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Zahnersatzkunde Univ.-Prof. Dr. R. O. Bratschko OA Dr. E. Parsché
Die Zahnersatzkunde gliedert sich in folgende Teilbereiche:
• Parodontologie • Zahnersatzkunde (Prothetik und Restaurative Zahnheilkunde) -
festsitzender Zahnersatz (Kronen, Brücken, Goldgussfüllungen) abnehmbarer Zahnersatz (Total- und Teilprothesen)
• Implantologie (Chirurgie und Prothetik) • Funktionslehre (Kiefergelenksdiagnostik und -therapie) • Defektprothetik (Epithesen und Kloßprothesen)
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I. Parodontologie
Parodont Parodontologie
= =
Zahnhalteapparat (griechisch – para „um herum“, odus „Zahn“) Lehre von der Erkennung und Behandlung der Erkrankungen des Parodonts
1. Histologie Das Parodont besteht aus Zahnzement, Desmodont (Wurzelhaut), knöcherner Alveole und der freien Gingiva. Der Zahnzement ist die äußerste Schichte der Wurzel. Das Desmodont ist ein straffes kollagenes Bindegewebe mit speziellen Faserstrukturen (Sharpeysche Fasern), die die Zahnwurzel in der Alveole festhalten, aber auch verhindern, dass der Zahn zu tief in die Alveole intrudiert werden kann. Weiters enthält es Fibrozyten, Fibroblasten, Granulozyten, Blutgefäße, Nervenfasern und ein Lymphsystem Die freie Gingiva ist der Teil der Gingiva, der sich an der Schmelzzementgrenze dem Zahnhals anlegt. Hier befindet sich eine Rinne zwischen Zahn und Zahnfleisch, der sogenannte Sulkus (Sondierungstiefe 1 – 2 mm). An der Schmelzzementgrenze geht das Parodont in die Gingiva (= Zahnfleisch) über. In der Tiefe des Sulkus liegt ein Epithel, das sonst nirgends im ganzen Körper vorkommt, das Saumepithel. Es handelt sich um ein mehrschichtig kubisches Epithel, welches mittels Hemidesmosomen an der Zahnoberfläche befestigt ist und somit den Parodontalspalt gegen die Mundhöhle hin abschließt. Zwischen den Zähnen füllt das Zahnfleisch das interdentale Dreieck vollkommen aus (Papille + Col). Die häufigsten Erkrankungen von Gingiva und Parodont sind Gingivitis und Parodontitis (= entzündliche Erkrankung von Zahnfleisch und Zahnhalteapparat).
2. Ätiologie und Pathogenese Die Hauptursache von Gingivitis und Parodontitis ist die PLAQUE (= Zahnbelag). Die Plaque besteht nicht aus groben Nahrungspartikeln, die an der Zahnoberfläche haften bleiben, sondern besitzt eine ganz bestimmte Zusammensetzung. Bereits 15 Minuten nach dem Zähneputzen bildet sich an der Zahnoberfläche eine Schleimschichte aus im Speichel enthaltenen Muzinen. In diese Schichte lagern sich abgestorbene zelluläre Bestandteile ein (abgeschilfferte Epithelzellen, Granulozyten, Erythrozyten, ....). Diese Substanz bildet den Nährboden zur Einlagerung von Mikroorganismen, die normale Bewohner der Mundhöhle sind. 2
PLAQUE = MUZINE, ZELLULÄRE BESTANDTEILE + BAKTERIEN Es handelt sich dabei um grampositive und gramnegative Aerobier und Anaerobier. Klassifizierte Mikroorganismen der Plaque: GRAM POSITIV aerob, fakultativ anaerob
anaerob
KOKKEN
STREPTOCOCCUS S. mutans, S. mitis STAPHYLOCOCCUS MICROCOCCUS
STREPTOCOCCUS S. intermedius PEPTOSTREPTOCOCCUS PEPTOCOCCUS
STÄBCHEN
ACTINOMYCES A. naeslundii A. viscosus
ACTINOMYCES A. israeli ARACHINA EUBACTERIUM BIFIDOBACTERIUM PROPIONIBACTERIUM CLOSTERIDIUM
BACTERIONEMA ROTHIA LACTOBACILLUS
GRAM NEGATIV aerob, fakultativ anaerob anaerob KOKKEN
NEISSERIA BRANHAMELLA
VEILLONELLA ACIDAMINOCOCCUS
STÄBCHEN
ACTINOBACILLUS A.Actinomycetemcomitans CAPNOCYTOPHAGA C. gingivalis C. ochracea C. sputigena EIKENELLA E. corrodens CAMPYLOBACTER rectus HAEMOPHILUS
BACTEROIDES Porphyromanas gingivalis Prevotella intermedia
SPIROCHÄTEN
FUSOBACTERIUM F. nucleatum SELENOMONAS WOLINELLA TREPONEMA T. denticola T. vincentii T. Macrodentium T. oralis
Die Erreger entnehmen leicht spaltbaren Zuckern (Mono- und Disacchariden) ihre Nährstoffe, verdauen sie und geben die dabei entstandenen Stoffwechselprodukte wieder ab. Diese Stoffwechselprodukte wiederum führen einerseits zu einer Schädigung der Zahnhartsubstanz
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(= Karies), andererseits zur entzündlichen Erkrankung von Gingiva und Parodont (= Gingivitis und Parodontitis). URSACHE VON GINGIVITIS UND PARODONTITIS: DIE PLAQUE MIT IHREN MIKROORGANISMEN UND DEREN STOFFWECHSELPRODUKTEN. Für Gingivitis und Parodontitis verantwortliche Bakterienprodukte sind: Chemotaxine Antigene, Mitogene Enzyme (Kollagenasen, Hyaluronidasen, ...) Toxine (Endotoxine) Diese Substanzen werden vorwiegend von gramnegativen Keimen gebildet und hier wiederum speziell von gramnegativen Anaerobiern. Die Enzyme und Endotoxine führen zunächst zu einer Gingivitis, die allmählich auf das Saumepithel übergreift, wodurch es zu einer Loslösung des Saumepithels von der Zahnoberfläche kommt. Somit ist der Parodontalspalt zur Mundhöhle hin geöffnet, die Erkrankung kann auf das Parodont übergreifen. Dabei wird das Parodont zerstört, es entsteht zunächst die Zahnfleischtasche, greift der Prozess auf die knöcherne Alveole über, spricht man von einer Knochentasche. In die Tasche lagert sich neuerliche Plaque ein, der Prozess schreitet immer weiter nach apikal fort. Durch die Zerstörung des Parodonts kommt es zu einer Lockerung des Zahnes, die schließlich zum Zahnverlust führt. Auf der freigelegten Wurzeloberfläche lagert sich Zahnstein ab, der durch seine Rauhigkeit zu einer zusätzlichen mechanischen Irritation führt und außerdem Retentionsfläche zur Anlagerung neuerlicher Plaque bildet. ZAHNSTEIN = VERKALKTE PLAQUE Wo kein Plaque, da kein Zahnstein! Kofaktoren in der Ätiologie: Die Hauptursache der Parodontitis ist die Plaque, es gibt jedoch auch eine Reihe von Kofaktoren, welche den Krankheitsverlauf modifizieren. Lokal: • • • •
Speichelmenge und Zusammensetzung: Je größer die Viskosität, desto schlechter die reinigende Wirkung des Speichels Mundatmung: Austrocknung der Schleimhäute Mechanische, chemische, thermische, allergische und aktinische Reize Funktionsstörungen (Okklusales Trauma, Parafunktionen)
Allgemein: •
Schwere Allgemeinerkrankungen (Diabetes, Leukämien, Panmyelopathie, Erythroblastenanämie) 4
• • • • • •
Endokrine Störungen (Schwangerschaftsgingivitis, Pubertätsgingivitis, Gingivitis climacterica, ...) Medikamente (Hydantoinpräparate, Cyclosporin A) Ernährung (Ascorbinsäuredefizit – Skorbut, Eiweißmangel, Quashiorcor) Allergien Autoimmunerkrankungen Genetisch bedingte Allgemeinsyndrome (Papillon-Lefevre-Syndrom) u.a.m.
