zweifel nagt, ob er auch alles Wichtige wirklich bedacht hat.
Individualisierung und Subjektivierung im Betriebsrat • Die Individualisierung, Subjektivierung macht vor dem BR nicht Halt • Erosion des gewerkschaftlichen Milieus (auch im BR) • BR‐Tätigkeit (auch Freistellung) keine ‚Ehe‘ bis ans Lebensende mehr, eher eine „Lebensabschnittspartnerschaft“ • Vereinbarkeit biografischer Motive, beruflicher Karriere und Interessenvertretung • Individuelle biographische Berufsverläufe von Betriebsräten (Karrierewege‐Projekt!) • Gibt es im Gremium eine Offenheit für unterschiedliche persönliche Perspektiven? Flexibilisierung, Subjektivierung, Individualisierung, Pluralisierung der Perspektiven etc.
Auch der Betriebsrat muss für sich klären, was er will und was für ihn gut ist • Die Anforderungen der indirekten Steuerung treffen auch den BR • Was er will, ergibt sich nicht mehr nur aus dem BetrVG • Auch nicht mehr nur als Reaktion auf den Arbeitgeber • Oder aus gewerkschaftlicher Vorgaben • Was kommt auf uns zu? Was erwarten andere von uns? Und was wollen wir selbst? Was nehmen wir uns vor? Wo setzen wir Prioritäten? Wie gehen wir das sowohl kollektiv als auch arbeitsteilig an ….
Partizipation: Die Wiederentdeckung der Belegschaft • Betriebsräte und Gewerkschaften sind es gewohnt, ihre Themen, Ziele und Strategien selbst zu definieren • Heute sind sie stärker gefordert, ihre Haltungen und Positionen im Dialog und in Auseinandersetzung mit verschiedenen Beschäftigtengruppen zu entwickeln • D.h. Beschäftigte als ‚Experten in eigener Sache‘ ernst zu nehmen und aktiv einzubeziehen • Neues Verhältnis von institutioneller Mitbestimmung und Selbstbestimmung von Einzelnen und Gruppen/Teams • Dies impliziert, Mitbestimmungsrechte ein Stück weit an Dritte ‚abzugeben‘
Betriebsräte: Vermittler in Beteiligungsprozessen
• Betriebsräte übernehmen tendenziell die Verfahrensgestaltung • Sie bekommen hier eine neue vermittelnde Funktion zwischen Gewerkschaft/Betriebsrat – Management – Beschäftigten(gruppen). • Betriebsräte als „Gestaltungsmoderatoren“
Selbstwirksamkeitserfahrung als Voraussetzung und Resultat erfolgreicher Beteiligung • Enttäuschung und Missachtung, Gefühle von Ärger und Wut führen in der Regel nicht zu einer Politisierung, sondern zu Verdrossenheit, Resignation und depressiver Erstarrung … • Veränderungsbereitschaft (Politisierung) entsteht am ehesten aus der Erfahrung von sichtbaren und praktisch erfahrbaren Alternativen im eigenen (betrieblichen) Nahbereich, aus Verantwortungsübernahme in überschaubaren Handlungsfeldern, aus dem Erleben von solidarischen Handlungen und dem Erleben der eigenen Wirksamkeit (Negt) • Darin liegt neben der betrieblichen und gewerkschaftlichen die gesellschaftspolitische Bedeutung von Beteiligung
Sich an die eigene Nase packen • Betriebsräte haben eher einen Blick und ein Händchen für ihr traditionelles ‚Stamm‐Klientel‘ … • … aus dem nicht selten auch das Betriebsratsgremium besteht und dessen Politik und Kultur prägt • Vorbehalte und Abneigungen gegen bestimmte Beschäftigtengruppen und deren Arbeits‐ und Lebensvorstellungen • Man kann betriebsratsferne Beschäftigtengruppen nur vertreten und mit ihnen ins Gespräch kommen, wenn man sich über seine eigenen (Vor)Urteile im Klaren ist
Herausforderung Qualifizierung • Fachliche Kompetenzen / Wissen (Betriebswirtschaft, Veränderungsmanagement, Arbeitswissenschaft, Management & Partizipation …) • Politisch‐strategische Kompetenzen (Strategieklausuren, nachhaltige BR‐Arbeit: längerfristige Ziele, Maßnahmenplan, Prozessanalyse …) • Methodenkompetenzen (Projektarbeit, systematisches Arbeiten, Visualisierung, Organisationsfähigkeit, Beteiligungskompetenz etc.) • Soziale und persönliche Kompetenzen (Einfühlungsvermögen, Perspektivenwechsel, Beziehungsgestaltung, Kommunikations‐ und Konfliktfähigkeit …) • Personal‐ und Organisationsentwicklung im Gremium
Personal‐ und Organisationsentwicklung im Gremium • Führung im Betriebsrat (Vorsitz, BA, Ausschüsse etc.) • Arbeitsteilung : dezentrale Strukturen (Ausschüsse, Projektgruppen, Experten für Themen …) • Zuständigkeiten und Verantwortung, ‚Controlling‘ • Transparente Kompetenzen und Entscheidungsregeln (Was kann der Ausschuss / die Projektgruppe entscheiden, was muss wann ins Gremium …..) • Personalentwicklung im Gremium, gezielte längerfristige Fortbildungsplanung – Stärkung und Begleitung Einzelner • Schaffen von ausreichenden Reflexionsräumen (Klausuren, Entwicklungsgespräche, ‚Befindlichkeitsrunden‘ ….
Betriebsräte zwischen/auf allen Stühlen • Betriebsräte müssen heute ihre Positionen und Handlungen je nach Thema, Situation, Kontext und Kräfteverhältnissen neu bestimmen und legitimieren. • Sie sitzen eben zwischen/auf allen Stühlen und müssen versuchen, die verschiedenen Interessen und Perspektiven in sich selbst und im Gremium unter einen Hut bringen. • Darin besteht auch ihre Stärke: Dass sie versucht, mit den verschiedenen Interessen und Perspektiven – mit Vorstand, Personalabteilung, Führungskräften, verschiedenen Beschäftigtengruppen und Gewerkschaft, in Kontakt zu kommen und quasi als „Grenzgänger“ zwischen den Interessen und Kulturen Übersetzungs‐ und Verständigungsarbeit leisten.
Reflexiv‐strategische Beratung Dietmar Hexel: Wir brauchen Beratungsformen, die die innere Stärkung von Betriebsräten unterstützen und zu Antworten auf die folgenden Fragen beitragen: • Wie mit der steigenden Komplexität umgehen? • Wie die unterschiedlichen Meinungen und Handlungsoptionen eines Gremiums unter einen Hut kriegen? • Wie die eigenen Ängste und Nöte produktiv machen? • Wie sich wohlfühlen und aktionsfähig bleiben in der Sandwich‐ Position zwischen Belegschaft und Management? Reflexive Beratungsformen: Kollegiale Beratung, Einzel‐ und Team‐ Coaching, Rollenklärung, Teambildung, Konfliktberatung …
Ich danke für Ihre/Eure Aufmerksamkeit