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Aufsatz
Wer wir sind und wie wir betrachtet werden Authentizität und Inszenierung aus theologischer Perspektive. Von Johanna Haberer
Abstract Die Generation der native user entwickelt Identität in den digitalen Räumen durch permanente Aushandlungsprozesse mit einem virtuellen Publikum. Dabei erhalten die Begriffe Authentizität und Inszenierung die Bedeutung eines gelungenen Selbstmanagements: Ich-Werdung durch permanente Präsentation. Der Beitrag reflektiert aus theologischer Perspektive die Verluste an inneren Freiräumen und Wachstumspotentialen der Persönlichkeit durch den sozialen Zwang zu inszenierter Selbstentäußerung. Das Spiel mit der Zuschreibung von Authentizität durch ein Publikum und die dauernde Anstrengung virtueller Selbstinszenierung lässt die „spirituelle Weide“ (Morozov 2013) schrumpfen.
A Johanna Haberer ist Professorin für Christliche Publizistik an der Theologischen Fakultät der FriedrichAlexander-Universität Erlangen.
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uthentizität und Inszenierung sind Begriffe, die jeweils Welten in den psychologischen oder theaterwissen schaftlichen Diskursen eröffnen und neuerdings in den Debatten über die Cyberkultur erneut Konjunktur haben. Diese Worte gehören zu dem Instrumentarium von Termini, mit denen wir versuchen Netzphänomene zu beschreiben oder Phänomene sprachlich in den Griff zu bekommen, die durch das Internet und den darin entstehenden digitalen Lebensraum eine andere, neue Qualität bekommen. Sich der Frage zu nähern, nach Spiel und Inszenierung, nach dem Falschen, dem Gespielten und dem Echten, danach, was die Identität und ihre moralische Schwester die Authentizität eines Menschen ausmacht – auch und gerade unter den Bedingungen der digitalen Vernetzung, erfolgt unter einer theologischen Perspektive. Authentizität und Inszenierung sind beides Begriffe aus der Moderne, genauer der Romantik, mit denen die Theologie sonst nicht umgeht, sondern sie spricht von Gewicht und Autorität, von Seele und Gewissen und der Übereinstimmung von Glau-
Communicatio Socialis, 47. Jg. 2014, H. 3
Wer wir sind und wie wir betrachtet werden ben und Denken und Tun. Und trotzdem oder gerade dadurch können diese modernen Begriffe theologisch fruchtbar gemacht werden. Authentizität und Inszenierung, diese Begriffe wollen die neue Dimension der Optionen des Einzelnen beschreiben, sich selbst darzustellen, sich in einem bestimmten Licht erscheinen zu lassen, ein bestimmtes, ja ein scheinbar selbstbestimmtes Profil „Gesicht“ öffentlich werden zu lassen. Und sie stellen die Frage, wie viel diese Inszenierung mit der wahrhaftigen Person zu tun hat. Wenn die Frage nach der Authentizität eines Videos aufkommt, in dem der ehemalige argentinische, vom Wohlleben sehr gezeichnete Fußballheld Maradona schlank und schön seinen Sixpack zeigt und die Fangemeinde spöttisch Zweifel anmeldet, dann geht es um die Fragen nach Selbst- und Fremdwahrnehmung, nach Wahrhaftigkeit und Identität, nach Leib und Seele, nach äußerem und innerem Bild, nach Anpassungsdruck und Selbstvermarktung. Was ist also Authentizität, was ist authentisch? Spätestens seit Michel Foucault ist bekannt, dass Authentizität ein Konstrukt ist, dass wir uns selbst „wie ein Kunstwerk“ selbst erfinden (müssen). Spätestens seit den Erkenntnissen moderner Neurowissenschaften ist zuAuthentizität ist eine Zuschreibung dem klar, dass auch Identität ein Konstrukt von außen: Es sind die anderen, die