3. Symptomatik von Gingivitis und Parodontitis Die gesunde Gingiva ist straff, blassrosa, die Oberfläche orangenschalenartig gestippelt, die interdentale Papille ist vollkommen ausgefüllt und der Übergang von Gingiva zu Zahn ist verlaufend, stufenlos. Symptome der Gingivitis: Rötung, livide Verfärbung, ödematöse Schwellung, die Stippelung geht verloren, interdentale Ulzeration, Spontanblutung, Schmerzen, Fötor ex ore. Symptome der Parodontitis: Zusätzlich zur oben genannten Symptomatik: Taschenbildung, Sondierungstiefen von 10 mm und mehr, bei akuten Formen Eiterexsudation aus der Tasche, Taschenabszess. Bei chronischen Formen kommt es zum „Zahnfleischschwund“ (= Rezession); verbunden mit Freilegung von Zahnhals- und Wurzeloberfläche, Lockerung der Zähne, Wanderung und schließlich Zahnverlust.
4. Therapie parodontaler Erkrankungen Die beste Therapie ist immer die Kausaltherapie (= Beseitigung der Ursache). URSACHE DER PARODONTITIS = PLAQUE THERAPIE = HERSTELLUNG SAUBERER VERHÄLTNISSE a.) Konservative Therapie Im Rahmen des ersten Schrittes der Patientenbehandlung kommt die initiale Parodontaltherapie in Frage. Wir unterscheiden hier zwischen supragingivaler und subgingivaler Phase. Zu Beginn erfolgt nach exakter Befunderhebung und Erstellung der entsprechenden Indizes eine sehr ausführliche Patienteninformation, um den Patienten auf die bestehende Problematik aufmerksam zu machen und über deren Ursachen aufzuklären. Hierdurch und vor allem auch durch eine exakte Überwachung der erhobenen Parameter kann eine entsprechende Patientenmotivation erreicht werden. Es folgt die Patienteninstruktion, das heißt es werden individuell spezifische Hygienehilfsmittel für den Patienten ausgesucht und der Patient im Umgang mit diesen unterrichtet. Daran schließt sich die supragingivale Reinigung, die Entfernung sämtlicher harter und weicher Beläge koronal der Gingiva. Allein durch diese Maßnahmen ist eine sehr starke Reduktion der entzündungsspezifischen Parameter erreichbar. In dieser ersten supragingivalen Phase 5
der Initialtherapie muss die Compliance des Patienten überprüft werden und seine Fähigkeit zur Eigenhygiene festgestellt werden. Nach Abschluss der supragingivalen Phase erfolgt als nächster Schritt die subgingivale Therapie in Form des Deep Scaling und Root planing. Parodontale Läsionen bis zu einer Sondierungstiefe von 5 – 6 mm können mit diesen Maßnahmen alleine meist erfolgreich therapiert werden. Überschreiten die Taschentiefen ein kritisches Maß von 6 mm oder bestehen andere spezielle parodontale Probleme, wie zum Beispiel ausgeprägter Furkationsbefall oder gingivale Rezessionen, muss auf chirurgische Techniken zurückgegriffen werden. NUR EIN INFORMIERTER PATIENT IST EIN MOTIVIERTER PATIENT Der Patient muss über seine Erkrankung, deren Ursachen und die richtige Vorgangsweise bei der Beseitigung der Ursachen genauestens informiert werden. Ohne entsprechende Mitarbeit des Patienten sind unsere Bemühungen fruchtlos. Hygieneinstruktion ♦ Zahnbürste: Kleiner Kopf, dichter Borstenverband, Kunststoffborsten mit abgerundeter Spitze, mittelhart (z. B. Oral B, Butler tooth brushes) ♦ Zahnpasten: Die darin enthaltenen Abrasiv- bzw. Scheuermittel sollten nicht zu aggressiv sein; geringer Tensidgehalt, Fluoridgehalt, Gehalt Zahnfleisch-sedierender Substanzen wie Salbei, Eibisch, Kamille, Myrrhe usw. (Blend-a-med, Elmex, Parodontax). ♦ Putztechnik: ZÄHNEPUTZEN ZWEIMAL TÄGLICH FÜR JEWEILS DREI MINUTEN, MORGENS NACH DEM FRÜHSTÜCK, ABENDS VOR DEM SCHLAFENGEHEN. Säubern aller Flächen beider Zahnbögen, systematisch immer nach dem gleichen Schema (OK bukkal, palatinal und okklusal, UK bukkal, lingual und okklusal). Man putzt in vertikaler Richtung vom Zahnfleisch zur Kaufläche (von rot nach weiß), die Bürste wird in einem Winkel von 45 Grad im Zahnhalsbereich angesetzt und zur Kaufläche hin ausgestrichen. Die Bewegung ist leichter durchzuführen, wenn zusätzlich noch eine rotatorische Komponente hinzukommt (modifizierte Bass-Technik). ♦ Interdentalhygiene: ① ② Die Interdentalräume sollten einmal täglich mittels Zahnseide , Zahnhölzern oder ③ Interdentalraumbürsten gereinigt werden. ①
Zahnseide:
Richtige Anwendung: Man nimmt sich eine Ellbogenlänge, wickelt die beiden Enden um die Mittelfinger und führt sie mit Daumen und Zeigefinger mittels sägender Bewegungen durch den Kontaktpunkt. Anschließend gezielte Reinigung der beiden benachbarten approximalen Zahnflächen durch Auf- und Abbewegungen. Es gibt gewachste und ungewachste Zahnseide. Die gewachste ist für den Ungeübten einfacher zu handhaben, die ungewachste hat die bessere Reinigungswirkung. 6
②
Medizinische Zahnhölzer: Haben eine dem Interdentalraum angepasste dreieckige Querschnittsform. Sie sind aus Hölzern, die sich nicht aufsplittern (Balsa, Birke, Orangenholz) oder Kunststoff (Cleandent microbrush).
③
Interdentalraumbürsten: (Von Oral B oder Butler) in verschiedenen Größen, zylindrisch bis konisch, für weite Interdentalräume bei aufgefächerter Zahnstellung.
