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Wie Viel Islam Steckt Im Sexuellen übergriff? Gespräch Mit Der

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Wie viel Islam steckt im sexuellen Übergriff? Gespräch mit der Islamexpertin Susanne Schröter 23.01.16, 17:54 http://www.faz.net/-gqz-8chaq FAZJOB.NET LEBENSWEGE SCHULE FAZ.NET F.A.Z.-E-PAPER Abo Mobil Newsletter Mehr F.A.S.-E-PAPER Comic-Roman „Sechs aus 49“: Alle Folgen Anmelden KAUBE, BERTHOLD KOHLER, HOLGER STELTZNER HERAUSGEGEBEN VON WERNER D'INKA, JÜRGEN Frankfurt 7° Feuilleton Samstag, 23. Januar VIDEO 2016 THEMEN BLOGS ARCHIV POLITIK WIRTSCHAFT FINANZEN FEUILLETON SPORT GESELLSCHAFT STIL TECHNIK & MOTOR WISSEN Home Feuilleton Wie viel Islam steckt im sexuellen Übergriff? Gespräch mit der Islamexpertin Susanne Schröter REISE BERUF & CHANCE RHEIN-MAIN Kölner Silvesternacht Wie viel Islam steckt im sexuellen Übergriff? Haben die Ereignisse der Kölner Silvesternacht kulturelle oder religiöse Hintergründe? Und wenn ja, welche sind das? Ein Gespräch mit der Ethnologin und Islamexpertin Susanne Schröter. 18.01.2016 © DPA Frauengruppe in der Hamburger Imam Ali Moschee http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/wie-viel-islam-steckt-im-sex…-susanne-schroeter-14019218-p2.html?printPagedArticle=true#Drucken Seite 1 von 8 Wie viel Islam steckt im sexuellen Übergriff? Gespräch mit der Islamexpertin Susanne Schröter 23.01.16, 17:54 V on „Tuharrash gamea“, der arabischen Bezeichnung für kollektive sexuelle Übergriffe, meinten viele nach der Kölner Silvesternacht zum ersten Mal gehört zu haben. Die Weltöffentlichkeit wurde auf das Phänomen aber bereits vor zwei Jahren durch Exzesse auf dem Kairoer Tahrir-Platz aufmerksam. Wo liegen seine Wurzeln? Nach einer verbreiteten These ist es in den achtziger Jahren aufgetaucht. Damals fingen junge Frauen an, auf die Universitäten zu gehen, berufstätig und außer Haus zu sein, vor allem in den großen Städten wie Kairo. Während des Arabischen Frühlings waren diese emanzipierten Frauen in der Öffentlichkeit sehr präsent, was einigen Männern offenbar furchtbar auf die Nerven ging. Es reichte schon der Umstand, dass diese Frauen den öffentlichen Raum für sich in Anspruch nahmen. Hinzu kommt, dass die gutausgebildeten Frauen auf dem Arbeitsmarkt inzwischen gute Chancen haben, während viele junge Männer in arabischen Ländern bekanntermaßen unter Arbeitslosigkeit leiden und ihre Versorgerrolle nicht mehr ausfüllen können. Gleichzeitig verbietet ihnen die repressive Sexualmoral sexuelle Kontakte außerhalb der Ehe. Ist das Phänomen auf den Maghreb beschränkt? Nein, das gibt es in Tunesien, Marokko und Jordanien, aber auch in Syrien oder Pakistan – in allen Ländern, in den patriarchalische Strukturen virulent sind. Übrigens auch in Indien. Es ist also kein spezifisch muslimisches Phänomen. Aber wir haben es eben ganz klar auch in muslimischen Ländern. Was sind die allgemeinen Bedingungen seines Entstehens? Die Grundvoraussetzung ist eine patriarchale Ideologie der Gesellschaft, die Idee, dass es reine und unreine Frauen gibt. Die reinen Frauen sind die, die ihrem Mann gehorchen, keinen Sex vor der Ehe haben, ihren Körper bedecken. Die unreinen Frauen sind die, die ihren eigenen Willen haben, nicht den Mann heiraten, den sie heiraten sollen, und so weiter. Es gibt also eine gewisse Legitimation dieser sexuellen Übergriffe, zwar nicht durch die ganze Gesellschaft, http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/wie-viel-islam-steckt-im-sex…-susanne-schroeter-14019218-p2.html?printPagedArticle=true#Drucken Seite 2 von 8 Wie viel Islam steckt