ist, also die permanente geistige Leistung jemandem bescheinigen, authentisch eines jeden Menschen, mit der er Selbstzu sein, oder dies bestreiten. und Fremdbild ausgleicht und sich so in der Dynamik von Sich-gleich-Bleiben und Sich-Verändern präsentiert, dem anderen begegnet und sich in seinen sozialen Bezügen der „Echtheitsprüfung“ aussetzt. Authentizität ist dann eine Zuschreibung von außen. Es sind die anderen, die jemandem bescheinigen, authentisch zu sein, oder dies bestreiten – siehe Maradonas Sixpack. Was echt ist oder unmittelbar, was den Kern einer Persönlichkeit ausmacht, hat schon Heinrich Kleist in seinem berühmten kleinen erzählerischen Essay über das Marionettentheater beschäftigt: das Authentische als die vorbewusste oder unbewusste schöne Bewegung eines Menschen, die im Stande der Bewusstheit nur wiederhergestellt werden kann „wenn man einmal um die Welt geht“, um sozusagen das Paradies der vollkommenen Authentizität durch lebenslange Übung von hinten wieder betreten zu dürfen. Das Authentische, das nur durch lebenslange Inszenierungsübung bewusst wiederholt werden kann – so wie in der Geschichte des jungen Mannes, der sich selbst im
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Johanna Haberer Spiegel sieht, wie er eine unbewusste Bewegung macht, die so schön ist, dass er lebenslang versucht, sie in dieser Schönheit zu wiederholen und schließlich daran scheitert. Ganz im Gegensatz zur mechanisch reflexionslosen Marionette, die auf Abruf jede Bewegung genauso wiederholen kann, wie es die Schwerpunkte und Gewichtsverteilung in ihrer Konstruktion vorgesehen haben. Kleists Marionettentheater: ein Mastertext für Schauspieler, die für jede ihrer Rollen den Weg um die ganze Welt antreten müssen. Von Authentizität spricht auch Friedrich Schiller, wenn er in seinen Briefen zur ästhetischen Erziehung den weltberühmten Satz prägt, der Mensch sei nur dort ganzer Mensch, wo er spielt. Auch hier ist die vollkommene Konzentration, die die kritische Selbst-Reflexion für einige Lebensmomente außer Kraft setzt, das Ideal der wahren Person, die sich in diesen Momenten spielerischer Unbefangenheit von sich selbst absehend ganz bei sich selbst und bei der Sache seiend zeigt – und gerade darin Zivilisation hervorbringt. Beiden Texten hängt ein Hauch von Transzendenz an, von einem Wissen, dass in jedem Menschen eine Echtheit und Schönheit steckt, die er selbst nicht produzieren kann. Und hier erfolgt die Landung mitten in der Theologie: Dass die Echtheit eines Menschen in Selbst- und Fremdbild, also in Identität und Authentizität grundsätzlich ein Konstrukt ist, weiß schon die Weisheit der jüdisch-christlichen Schriften. Wenn Jesaja Gott sagen lässt (Jesaja 43,1): Und nun spricht der Herr, der dich geschaffen hat und dich gemacht hat: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!
Wenn Christen gerade diesen Text als Tauftext verwenden, dann, wenn einem kleinen Menschen der Name gegeben wird und ihm dadurch eine Identität von Gott her zugesprochen wird, dann lässt das den Schluss zu, dass – theologisch gesprochen – die Identität eines Menschen bei Gott liegt und ihm von ihm Authentizität zugesprochen wird, und zwar eine solche, die nicht im Streit zwischen meinem Selbstbild und dem Bild, das andere von mir haben, zugrunde geht. Die Identifikation und Authentifizierung eines menschlichen Lebens, das an sich alles andere als homogen und linear verläuft, verdankt sich theologisch gesprochen dem unwiderruflichen Zuspruch Gottes.