♦ Elektrische Zahnbürste: Hat denselben Effekt wie die Handbürste, günstig für Kinder oder ältere Menschen, weil einfacher anzuwenden (z. B. Interplak-Zahnbürste, Braun Plak Control, Sony Care Ultraschallzahnbürste). ♦ Munddusche: Entfernt nur grobe Nahrungsreste, nicht aber die klebrige Plaque, ist nicht unbedingt notwendig. Wenn Anwendung, dann richtig: Der Wasserstrahl soll senkrecht zum Zahn gerichtet sein. ♦ Chemische Plaquekontrolle: Nur Mundwässer, die Chlorhexidin enthalten, wirken bakteriostatisch und desinfizierend (Chlorhexamed, Hibident). Nebenwirkungen: Bei längerer Anwendung kommt es zur Braunverfärbung von Zähnen und Zunge sowie zu Geschmacksstörungen und Schleimhautdesquamationen. Gutes Hilfsmittel zur Unterstützung der Initialtherapie; sollte aber nicht länger als 14 Tage angewandt werden. Dosierung: zweimal täglich einen Mundvoll unverdünnt eine Minute lang spülen. Andere Spülungen mit Fluoriden, Triclosan/Copolymer oder ätherischen Ölen wirken nur bakterienhemmend, sind aber auch für die Langzeitanwendung geeignet (Elmex, Meridol, Colgate plax, Paradontax) Ernährung: -
günstig: Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Vollkornbrot, Fette
-
ungünstig: Zucker, Süßigkeiten, Säfte, Mehlspeisen, Schokolade, Marmelade, Honig, Weißbrot (alle Produkte, die leicht spaltbare Zucker enthalten)
Fluoridierung: -
systemisch: perorale Zufuhr von Fluoriden (Fluortabletten, fluoridierte Nahrungsmittel – Wasser, Salz, Milch)
-
lokal: direktes Aufbringen von Fluoriden auf die Zahnoberfläche (fluordhaltige Pasten, Spülungen, Geele und Lacke)
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Die systemische Fluoridierung sollte in Form von Tabletten, Kochsalz oder Trinkwasser bis ins hohe Lebensalter erfolgen, ab dem 6. Lebensjahr ist jede Form der lokalen Fluoridierung individualprophylaktisch möglich. b.) Chirurgische Techniken in der Parodontologie Grundsätzlich sollen chirurgische Eingriffe erst nach Abschluss der initialen Hygienephase, beinhaltend Patienteninformation, Mundhygieneinstruktion, Wurzelreinigung und Glättung sowie funktionelle und endodontische Begleittherapien durchgeführt werden. Die Ziele der Parodontalchirurgie sind: Verbesserung der Reinigungsmöglichkeit der Wurzeloberfläche unter Sicht nach operativem Aufklappen, Beseitigung von bakteriellen Schlupfwinkeln durch Elimination von Zahnfleisch- und Knochentaschen, Veränderung der anatomischen Gegebenheiten der Zahnwurzel durch Nivellierung, Amputation oder Hemisektion von Wurzelanteilen und Wiederherstellung der physiologischen Morphologie von Gingiva und Alveolarknochen. Des Weiteren soll es durch die Parodontalchirurgie zu einer Regeneration von parodontalem Gewebe kommen. Die Auswahl der Methode für einen parodontalchirurgischen Eingriff wird von den pathomorphologischen Gegebenheiten, den Charakteristika der parodontalen Tasche, der Art und Schwere der Parodontalerkrankung, der Anatomie der mukogingivalen Region sowie der Ästhetik, der Compliance und dem Alter des Patienten bestimmt. Einer der am häufigsten durchgeführten parodontalchirurgischen Eingriffe ist der modifizierte Widman-Lappen. Es handelt sich hierbei um einen teilmobilisierten Lappen, wobei die Gingiva gerade so weit mobilisiert wird, bis der Verlauf des Alveolarrandes und die Wurzeloberfläche lückenlos überblickbar sind. Das Ziel dieser Technik, 1918 von Widman erstmals beschrieben, im Laufe der Jahre oftmals geändert und schließlich 1974 durch Nissle und 1977 Ramfjord modifiziert und verbessert, ist die Ausheilung der parodontalen Taschen bei minimalem Gewebeverlust. Indiziert ist die modifizierte Widman-Operation bei leichten bis mittelschweren Parodontitiden mit Taschentiefen von 5 oder mehr Millimetern und bei Zähnen mit Furkationsbeteiligung, oder bei einer persistierenden Entzündung nach Initialtherapie. Die Vorteile dieser Technik sind eine gute Heilungstendenz mit wenig Attachmentverlust und geringen postoperativen Beschwerden. Liegen Indikationen wie eine subgingivale Karies, subgingivale Zahnfrakturen oder eine prothetisch indizierte Zahnkronenverlängerung vor, so ist der apikale Verschiebelappen das therapeutische Mittel der Wahl. Hierbei wird der Zahnfleischrand unter Erhaltung der gesamten Breite an befestigter Gingiva nach apikal verlegt. Dies geschieht mittels apikaler Verschiebung und Platzierung eines vestibulär gestielten, voll mobilisierten Mukoperiostlappens. Sollen ästhetisch störende Rezessionen oder überempfindliche denudierte bukkale Wurzeloberflächen gedeckt werden, so ist der koronal reponierte Verschiebelappen das Mittel der Wahl. Nachteil dieser Operationstechnik ist jedoch die hohe Rezidivinzidenz. Voraussetzung für den koronalen Verschiebelappen ist eine ausreichende Breite von attached Gingiva. Ist diese nicht gegeben, kann sie durch Unterlegung mit einem subepithelialen Bindegewebstransplantat geschaffen werden. Zur Deckung denudierter Wurzeloberflächen können ferner die Technik der guided tissue regeneration oder freie Weichgewebstransplantate herangezogen werden. Hier unterscheidet man Epithelbindegewebstransplantate (sogenannte Volltransplantate) von subepithelialen Bindegewebstransplantaten (Spalttransplantaten). Das freie Schleimhauttransplantat 8
bezweckt eine Verbreiterung oder Neuanschaffung von angewachsener keratinisierter Gingiva oder auch die direkte Deckung entblößter Wurzeloberflächen. Indiziert ist diese Technik bei progressiven Rezessionen und/oder persistierenden Entzündungen bei fehlender oder sehr schmaler keratinisierter Gingiva nach Abschluss der Hygienephase. Das subepitheliale Bindegewebstransplantat bringt gegenüber dem freien Schleimhauttransplantat Vorteile, insofern als Textur und Farbe der neu entstehenden attached Gingiva in der Empfängerregion der umgebenden Schleimhaut ähnelt, was beim freien Schleimhauttransplantat nicht der Fall ist. Bei diesem gleicht das Erscheinungsbild der neu entstehenden Schleimhaut in der Empfängerregion jenem der Spenderoberfläche, was in ästhetisch anspruchsvollen Regionen zeitweise problematisch ist. Um verlorengegangenen Knochen regenerieren zu können, haben sich in letzter Zeit verschiedenartigste Methoden etabliert. Einerseits existiert das Verfahren der guided tissue regeneration (GTR). Bei diesem Verfahren wird mit Hilfe von Membranen der primäre Knochendefekt nach operativer Freilegung abgedeckt und die Schleimhaut über der so gelegten Membran vernäht, so dass in der Tiefe der Läsion eine Knochenregeneration stattfinden kann, ohne dass diese durch von oben einwachsende Bindegewebs- und