im sexuellen Übergriff? Gespräch mit der Islamexpertin Susanne Schröter 23.01.16, 17:54 aber durch ein konservatives Segment. Das war während des Arabischen Frühlings deutlich zu beobachten. Ist das „Tuharrash gamea“ auch religiös bedingt, eine Folge des islamischen Frauenbilds? Der Koran gibt natürlich keine Legitimation, Frauen zu belästigen. Allerdings trägt er dazu bei, dass Sexualität außerhalb der Ehe ganz stark tabuisiert ist. In der Praxis kommt eine Doppelmoral dazu: Der Junge darf ruhig Sex mit anderen Frauen haben, seine Schwester dagegen nicht. Es ist auch vorwiegend Aufgabe der Frauen, dafür zu sorgen, dass sie nicht belästigt werden, indem sie darauf achten, dass das Begehren der Männer nicht geweckt wird. Die fehlende Unbeschwertheit im Umgang der Geschlechter fördert eine Verhaltensunsicherheit, die Übersprungshandlungen begünstigen mag. Aber koranisch legitimiert sind sexuelle Übergriffe nicht. Die Rechtsordnung in den muslimischen Ländern ist gerade im Ehe- und Familienrecht stark von der Scharia geprägt. Die untergeordnete Rolle der Frau ist rechtlich sanktioniert. Allerdings. Die Frau hat nach einem Vers im Koran eine Gehorsamspflicht. Der Mann ist sogar legitimiert, sie zu schlagen, wenn sie nicht gehorsam ist. Erbrecht, Vormundschaft für Kinder, Scheidungsrecht, Polygamie: In all diesen Punkten sind Frauen deutlich benachteiligt. Die rechtliche Überordnung gilt jedoch nur für die eigene Frau. Kein Mann kann daraus den Anspruch ableiten, gegenüber anderen Frauen übergriffig zu werden. Die richterliche Auslegung bei sexuellen Übergriffen geht aber in der Tat oft zu Ungunsten der Frau aus. Es gibt hier einfach eine hohe kulturelle Akzeptanz für sexuelle Übergriffe, was mit den patriarchalischen Strukturen zu tun hat. Es gibt also einen indirekten Einfluss des Korans. Hier sehe ich eine große Notwendigkeit der Reform. Man kann nicht jeden Vers bis in die Ewigkeit konservieren. Eine historisch-kritische Lesart des Korans hat sich bisher nicht durchgesetzt. http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/wie-viel-islam-steckt-im-sex…-susanne-schroeter-14019218-p2.html?printPagedArticle=true#Drucken Seite 3 von 8 Wie viel Islam steckt im sexuellen Übergriff? Gespräch mit der Islamexpertin Susanne Schröter 23.01.16, 17:54 Ja, sie kommt nur sehr langsam voran. Es gibt sie mittlerweile auch in Deutschland. Aber die islamischen Theologen, die den Koran in Deutschland neu deuten, sind in den islamischen Gemeinden nicht anerkannt. Der islamische Religionsunterricht wäre ein Instrument zur Verbreitung einer liberaleren Korandeutung. Ja, ich hoffe, dass diese Chance genutzt wird. Die Gestaltung der Curricula liegt hier allerdings in den Händen der muslimischen Religionsverbände, im Fall Hessens beispielsweise bei der Ditib, die der türkischen Religionsbehörde Diyanet unterstellt ist, und der Ahmadiyya. In beiden Fällen klemmt und hakt es ja schon so ein bisschen beim Frauenbild. Auch bei den Lehrstühlen für islamische Theologie ist der Einfluss der Verbände groß. Man müsste die Lehrstühle viel stärker ermächtigen. Aber davor steht das Staatskirchenrecht. Zurück zum Einfluss der Scharia auf Ehe- und Familienrecht. Wie ist hier die internationale Entwicklung? Unterschiedlich. Feministische Aktivistinnen versuchen überall, das Personenstandrecht zu reformieren, was ihnen zum Teil auch glückt. In Marokko gab es beispielsweise eine große Reform des Familienrechts. Da wurden viele alte Zöpfe abgeschnitten. In Tunesien wurde schon nach der Unabhängigkeit ganz vieles eliminiert, etwa das Recht auf Vielehe. Auch die Gleichstellung beim