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Wer wir sind und wie wir betrachtet werden So ist erklärbar, dass die erste Autobiographie der Welt, die Selbstnarration eines Menschen, die von dem Kirchenvater Augustinus vorgelegt wurde, dem genau diese Konstruktion, die innere und äußere Freiheit gibt, sein Leben – wie immer man die Wertungen darin beurteilen mag – selbstkritisch in seinem ganzen Entwicklungsbogen öffentlich zu erzählen. Die Bekenntnisse des Augustinus sind eine schriftliche Selbstinszenierung für ein Publikum, dem er seine Biographie präsentiert. Er liefert sich dem Urteil seiner Leser aus, die sich dann davon spöttisch distanzieren können oder sich mit dem Erzähler identifizieren. Die Vorstellung des „Gesehenwerdens“ durch Gott öffnet dem Autor dieser Selbstnarration den Raum der Freiheit, sich als einer zu inszenieren, der im Wissen darum, dass Gott sein Leben mit allen Ecken und Kanten und Kurven liebevoll anblickt, kritisch und distanziert mit der eigenen Biographie umgehen kann, d. h. die Geschichte seiner Bildung als dieser Mensch, als er selbst, zu erzählen. Theologisch gesehen ist also Selbstinszenierung die alltägliche menschliche Aufgabe. Der Mensch hat genau in dieser trans zendenten Selbstkonstruktion die spielerische Freiheit, sich auszuprobieren, Fehler zu machen und Theologisch gesehen ist einzugestehen, immer wieder neuanzufanSelbstinszenierung gen und sich selbst als ein unfertiges offenes die alltägliche Wesen zu betrachten, das spielen muss, sich menschliche Aufgabe. ausprobieren muss, um am Ende der Mensch zu werden, den Gott gemeint hat. Der Kommunikationsraum zwischen Gott und Mensch eröffnet also dem Menschen Freiheit, auch vor den Zuschreibungen der anderen, deren Authentizitätsanfragen, auch die Freiheit inmitten der Selbstzweifel in der alltäglichen Selbstkonstruktion und Identitätssuche, einen Versuchs- und Spielraum des Selbst. Der Freiheit und Unverfügbarkeit des jüdisch-christlichen Gottes, der sich mit dem Namen vorstellt „ich werde sein, der ich sein werde“, entspricht die Freiheit und Unverfügbarkeit der Person, die immer mehr ist als die Summe ihrer Selbstdarstellungen und die Summe ihrer Inszenierungen. In Zeiten, in denen dieser Gottesraum für viele nicht mehr konstruierbar ist, wird das Gewicht sozialer Zuschreibung höher und steigt durch die Möglichkeiten der digitalen Vernetzung ins Unendliche. Wer wir sind und wie wir betrachtet werden und welche Eigenschaften uns zugeschrieben werden, ist in Zeiten der digitalen Kommunikation ein andauernder Prozess des Aushandelns mit einem mehr oder weniger vertrauten Publikum.
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Johanna Haberer Sei es auf Webseiten, auf „Youtube“, „Twitter“ oder in sozialen Netzwerken – die Optionen zur Selbstdarstellung haben sich räumlich wie zeitlich ins schier Unermessliche vervielfacht. Ich kann mich selbst in allen Sprachen in alle Kulturräume hineininszenieren, ich kann dies in hohen Frequenzen tun, indem ich täglich oder stündlich von mir hören lassen. Ich kann mich zeigen, so wie ich mich gerade selbst sehe, ich kann meine Wandlungen dokumentieren und ich kann über die prompten Rückmeldungen den Erfolg meiner Selbstinszenierung unmittelbar messen sowie dann die Selbstdarstellung ständig der Zustimmung bzw. Ablehnung meines persönlichen Publikums anpassen. Diese Form der Netzkommunikation beinhaltet das Versprechen, dass der User, der zum Producer seiner selbst wird, letztlich die Herrschaft über das Außenbild, das von ihm veröffentlicht wird, selbst in der Hand hat. Es birgt die Illusion, es ließe sich das Bild, das andere von mir haben, bis ins Letzte dominieren. Diese Option bietet weiter die Illusion, einer könnte durch diese Form der