Epithelzellen gestört wird. Andererseits gibt es eine Vielzahl von Knochenersatzmaterialien, die in die zu augmentierende Knochentasche eingebracht werden. Dabei ist jedoch nach wie vor dem autologen Knochen, der entweder aus dem Tuber, dem retromolaren Bereich oder aus der Kinnregion gewonnen werden kann, der Vorzug zu geben. Das Regenerationspotential ist mit autologen Transplantatmaterialien am besten und darüberhinaus gibt es keine Unsicherheiten bezüglich theoretisch möglicher Infektionsübertragungen. c.) Antimikrobielle Therapie Das Ziel jeglicher Parodontitisttherapie ist die Beseitigung der Entzündung im Bereich des Parodonts. Dieses Ziel kann mit Hilfe der instrumentellen Parodontalbehandlung im Rahmen der Initialtherapie erfolgen, durch die chirurgische Parodontaltherapie erreicht werden und mit Hilfe der Gabe von Antibiotika. Das Ziel der instrumentellen Parodontalbehandlung ist die Beseitigung der periopathogenen Bakterien aus der Tasche und dem angrenzenden Gewebe, die Schaffung einer sauberen, glatten bio-akzeptablen Wurzelfläche und die Entfernung von erkranktem Gewebe. Dabei ist wurzelschonend und weichgewebsschonend vorzugehen. Gesundes Wurzelzement darf nicht abgetragen werden. Zahlreiche Studien zeigen, dass trotz eines sorgfältigen scalings und root planings und einer gewissenhaften Mundhygiene seitens der Patienten dennoch bakterielle Plaque an der Wurzeloberfläche haften bleibt. Gerade bei lokalisierten Bereichen, die auf eine Therapie nicht ansprechen, oder bei lokalisierter rekurrierender Erkrankung hat sich in jüngster Zeit die lokale Gabe von Antibiotika erfolgreich bewährt. Die Vorteile von lokal zu applizierenden Antibiotika gegenüber der systemischen Gabe von Antibiotika ist die einfache und schnelle Anwendung, die therapeutisch hohe Wirkstoffkonzentration über einen genügend langen Zeitraum in der parodontalen Tasche und die gute Verträglichkeit ohne Resistenzbildungen. Die Applikation dieser lokalen Antibiotika kann mit Hilfe von Gelen, Antibiotika-hältigen Fäden und Chips erfolgen. Als antimikrobiell wirksame Substanzen stehen Metronidazol, Tetracyklin und Chlorhexidin zu Verfügung. Bei schweren Formen parodontaler Erkrankungen wie vor allem der early onset Parodontitis, weiters bei der generalisierten refraktären Parodontitis und bei Akutsituationen parodontaler Erkrankungen wie Abszesse oder nekrotisierende
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Parodontitiden werden systemische Antibiotika als Adjuvanttherapie zur mechanischen oder chirurgischen parodontalen Behandlung verwendet. Folgende Substanzen haben sich in der Behandlung der verschiedenen Formen parodontaler Erkrankungen als nützlich erwiesen: Tetracycline sind vor allem bei Monoinfektionen mit Actinobacillus actinomycetemcomitans indiziert. Bei gemischten Infektionen führen sie aber zu keiner suffizienten Suppression subgingivaler Pathogene und können auch eine destruktive Krankheitsaktivität nicht verhindern. Metronidazol in Kombination mit Amoxicillin bewirkt eine relativ voraussagbare Eradikation der Keime Actinobacillus actinomycetemcomitans und Porphyromonas gingivalis bei der early onset Parodontitis und bei refraktären Erwachsenenparodontitiden. Bei Betalactase-Allergien kann Ciprofloxacin Amoxicillin substituieren. Bei Patienten mit refraktärer Parodontitis infiziert mit Porphyromonas gingivalis und/oder Prevotella intermedia kann man mit Metronidazol den Fortschritt der Erkrankung verhindern. Auch Clindamycin kann effizient in der Behandlung refraktärer Parodontitiden eingesetzt werden, vor allem bei Infektionen mit hohen Werten an Peptostreptococcus, Beta-hämolysierenden Streptokokken und verschiedenen oralen gramnegativen anaeroben Stäbchen. Wegen der Gefahr pseudomembranöser Colitiden als Nebenwirkungen durch Superinfektionen mit clostridium difficile kann als Alternative zu Clindamycin für die Behandlung parodontaler Erkrankungen Amoxicillin mit Clavulansäure gegeben werden. Auch scheint Amoxicillin plus Clavulansäure den klinischen Gewinn an Attachment bei der Technik der gelenkten Gewebsregeneration durch Abtötung parodontaler Pathogene zu erhöhen. Die GyraseHemmstoffe Ciprofloxacin und Ofloxacin haben sich als effizient in der Behandlung parodontaler Erkrankungen erwiesen. Ciprofloxacin kann in Kombination mit Metronidazol oder einem Betalactase-Antibiotikum für die Behandlung gemischter anaerober parodontaler Infektionen eingesetzt werden. Die Bedeutung pathogener Mikroorganismen und die Empfänglichkeit des Wirtes ist entscheidend für die Ätiologie parodontaler Erkrankungen und stellt den Schlüssel für eine erfolgreiche Behandlung dar. Das Verständnis der Ätiologie, die Diagnostik als auch die Behandlung parodontaler Erkrankungen haben sich in den letzten Jahren rasch verändert. Es wird angenommen, dass 80 % der Technologien, die wir in zehn Jahren verwenden werden, zum heutigen Zeitpunkt noch nicht entwickelt sind. Auch nimmt das Verständnis für Zahnfleisch- und Zahnhalteapparaterkrankungen in der Bevölkerung einen immer größeren Stellenwert ein. Das stellt die Zahnärzteschaft vor neue Herausforderungen, sodass mit der Aufklärung der Patienten und mit den Möglichkeiten neuer Technologien diese am häufigsten auftretende Erkrankung der westlichen Zivilisationsgesellschaft eingedämmt werden könnte.
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II. Zahnersatzkunde Dass das Problem des Zahnersatzes so alt wie die Menschheit ist, zeigen Funde aus ägyptischen Gräbern, aber auch aus der Steinzeit, wo bereits versucht wurde, Zahnlücken zu schließen. Auch steinzeitliche Versuche zur Herstellung von Totalprothesen sind bekannt. Man unterscheidet den festsitzenden und den abnehmbaren Zahnersatz. Voraussetzung für die Planung einer restaurativen bzw. prothetischen Versorgung ist: 1. Anamnese 2. Befunde:
Parostatus Röntgen (Orthopantomogramm) Vitalitätsstatus (+ Kleinbild aller devitalen Zähne) Funktionsstatus .
3. Diagnose 4. Vorbehandlungen
Parotherapie Konservierende Therapie, Endodontie Funktionstherapie Kieferorthopädie
1. Festsitzender Zahnersatz a) Goldgussfüllungen im Seitenzahnbereich Einlagefüllungen stellen die Alternative zur Versorgung von Seitenzahndefekten mit plastischen Füllungsmaterialien (Amalgam) dar. Inlay: Versorgung von okklusalen Defekten der Zahnhartsubstanz. Höcker sind nicht in die Präparation einbezogen. Onlay: Präparation, die einen Teil der Höcker miteinbezieht. Overlay: Hier bezieht die Präparation alle Höcker ein und es besteht ein fließender Übergang zur Dreiviertelkrone und Vollkrone.