Erbrecht wurde erreicht. In anderen Ländern gibt es Rückentwicklungen, besonders in der Türkei. Die oberste Religionsbehörde Diyanet hat vor kurzem einen Erlass herausgegeben, der das Händchenhalten und Flirten von Verlobten verbietet. Die Kehrseite der Re-Islamisierung ist eine enorme Zunahme an häuslicher Gewalt. Mehr zum Thema Westlicher Feminismus und · Silvesternacht in Köln: Hatten die Taten System? · Razzia im Düsseldorfer Migrantenhttp://www.faz.net/aktuell/feuilleton/wie-viel-islam-steckt-im-sex…-susanne-schroeter-14019218-p2.html?printPagedArticle=true#Drucken Seite 4 von 8 Wie viel Islam steckt im sexuellen Übergriff? Gespräch mit der Islamexpertin Susanne Schröter 23.01.16, 17:54 Viertel Geschlechterforschung haben ein gespaltenes Verhältnis zum Islam. Einerseits gibt es die rassismuskritische Solidarisierung, andererseits die Kritik am repressiven islamischen Frauenbild. Dieses zwiegespaltene Echo gab es auch nach Köln. Manche sahen bei den Übergriffen ein kulturelles Muster. Andere, wie der Netzaufruf #ausnahmslos, ordneten die Kölner Übergriffe unter die allgemeine sexuelle Repression, wie sie auch im Westen vorkommt. Ich halte das für eine Verharmlosung. Anzüglichkeiten und Anmache werden hier teilweise mit massiver sexueller Gewalt gleichgesetzt. Diesen Unterschied muss man benennen, und hier ist auch ein klares kulturelles Muster zu erkennen. Wer das nicht benennt, hat kein Mittel in der Hand, es zu bekämpfen. Das heißt noch lange nicht, dass die deutsche Gesellschaft nicht sexistisch ist. Wie stimmt man den Gender-Diskurs auf den praktischen Umgang mit Muslimen ab? Der Gender-Diskurs wird eigentlich gar nicht in die Praxis übersetzt. Man addiert da nur den Anti-Rassismus-Diskurs dazu. Da ist der Geschlechterforschung der Bezug zur gesellschaftlichen Wirklichkeit verlorengegangen. Sie muss sehen, dass sie auch wieder Resultate liefert, die zur Konfliktlösung beitragen. Was ist zu tun? Man muss den Männern, die hierherkommen, die hiesigen Regeln im Umgang der Geschlechter genau erklären und sie in diesem Punkt lückenlos betreuen. Es kann nur funktionieren, wenn diesen Männern die Chance gegeben wird, die Spielregeln unserer Kultur im Geschlechterkontakt zu erlernen und sich adäquat zu verhalten. Wer das nicht tut, sollte hier auch nicht bleiben dürfen. Da bin ich relativ hart, wenngleich ich weiß, dass wir in diesem Punkt keine rechtliche Handhabe haben. Es muss Konzepte zur Aufklärung geben, und zwar http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/wie-viel-islam-steckt-im-sex…-susanne-schroeter-14019218-p2.html?printPagedArticle=true#Drucken Seite 5 von 8 Wie viel Islam steckt im sexuellen Übergriff? Gespräch mit der Islamexpertin Susanne Schröter 23.01.16, 17:54 schnell. Wie soll man sie vermitteln angesichts der großen Zahl der Personen, mit denen man es hier zu tun hat? Wenn man Einwanderungs- und Integrationskurse verpflichtend macht, dann müsste es hier auch feste Module zum Sexualverhalten und zum Umgang der Geschlechter in Deutschland geben. Der Verweis auf den Gleichberechtigungsgrundsatz in der Verfassung bleibt hier zu abstrakt. Das muss konkret eingeübt werden, etwa in Rollenspielen. Das Gespräch führte Thomas Thiel.  © F.A.Z. Köln: Wie ein Flüchtling die Silvesternacht erlebt hat Quelle: F.A.Z. Zur Homepage Themen zu diesem Beitrag: Deutschland | Islam | Marokko | Köln | Tunesien | Alle Themen Hier können Sie die Rechte an diesem Artikel erwerben http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/wie-viel-islam-steckt-im-sex…-susanne-schroeter-14019218-p2.html?printPagedArticle=true#Drucken Seite 6 von 8