medialen Selbstinszenierung die Kontrolle darüber erreichen, was andere von ihm wahrnehmen und schließlich denken … Schauspieler, Models, Fußballer – alle werden von ihren PR-Managern heute dazu gedrängt, ein bestimmtes Bild in der digitalen Welt zu verfestigen. Manche spielen auf dieser Klaviatur bravourös zum schnellen ausschließlich finanziellen Nutzen: Oliver Pocher veranstaltet mit Boris Becker über „Twitter“ einen medial inszenierten Schaukampf um seine Ex-Ehefrau, der an mittelalterliche Minne-Inszenierungen erinnert, höchst ironisch aufgeladen. Und er featured damit seine Sendung, die dann in einem Showdown in Gestalt eines privatrechtlichen Kindergeburtstags auf ProSieben endet, bei dem sich beide Kontrahenten den fremdverschämten Lachern des Publikums preisgeben und sich schließlich quotenträchtig versöhnen. Jeder trägt mindestens eine Viertelmillion nach Hause, und es wird gleich im Anschluss bekannt gegeben, dass sich Oliver Pocher und Boris Becker jetzt den Manager teilen. Ein Festmahl für die Regenbogenpresse. Prominente und ihre PR-Berater bespielen diese Klaviatur der Selbstinszenierung als ein weiteres Instrument, um die Preise der A-, B- und C-Promis in der Währung der Aufmerksamkeit in die Höhe zu treiben. Vermutlich erkennen diese Selbstinszenierungen, bei denen die Steigerung der Aufmerksamkeit so unmittelbar offensichtlich ist, auch die User und Follower als das doppelte Spiel im Wettbewerb um Werbeverträge, das es ist.
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Wer wir sind und wie wir betrachtet werden Keiner würde in dieser Phase des öffentlichen Spiels noch die Zuschreibung irgendeiner Authentizität erwarten. Die Figuren spielen die Rollen, die ihre PR-Manager und Marketingmanager von ihnen erwarten. Das kontrollierte Anschwellen der Aufmerksamkeit mit allen damit verbundenen nachhaltigen Risiken derer, die sich in die Öffentlichkeit begeben und deren Selbstbild sich womöglich weiter und weiter von dem inszenierten medialen Bild entfernt. Ein Spiel im vollen Ernst des Wortes treiben aber auch die Nicht-Profis, die User sozialer Netzwerke wie „Facebook“ oder Partnerschaftsbörsen, auf denen der soziale Druck einer Selbstinszenierung in der Peergroup lastet, deren Verweigerung mit der drohenden sozialen Isolation sanktioniert wird: Es ist dies, wie jedes Spiel um die Darstellung der eigenen Person mit Chancen und Risiken verbunden. Die virtuelle Selbstpräsentation kann zum Beispiel Menschen, Die Generation der heute deren körperliche Verfasstheit die Schwellen 25-Jährigen hat die Geschichte der zwischenmenschlichen Kommunikation der eigenen Persönlichkeitsbildung erhöhen, Kontakte vermitteln, die im Alltag bereits mit dem Netz geschrieben. schwieriger wären: gehandicapte Menschen beispielsweise. Der User kann sich dann in der Kommunikation ohne seinen Körper oder in Absehung seiner Handicaps inszenieren und sich als der darstellen, mit dem er oder sie sich identisch fühlt. Mit dem Risiko allerdings, dass er auffliegt und als „unecht“ entlarvt wird – mit der Chance andererseits, dass andere die Möglichkeiten haben, sich dieser Person zu nähern und dann bei näherem Kennenlernen die Handicaps des anderen, wenn er sie dann offenbart, nicht mehr als trennend empfinden. Auf der anderen Seite bergen die virtuellen Möglichkeiten der Selbstinszenierung für die Persönlichkeitsentwicklung Jugendlicher neben der Chance sich in verschiedenen Rollen auszuprobieren, auch tiefgreifende Veränderungen und Zwänge.Die Generation der heute 25-Jährigen hat die Geschichte der eigenen Persönlichkeitsbildung bereits mit dem Netz geschrieben: die Selbstverfertigung der Person im Netz. Ganze Biographien sind hier inzwischen auffindbar, vom Schulabschluss bis zur Familienphase – die Gruppe kann die Selbstverfestigung einer Person medial beobachten und sie unablässig kommentieren. So vollzieht sich Identitätsbildung heute in immer breiteren sozialen Räumen. Der Prozess des Erwachsenwerdens ist im besten Falle der lange Weg zur Autonomie. Das meint diesen steinigen Weg,