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b) Krone Hier wird die zerstörte Zahnkrone bei intakter Zahnwurzel ersetzt. Der Zahn wird leicht konisch (6°) beschliffen, danach wird ein Abdruck genommen und ein Gipsmodell hergestellt. Auf dem Gipsmodell erfolgt die Anfertigung der Krone aus Edel- oder Nichtedelmetalllegierungen, danach wird aus ästhetischen Gründen das Metallkäppchen mittels Keramik weiß verblendet. Die fertige Krone wird auf dem beschliffenen Zahn fix zementiert und ist nicht mehr herausnehmbar. Ein bereits wurzelbehandelter Zahn ist zu spröde, um eine Krone tragen zu können; hier muss zusätzlich ein Stiftaufbau angefertigt werden. Dadurch wird die vorhandene Wurzelstruktur gefestigt und vor Bruch bewahrt („Stiftzahn“). Kronen haben folgende Aufgaben: Ersatz der verlorenen Hartsubstanz, Wiederaufbau zerstörter Kauflächen. Kronen sind immer dann angezeigt, wenn die Zahnerhaltung durch Maßnahmen wie plastische Füllungen oder Einlagefüllungen (Inlays) wegen der Defektgröße nicht mehr möglich ist (Ersatzfunktion), Schutz vor weiterer Karies oder Abrasion, Schutz von freigelegtem Dentin, z. B. nach starkem Einschleifen eines verlängerten Zahnes (Schutzfunktion), Ankerelement für Brücken- oder Teilprothesen (Befestigungsfunktion), Ausgleich von Zahnfehlstellungen (Stellungsanomalien) oder von angeborenen Defekten der Zahnhartsubstanz (Hypoplasie), Wiedergewinnung einer natürlichen Zahnfarbe, z. B. bei verfärbten kariösen oder marktoten Zähnen (Kosmetik, Ästhetik). Schlechte Mundhygiene stellt eine Kontraindikation für Kronen und restaurative Versorgungen dar, da das mit Plaque besiedelte Gebiss für Karies und Parodontalerkrankungen anfällig ist. Voraussetzung: Parodontal- und Kariestherapie. Präpariert wird im Mund des Patienten mit diamantierten, ausreichend wassergekühlten Schleifkörpern, wobei Überhitzungen oder gar Verbrennungen der Zahnhartsubstanz sorgfältig zu vermeiden sind, da dies zum Absterben der Pulpa führt. c) Brücke (Konventionelle Brücke, Klebebrücke) Dient dem Verschluss kleinerer Lücken (1-3-stellig). Die der Lücke benachbarten Pfeilerzähne werden überkront, wobei die zu ersetzenden Zähne als Zwischenglieder an den Kronen befestigt sind. Kronen und Zwischenglieder werden in einem Stück gegossen und ebenfalls fix, also nicht mehr herausnehmbar, zementiert. Die Brücke dient zum Aufbau der unterbrochenen Zahnreihe. Lückenschluss beinhaltet nicht nur die Wiederherstellung der Kaufunktion. Durch die Rekonstruktion des Zahnbogens werden Zahnwanderungen, z. B. Kippungen der an die Lücke angrenzenden Zähne oder auch die Elongation eines Antagonisten in die Lücke hinein verhindert. Im Frontzahngebiet dient der Lückenschluss der Wiederherstellung der Ästhetik und Phonetik. Die Indikation für eine Brücke ist vom Zustand der als Brückenpfeiler vorgesehenen Zähne abhängig. Bei parodontal erkrankten gelockerten Brückenpfeilern besteht eine Kontraindikation, da damit eine Langzeitprognose nicht gegeben ist. Bei parodontal gesunden vitalen Brückenpfeilern ist die Indikation uneingeschränkt gegeben.
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d) Vollkeramischer Zahnersatz Neben Goldgussfüllungen gibt es die Möglichkeit, Defekte der Zahnhartsubstanz mit zahnfarbenen Keramikmaterialien zu restaurieren. Kunststoffe sind bei größeren Defekten im Seitenzahnbereich als dauerhaftes Füllungsmaterial ungeeignet. Keramik: [griech.], Erzeugnisse aus gebrannten ton- bzw. kaolinhaltigen Massen (Ton-K.) und aus anderen kristallinen nichtmetallisch-anorganischen Werkstoffen. Dentalkeramik besteht zu 70 – 80 % aus Feldspat, zu 10 – 30 % aus Quarz und zu 0 – 3 % aus Kaolin. Die Vorteile des keramischen Werkstoffs liegen in: 1. der biologischen Integrität, 2. der schmelzähnlichen Oberflächenhärte, 3. der nicht vorhandenen Schrumpfungstendenz der Keramik, wodurch Spaltbildung zwischen Restauration und Zahn primär entgegengewirkt wird, 4. dem überlegenen ästhetischen Ergebnis, 5. der wesentlich längeren Haltbarkeit der Restauration.
einer
Indikationen für vollkeramische Füllungen und Zahnersatz sind: • Keramische Verblendschalen (Veneers) • Inlays • Onlays • Teilkronen und Kronen im Front- und Seitenzahnbereich (Vollkeramische Brücken sind im klinischen Versuch.) Im Unterschied zu gegossenen Goldrestaurationen, welche zur Befestigung zementiert werden, wird vollkeramischer Zahnersatz geklebt. Diese Technologie ist deutlich aufwendiger als konventionelles Zementieren, liefert jedoch bei korrekter Anwendung Vorteile: 1. Durch den so geschaffenen chemischen Verbund zwischen Restauration und Zahn wird ein homogener Übergang zwischen Zahn und Zahnersatz erreicht. 2. Aufgrund der enormen Verankerungskraft dieser Art von Befestigung müssen bei der Präparation der Zähne keine retentiven Formen erzeugt werden. Die Adhäsivtechnik ermöglicht daher ein exakt defektbezogenes und substanzsparendes Beschleifen der Zähne. Dadurch ist eine wesentliche Schonung der Zahnsubstanz gegeben. Zur Herstellung vollkeramischer Restaurationen gibt es verschiedene Möglichkeiten: 1. Vollkeramischer Zahnersatz kann analog zur Goldgusstechnologie im zahntechnischen Labor mit verschiedenen Laborkeramiken, welche entweder individuell gepresst oder gesintert werden, hergestellt werden. 2. Neue Methoden ermöglichen eine EDV-gestützte Konstruktion der Restauration mit speziellen CAD-Programmen und das anschließende Ausschleifen des Zahnersatzstückes aus industriell hergestellten Keramiken. Diese Methoden gewährleisten neben der Beschleunigung des Herstellungsprozesses ein Höchstmaß an Qualität der Keramik, weil bei der industriellen Herstellung der Keramikblöcke Fehler im Materialgefüge, wie sie bei der manuellen Anfertigung der Keramikrestaurationen im zahntechnischen Labor entstehen können, nahezu ausgeschlossen sind. 13
Die Haltbarkeit vollkeramischer Restaurationen ist, wie durch viele klinische Studien der letzten Jahre bewiesen wurde, derjenigen von Goldrestaurationen gleichzusetzen. Um allerdings diese hohen Erfolgsraten zu erreichen, müssen Indikationsstellung, Anwendung und Verarbeitung dieser Materialien mit besonderer Sorgfalt erfolgen.
2. Abnehmbarer Zahnersatz Im tief reduzierten Lückengebiss ist nur noch eine abnehmbare Lösung = Teilprothese möglich, der unbezahnte Kiefer wird mittels Totalprothese versorgt. TEILPROTHESEN a) Klammerprothese Die Befestigung des abnehmbaren Zahnersatzes erfolgt mittels Klammern aus konfektionierten Drähten, die im Kunststoffsattel eingegossen sind und so lange gebogen werden (=aktiviert), bis die Prothese einen guten Sitz hat. Es handelt sich um den sogenannten schleimhautgetragenen Zahnersatz mit gebogener Drahtklammer, der durch horizontale Zugund Schubkräfte eine äußerst ungünstige Wirkung auf die Pfeilerzähne ausübt („Extraktionsmaschine“) und durch den schleimhautgetragenen Sattel die Kieferkammatrophie beschleunigt wird. Soll nur als Übergangslösung (temporäres Provisorium) verwendet werden, ist jedoch nach wie vor aus sozialer Indikation weit verbreitet, weil billig. b) Skelettierte Metallgerüstprothese Heißt auch Modellgussprothese, weil sie auf dem Modell gegossen wird. Die Pfeilerzähne werden von der gegossenen Klammer körperlich umfasst, dadurch werden horizontale Kräfte weitgehend ausgeschaltet und der Klammerzahn maximal in natürlicher, axialer Richtung belastet. Die Klammer besteht aus Aufruhe, Klammerarm und Widerlager und ist durch den kleinen Verbinder mit dem Prothesenkörper (= großer Verbinder, UK-Sublingualbügel, OKGaumenbügel) verbunden. Die zu ersetzenden Zähne werden von den Sätteln getragen. Im Gegensatz zur Klammerprothese handelt es sich hier um paradontal getragene Sättel, wodurch das Fortschreiten der Kieferkammatrophie hintangehalten wird. Gute Kompromisslösung in preislicher Mittellage. Ist einer der Pfeilerzähne überkront, spricht man von einer Klammerkrone. c) Teleskopprothese Kombiniert festsitzend-abnehmbarer Zahnersatz. Die Pfeilerzähne werden wie für eine Krone präpariert, darauf wird ein Goldkäppchen fix zementiert (=Innenteleskop). Im herausnehmbaren Teil (=Prothese) befindet sich an kongruenter Stelle ein ebensolches Käppchen (=Außenteleskop). Außen- und Innenteleskop werden wie zwei Fingerhüte ineinandergestülpt. Durch exakte Fräsung (Präzisionsprothetik) besteht zwischen Außen- und 14
Innenteleskop eine starke Friktion, was der Prothese einen sehr guten Sitz verleiht und eine fast ausschließlich axiale Belastung auf den Pfeilerzahn erlaubt. Im Prinzip genügt ein einziger Zahn, um eine solche Prothese herzustellen. Prinzipiell aber gilt: je mehr Pfeilerzähne, desto besser. Geht ein Zahn verloren, genügen die restlichen Pfeilerzähne, um den Zahnersatz zu tragen. Im gut bezahnten Restgebiss können die zu ersetzenden Zähne brückengliedartig gestaltet sein (ohne Kunststoffsättel), dann spricht man von einer teleskopierenden Brücke. Vorteile: Guter Halt, axiale Belastung, ausbaufähig, Langzeitversorgung Nachteile: Aufwendige Herstellung, sehr kostenintensiv, manchmal kosmetisch etwas klobig d) Geschiebe Auch hier handelt es sich um einen kombiniert festsitzend-abnehmbaren Zahnersatz. An fix zementierten, verblockten Frontkronen befindet sich eine bestimmte Fräsung, Rille und Schulter, am abnehmbaren Teil ist ein Stift angebracht, der in die Rille geschoben wird (= Rillen-Schulter-Stiftgeschiebe). Auch hier handelt es sich um Präzisionsprothetik. Vorteil: Gute Kosmetik Nachteil: Bei Verlust eines Pfeilerzahnes nicht ausbaufähig. e) Druckknopf Einfache Form des kombiniert festsitzend-abnehmbaren Zahnersatzes. Bei lockeren Pfeilerzähnen, deren Ende abzusehen ist. Es handelt sich um eine Druckknopfkonstruktion, ähnlich dem Drücker in der Bekleidungsindustrie. Der väterlicher Teil (Patrize) wird mittels Stiftaufbau auf den Pfeilerzahn fix zementiert, der mütterliche Teil (Matrize) ist im Kunststoffsattel eingegossen. Vorteil: Geringere Kosten, wird aus sozialer Indikation und bei lockeren Pfeilerzähnen hergestellt.
TOTALPROTHESEN Zahnersatz für den gänzlich unbezahnten Kiefer. Vor allem im Unterkiefer oft unbefriedigende Lösung, da es durch das Fehlen der natürlichen Belastung zu einer starken Atrophie der Kieferkämme kommt. Je weniger Kieferkamm, desto schlechter der Halt. Daher sollte danach getrachtet werden, wo immer möglich eine Restbezahnung zu erhalten, und wenn es nur ein Zahn ist.
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III. Implantologie Zahnärztliche Kieferimplantate In der herkömmlichen Prothetik werden in der Regel beim Ersatz von fehlenden Zähnen die verlorengegangenen Anteile an Zahnkronensubstanz oder an Alveolarknochen ersetzt. In der zahnärztlichen Implantologie wird der Zahnersatz auf alloplastischen Zahnwurzeln aufgesetzt und es wird somit der supra- und subgingivale Teil des fehlenden Zahnes ergänzt. Dies birgt den Vorteil, dass auch bei sehr großen zahnlosen Kieferabschnitten noch festsitzender Zahnersatz angefertigt werden kann und dem Patienten das Tragen einer Prothese erspart bleibt. Die heute verwendeten Implantate sind enossale Implantate, die gänzlich von Kieferknochen umschlossen sind, bis auf die Durchtrittspforte des zahntragenden Implantatpfostens durch die Gingiva. Sogenannte subperiostale Implantate, die subperiostal auf den Knochen aufgelegt werden, sind heute als absolet zu bezeichnen, da sie mit der Zeit große, irreparable Schäden am Implantatlager verursachten. Das Prinzip der Verankerung im Knochen kann auf zweierlei Arten erfolgen: a.)
Die sogenannte osteofibröse Lagerung des Implantates im Knochen. Dabei wird das Implantat von einer dünnen fibrösen Bindegewebsschichte im Knochen umgeben. Über lange Jahre der Entwicklung schien dies das ideale Lagerungsprinzip zu sein. Die dafür geeignete Implantatform sind die sogenannten Blattimplantate, die aufgrund einer angenäherten Ankerform den Zahnersatz im Knochen „verankerten“. Die entstandene Bindegewebsschichte zeigte sich jedoch anfällig für Entzündungen und einer nachfolgenden Verbreiterung der Bindegewebskapsel, welche eine Lockerung des Implantates nach sich zieht.
b.)
Die ossäre Lagerung bzw. Osseointegration. Der im Knochen liegende Teil des Implantates verwächst im Sinne einer Ankylose mit dem Lagerknochen. Dabei kommt es zu einer direkten biochemischen Adsorption von Biomolekülen an die hydratisierte oberflächliche Oxidschichte der Implantatmaterialien. Die Festigkeit dieses Verbundes bedingt eine vollkommen starre Fixierung des Implantates ohne nennenswerte Beweglichkeit. Diese Implantate sind meist drehrunde Zylinderformen. Im Falle der Bildung einer bindegewebigen Zwischenschichte müssen sie jedoch entfernt werden, da die Retention im Knochen sonst nicht gegeben ist.