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Johanna Haberer wenn aus den Vorgaben und Regeln, die Erzieher, Eltern und Lehrer im Prozess der Erziehung und Bildung gesetzt haben, die eigenen Regeln in Übernahme und Absetzung herausdestilliert werden. Erwachsenwerden heißt so verstanden, in einem ständigen Prozess der Synthese eigener Erfahrungen und einer dauernden Anpassungsleistung an die Mitwelten, die eigenen Lebenserzählungen zu kreieren sowie eigene Regeln zu entwickeln, die dann in eine erwachsene Selbstbestimmung münden. Diese Selbstbestimmung oder Autonomie wird in einem unablässigen Prozess der Selbstkonstruktion im Laufe des Lebens immer wieder neu erworben. Die medialen Möglichkeiten einer virtuellen Selbstkonstruktion in den sozialen Netzwerken lässt eine solche dynamische und prozedurale Identitätssuche zu einer Art Identitätsmanagement werden, das die Züge eines Selbstmarketings, eines Brandings für die eigene Person werden lässt. Jugendliche und zunehmend ErwachZur Autonomie und zum freien Spiel sene stellen sich selbst in Bild und Schrift einer Person muss es gehören, unablässig in den verschiedensten Lebensfrei zu werden von den situationen dar und verfestigen so ihr Profil Zuschreibungen anderer. für eine soziale Gruppe, die unmittelbar mit Anerkennung und Bestätigung beziehungsweise Ablehnung der Selbstäußerungen reagiert. So entsteht ein Prozess der Selbstoptimierung durch Anpassung, welcher einer stetigen Kontrolle durch die soziale Gruppe unterzogen ist. Dieser Identitätsprozess trägt in vielen Fällen wettbewerbliche Züge und erfordert dauernde Selbstoptimierungsleistungen. Vereinigt werden diese Gruppen durch den Zwang das gruppengemäß jeweils „Richtige“ zu tun. Der Systemkritiker des Internets, Evgeny Morozov, diagnostiziert in Folge dieser Anpassungsprozesse den „abgeflachten Menschen“, dessen „spirituelle Weide schrumpft“. Die Spielräume einer Ichwerdung, die sich dem anderen zumutet, die über lange Zeiten um das Selbstwerden ringt, werden enger. Auch die Spielräume der Freiheit, sich zu entwickeln und ein ganz anderer zu werden, stehen unter einem enormen Anpassungsdruck, der die Widerständigkeiten einer Persönlichkeit einzuebnen droht. Es muss ein Ziel einer theologischen Medienethik sein, die „spirituellen Weiden“ weit zu machen und ein Bewusstsein für die drohenden Verluste zu entwickeln – bei all dem Zugewinn, den soziale Netzwerke für die Persönlichkeitsbildung bedeuten können. Es muss das Ziel einer theologischen Medienethik sein, den Zauber des Geheimnisses ei-
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Wer wir sind und wie wir betrachtet werden nes Menschen als den Kern seiner Würde freizulegen und das Bewusstsein dafür zu wecken, dass es zur Autonomie und zum freien Spiel einer Person gehören muss, frei zu werden von den Zuschreibungen anderer, selbstverantwortlich zu werden für die Person, die man sein will, den Zwang zur Selbstkonstruktion und zur Authentizitätsbehauptung zu durchbrechen, in dem Wissen, dass es ein Menschenrecht ist, ein anderer zu werden und gerade so er selbst.
Literatur Augustinus (2004): Confessiones. Düsseldorf. Kleist, Heinrich von (1920): Über das Marionettentheater. Jena. Morozov, Evgenij (2013): Smarte neue Welt, digitale Technik und die Freiheit des Menschen. München. Schiller, Friedrich (2000): Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen. Stuttgart.
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