Der Abschluss zwischen knöchernem Implantatlager und Mundhöhle funktioniert gleich wie bei den natürlichen Zähnen, d. h. die Epithelzellen des Saumepithels an der Durchtrittsstelle um ein Implantat bilden über eine Basallamina Hemidesmosomen aus, welche mit der Oberfläche des Implantates verkleben und einen bakteriendichten Abschluss bedeuten. Diese Funktion ist jedoch sehr anfällig auf plaqueinduzierte Entzündungen der Gingiva. Bei Auftreten einer Gingivitis geht der Verbund verloren und tiefere Gewebsschichten sind der Infektion ausgesetzt. Daher ist bei Implantträgern ein besonderes Augenmerk auf die Mundhygiene zu legen.
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Indikation für Zahnimplantate 1. Der zahnlose Unterkiefer Im zahnlosen Unterkiefer ist aufgrund der anatomischen Situation die Wiederherstellung der Kaufähigkeit mit einer Totalprothese nur selten in befriedigendem Maße möglich. Daher ist heute die Implantation von Implantaten im Bereich mesial der Foramina mentalia die Methode der Wahl. Auf diese Implantate wird eine Vorrichtung angebracht (Steg), welche der Stabilisierung der Prothese dient (Stegreiter) und dem Patienten die volle Kaufähigkeit wieder gewährleistet. 2. Das einseitige Freiende Sind auf einer Seite im Kiefer die endständigen Zähne verlorengegangen, bietet sich eine statisch besonders ungünstige Situation zur Herstellung einer Teilprothese. Man versucht daher durch Implantate die Anzahl der noch vorhandenen natürlichen Zähne zu ergänzen und dadurch kann man dem Patienten den festsitzenden Zahnersatz eingliedern. Dies ist sowohl für sein Wohlbefinden als auch für die Lebensdauer seiner Restbezahnung von entscheidender Bedeutung. Die anatomischen Grenzen, also der Canalis mandibularis im Unterkiefer, bzw. die oft sehr ausgedehnte Kieferhöhle im Oberkiefer, dürfen aber von einem Implantat nicht berührt werden, da sonst Parästhesien bzw. Infektionen auftreten können. 3. Der Einzelzahnersatz Bei Verlust eines einzelnen Zahnes kann man heute im Frontzahnbereich sofort nach dem Zahnverlust, wenn die knöchernen Grenzen weitgehend unversehrt sind, ein Sofortimplantat setzen. Vor allem bei traumatischem Zahnverlust bei jüngeren Personen sollte sofort eine Zahnklinik oder ein Spezialist konsultiert werden, um die Möglichkeit einer Sofortmaßnahme zu prüfen. Ansonsten kann nach dem Verheilen der Extraktionswunde (3 – 6 Monate) ein Implantat auch zum Ersatz eines einzelnen Zahnes gesetzt werden. Intakte Nachbarzähne können damit geschont werden. Bei einer Implantation werden in einer nicht sehr belastenden und geringfügigen Operation die künstlichen Zahnwurzeln in den Kieferknochen eingebohrt. Danach muss dieses Implantat 3 – 6 Monate vollkommen unbelastet, möglichst sogar subgingival, einheilen können. In dieser Zeit bildet sich in der Regel ein stabiler Knochenverbund aus. Nach dieser Einheilungszeit wird in mehreren Terminen der Zahnersatz auf diese Implantate angefertigt. Dieser muss allen funktionellen und hygienischen Anforderungen entsprechen. Schließlich muss der Patient alle sechs Monate zur Kontrolle zum Zahnarzt, wobei vor allem die Mundhygiene des Patienten kontrolliert und auch professionell durchgeführt werden soll. Obwohl zahnärztliche Implantationen auch in der allgemeinen Praxis immer mehr Einzug finden, sollten sich Patienten doch an Kliniken oder dafür spezialisierte Zahnärzte wenden, welche durch große Fallzahlen die nötige Erfahrung gewinnen und in der Nachsorgephase auch über die nötigen Kapazitäten verfügen, eine intensive Betreuung der Patienten über viele Jahre zu gewährleisten.
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IV. Funktionslehre
Erkrankungen des gesamten Kausystems (Kiefergelenk, Kaumuskulatur, Okklusion), Funktionsdiagnostik Die unklaren und - wie es Gerber einmal ausdrückte - mystischen Symptome funktioneller Kiefergelenkserkrankungen erschweren sehr oft die richtige Diagnose. Im stomatognathen System sind Zähne mit Parodont, Kaumuskulatur und Kiefergelenk zu einer harmonischen Funktionseinheit zusammengeschlossen. Störungen und Fehlfunktionen einzelner Elemente können zu einer Inkoordination des gesamten Kausystems führen (=stomatognathe Dysfunktion). 1. Das Kiefergelenk Beim Kiefergelenk handelt es sich um ein Doppelgelenk, sodass das rechte und linke Kiefergelenk nicht unabhängig vom anderen bewegt werden können. Anatomisch besteht das Kiefergelenk aus der Fossa articularis mit dem Processus articularis, Discus articularis und dem Condylus. Eine genau definierte topographische Lagebeziehung zwischen diesen drei Gelenksanteilen bestimmt den physiologischen Bewegungsablauf des Kiefergelenks. Bei einer gestörten Lagebeziehung spricht man von einer inneren Verlagerung oder internal derangement (=Diskusverlagerung, meist nach vorne). Dadurch wird die Funktion des Gelenkes verändert, es kommt zu Knackgeräuschen zu Klemmen und Schmerzen im Gelenk und in der Kaumuskulatur. Beim Begriff der inneren Verlagerung handelt es sich um einen diagnostisch funktionellen Begriff, welcher die gestörte Funktion des Kiefergelenks beschreibt und in zwei Stadien abläuft: 1. dem Stadium der fehlenden Koordination (=Diskusverlagerung mit Reposition) und 2. dem Stadium der Kieferklemme oder locked-joint (=Diskusverlagerung ohne Reposition) Im Stadium der fehlenden Koordination wird der Discus kurzzeitig gegen die Eminentia articularis gepresst oder nach anteromedial verlagert. Während der Öffnungsbewegung aber nimmt der Discus seine normale Position wieder ein. Das heißt, die Beziehung zwischen Discus, Fossa condylaris und Condylus ist regelrecht. Im Zuge dieses sogenannten Aufspringens auf den Discus während der Öffnungsbewegung kommt es zu einem mehr oder weniger lauten Knackgeräusch im Kiefergelenk. Während der Schließbewegung des Kiefergelenkes kommt es zum sogenannten Abspringen des Discus und der Discus kehrt neuerlich in seine Fehlstellung zurück, wobei ein sogenanntes reziprokes Knacken hörbar wird. In der RKP, also in der Schlussbissstellung, befindet sich der Discus 18
nicht am Köpfchen, er ist nach anterior verlagert. Man spricht deshalb auch von einer anterioren Discusverlagerung mit Reposition. Im Stadium der Kieferklemme wird dieser Discus definitiv nach antereo-medial verschoben, erfährt auch während der Öffnungs- oder Protrusionsbewegung keine Lagekorrektur in Richtung Aufspringen auf das Kieferköpfchen. Das heißt, der Discus ist nicht mehr in der Lage seine normale Discus-Fossa-Condylusbeziehung einzunehmen. Die Mundöffnung ist in diesem Zustand eingeschränkt. Muskulatur und Kiefergelenk sind mehr oder weniger schmerzempfindlich. Es kommt zu einer akuten Einschränkung der Kieferöffnung und man spricht von einer Diskusverlagerung ohne Reposition, einer akuten Kieferklemme oder einem locked-joint. Weitere Kiefergelenkserkrankungen sind die Arthritis und die Arthrose. Bei der Arthritis des Kiefergelenkes handelt es sich um eine akute Entzündung. Das Gelenk ist extrem schmerz- und druckempfindlich bei Palpation. Der Schmerz nimmt in der Funktion zu. Auch akute Malokklusionen aufgrund des interartikulären Ergusses können auftreten. Die wichtigsten Typen der Arthritis sind die degenerative und die rheumatische Arthritis. Ankylosen und Dislokationen können als aggravierende zusätzliche Probleme auftreten. Die Arthrose, welche auch als Osteoarthritis deformans bezeichnet wird, rührt in der Regel von einer Überbelastung her, welche dazu neigt, degenerative Veränderungen in den Gelenken hervorzurufen. Osteoarthritische Veränderungen können aber auch idiopathisch auftreten, häufig aber bei Parafunktionen, wie z. B. bei Bruxismus oder bei einer fehlenden Abstützung im Seitenzahnbereich. 2. Die Bedeutung der Zähne Da der passive Bewegungsapparat des Kiefergelenkes nicht in der Lage ist starke mechanische Belastungen abzufangen, ist es die Aufgabe der Zähne, den Unterkiefer in einer harmonischen gelenkbezüglichen Okklusion abzustützen. Die Bewegungen des Unterkiefers und der Kondylen sind neuromuskulär gesteuert, sodass die Einstellung der richtigen Bisslage und –höhe der Zähne wichtig ist. Darüberhinaus sind die Zähne als Rezeptororgane anzusehen, die beim Kauen durch flüchtige Zahnkontakte Auskunft über die Stellung des Unterkiefers im Raum geben. Okklusionsstörungen bedingt durch zu hohe Füllungen der Kronen, extrudierte, gekippte oder gedrehte Zähne (Kreuzbiss) führen daher unvermeidlich zur Kondylenverlagerung, da die Zähne den Unterkiefer in eine andere Position führen und sich dabei die Kondylen dezentrieren, und sind als mögliche Ursachen von Kiefergelenkserkrankungen anzusehen. 3. Muskulatur- und Neurofunktion Neben der mechanischen Verlagerung des Kiefergelenkes kommt es durch die enge Verknüpfung von Muskulatur, Zähnen und Kiefergelenk und Neuralelementen im kybernetischen Regelkreis des stomatognathen Systems zu Überreizungen der neuralen Elemente und zu Versuchen der Muskulatur, die muskulär instabile Kontaktposition des Unterkiefers zu stabilisieren.
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Die häufige Ursache für Bewegungseinschränkungen sind daher neben den artikulären oder mechanisch bedingten Einschränkungen die muskulär bedingten Einschränkungen der Mundöffnungen (Myopathien). Anamnestisch findet sich kein traumatisches Ereignis, aber Parafunktionen wie Lippen- oder Zungenpressen, nächtlicher Bruxismus etc. Weiters werden starker Stress, berufliche und familiäre Probleme sowie andere belastende Lebensumstände oder Angstzustände angegeben. Die häufigsten Kaumuskelbeschwerden sind: ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ ♦ ♦
Myalgien Muskelverspannungen Muskelspasmen Myositis Dyskinese Muskelkontraktur Muskelhypertrophie
Myalgien werden als dumpfe, lang anhaltende Schmerzen beschrieben, die Muskulatur ist palpationsempfindlich, Kieferbewegungen sind schmerzhaft und eingeschränkt. Myalgien sind meist das Ergebnis von oraler Hyperaktivität wie sie z. B. bei Parafunktionen, also beim Bruxismus, vorkommen. Zusätzlich können sie bei der Arthritis oder bei einer Diskusverlagerung beobachtet werden. Die Muskelverspannung verursacht eine Einschränkung der Kieferbewegung. Ein okklusaler Fehlkontakt kann also einen Circulus vitiosus aufbauen und zu einer unphysiologischen Belastung der Kaumuskulatur führen. Die Folge sind schmerzhafte Verspannungen der betroffenen Muskelgruppen, die sich auch in Druckdolenzen äußern. Bei der Diagnose von Kiefergelenkserkrankungen muss daher sowohl die gestörte Neurofunktion als auch die mechanische Traumatisierung der beteiligten Gewebe, so z. B. durch eine Okklusionsstörung im Auge behalten werden. Für die Analyseverfahren zur Feststellung der Diagnose von Kiefergelenksbeschwerden müssen daher sämtliche Elemente des Kauorgans berücksichtigt werden. 4. Diagnostische Analyseverfahren bei Kiefergelenkserkrankungen Die klinische Funktionsanalyse ist dazu geeignet, die Diagnose von funktionellen Kiefergelenkserkrankungen zu ermöglichen. Beim Verdacht auf eine okklusale Störung ist die klinische Untersuchung durch eine instrumentelle Okklusionsanalyse (=schädel- und glenksbezügliche Montage von Studienmodellen im Artikulator) zu ergänzen. 5. Therapie Beseitigung der dentalen Ursache, Herstellung einer physiologischen Okklusion, Herstellung einer physiologischen Diskus-Kondylus-Relation und -Position. Dies erfolgt zunächst mit einer sogenannten Stabilisierungsschiene, das ist eine durchsichtige Hülle, die über die Oberkieferzähne gesteckt wird. Auf dieser Hülle wird mit Kunststoff eine physiologische Okklusion hergestellt (=symptomatische Therapie). Erst, wenn Beschwerdefreiheit erreicht ist, kann die Ursache am natürlichen Gebiss beseitigt werden (Einschleifen, Restauration, Prothetik, KFO). Die Diskusverlagerung mit Reposition wird mit der Protrusionsschiene behandelt. Es handelt sich um eine Schiene in protrudierter therapeutischer Position, in der die Diskus-KondylusRelation wieder hergestellt ist. Anschließend soll der Kondylus den Diskus wieder in seine zentrierte Ausgangsposition in die Gelenkspfanne mitzurücknehmen. 20
V. Defektprothetik a)
Obdurator; Kloßprothese
Bei Patienten mit Oberkieferkarzinom bleiben nach der Operation große Resektionshöhlen zurück, oft muss der Oberkiefer bis zum Bulbus, bis zur Schädelbasis, ja sogar bis zur Dura entfernt werden. Ohne entsprechende prothetische Versorgung könnte der Patient keine Nahrung zu sich nehmen und auch die Sprache wäre eingeschränkt. Der Obdurator besteht aus einem Kloß, der die Resektionshöhle ausfüllt, und einem bezahnten totalprothetischen Anteil, der dem Kauakt dient. Die Nahrungsaufnahme ist wieder möglich, außerdem bleibt die Resektionshöhle übersichtlich, eventuelle Rezidive können leichter erkannt werden. b)
Epithese
Schließlich die letzte Aufgabe des Prothetikers ist es, zerstörte Teile des Gesichts prothetisch zu ersetzen, z. B. Auge, Nase, Ohr = Epithese.
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